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Seifenwasser aus dem Waschgut zu pressen. Ihr Maximaldruck betrug früher 7000 allerhöchst 8000 kg, er ist heute auf 16000 kg erhöht worden, wodurch bei größerer Reinigung und Lockerung der Wolle eine Ersparnis an Arbeit insofern getreten ist, als das früher nach der Wäsche unbedingt niotwendige Ausschleudern in Fortfall kommen kann. Zum Trocknen der gewaschenen Wolle bedient man sich heute ausschließlich maschineller Einrichtungen, während vor 25 Jahren noch die alten Trockenstuben und Horden, auf welche der Arbeiter das Material legen mußte, gang und gäbe waren. In Fabriken, welche ihre Wolle hauptsächlich in rohweißem Zustande, also vor dem Färben verspinnen, werden Trocken maschinen mit wandernden Horden gebraucht, die sich dem Levia than anschließen und diesem nach der Wäsche automatisch die Wolle entnehmen, so daß jetzt zur Wäsche und zum Trocknen der Wolle pur noch 1 Arbeiter benötigt wird. Und nun stelle man sich vor, welche Arbeitskräfte, welche Arbeitszeit früher für diese beiden Behandlungen notwendig waren! Die Trockenmaschinen mit wandernden Horden lassen das Material langsam von einem oberen Tische auf den darauffolgen den unteren fallen, um es so immer wärmeren Luftströmungen zu- zuführen. Zum Trocknen gefärbter Wollen wird das Schubkasten system benutzt. Das Spinngut wird hierbei in viereckige Horden kasten gebracht, die sich in einem hohen Trockenkasten befinden, durch welchen heiße Luft strömt. Die Hordenkasten werden, wie vorhin das Material, immer tiefer gesenkt und so stets heißerer und wasseraufnahmefähigerer Luft z'ugeleitet. Das Färben der Wolle wird jetzt nicht mehr, wie früher, in Kiessein, worin das Farbgut durch von Arbeitern betätigte Rechen bewegt wurde, ausgeführt, sondern man färbt heute allgemein auf sogenannten Apparaten. Die Wolle liegt hier in perforierten Kästen beim Färben fest eingepackt, und es wird durch sie die Earbflotte mittels Pumpen und Injektoren im Wechselstrom ge trieben. Während ein Verfilzen der Materialien beim alten Färbver fahren unvermeidlich war, bleiben diese heute nach dem Färben mittels Apparate genau so offen und locker, wie sie vordem waren. Der Widerwillen, welchen die älteren Fabrikanten noch vor einem Menschenalter in großer Zahl gegen die Wollkarbonisation hatten, welche die Zerstörung der die Wolle verunreinigenden vegetabilischen Substanzen, wie Stroh und Kletten, bezweckt, ist heute durchweg geschwunden, da festgestellt wurde, daß bei einer sachgemäßen Behandlung die Wollen durch die Karbonisation durchaus nicht angegriffen werden. Die Wolle wird gewöhnlich bei dieser Bearbeitung in ein Säurebad mit za. 4 Proz. Schwefel säure gebracht. Ist die Ware gleichmäßig durchtränkt, so wird sie ausgeschleudert und vorgetrocknet. Hierauf erfolgt die eigent liche Karbonisation der Stroh- und Klettenteile, indem das Mate rial in eine Temperatur von 90° C gebracht wird. Die Schwefel oder Salzsäure, mit der die Wolle vorher durchtränkt war, ent zieht jetzt, da sie in der trockenen Wolle Feuchtigkeit nicht mehr vorfindet, der vegetabilischen Faser das Wasser des Zellstoffes, wo durch die Faser verkohlt wird und sich durch späteres Ausklopfen leicht entfernen läßt. Für farbige Wollen wendet man meist an Stelle der Schwefelsäure Chloraluminium oder Chlormagnesium an. Früher wurde die Wolle auf feststehende Horden gelegt und diese übereinander in den Karbonisationsofen geschoben, während warme Luft von unten in den Ofen strömte und durch obere Exhaustoren diesem wieder entzogen wurde. Die Wolle, und zwar besonders die auf den unteren Horden befindliche, wurde hier durch leicht gelb und spröde. Dieser Übelstand ist bei den neueren Karbonisiermaschinen dadurch erfolgreich beseitigt worden, daß die warme Luft jetzt unten von der Seite einströmt und die Horden nicht mehr festliegen, sondern sich, wie bei den ähnlich gebauten früher erwähnten Wolltrockenmaschinen, langsam nach unten be wegen. Ist das Material karbonisiert, so gelangt es zur Spinnerei. Auf keinem Gebiete der Tuchindustrie ist die Technik so von England beeinflußt worden, wie auf dem des Spinnerei maschinenbaus. Fast alle Maschinen, die heute in der Woll spinnerei benutzt werden, verdanken ihren Ursprung englischen Erfindungen. So rüstete im Jahre 1738 Lewis Paul das etwa zwei Jahrhunderte vorher durch Johann Jürgens in Waten büttel bei Braunschweig geschaffene Tretspinnrad mit einem Walzenstreckwerk aus. Diese Erfindung wurde 1769 durch Ark- wright insofern erweitert, als er die Flügelspindel zum ersten Male aufrecht stellte und mehrere Spindeln zusammen