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ür. 2S2. I04. Lchr-rmg. LeUMyrr Tayrvlrm. vmmrrswy, 22. September I9l0. Diese Maßnahnrr kam« nicht angefochten werden." Bei 8 413 wurde die zur Erörterung gestellte Frage, ob im schleunigen Verfahre», in allen Fällen der auch nur, wenn «iu Versehen den Gegenstand der Verhandlung bildet, von Amts wegen ein Verteidiger bestellt werden soll, verneint. BÄ 8 414 wird der zweite Absatz dahin abgeändert, daß der Richter die Sache zum ordentlichen Verfahren verweisen oder die Verhandlung aussetzen mutz, wenn der Angeklagte auf seine Verteidigung nicht genügeild vorbereitet ist. Nach der Regierungsvorlage müßte der Angeklagte das glaubhaft machen. Der Rest des Abschnittes über das schleunige Verfahren, 88 415 bis 423, wurde nicht geändert. Der viert« Abschnitt de« vierte« Buches handelt vom Strafbefehl. Es lag der Antrag vor, zu diesem Abschnitt folgende Leitsätze anzunehmen: „Der Erlas, eines Strafbefehls ist auch zulässig auf Antrag Les Privatklägers wegen eines Vergehens, das im Wege der Prrvatklage verfolgt wird. Die Be zeichnung einer bestimmten Strafe ist nicht erforder lich. Beantragt der Prioatkläger eine bestimmte Strafe, so kann der Amtsrichter trotzdem eine niedrigere Strafe festsetzen: in diesem Falle steht dem Privatkläger der Einspruch gegen den Strafbefehl zu." Dieser Antrag entfesselte eine sehr lebhafte Aussprach«, fand aber dabei so wenig Unterstützung, datz er schließlich zurückgezogen wurde. Man ver sprach sich davon leine Verminderung der Privat klagen, auch keine Verminderung der Kosten und ebensowenig eine Vereinfachung des Verfahrens. Zur Beratung der einzelnen Paragraphen lag ein Antrag vor, gegen Jugendliche den Erlag eine» Strafbefehls ganz auszuschließen; ein Unter antrag will ihn bei Uebertretungen zulassen. Diese Anträge wurden angenommen, ebenso ein Antrag, auch die Festsetzung einer Buhe durch Strafbefehl zuzulassen. Bei 8 425 wurde hinzugefügt: ,,Öffent liche Zustellung des Strafbefehls findet nicht statt. Ist hiernach die Zustellung des Strafbefehls an den Angeklagten nicht möglich, so hat der Richter die Sache zum ordentlichen Verfahren zu verweisen." Beim 8 427 wurden Zweifel geltend gemacht, ob ein erhobener Einspruch beim Ausbleiben des Ange klagten im Termin durch Urteil verworfen werden oder als zurückgenommen gelten soll. Die Regie rungsvorlage hat ersteres vorgeschlagen: es wurde dabei belassen. — Weiterberatung Donnerstag. pollMche Nachrichten. Kaller Wilhelm in Vien. Die Rede Kaiser Wilhelms im Wiener Rathause hat überall in Wien stürmischen Beifall hervorge- rufen. Die Wiener Presse äußert sich dazu folgendermaßen: Wien, 22. September. (Tel.) Das „Neue Wiener Abendblatt" schreibt: Die Worte, die Kaiser Wilhelm heute im Rathaus der Haupt- und Residenzstadt gesprockM, würden ihm die Her zen aller Wiener erobern, wenn er sie nicht schon besäße, und sie werden weit hinaus tönen nach ganz Oesterreich und ins Ausland. Die stürmischen Heil rufe, die ihm dankten, werden ein brausendes Echo finden. Diese Rede Kaiser Wilhelms sollte in gol denen Lettern im Wiener Rathaus verewigt wer den. — Dis „Neue Freie Presse" erklärt: Die Rede des Deutschen Kaisers hat eine ganz neue Allianz geschaffen, nämlich die persönliche Allianz zwischen dem Deutschen Kaiser und den Wienern; denn in der Rede des Deutschen Kaisers haben die Bürger der Stadt Wien ihre eigene Stimmung wie- dergefundcn. Kaiser Wilhelm hat es verstanden, den Ton anzuschlagen, der dem österreichischen Ge fühl am besten entspricht. Kaiser Wilhelm hat das große Verdienst, die deutsch-österreichische Allianz