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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.09.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-09-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100922013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910092201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910092201
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-09
- Tag 1910-09-22
-
Monat
1910-09
-
Jahr
1910
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Nr. 2S2. 104. Istzrrrmr. celvrtgrr Tageblatt. vormrrstag, 22. September I9lv kratllche Sie-». W» ata« -ta »i<lo LI »ü»l»nia «mrin» sich »« da» Mandat bewerben, wo kein Fluidum von ihnen z» de« Wählermallen hinüber- strömt und diese p> der »benagen«» Persönlichkeit htn-ie-t, da kann die Eawmlungspoltttk geead« P» Voraussetzung der Niederlage werden. Der »on dem Kandidaten unbefriedigte bürgerlich« Wähler bleibt zu Hause, der Individualismus des Deutschen, der in solchen Zeiten zunächst seinem Parteitnteresse frönen will, kommt nicht auf fein« Kosten, und da« Ergebnis ist das Anfchwellen sozialdemokratischer Stimmenn, der Rückgang der bürgerlichen, da, Steigen der Parteien de« Nichtwähler und al, Fazit das rote Königreich Sachsen. Soviel über den formellen Gedanken der Sammlunaspolitik. Auch hier übrigens ein klaffen der Gegensatz zwilchen dem geistigen Führer der säch sischen Konservativen und den Wahlmachern im eigenen Lager. Wenn die Sammlungspolitik uns aus der Irre und der Partcizerklüstung der Gegen wart führen kann, weshalb ist dann gerade die Par« tei de» Herrn Opitz so sehr bemüht, überall da Kan didaten aufzustellen, wo bei den letzten Wahlen durch die Politik der Sammlung nationale Erfolge erzielt wurden? Schon heute, ein Jahr vor den Wahlen 1V11 bemüht sich di« konservative Partei um eine Kandidatur in Löbau, läßt sie erklären, datz st« dem Vertreter der Stadt Leipzig einen konservativen Gegenkandidaten entgcgensiellen will, stürzt sie sich in Zschovau-Marienberg aus lauter Hatz gegen den Nationalliberalismu» in Unkosten für die gänzlich bankrotte Reformpartei und jubelt den neu in Sachsen auftretenden Deutschsozialen in Meitzen zu, wenn diese da« Programm de» Kampfe» gegen den Liberalismus entfalten und sich bei den Anhängern de, Bunde» der Landwirte durch perfide Angriffe aus Hansabund und Bauernbund billige Lorbeeren zu verschaffen trachten. Wie steht es aber s a ch l i chmit der Sammlung»- oarolc? Kann ohne Zwang der Gegensatz zwischen Nationalliberalismu» und Konservatismus ver mischt werden? Dewitz könnte er es, wenn die säch sischen Konservativen gemäß ihrer zunächst eingenom menen Haltung auf dem Boden der Blockvolitik ge blieben wären. Das aber baden sie nicht getan, haben sich vielmehr löblich der Leitung de« ostelbi schen Großgrundbesitzes unterworfen. Haven sich eben so völlig der Orthodoxie der preußischen konservativen Landtagsfraktion angeschlollen und gegen die über wiegende Mehrheit der sächsischen Lehrer und Dolke- bildner einen Kampf eröffnet, der ihnen bei unseren Dolkserziehern den letzten Rest von Sympathie ge raubt hat. und die sächsischen Konservativen auch in dieser geistigen Beziehung^ vollständig an der Seite derjenigen sieht, die tn Preußen so gern mit dem Zentrum zusammengehen, weil sie sich mit ihm tn der Verteidigung des unerschütterlichen bestehenden Dogmas, in der beiderseitigen Glaubenvansckauung einig willen. Kommt dann noch eine Persönlichkeit wie der Renegat Kunze hinzu, der wie alle Renegaten gerade das am lautesten