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» TEC H INIDßC Rationelle Dampfwirtschaft in der Textilindustrie. Produktionssteigerung, Qualitätsverbesserung und Brennstoffersparnisse durch Ruthsspeicher. F ast in allen industriellen Betrieben, die ihre Kraft mit Dampfmaschinen erzeugen und außerdem noch Dampfver brauch zum Heizen, Kochen, Trocknen usw. haben — dazu gehören in erster Linie die Textilfabriken —, treten D a m p f - v e r b r a u c h s s c h w a n k u n g e n auf. Diese haben verschie dene Ursachen und treten je nach der Art des Betriebes zu ganz verschiedenen Zeiten auf, und zwar sowohl in regelmäßigen wie in unregelmäßigen, dauernd wechselnden Zeitabschnitten. Vor allem muß man zwischen Schwankungen, die durch die Ab kühlung in den Nachtstunden entstehen, und Schwankungen, die durch die Betriebsweise selbst verursacht werden, unterscheiden. In allen Werken, die mit täglichen Betriebsunterbrechungen arbeiten — dazu gehören die meisten mittleren und kleineren Be- kessel mit großen Wasserspeicherräumen versah und einen Druck abfall im Kessel bei hohem Dampfbedarf sowie einen Druckanstieg bei geringem Dampfbedarf zuließ. Bekanntlich werden bei fal lendem Druck durch die Temperaturabnahme des Wassers große Wärmemengen frei und so entsteht neuer Dampf, ohne daß die Feuerführung geändert wird. Für eine derartige Betriebsweise eignen sich besonders Flammrohrkessel, da sie verhältnismäßig großen Wasserinhalt haben. Neuere Kesselbauarten, vor allem die neuzeitlichen Schräg rohr- und Steilrohrkessel, haben dagegen so geringen Wasser inhalt, daß selbst bei stärkerem Druckabfall nur sehr geringe Dampfmengen frei werden. Außerdem ist die Betriebsweise mit dauernd wechselnden Drücken in den Rohrleitungen und Heiz- Abb. 1. Dampfverbrauch einer mitteldeutschen Färberei. Der mittlere Dampfverbrauch ist als Nullinie angenommen. Man erkennt, daß die höchsten Dampfverbrauchsspitzen oft momentan auftreten und der mitt lere Verbrauch bisweilen um 100—200% kurzzeitig überschritten wird, während zu anderen Zeiten fast überhaupt kein Dampf verbraucht wird. Abb. 2. Schnitt durch einen Ruthsspeicher. 1 Gemeinsame Dampfleitung zum Laden und Entladen; 2 Zweigleitung zum Laden; 3 Rückschlagventil der Ladeleitung; 4 Verteilungsrohr; 5 Dampfdüsen; 6 Zirkulationsrohre; 7 Rückschlagventil der Entlade leitung; 8 Lavaldüse zum Verhüten, von Überkochen; 9 Sicherheitsventil. triebe und auch der größte Teil der Textilfabriken —, entsteht in den Morgenstunden infolge der Abkühlung aller Räume, der Rohr leitungen, der Heizapparate und der Dampfkessel während der Nachtstunden, eine ziemlich hohe Dampfspitze, weil die in der Stillstandszeit verlorengegangene Wärme wieder ersetzt werden muß. Gerade in dieser Zeit, wo also der Dampfbedarf am größten ist, sind aber die Kessel am wenigsten leistungsfähig, weil sie sich selbst auch in den Nachtstunden stark abgekühlt haben und ein großer Teil der Brennstoffwärme dazu dient, die abgekühlten Mauerwerksteile der Kessel und Feuerungen zunächst wieder an zuwärmen. Sobald alle Abkühlverluste im Betrieb durch die Dampfzufuhr der ersten Stunden wieder ersetzt sind, läßt der Dampfverbrauch im allgemeinen nach. Neben diesen regelmäßig wiederkehrenden Dampfverbrauchs schwankungen gibt es auch zahlreiche Schwankungen, die ganz unregelmäßig zu den verschiedensten Zeiten des Tages dadurch entstehen, daß plötzlich große Dampfverbraucher abgestellt oder in Betrieb genommen werden. In solch einem Fall wiederholt sich der Anheiz- und Abkühlvorgang, den man in den Morgenstunden für den ganzen Betrieb beobachtet, im kleinen bei jedem einzelnen Apparat. Wenn nun mehrere große Dampfverbraucher etwa zu gleicher Zeit angestellt oder abgestellt werden, so können Dampf verbrauchsschwankungen von außerordentlicher Höhe entstehen. Abb. 1, die den Dampfverbrauch eines mitteldeutschen kleinen Textilbetriebes darstellt, zeigt, daß der Dampfverbrauch oft um das Doppelte des Durchschnitts und mehr überschritten wird und bisweilen beinahe bis auf den Nullwert sinkt. Man hat früher versucht, die Dampfverbrauchsschwankungen teilweise wenigstens dadurch aufzunehmen, daß man die Dampf apparaten äußerst ungünstig und führt bei vielen Heiz- und Koch prozessen zu einer erheblichen Verschlechterung der Qualität, zur Erhöhung des Ausschusses und unter Umständen zu einem völli gen Verderben der Waren. Weiterhin wird bisweilen versucht, alle Schwankungen im Dampfverbrauch vom Kessel selbst aufnehmen zu lassen. Bei höhe rem Dampfbedarf wird sofort die Luftzufuhr zur Feuerung und die Brennstoffzufuhr erhöht, bei geringem Dampfbedarf wird Luft- und Brennstoffzufuhr gedrosselt. Dieses Verfahren ist bei geringen Verbrauchsschwankungen zwar möglich, namentlich wenn neuzeit liche, anpassungsfähige Kessel und Feuerungen zur Verfügung stehen, führt aber immer zu hohen Verlusten und zu gesteigerten Anforderungen an die Bedienung. Durch eingehende Versuche ist mehrfach festgestellt worden, daß bei starken Belastungsschwan kungen der Brennstoffverbrauch bei älteren Kesseln um 15—20%, aber auch bei modernen Kesselanlagen oft um 5—10% und mehr höher ist als bei gleichmäßiger Belastung. Das zuverlässigste und zweckmäßigste Mittel, alle Nachteile der Belastungsschwankungen zu vermeiden, ist der Einbau von Ruthsspeichern. Hierbei wird die Kesselanlage völlig von den Belastungsschwankungen entlastet und arbeitet dauernd gleich mäßig, während der Ruthsspeicher alle, selbst die höchsten Dampf schwankungen, ohne jede Schwierigkeiten aufnimmt, sodaß der Dampfdruck in den Dampfnetzen und in den Heizapparaten völlig konstant bleibt. Das Prinzip des Ruthsspeichers besteht darin, daß Dampf unter Drucksteigerung in Wasser übergeführt, bei geringem Volumen verlustlos aufbewahrt und im Bedarfsfall in Dampf zurückverwandelt wird. Abb. 2 zeigt einen Schnitt durch einen