durch seine heutige Rede noch volkstümlicher gemacht zu haben. Er hat gesprochen wie einer, der dre Wiener versteht, und den Sympathie und Freund schaft jo häufig nach Oesterreich-Ungarn und Wien geführt haben. Die Bürgerschaft der Stadt Wien wird stets der Rede Kaiser Wilhelms gedenttn und ibr mit der größten Freude zustimmen. — Die „Wiener Allgemein« Zeitung" sagt: Die Rede, die Kaiser Wilhelm im Rathaus hielt, ist durch den Schauplatz dieses Ereignisses als an die Völker Oesterreich-Ungarns gerichtet charakterisiert. — Die „Zeit" schreibt: In einer so solennen und herzlichen Weise und in so volkstümlicher Rede ist das ost besiegelte Bündnis wohl noch nie bekräftigt worden. Aus der Jagdausstellung. Wien, 22. September. Nachmittags besuchten beide Kaiser, von der Bevölkerung jubelnd begrüßt, die Jagdausstellung, die Kaiser Wilhelm eingehend besichtigte. Da er länger verweilte, als ursprünglich vorgesehen, begann im Schönbrunner Schloß das Galadiner zu Ehren des Deutschen Kaisers erst um VrS Uhr. An demselben nahmen die beiden Mon archen, die Mitglieder des kaiserlichen Hauses, sowie die Staats- und Hofwürdenträaer teil. Während der Tafel tranken beide Majestäten einander zu. Toaste wurden nicht gehalten. Kaiser Wilhelms Abreise von Wien. Wien, 22. September. (Tel.) Kaiser Wilhelm ist gestern abend um 9 Uhr 20 Min. von Wien nach Sigmaringen abgereist. Die Verabschiedung der bei den Monarchen war wiederum überaus herzlich. * Kaiserbesuch in Oberschlesien. Breslau, 22. September. (Tel.) Der Kaiser wird auch in diesem Jahre einige Tage als Jagd- gast des Fürsten Henckel von Donners marck auf Schloß Neüoeck verbringen. Nach der „Schief. Ztg." soll der Besuch am Schluffe des Mo nats Rovember stattfinden. Während des Kaiser besuches wird wahrscheinlich auch die Ein weihung der Technischen Hochschule und der Kaiserbrücke in Breslau stattfindcn. Zur elsaß-lothringischen Verfassung. Straßburg, 22. September. (Priv.-Tel.) Bezüg lich des elsaß-lothringischen Versaffungscntwurfes stellt die Straßburger Post" fest, daß der Entwurf in den nach st en Tagen an das preußische Staatsministerium geht und daß sich bis jetzt kein Anhalt dafür geboten hat, daß dort e rhebliche Einwendungen gegen den Ent wurf erhoben werden. Sobald durch die Entschei dung des Staatsministeriums die Stellung Preußens klargelegt ist, wird der Entwurf den einzelnen Bun desstaaten überwiesen. Zn der Zwischenzeit dürste Staatssekretär Delbrück noch mit Vertretern ein zelner Reichstagsfraktionen, die bei den bisherigen Besprechungen nicht vertreten waren, Riichprache nehmen. Französische Eisenbahnermrruhe«. Paris, 22. September. (Tel.) Die Direktion der Südwestbahn hat entsprechend dem Beschluß des Syndikatsausschuffes den Syndikatssekretär Renault aus dem Dienst entlassen. Renault erhob dagegen Einspruch und weigerte sich, den ihm angebotenen Gehaltsrest in Empfang zu nehmen. Das Eisen- bahnersyndikat beschloß, in den nächsten Tagen eine große Protestversammlung gegen die Maßregelung Renaults zu veranstalten. Zur französisch-türkischen Verstimmung. Paris, 22. September. (Tel.) „Temps" schreibt: Don berufener Seite werden wir ersucht, festzustellen, daß der zwischen Hakki Pascha und Sir Ernest Taffel unterzeichnete Vertrag nur eine bedingte Verein barung darstellt, da der zwischen Dschavw Bey und einer Gruppe des hiesigen Ercdit-Mobilier unter zeichnete formelle Vertrag noch nicht erloschen ist. Es heißt, daß der Vertreter der Pforte an diese Gruppe das Ersuchen gerichtet habe, die Türkei von diesem Vertrage zu entbinden. Zur Verschwörung gegen den Kaiser von Japan. London, 22. September. (Tel.) Zu