und gehässigsten schmäht, was er vorher angebetet bat, dann ist der Grund unterwllhlt, der den Boden für ein sachliches Zu sammengehen in allen Fällen hätte abgeben können. Der Nationalliberalismu, ist eine Mittelpartei und will es bleiben. Die Kunst stückchen mit dem Worte Linksliberalismu» verfan gen nicht mehr. Dieses Wörtchen hatte man sich aus gedacht. um es für politische Taschenspielerkünst« ge brauchen zu können, um namentlich in nationalen Fratzen, wie Flotte und Heeresmacht, frühere SUnoen des Freisinns dem Nationalliberalismu» aufs Konto setzen zu können, indem man je nach Bedarf den »Ausdruck „Linksliberalismu»" für Nationallibera lismus oder für Fortschrittler gebrauchte. Ebenso wenig leidet die Berechtigung nationalliberaler For derungen darunter, datz sie von anderer Seite Über boten werden. Die Berechtigung einer Reform der Ersten Ständekommer im Sinn« einer Berücksichti gung der wirtschaftlichen Grötze der sächsischen In dustrie und des sächsischen Gewerbe» bleibt auch dann bestehen, wenn der Sozialismus Beseitigung der Ersten Kammer anstrebt. Auch das Pluralwaylrecht ist Gesetz geworden und hat sich bewährt, obwohl mcm links von dem Nationalliberalismus da» allgemeine gleiche Wahlrecht fordert. Der Nattonalliveralis- »»» hat Zeit seines Bestehen» damit zu rechnen ge habt, -atz man leine liberalen Forderungen zu über trumpfen versucht«. In «inen Wettbewerb mit den Demagogen de» Soziattsmu» «tnzutreten, lehnt er ab. Nationaler Liberalt»mu» ist nicht Demokratie, ist nicht die Anerkenntnis der Mallenherrschaft und die Beugung unter die Massenvhrase. Auf gesunder wirtschaftlicher Grundlage, auf der Anerkennung der Gleichberechtigung aller Erwerbs stände in einem grotzen, mächtigen, angesehenen deut- schen Vaterlands, den Einfluß des Bürgers in Staat und Verwaltung und gesunde liberale Anschauungen in politischer und geistiger Beziehung zu vertreten, das ist die Ausgabe de» Narionallibera- lismu», die nach links ebenso ihre Scheidewand zieht, wie nach recht». Die nationalltberale Partei hat heftige Stürme in sich auszuhalten gehabt, beson ders in «achsen, wo die jetzt, Gott sei Dank, ihrem Ende sich zuneigende Langhammer Tragödie sie der besten Stoßkraft beraubte. Die beginnende Furcht des Bürgertums vor einein allzustarken Wachsen der Sozialdemokratie wird da» ihrige tun, um auch tn Kassel Schwierigkeiten aufzutürmen, die der Zu kunft der Partei entgegenstehen. Es wird immer im Wesen einer Mittelpartet liegen, daß die einen ihrer Mitglieder mehr nach recht«, die andern mehr nach links tangieren. Die nationalliberale Partei hat seit dem Tage der Reichsgründung gezeigt, datz sie selbständig ihren W e g zu gehen weitz, ob wohl sie immer diese Gegensätze in sich auszutragen hatte. Sie wird auch jetzt den Weg fin de n, der zwischen Günther und Opitz auf denjenigen Weg führt, den sie in den letzten Jahren etng-schla- aen hat und der ihr die Sympathie der weitesten Kreise de» sächsischen Bürgertums und der sächsischen Beamtenschaft mit eingetragen bat. In einer solchen Politik liegt die Gewahr einer ruhigen Fortentwickelungder Partei, die nichts von der alten Anziehungskraft verlieren wird, wenn sie unbeirrt durch Lockrufe von linke oder rechts ihren eigenen Weg vorwärts geht, um die jenigen zu sammeln, die weder in Heyvebrandscher Politik noch in sozialdemokratischer Demagogie da» Reich gut ausgehoben erachten. Deutsches Keich. Leipzig, 22. September. * Konservative Stichwahlparole in Frankfurt a. Lebus. Wie die ,„Kons. Korr." mitteilt, hat der Vorstand des