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60 LEIPZIGER MONAT SCHRIFT FÜR TEXTIL-INDUSTRIE. 1929, Fachheft II In vielen Fällen ist es sogar wirtschaftlich, vorhandene grö ßere Motoren zwecks Kompensation durch KD-Motoren zu er setzen. Wenn dies aus irgend welchen Gründen nicht möglich ist, erreicht man die Kompensation vorhandener Maschinen größerer Leistungen durch nachträgliches Aufstellen eines Phasenschiebers, wobei je nach den Verhältnissen entweder eine nebenschlußerregte Drehstrom-Erregermaschine Type DEN (Abb. 3) oder eine haupt schlußerregte Drehstrom-Erregermaschine Type DEH (Abb. 4) in Frage kommt. Beide Maschinenarten können unabhängig vom Hauptmotor aufgestellt werden. In bestehenden Anlagen gibt es noch eine ganze Reihe von Motoren, die teilweise direkt mit der Transmissionswelle gekup pelt sind und daher mit kleinen Drehzahlen laufen. Der Lei stungsfaktor der Motoren ist dadurch sehr schlecht und es ist fast in jedem Falle zweckmäßig, eine Erregermaschine vorzusehen. Zur Kompensation und etwa erforderlichen Überkompensation der artiger Maschinen eignet sich hervorragend die nebenschluß erregte D r e h s t r o m - E r r e g e r m a s c h i n e. Die Reglung der Blindleistung erfolgt in einfacher Weise mit Hilfe eines Nebenschlußreglers, ähnlich wie bei Gleichstrom-Erregermaschi nen für Synchronmaschinen. Im Gegensatz dazu ist der haupt- s c h 1 u ß e r r e g t e Phasenschieber nur zur Kompensation bei Last geeignet, eine Reglung der Blindleistung ist mit ein fachen Mitteln nicht möglich. Die prinzipielle Schaltung für beide Erregermaschinen-Typen ist aus Abb. 5 zu ersehen. Sind in einer Anlage welche durch KD-Motoren keine größeren Motoren vorhanden, ersetzt werden können oder mittels Abb. 5. Prinzipschaltung Type DEH 1. Kompensation nur bei Last. 2. Antrieb beliebig. von Erregermaschirien. Type DEN 1. Kompensation von Leerlauf bis Vollast. 2. Antrieb beliebig. an Leistungsgebühr 4134,— JIM an Arbeitsgebühr 4 353,— „ gesamte jährl. Stromkosten des unkompen ¬ sierten Betriebes 8487,— JIM Zwecks Leistungsfaktorverbesserung der Anlage wird der Motor eines Gruppenantriebes mit 22 kW und cos ?> = 0,86 durch einen kompensierten Drehstrom-Asynchonmotor des Sachsenwer kes, Type KD, ersetzt. Dieser KD-Motor ist auf die Abgabe von Blindleistung eingestellt (cos <p = 0,73 kap. bei 22 kW Wirkleistung). Der gesamte Leistungsfaktor, der ursprünglich 0,65 war, verbes sert sich dadurch auf cos <p — 0,98. Unter Zugrundelegung dieses außerordentlich günstigen Leistungsfaktors werden nunmehr jähr ¬ lich bezahlt: an Leistungsgebühr 2 704,80 JIM, an Arbeitsgebühr 3 568,60 „ Der auf Voreilung eingestellte KD-Motor verursacht einen größeren Wirkverbrauch als der normale unkompensierte Motor. Dadurch entstehen zu sätzliche jährliche Stromkosten in Höhe von . 235,80 „ somit gesamte jährliche Stromkosten des kompen ¬ sierten Betriebes . . . 6 509,20 „ Gegenüber dem unkompensierten Betrieb ergibt sich eine jährliche Ersparnis von 8 487,— „ ab 6 509,20 „ 1 977,80 JIM, Abb. (>. Synchrone Blindleistungsmaschine, 400 BKW, n = 1500, mit angeflanschter Erregermaschine und. Leeranwurfmotor, für selbstsynchro nisierendes Anlassen. einer besonderen Erregermaschine zu kompensieren sind, so be steht noch die Möglichkeit, eine Synchron-Blindleistungs- maschine aufzustellen. Diese stellt weiter nichts als einen leerlaufenden stark übererregten Synchronmotor dar. Um das die Inbetriebnahme erschwerende Synchronisieren zu vermeiden, wurde vom Sachsenwerk ein Anlaßverfahren entwickelt, welches diesen Nachteil beseitigt. Die Bedienung kann somit selbst durch ungeschulte Kräfte erfolgen. Abb. 6 stellt eine Synchron- Blind 1 e i s tu n g s m a s c h i n e dar mit direkt angebauter Er regermaschine und Anwurfsmotor für selbstsynchronisierendes Anlassen. Die Eigenverluste sind durch Verwendung von Kugel lagern und besonderer elektrischer Auslegung auf ein Mindest maß verringert, sodaß ein wirtschaftlicher Betrieb gewähr leistet ist. Die durch die Kompensation sich ergebenden Vorteile lassen sich am besten an Hand eines der Praxis entnommenen Beispieles zeigen: Eine kleinere Tuchfabrik bezieht die notwendige elektrische Energie von einer Überlandzentrale. Der Kraftstrom preis setzt sich tarifgemäß aus einer Leistungsgebühr und einer Arbeitsgebühr, die beide den Leistungsfaktor berücksichtigen, zu sammen. Installiert sind 14 Motoren von 1—22 kW Einzelleistung und insgesamt 54 kW. Die Anlage ist monatlich 200 Stunden im Betrieb. Die durchschnittliche Netzbelastung beträgt hierbei 38 kW. Der auf Grund des Tarifs bestimmte Leistungsfaktor er gibt sich zu cos <r = 0.65. Unter Berücksichtigung dieses ungül tigen Leistungsfaktors müssen jährlich bezahlt werden: Der angeführte kompensierte Drehstrom-Asynchronmotor kostet einschließlich sämtlichem Zubehör, sowie unter Berücksich tigung von Fracht, Verpackung und Aufstellung 2800 JIM. Wird vorläufig die gesamte jährliche Ersparnis von rund 2000 JIM, (s. oben) zur Amortisation und Verzinsung des Anlagekapitals von 2800 JIM verwendet, so ist bei einem Zinsfuß des Anlagekapitals von 10% schon nach P/s Jahren die ganze Anlagesumme getilgt. Nach dieser Zeit kommen die Stromersparnisse von 2000 JIM dem Betriebe in voller Höhe zugute. Vorstehende Wirtschaftlichkeitsberechnung berücksichtigt nicht, daß der durch Auswechslung freiwerdende normale unkom pensierte Motor einen gewissen Wert besitzt, der die Anlage kosten von 2800 JIM wesentlich ermäßigt. Die trotzdem erzielte Rentabilität beweist schlagend die wirtschaftlichen Vorzüge der Phasenkompensation mittels KD-Motors. Wesentlich günstiger werden die Verhältnise noch, wenn bei Erstellung einer Anlage von vornherein auf die Phasenkompensation Rücksicht genommen wird. Die Anschaffungskosten für Blindstrommaschinen amortisieren sich durchschnittlich in 1—2 Jahren. Rechnet man dazu noch die Tatsache, die Anlage durch Aufstellen der Blindstrommaschinen erweiterungsfähig gemacht zu haben, ferner die großen Vorteile betrieblicher Art, wie: bessere Spannungskonstanz der Anlage und somit bessere Betriebsbedingungen für Beleuchtung und Mo toren, so dürfte ein genügender Anreiz zur Kompensation be stehender Anlagen gegeben sein.