der von der japanischen Zeitung „Hochishimbun" gebrachten Mel dung über eine Verschwörung zur Ermordung des Kaisers von Japan wird noch berichtet: Der Kaiser sollte ermordet werden im Laufe eines Besuches in der Militärschril«, die sich in einem Vorort von Tokio befindet. Man ist überrascht, daß man der japanischen Presse die Veröffentlichung einer derartigen Nachricht gestattet hat, weil bisher solche Veröffentlichungen in der Presse streng unterdrückt wurden. Japan und Amerika. Paris, 22. September. (Tel.) Der „New Park Herald" meldet aus Tokio, daß die Meldung von der Absicht der Vereinigten Staaten, den Panamakanal zu befestigen, in Japan lebhafte Kommentare her vorgerufen hat. Japanische hohe Beamte erklären, es sei gefährlich, Mittel zu bewilligen, die den Ver einigten Staaten das ausschließliche Recht zur Be festigung des Kanals geben, und sie verlangen, daß das Prinzip der Neutralität, so wie es durch den amerikanischen Staatssekretär Knox erklärt worden ist, auch in Wirklichkeit durchgeführi werden müsse. ManSoer ües XIX. (2. k. S.) Armeekorps (Schluß.) Am 20. September, 7 Uhr abends, war dem Kommandeur der 40. Division noch die Mit teilung zugeaangen, daß das auf dem linken Mulden ufer befindliche I. Neservekorps mit starken feind lichen Kräften (blaues LVIII. Armeekorps), die aus der Linie Wicsenburg—Kirchberg zum Angriff vorgingen, in den Kampf getreten sei. Ehe nicht mit diesen abgerechnet, sei der Weitermarsch des I. Reservekorps auch nur mit Teilen über Wilden fels unmöglich. Da dem Kommandeur der 40. Divi sion außerdem in zutreffender Weise gemeldet wor den war, daß bei Härtensdorf starke feindliche Re serven ständen, schob er noch am Abend das 181. Regi ment vis Wildenfels vor, dem in Verbindung mit der ebenfalls bei Wildenfels befindlichen Kavallerie brigade der Schutz des iwten linken Flügels über tragen wurde. Am Morgen des 21. September standen alle Truppen in den am Abend vorher erreichten Stel lungen. Die Infanterie arbeitete sich noch unter dem Schutze der Dunkelbeit näher an die feindliche Stellung heran. Vorgeschickte Proniere durchschnitten mit Drahtscheren die vom Verteidiger angelegten Drahtverhaue und sonstigen Hindernisse. Seitens des Verteidigers wurde von Zeit zu Zeit das Vor feld durch Leuchtraketen erhellt. Mit Morgengrauen entbrannte auf der ganzen Linie der Eeschützkampf sowie heftiges Jnfanteriefeuer. Im weiteren Ver lauf des Kampfes gelang es der auf dem rechten Flügel von Rot vorgehenden 88. Brigade, nachdem ein erster Angriff siegreich abgeschlagen war, sich in den Vesitz der bollwerk-ähnlich verschanzten von Teilen des Infanterieregimente Nr. 139 und des Feldartillerieregiments Nr. 77 besetzten Stellung bei Katzenhäuser zu setzen, die Len Schlüsselpunkt der feindlichen Stellung bildete. Währenddessen hatte auch die gegen den rechten Flügel der blauen Stel lung angesetzte 89. Infantericbrigade Fortschritte im Angriff gemacht. Es gelang ihr jedoch nicht, den Gegner zu werfen, da die sehr starke Artillerie aus dem blauen rechten Flügel ihm sehr erhebliche Ver luste bereitete. Der Kommandeur der 24. Division, Generalleut nant Müller, hatte angeordnet, daß sich die Divi sion auf der ganzen Linie hartnäckig zu behaupten habe. Als Hauptreserve hatte er sich das ursprüng lich die Nachhut bildende Infanterieregiment Rr. 106 und die I. Abteilung Feldartillerieregiments Nr. 78 bei Härtensdorf bereitgestellt. Zum Schütze des rechten Flügels befand sich außerdem daselbst die 24. Kaval leriebrigade. Der Kommandeur des Infanterie regiments Nr. 106 erhielt vom Divisionskomman deur den Befehl, gegen den