Wahlverein» der konser« vativen Parteien für den Reichstagswahlkrei» Frankfurt a. O. - Lebus am 20. September ein stimmig beschlossen, bei der Reichstagsstichwahl am 26. September bedingungslos für den Kandidaten der nattonalliberalen Partei, Herrn Archivrat Dr. Winter, einzutreten. Weiter heißt es in der Mitteilung: „Es wurde ferner ein stimmig beschlossen, für die Stichwahl eine umfassend« Agitation auf dem platten Lande zu entfalten und vor allem die Wahisäumigen, die bet der Hauptwahl über 8000 betragen haben, heranzuholen. Der Vor stand des konservativen Wahlvereins wird außerdem ein Flugblatt im ganzen Kreise auf dem platten Lande verbreiten, in dem alle national ge sinnten Männer energisch aufgefordert werd«», am Stichwahltaae ihre Schuldigkeit zu tun und unter allen Umständen den einzigen bürgerlichen Kan- divaten, Archivrat Dr. Winter, tn der Stichwahl zu wählen. — einer gemeinsamen Sitzung der Vorstände der konservativen und liberalen Parteien, di« im Anschluß hieran stattsand, wurde volle Nebexejnstim mung über da« gemein same Vorgehen gegen die Sozialdemokratie erzielt und die Wahlagitation bi» in» kleinste unter den bürgerlichen Parteien für die Stichwahl ver« einbart." * Der Hamburger Nationalllberal« Reichstags wahlverein beschlog, seinen Vertretern beim Kasseler Parteitag die Weisung zu geben, für folgende Parole bei den nächsten Reichstagswahlen zu sorgen: Der Kampf richtet sich in erster Linie gegen die Sozialdemokratie: mit den nationalen Parteien sei der Kamof so zu führen, datz ein Zusammengehen bei den Stichwahlen ermög licht werde. * Die Geschäftsstelle der nationalliberalen Partei in Frankfurt a. M. bittet uns um Veröffentlichung nachstehender Erklärung: „Unterm 1b. September d. I. erschien di« Nummer 1 einer Zritungskorre- spondenz, die von einem Unbekannten heraus gegeben und von einem Automobil- usw. Fachzeit- ichriftenverlegcr namens Andreas Josef Keil aus Frankfurt a. M. verlegt wird. Obschon dieser Herr weder Mitglied der hiesigen nationalliberalen Orga nisation ist, noch sonst irgendwie nachweisbare Be ziehungen zu der Partei unterhält, benennt er diese Korrespondenz „Süddeutsche Nattonalliderale Korrespondenz". Da es bis jetzt iin politischen Leben üblich ist, daß solche Korrespondenzen nur von den offiziellen Parteiinstanzen heraus gegeben werden und daß die Verferliaer mit ihrem Namen vor die Ocffcntlichleit treten, kann inan diese Aufmachung nicht anders als eine irreführende be zeichnen. Es muß deshalb öffentlich sestgestsllt werden, daß die nattonalliderale Partei mit dieser imIStile des Reichsverbandes gegen die Sozialdemo- kra.te redigierten Korrespondenz nicht das mindeste zu tun hat. Da die Korrespondenz den Zeitungen kostenlos zugesandt wird und honorarlos benutzt werden darf, so muß man sich unwillkürlich fragen, wer der unbekannte Philantrop ist, der Druck-, Papier-, Redaktion»- und Poriokosten an diese Sache hängt. Kennern der politischen Verhältnisse wird die Antwort hierauf nicht schwer fallen." * Zur Silberhochzeit des badischen Grotzherzogs- paare» hat König Friedrich August von Sachsen ein Handschreiben an den Lroßherzog gerichtet. Außerdem begab sich eine Deputation de»103.Bautzener Infanterie-Regiments, dessen Ehef der Großherzog ist, nach Karlsruhe, um die Glückwünsche des Regi ments zu überbringen und an den Feierlichkeiten teilzunehmen. - Ueber den weiteren Verlaus der Festlichkeiten wird noch gemeldet: Nachdem Mittwoch früh bei den großherzoglichen Herrschaften wettere Empfänge stattgefunden hatten, brachten