antreiben ließ. Es wurde so die erste Flügelspinnmaschine geschaffen. J ames Hargraves erfand 1770 die erste Wollspinnmaschine, den Spinning-Jenny. Die Erfindungen von Arkwright und Har graves vereinigte 1775 Crompton in seiner Mule-Jenny. Diese ist dann in den nächstfolgenden Jahrzehnten mehr und mehr zu einer automatisch arbeitenden Maschine ausgestaltet worden, bis aus ihr durch die im Jahre 1825 von Richard Roberts gemach ten Erfindungen die völlig selbsttätige Spinnmaschine, der Self aktor, hervorging. In gleicher Zeit wurde durch Erfindungen von Lewis Paul 1748, John Lees 1772, Hargraves und Arkwright 1774 die erste Walzenkrempel geschaffen. Sie brachte das äußerst mühe volle umständliche Bearbeiten der Materialien mit der Handkratze in Fortfall und legte den Grund für die heutige, so hoch entwickelte Krempelbautechnik. Der Engländer William Cockerill brachte An fang des vorigen Jahrhunderts die ersten Krempel- und Handspinn maschinen nach Deutschland. Während nun unser Vaterland bis gegen 1835 seinen Bedarf an Spinnereimaschinen ausschließlich aus England beziehen mußte, begann es sich vom genannten Jahre ab auch bei uns zu regen. Besonders in Sachsen fing man an, sich mit dem Bau von Spinnereimaschinen zu beschäftigen und vor allem waren es die Maschinenindustriellen der Stadt Chemnitz, wo bereits 1835 gegen 400000 Baumwollspindeln liefen, welche sich betreffs des Baues von Krempel- und Spinnmaschinen stark ins Zeug legten. So brachte 1839 Hartmann an Stelle der Lockenmaschine eine Neuerung auf den Markt. Sie führte aus die Teilung des Flores der letzten Krempel zu Streifen behufs Erzeugung des Vorgarnes mittels der Ringpeigneur-Teilung. 1857 ließ Ernst Schellenberg in Chemnitz den Vorspinnkrempelflor in voller Breite abnehmen und ihn durch Messer in gleich breite Streifen zerschneiden und wenige Jahre später brachte Ernst Gessner in Aue den Riemchenflorteiler auf den Markt, der heute noch als beste Florzerteilung gilt. Den gewaltigsten Aufschwung nahm jedoch der deutsche Spinnereimaschinenbau für die Tuchfabrikation von dem Jahre 1885 ab. Und wenn deutsche Krempel- und Spinnmaschinen so gar von englischen Tuchfabrikanten aufgenommen wurden, so ist dies überzeugend als ein Beweis dafür anzusehen, daß in unserem Vaterlande erfolgreich gearbeitet wurde und daß heute, mit Stolz und Genugtuung kann es ausgesprochen werden, die deutsche Ma schinenindustrie bei Erzeugung von Spinnereimaschinen ihre eng lische Lehrmeisterin zu überholen verstanden hat. So bildet zweifellos die Entwicklung des deutschen Baues von Streichgarn spinnereimaschinen ein breites Ruhmesblatt in der Geschichte unserer vaterländischen Technik. Ehe das Spinngut in die Krempelei gelangt, muß es für diese erst vorbereitet werden, da es durch die Wäsche und Farbe, sowie auch das Karbonisieren sich mehr oder weniger zusammengeballt hatte und weiter poch Staub und andere Un reinigkeiten enthält. Die Wolle muß auf gelockert und gereinigt werden. Zu diesem Zweck wurde sie bis Ende des 18. Jahrhunderts mit hölzernen Schlägern bearbeitet, aber schon mit Beginn des 19. Jahrhunderts wurden hierfür Maschinen, die Klopfwölfe, ge schaffen, zu denen sich bald der Reißwolf gesellte. Beide Konstruktionen gebraucht man heute noch für die Vorbereitung der Wolle zum Krempeln. Neu hinzugekommen sind der Krempelwolf, sowie in beschränktem Maße der Ölwolf. Da der Klopfwolf, wie vorher die Handarbeit, das Ma terial nur mit Schlägern bearbeitete, und die Wollen hierdurch schlecht ,aufgelockert wurden, läßt man jetzt das Spinngut zuerst durch Stifte von Leisten, die spiralförmig auf eine Trommel ge zogen sind, ausziehen und von diesen dann in den Klopfwolf führen. Unterhalb der Spiral- und Klopfwelle befindet sich ein Sieb, durch welches Staub und Unreinigkeiten herausfallen. Die neuen Anordnungen dieses Spiral-Reiß- und Klopfwolfes lassen nun das Spinngut nicht frei aus dem Krempelwolf treten, sondern durch eine seitwärts angebrachte, sich drehende Sieb trommel, aus der die Luft, wie bei den Baumwollöffnern, durch einen Exhaustor gezogen wird, herausdringen. Durch Exhaustoren wird weiter der unterhalb des Siebes befindliche Staub abgezogen. Weitgehende Verwendung findet in der Streichgarnspinnerei der Reißwolf. Er zieht das Material, das ihm mittels eines Zu führtisches durch zwei Speisewalzen zugeführt wird, aus, indem die spitzen Stifte einer schnell rotierenden Trommel in den durch die Speisewalzen festgehaltenen nach innen heraushängenden Woll bart schlagen. Die Einrichtung dieser Maschine ist heute insofern etwas verbessert worden, als man an Stelle des einen Speise-