feindlichen linken Flügel zum Angriff vorzugehen, bevor der Gegner zum Sturmangriff schritt. Es kam jedoch nicht zu dem beabsichtigten Vorstoß. Auf die Meldung, daß feind liche Kräfte bei Wildenfels eingetroffen seien, sah sich der Kommandeur des Infanterieregiments Nr. 106 Wwungen, um einer Umfassung des blauen rechten Flügels vorzubeugen, die Höhen südlich Char- lottenhof und östlich Hättensdorf zu besetzen. So kam es zum Kampfe zwischen dem Infanterieregi ment Nr. 106 und 181. Der Angriff des Infanterie regiments Nr. 181 gegen die starke Stellung des 106. Regiments hatte keinen Erfolg, da letzteres in wirksamster Weise durch das Feuer der I. Abteilung Feldartillerieregimcnts Nr. 78 unterstützt wurde. Bald nach 8 Uhr vormittags beendete das Signal „Das Ganze — halt!" die Uebung. Die vom kom mandierenden General bei der anschließenden Kritik gefällte Entscheidung läütete Lahrn, daß Lurch die Besitznahme der Höhen bei Katzenhäuser Lurch Rot die Stellung der 24. Division unhaltbar geworden ist. Der König, der kurz nach 5 Uhr vormit tags auf dem Manöverfelde eingetroffen war, wohnte der Uebnng bis zum Schluffe bei und sprach nach beendeter Kritik den Trupven für ihre durch das schlecht« Wetter in keiner Weise beeinträchtigte Haltung und für ihre vortrefflichen Leistungen seine Anerkennung aus. Als Gäste des Königs nahmen an den Korps manövertagen der preußische Eeneralinsvckteur der Fußarttllerre, General der Artillerie v. Dulitz und eine Anzahl höherer Fußarttllerieoffiziere teil. Tsyestzronlk. Berlin, 22. September. (Der Militäran wärter als Pfarramtskandidat.) In dem kleinen brandenburgischen Städtchen Sold in findet in den nächsten Tagen eine Neuwahl für die vakante Archidiakonatsstelle statt. Unter den 50 Be werbern mn diesen Pofte« befindet sich auch ein Mi litäranwärter aus Spandau, der nach zwölfjähriger Dienstzeit um Berücksichtigung bei Besetzung der Pfarrstelle bittet. Wie der Bewerber in seinem Schreiben ausdrücklich bemerkt, verfügt er über eine kräftige, durchdringende Stimme, so daß er in dieser Hinsicht sich seiner neuen Stellung völlig gewachsen fühle. — Dem Gesuch wird wohl trotz der schönen Kommandostimme des Bittstellers nicht stattgegeben werden. Aber vielleicht kann man diesen militärischen Versuch, sich auch die Kanzel zu erobern, ein bißchen als Zeichen der Zeit auffassen. . , . Berlin, 22. September, l Mädchenhändler.) An der schlesisch-russischen Grenze wurde gestern ein berüchtigter Mädchenhändler Lewkowitz aus Bendzin verhaftet. In seiner Gesellschaft befanden sich drei Mädchen. Aus der bei ihm vorgefundenen Korrespondenz geht hervor, daß eine Organisation von russischen Müdchenhändlern besteht, die sich auch nach Oberschlesien verzweigt. Berli«, 22. September. (Wiedersefundene Juwelen.) Gestern gelang es der Kriminalpolizei, die Juwelen des Bankiers Mosler, dre aus dessen Villa in Dahlem in der Nacht zum Sonnabend gestohlen wurden und einen Wert von 36 000 repräsentierten, in dem Laden eines Händlers in der Puttkamerstraße fast sämtlich wiederzufinden. Als Dieb kommt der Wiener Berndt in Betracht, der früher in der Villa bedienstet war und aus guter Familie stammt. Frankfurt a. M„ 22. September. In Niederrad wurden mehrere Personen verhaftet, die beschuldigt find, sich im Sinne des 8 17s vergangen zu haben. Neustadt a. d. 22. September. (Eine so trübselige Weinlesestimmung) war seit vielen Jahren nicht da wie Heuer. Der Herbstaussall ist auf großen Flächen minimal, auf manchen Ge wannen gleich Rull. Hier ist kaum etwas davon zu merken, daß in der Umgegend Wein gelesen wird. Im Geschäftsleben herrscht vollständige