mittags etwa 1000 Bürgermeister de» Landes dem Groß herzogspaare vor dem Residenzichlolle eine herzliche Ovation dar. Nachmittag« zogen die Sportvereine aus Karlsruhe und Umgegend huldigend am Schloß vorüber. Abends gaben die großherzoglichen Herr schaften eine Abendgesellschaft mit Konzertz an die sich eine Festvorsiellung im Hoftheater anschloß. Prinz Adalbert von Preußen hat Karlsruhe gestern früh verlassen. Die Königin von Württemberg ist nachmittags nach Stuttgart zurückgekehrt. * Ei» «euer „Zeppelin" für die preußische Heere». Verwaltung. Der Abschluß des Kaufes «ine» neuen „Zeppelin" für die preußische Heeresverwaltung dürfte unmittelbar vor der Tur stehen. Die „Rhetn.-Westf. Ztg." läßt sich melden, daß die Verbindung zwischen dem Kriegsministerium und dem Grafen Zeppelin überhaupt nicht, wie von anderer Seit« berichtet war, unterbrochen gewesen sei. Noch am iS. und 20. d. M. sind ausführliche Schreiben an den Grafen und di« Lustschiffbaugesellschaft seitens der Heeresverwsltung abgcgangen, die sich mit dem geplanten Neukauf eines Zeppelinkreuzer» befaßten. In allen wichtigen Fragen, auch bezüglich der durch die Verkehrsab teilung geäußerten Wünsche, soll bisher volle Eini gung erzielt worden sein. Was die Aeroplane be- trifft, so will man auch dies« Erfindung dem Auf klärungsdienste im Felde nutzbar wachen. Man ge denkt aber dabei langsam vorznschttnten. Auch ist man der Ansicht, daß unsere Industrie sich noch mehr al» bt»her des Aeroplanbau» annehmen muß.^ . _ 0 Di« erste deutsche Dreaduoughtdivifion wird am Mittwoch durch den Eintritt der neuen Linien schiff« „Rheinland^ und -Posen" tn deu Verband, dem bisher „Nassau" und „Westfalen" angehören, vollständig. Die 4 Schiffe zusammen werden 75 000 r zählen. 0. Der neu« Manu im Nrichkolonialamt. Staats sekretär von Lindegutst, der von einem kurzen Urlaub nach Berlin zurückgekehrt tst, bat Mittwoch mittag den neuernannten Unterstaatssekretär Dr. Böhmer in sein Amt einaesührt und ibn mit den höheren Beamten und Offizieren de» Kolonialamt» bekannt gemacht. Böhmer hielt dann ein« kurze Amprache an die Herren und bat um ihr« Unterstützung. 0. Da» nlchtkonfesstvnelle Zentrum. Tine Illu ftratton zu der bekannten These des Zentrums, daß es keine konfessionelle Partei sei, bietet folgender Vorgang,' In der katholischen Kirche zu Heides- heim in Hessen verkündeten am vergangenen Sonntag zu Beginn der beiden Vormtttagsgottes- dienste der Kaplan und der Pfarrer von der Kanzel herab, daß ain Nachmittag ein«' große Zentrumsversammlung stattfinden werde, zu der alle katholischen Männer erwarcrt würden. In der Ver sammlung sprach dann der Landtagsabgeordnete Iustizrat von Brendano sehr scharf gegen den Libe ralismus. — Die Benutzung der Kamel für die Zwecke de» Zentrum» ist nicht zum ersten Male er folgt und es wird auch nicht das letzte Mal lein. 0. Todesstrafe und Steuerzahler. Tie tn Passau erscheinend« klerikale „Donauztg." macht einen Vorschlag, der vielleicht für die künftige Finanzreform verwertet werden kann. Das Blatt, das dem Reichstagsabgrordneten und Dom kapitular Dr. Pichler nahesteht, beglückwünscht den Deutschen Iurtstentag, day er sich für Beibehaltung der Todesstrafe ausgesprochen habe, klagt über unsere leider zu modern ausgestalteten Strafanstalten und meint schließlich: „Wenn da noch etwas weniger von dem Begnadigungsrecht Gebrauch ge macht wird, was doch nur zu Lasten der Steuer zahler geht, wird es schon wieder besser werden." * Die katholischen Geistlichen auf der bayrischen Eisenbahn. Aus München wird