Verstimmung. Freilich, die Mostpreise haben eine beträchtliche Höhe und ziehen fortgesetzt an. Diejenigen Winzer, die überhaupt etwas geerntet haben, weroen dadurch für den ungünstigen Herbstaussall mehr oder weniger entschädigt. Offenen Wein zu 20 Pf. gibt es kaum noch in den Wirtschaften: 25 und 30 Pf. ist der allgemeine Preis. In den Orten außerhalb des Weinbaugebiets dürften sich die Verkaufspreise für offene Weine binnen kurzem um 5 Pf. erhöhen. Seit Sonntag mittag fällt im Weinbaugebiet an der Hardt wieder kalter Regen, wodurch die im Gange befindliche Weinlese empfindlich gestört wird. Was Wunder, daß man da von Winzerliedern nichts hört und daß von der bekannten frohen Weinlesestimmung, wie man sie sonst an der Haardt antrifft, dies Jahr keine Rede ist. München, 22. September. (Starker Schneefall.) Ein gestern in München niedergegangenes Gewitter war von so heftigem Schneefall begleitet, daß die Straßen vorübergehend vereisten und der Fuhr werksverkehr stockte. Prag, 22. September. (Herr Pflugbeil aus Hochpetsch.) Das Amtsblatt der „Prager Zeitung" enthält die Einleitung zur Todeserklä rung des Michael Pflugbeil, geboren am 3. Juli 1776 zu Hochpetsch, worin es u. a. heißt: „Da seit der Geburt des Michael Pflugbeil ein Zeitraum von über 134 Jahren verstrichen und der Ort seines Aufenthalts über 52 Jahre unbekannt ge blieben ist, sonach anzunehmen ist, daß die gesetzliche Vermutung Les Todes im Sinne des 8 24 Abs. 1 und 2 a. b. E.-B. eintreten muß bzw. schon cingetteten ist, wird das Verfahren zur Todeserklärung des Ver mißten eingeleitet. Hiervon geschieht die Verstän digung mit dem Beisätze, Laß das Gericht, wenn der Vermißte bis 15. Oktober 1911 nicht erscheint oder es auf eine andere Weise in die Kenntnis seines Lebens nicht setzt, über neuerliches Ansuchen zur Todeserklärung schreiten wird." Madrid, 21. September. (Während eines Stierkampfes) in Maiorada del Campo bei Madrid stürzte eine Trrbüne ein. 20 Personen wurden verletzt, davon eine sehr schwer. New Pork, 22. September. (Verhaftete Juwelendiebe.) Hier ist bei der Ankunft des Dampfers „Lausitania" das Derbrecherkleeblatt verhaftet worden, das in der luxemburgischen Ab teilung der Brüsseler Weltausstellung Juwelen im Werte von 35 000 gestohlen hat. Fort Wahne (Indiana), 22. September. (Das Dahnunglück) ereignete sich bei Kingsland auf der Wabash-Valley-Lrnie durch Zusammenstoß eines Expreßmges mit einem Straßenbahnzuge. Die Zahl der getöteten Personen wird auf 40 angegeben: außerdem sind viele verletzt. den Direktor aufsuchen, um ihm das Telegramm per sönlich zu überbringen. Das wird im Verlauf einer Stunde etwa geschehen sein. Wenn Le Noir davon erfährt, wird er, wie ich glaube, unverzüglich nach Paris abfahren." Mit diesen Watten erhob sich der Inspektor. „Apropos", sagte ich, indem ich mich ebenfalls er hob, „ich habe Javotte gestern abend gesehen." Der Inspektor sah mich ungläubig, aber über rascht an. „Den wahren Javotte? Den Mann, hinter dem Le Noir her war?" „Jawohl." „Wissen Sie das bestimmt?" „Bestimmt weiß ich das freilich nicht, aber jeden falls habe ich einen Doppelgänger gesehen, der eine erstaunliche Aehnlichkeit mit mir aufwies." „Wo?" Savoyhotel." „War er allein?" „Nein. Am Portal begrüßte er den jungen Baron Romer. Kennen Sie ihn?" Der Direktor lächelte. „Allerdings", sagte er. „Ein wenig Lebejüng ling. Er hat nicht weit von hier eine Villa." „Stimmt, am Wildwoodweg." „Jawohl." „Als er mit Javotte zusammentraf, befand er sich in Gesellschaft einer auffallend schönen Dame", fuhr ich fort. „So, dar kommt öfters vor." .Laben Eie sie auch schon gesehen?" „Ja, es ist