uns folgende un glaubliche Geschichte gemeldet: Das bayrische Mini sterium hat eine Verordnung erlassen, daß alle katholischen Geistlichen, um ungestört reisen zu können, künftig statt der dritten Klaffe ein Abteil zweiter Klasse benutzen dürfen, wenn tunlich, ein solches Coupk sogar allein erhalten. Diese Ausnahmebestimmung zugunsten der katho li chen Geistlichen erregt in liberalen und protestan- ti chen Kreisen großes Aufsehen. — Wir würden dem bayrischen Ministerium raten, bei diesem Anfang nicht stehen zu bleiben. Man könnte doch die protestan tischen und sonstigen nichtkathalijchen Reisenden einfach au» einem ganzen Wagen (nicht nur aus einem einzelnen Abteil) entkernen, sobald ein katho lischer Geistlicher „ungestört" reisen will, oder be sonder« „Hochwürdenwagen" «inrichten, die außer von der katholischen Geistlichkeit nur von demjenigen Ministerialoeamten benutzt werden dürfen, der diesen famosen Erlaß ausgedacht hat. Vielleicht könnte man auch für jede» Detanat einige Extrazüae für die Reilebedürfnille der hochwürdigen Herren ständig unter Dampf halten. * Krieg jedem gute« Tropfen. Die Antialkoholiker wollen tn diesem Winter einen Kreuzzug gegen den Alkohol unternehmen, sie sammeln Unterichriften für Petitionen an den Reichstag, der gesetzlich den Aus schank von Alkohol und die weiter« Konzessionierung von Gastwirtschaften verbieten soll. Eine Be schränkung des Alkoholgenuffes ist zu begrüßen, die Temperänzler gehen aber jetzt zu wett, wenn sie jeden Tropfen den Deuischen entziehen wollen. Bilzbrause ist nicht jedermann» Sache. Sollen die Arbeitslosen der Getränke-Jndustrie oom Staate entschädigt werden oder wollen die Antialkoholiker dem Staate den Ausfall an Steuern, den ein Verbot der Getränke industrie bedingt, ersetzen? - -« * Wie «i« russischer Mtlitörballon in Deutsch land behandelt wird. Lor einigen Tagen landete, wie aus Lustschifferlreijen mitgete>tt wird, etn russischer Militärballon mit 2 Offizieren im Kreise Pillkallen auf dem Rittergute Lindicken. Der Milttärballon war während eines Manöver» der russischen Soldaten ick Oranq bei Kowno ausgestiegen und mußte hier auf preußischem Gebiete niedergehen. Währen» in ähnlichen Fallen die Insassen deurjcher Das Münchner vkwberkelt. Don Eugen Isolani. lRachdruck verboten.) Am 12. Oktober de» Jahre, 1810 feierte der da malige Kronprinz, später König Ludwig I. von Bayern seine Vermählung mit der Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen, und dies« Vermählung wollte die Kavallerikdioision der Bürgergard« Mün chens durch «in Pferderennen verherrlichen. Es war dasselbe Jahr 1810, tn welchem Jahn tn seinem Buch „Deutsches Volkstum" seinen Ruf nach Leibes übungen in Deutschland ertönen ließ. „Schafmütig" nannte er da di« „neüdeutschen Philister". Gehen, Laufen, Springen, Werfen, Tragen seien kostenfreie Hebungen, so meinte Jahn, die der Staat von jedem verlangen könne. Und Zahn verlangte geradezu Volksfeste, an denen solche Körperübungen ausge führt werden sollten. Er und viele mit ihm tn da maliger Zeit wünschten, daß das Volk zum Bewußt sein seiner selbst käme. So regt« es sich wohl damals überall in deutschen Landen: diese volkssestlichen Be- strebungen waren nicht auf Bayern allein beschränkt, aber sie erhielten durch jenes Pferderennen, das am 17. Oktober 1810 auf der nach der Kronprinzessin- Braut benamten Theresienwiese abgehalten wurde, neue Anregung. Da« Pferderennen verlief denn auch vollkommen nach Wunsch: die ganze Königsfamtlie war an wesend, und di« zwölf besten Renner erhielten Preise von 20, 15. 