ein prächtiges Weib." „Wohnt sie auch in der Villa?" „Ich glaube, ja." „Seine Frau?" ,Lch weiß nicht. Ich glaube es nicht. Was mich indes rnteresnert, ist die Frage: was hat der Baron mit einem Menschen wie Javotte zu tun? Wird wohl gar nicht Javotte gewe,en sein. Auf jeden Fall aber muß ich davon Bericht erstatten. Sie haben doch nichts dagegen?" „Nicht da» Geringste", antwortete ich „Viel leicht werde ich heute abend nach Paris geschickt. Herr Goliby sprach davon." (Fortsetzung folgt.) Dss kranMlche Mulikkelt in München. Aus München wird uns geschrieben: So ist auch das französische Musikfest verklungen und dem überreichen Musizieren des diesjährigen Sommers in München ein Ziel gesetzt. Wenn jedes der bisherigen Feste seinen Zweck hatte, das Schu- mannfest das Gedenken der hundertsten Wieder kehr des Geburtstages des Meisters, das Richard- Strauß-Fcst die Einlösung einer längst fälligen Ehrenschuld der Stadt München ihrem Sohne gegen über, die Uraufführung der achten Sinfonie von Eustav Mahler eine Vermittlung zwischen Komponisten und Publikum, so sollte das fran zösische Musikfest den Zweck haben, die fran zösische Kunst einem größeren Kreise von Musik kennern und Liebhabern näher zu bringen. Mich dünkt aber, daß dieser Zweck doch nicht ganz erreicht wurde. Don den Komponisten, die in ihren Werken zur Vorführung gelangten, sind diejenigen, denen man in den Programmen den größten Raum wid mete, über die Grenzen ihres Vaterlandes zur Genüge bekannt, außerdem brachte man zumeist be kannte Werke, wie den „Zauberlehrling" von Dukas, das Vorspiel zu „Messidor" von Bru ne au, die Ouvertüre zu „Gwendolin«" von Cha- brier, die „Norwegische Rhapsodie" von Lalo, das Vorspiel zu „Feerval" von Jndy, die sinfonischen Variationen von Ces ar Franck und dessen Sin fonie, endlich von Saint-Saens' Kammermusik die Sinfonie in L-Moll und das Hornseptett, die eines französischen Musikfestes in so großem Stile nicht bedurft hatten. Dagegen waren unbekannte Komponisten wie Dupare (1848) und Chaus- son (1855) nur mit Liedern, Dubois (1837) mit der einzigen „Frithjof-Ouvertüre", Widor (1845) nur mit der Sinfonie „Sacra", der erst kürzlich ver storbene Coquard (1846) mit einer norwegischen Suite und Ravel (1875) mit einer „Spanischen Rhapsodie" vertreten, während Gabriel FaurS (1845) allein mehrere Arbeiten, wie die Ouvertüre zu „Pelleas und Melisande". Kammermusik und Lieder vorführen konnte. Einige Komponisten da- gegen glänzten durch gänzliche Abwesenheit, wie Bizet, den man schon ein kleines Plätzchen hätte ein räumen können, weiter Pierno, Dourgault-Ducou- dray, Drevillc, Castillon, Cnaumet, Doret, Godard und andere. Man wird uns gewiß keinen stich haltigen Grund angeben können, warum diese Meister übersehen wurden. Von den weniger bekannten Komponisten hat Faure als Vertreter der alten Schule am meisten gewonnen, seine Ouvertüre zu „Pelleas und Meli sande", noch mehr aber seine Kammermusik ist hoch bedeutend, sie nimmt nicht nur durch ihr Feuer, durch prächtigen melodischen Fluß, sowie durch har monischen Nciibtum für sich ein, und dürfte er auch in nächster Zeit öfter als bisher auf deutschen Konzert programmen erscheinen. Ein großer Fehler der Programme war es. daß die Werke der unbekann teren Meister zumeist im letzten Orchesterkonzerte zur Vorführung gelangten, das Publikum wie die Kritik war von dem Uebergenusse, den man in diesem Sommer bot, schon total erschöpft und für Neues nicht mehr genügend aufnahmefähig. Unter dieser Ucbermüdung hat wohl am meisten die vom Kom ponisten persönlich geleitete „Sinfonie sacra" Widors gelitten, die in ihrer schwierigen