10, S Dukaten und so herab bi, zu einem. Ganz München war hinausaewandert nach der The- refienwiese und hatte sich köstlich amüsiert. Da hatte man denn den Wunsch, diese Volks belustigung wieder öfter begehen zu können, und wo der Will« ist, da findet sich auch leicht die Tat. Danz kurz nämlich vor jener Dermählungsfeier im bayerischen Königshaus«, am S. Oktober 1810, war in München der durch König Max I. genehmigt« landwirtschaftliche Verein in» Leben ge treten, welcher sich di, praktische Beförderung der Landwirtschaft im Königreich Bayern al» Aufgabe gestellt hatte, und dieser Verein beschloß, alljähr lich im Oktober jene Pferderennen zu wiederholen und sie zu einer „Lolksseier in der Maxi- mtlians-Woche" auszuaestalten, einem vorherrschen landwirtschaftlichen Fest«, mit welchem etn großer Liehmarkt und Preisverteilung für die zur Stelle gebrachten besten Zuchttier« verbunden sein sollte. So ist denn das Oktob « rseft. da» ursprüng lich nnr al» etn« gelegentlich« Huldigung für ein fürstliche» Brautpaar gedacht war, «tn« dauernde Einrichtung geworden. Natürlich ist da» Oktoberfest im Laufe des Jahrhunderts noch mancher Wandlung untenvorfen gewesen. Aber in feinen Grundzügen ist das Fest immer dasselbe geblieben, «in echtes und rechte« Dolk»f« st, an -em -ie Münchener mit Leib und Seel« hängen, ja mehr noch: die ganze ve- »SHerung der Umgegend der bayerischen Hauptstadt, die tn zahllosen Extraziigen zum Feste sich einzu finden pflegt. 1815 wollt« man das Fest in Aussicht des deoorftihende» Frieden» mit Frankreich mit er höhtem Glanze feiern, und dem Zug« der Zeit ent sprechend, der Jahn seinen Stempel aufzudrücken sich bemühte, wollte man gymnastische Hebungen mit dem Feste verbinden, „um der Jugend Gelegenheit zu geben, ihre körperlich« Gewandtheit mehr auszu bilden und gebrauchen zu lernen". Lehrjungen und Feiertagsschüler sollten sich daran beteiligen; sechzehn dieser Jünglinge führten einen Wettlauf aus, sech zehn andere bildeten als Fahnenträger ihre Beglei tung im Zuge, in dem auch di« Kampfrichter unv Aufseher nicht fehlten. Die Jüngling« erschienen in den bayerischen Landesfarben; sie waren weiß ge kleidet, mit blauen Schärpen um den Leib und trugen Kasten von Filz mit Silberquasten. Außer dem beteiligten sich die Sänger der öffentlichen Sing- schule am Feste, und in bezug auf diese Neuerung heißt es in einem Schriftchen aus jener Zeit: „Jene Gesänge, sowie auch die Volksspiele und Uebungen liegen außerhalb der scharfbezeichneten Zwecke des landwirtschaftlichen Vereine». Eie werden viele» von ihrem Werte verlieren, sollten sie von höherer Seite veranstaltet werden. Daher hat sich eine De- sellschaft (von gegen 200 der angesehensten Ein- wohner) gebildet, welche au» ihren fretwilliazusam- mengelegten Mitteln diese Nebenzwetge der Oktober feste alljährlich veranstaltet." Diese Gesellschaft für die Oktober feste in München^ löste sich freilich bereits nach einigen Jahren auf, und der Magistrat der Stadt München übernahm im Jahre 1819 die jährliche Er öffnung des Oktoberfrstes durch ein Hauptpferde rennen, ein Vogel- und ein Scheibenschießen für Rechnung der Stadtgemeinde. Mit der Zeit gewann dann die volksLelusti- gung noch insofern beim Oktoberfest ein neue» Feld der Betätigung, als die Gastwirte der Theresienwiese auf eigene Kosten für di« Jugend allerlei Belustigun gen veranstalteten, wie Sacklaufen, Hosenrennen, Baumsteigen usw. Allein die» scheint zu allerlei Ausschreitugen Anlaß gegeben zu haben, denn bald hieß es, dergleichen müsse „als mit der Würde des Festes unvereinbar" unterbleiben. Dann aber wieder wurden Ringelstechen und Glückshasrn veranstaltet, Ausstellungen aller Art wurden mit dem Oktoberseste verbunden, Luftschiffahrten, Musikseste, Feuerwerke, auch sogar Maskenfeste im Königlichen Hoftheater. Bald hatte dann auch da» Münchener Oktobersest sein« „lusttge Person". Heute lebt wohl keiner mehr in München, der sich noch de» Münchener Lohn- kutscher» und Pferdehändler» la ver Krenkl aus persönlicher Bekanntschaft zu erinnern wettz: aber von ihm gehört hat jeder Münchener. Man nannte ihn den „Abgott -er Münchener" auf den Oktober, festen, und durch seinen schlagfertigen Witz und drolli. gen Humor hat er sich die Verehrung auch wohl ver dient. Freilich, die Scherze, die man sich von ihm er zählt, sind so derb, daß man sie sich nur in Männer kreisen erzählen kann: aber man lacht noch heute über manchen drolligen Einfall, der auf Krenkl zurückzu führen ist. In ganz besonder» festlicher Weis« wurde da» Ok. toberfest im Jahre 1835 gefeiert. Das Königspaar feierte seine Silberhochzeit, und da» Volksfest fein fünfundzwanzigjährige» Jubiläum; da» mußt« durch Icstalanz ausgezeichnet werden. Da ward außer dem Pferderennen ein Wagenrennen veranstaltet, zu dem der populär« Herzog Max, der berühmt« Zither- spieler, ihm gehörig«, ganz eigenartig« römische Kampfwagen yerlteh, auf welchen Pferdelenker in römischen Kostümen standen. Dann kam ein Ring kampf der Bäckergesellen, bei dem die Bäckerathleten mit entblößten Armen und zur Hälfte entblößten Ober- und Unterschenkeln, di« Beinkleider und Wäms« au» gelbem Zeuge mit schwarzer Einfassung anae- fertigt, eng anliegend, erschienen, also einen höchst seltsamen Anblick boten. Und nicht minder seltsam erschienen die WagnergescNen bei einem Radtreiven. Bei diesen Veranstaltungen soll von den Zuschauern so laut gelacht worden sein, daß man das Lachen der Menge weithin hörte. Im Jahre 1852 raffte man sich zu einer besonderen Anstrengung auf und hatte ein großes Fiasko. Unter Leitung eine» Turnlehrers wurde ein .^Griechischer Wettrennkampf zu Pferde" veranstaltet. Man wollte die Olympischen Spiele nach München verpflanzen und hatte einen völligen Mißerfolg. Ein« der Zei- tunaestimmen jener Tage sagt begütigend, aber gleich wohl scharf genug verwerfend: „Der vorgestrige Mavkenscherz auf der Theresienwiese, dessen pomp haft« Ankündigung al» „Olympische Spiele" nur als Mystifikation angesehen werden kann, bat nicht nur. im Publikum, sondern auch in manchen Blättern wohl ein« allzustrenge Kritik gesunden;- die „Olym pischen Spiele" brachten die Lachmuskeln in Be wegung. — Wae kann man mehr verlangen bei einem fröhlichen Volksfeste?" Also mit andern Worten: die Olympischen Spiele auf der Theresienwiese wur den ausgelacht. Man sicht, das Volksfest der Münchener hat eine gewisse kulturgeschichtliche Bedeutung. Man konnte an ihm auch zuweilen den Volksgeist beurteilen. Die Zeit naiver Volksbelustigungen war mit dem Jahre 1848 vorbei, und damit war man mit den Ver anstaltungen auf dem Oktoberfeste gewissermaßen tn eine Sackgasse geraten. An den alten Vergnügungen fand das Volk kein rechtes Behagen mehr, und was man an neuartigen bot, war nickt recht volkstümlich, ex war nicht aus den Sitten und Gewohnheiten des Vayernvolle» herausgewachsen. Da nahm sich noch einmal im Jahre 1878 der be- kannte Dolksoichter Hermann v. Schmid de» alten Münchener Volksfeste» an. Er, ein Kenner des Boltes und seiner Gewohnheiten, und dazu ein Freund de, Volke», wußte ja am besten wa, dem Volke