Kon zeption von den Anwesenden nicht mehr gebührend erfaßt werden konnte. Genau so ging es auch der „Norwegischen Suite" von Coquard, die wohl Beachtung verdient. Auch die ^>onzösi!ck>e Suite" von Ducasse bietet so viel Farbenreichtum und prächtige Gedanken, die unter anderen und günstige ren Umständen nicht ohne intensive Wirkung ge blieben wären. Von den älteren Meistern nahm Saint- Sa^ns den größten Raum in den Programmen ein. Das Urteil über ihn steht ja längst fest, er wird in Frankreich der letzte der noch lebenden Klassiker ge nannt. Mir persönlich hat er als Schaffender nicht imponiert. Seine Sinfonie in C.-Moll prunkt mit unnötigem Beiwerk, Klavier und Orgel tun mit, find aber ganz überflüssig: seine Kammermusik ist besten falls glatte, aber kalt« Musik, wie sie Mendelssohns Zeitgenossen und nächsten Nachfolger nicht anders machen konnten, sie erwärmt nicht und reißt nicht mit. Von den Vertretern der neuen Richtung in Frankreich, die mit Cesar Franck einsetzt, wurde wenig Neues geboten. Wir hörten die bereits be kannten Prunkstücke der Jung-Franzosen, wie den allerdings geistsprühenden Zauberlehrling" von Dukas, dessen Vorspiel zum dritten Akt von „Ariadne und Blaubart", das Vorspiel zur Oper „Ferval" von Vincent d'Jndy, nur Ravels „Spanische Rhapsodie" und Debussys Nocturnes wäre« uns neu. Die erstgenannte Arbeit ist wohl durch den Glanz der Orchestration bemerkenswert. und wer an Kuriositäten, ar« sonderbaren Harmonie folgen, an Skalen mit sechs Ganztönen und der gleichen Unmöglichkeiten, die bei Debussy schon zur Manie werden, Gefallen findet, mag auch bei dem Werke dieses Meisters auf seine Rechnung gekommen sein. Nun haben wir noch der Ausführenden zu gedenken. Hier steht an erster Stelle Meister Saint'Sai-ns, der als Pianist wirklich die Be wunderung verdiente, die man ihm zollte. Es wird nicht viele Künstler geben, die in so hohem Alter noch eine so geistige Frische zu bewahren wissen. Neben ihm muß Alfred Cortot genannt werden, der sich als Künstler von ganz hervorragenden Qualitäten eingefühtt hat. Größter Anerkennung erfreute sich auch Wanda Landowska, di« un vergleichliche Meisterin aus dem Clavecin, die Arbeiten von Couperin und Rameau mit unnachahm- licher Feinheit und Grazie vortrug. An gesanglichen Leistungen boten Rose Föart und Huberoeau das Beste, gut war Viannenc, wie man aber Madame Darlays einem so verwöhnten Publi kum, wie es das in München ist, bieten konnte, er scheint mir unbegreiflich. In den verschiedenen Kammermusikwerken wirkten die Herren Hey de, Maas. Franzos, Stieglitz, Houdek und Junge vom Münchner Konzettvereinsorchester mit und erwiesen sich als Künstler von außerordentlichen Qualitäten. Vollste Anerkennung erwarb sich auch die neue Münchner Madrigal-Vereinigung und ihr Dirigent Jngenhooen durch ihre musterhaften Leistungen. Endlich sei des Münchner Tonkünstler Orchesters (des früheren Kaim-Orchesters) gedacht, das sich als ein Orchester ersten Ranges erwies und nun vielleicht doch zu jener Position kommen wird, die ihm im Münchner Musikleben gebührt. Von seinem ständigen Dirigenten Josef Lassalle, einem gebürtigen Franzosen, tüchtig vorbereitet, hatte es allerdings die Freude, während des ganzen Feste» einen so ausgezeichneten Dingenten, wie es Rhen6-Daton ist, an seiner Spitze zu sehen. Ich nenne diesen Orchesterleiter nicht ohne Ab sicht ganz am Schluffe meines Berichts; denn man muß auf ihn ganz besonders aufmerksam machen, er verfügt über ungewöhnliche Eigenschaften, und wenn das Musikfest nur diesen einen Namen in die weite Welt hinaustragen würde, hätte es einen guten Zweck erfüllt. Otta