gut war und ihm Vergnügen bereiten mußte. Dazu war er Magistratsrat und konnte in den siädtt. schen Kollegien selbst durck Anträge usw. auf eine Neugestaltung des Festes binwirken. So machte er denn Vorschläge aller Arc über Schaustellungen, Eän- gerproduktionen, Preisoerteilung für dichterische und musikalische Leistungen usw. Zum ersten Mal« sollte das alle», wie er wünscht«, zum Oktoberfest de» Jahres 1880 ins Leben treten. Aber noch währen der Beratungen war- Schmid krank, und mitten im Oktoberfest, da« nun nicht nach seinen Vorschlägen abgeholten wurde, starb er am 1>. Oktober 1880. Einen neuen Aufschwung fanden dann die Feste im Jahr« 1883 durch Abhaltung von Rad wett fahren, die damals etwas völlig Neues waren, die aber doch da» gemütliche Bild, das ehedem die Oktoberfeste zeigten, völlig schwinden ließen, und der Kreis jener All-Münchener mehrte sich, die da klag ten, daß die Kultur allzusehr da» Fest auf ver Theresienwiese beleckt habe. Freilich, die Zeit ist eben «ine andere geworden, und es gibt sogar Leut« in München, die da be hausten, daß das Fest, da» vor hundert Jahren ent stand, überhaupt nlcht mehr in die Zeit der Elektri zität, Automobile und lenkbaren Luftschiffe hinein pass«. Allerdings darf man solche Aeutzerungen nicht immer und Überall laut werden lallen, denn die Mehrzahl der Münchener hängt auch noch heute an dem Oktoberfest, schon weil auch dort das Bier gut schmeckt. Düm^rmzölllchen MuvkleVlnMünchen. Da» zweite Orchesterkonzert war vornehmlich Tesar Franck gewidmet, dessen ausgezeichnete D-Moll-Sinfonie unter M»enes Batons hin reißender Leitung bedeutende Eindrücke wachrief und vom Münchner Tonkünstler-Orchester trefflich gespielt wurde. Da» weitere Programm setzte sich aus kleineren Werken von Faur , Eaint-Saöns, Lalo (Norwegische Rhapsodie), Maurice Ravel und Debussy zusammen. Frl. F^art und Herr Via nenne zeich neten sich durch außergewöhnlich schöne Stimmittel und höchst geschmackvollen Vortrag aus. Nach Sette de» Ideengehalts und Klangeffekt» waren ohne Zweifel Ravel und Debussy die eigentlichen Vertreter der Moderne. Das zweite Morgenkonzert war vornehmlich der Muse Eabr. Faurc s gewidmet. Des bedeutenden Künstler» T-Moll. Klavierquartett, ferner di« auch in Deutschland schon seit längerer Zett bekannte Sonate für Klavier und Violine fanden lebhaften Beifall. Bon großem Interesse war die Kenntnis nahme einer Reihe von K! avierstücken vonThabrier, die Herr Tortot auf» rühmenswerteste vermittelte. Die Münchener Madrigalveretnigung ent zückte unter der künstlerisch setnsinnigen Leituna Jan Jngenhooens mit ih»en bewunderswert abgetönten Vorträgen altfranzösischer Madrigale. Sämtliche Darbietungen fanden den lebhaftesten Beifall. Im Hause Thoma» Knorr», des Mitbesitzer»der „Münchener Neuesten Nachrichten", versammelte sich in den Nachmittagsstunden das musikalisch« München unter Vorantritt Mottls. Anwesend waren u. a. Fischer, Tortolezzi, Klose, Gluth. Erzellen, Speidel und Richard Strauß und die hervor ragenden französischen Künstler. Madame Lan- dowska spielte Stücke auf dem Clavecin, eine Dachsche Sonate und alte Tänze reizendster Art. Richard Strauß gab auf dem Flügel zwei Frag mente au» seinem „Rosenkavalier" zum besten, die alle Gäste ob ihrer stilistischen Neuart in freudige Ueberraschung und fast ungläubiges Staunen ver setzten. Die Herren Vianenn« und Huberdeau erwiesen sich, a»f» geschmackvollste von Tharle» Widor am Flügel begleitet, als ganz hervorragende Künstler. X- L
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