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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.11.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-11-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190911136
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19091113
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19091113
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-11
- Tag 1909-11-13
-
Monat
1909-11
-
Jahr
1909
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Bezuqs-PreiS ftr Leipzig und «oror« durch imier« Lräger und Lpedueure in« Hau« gebrach!: SO L> monatl., r.7O vierteljibrt. Bei unjern Filiale« u. Aunadweltellen adgeholt t monatl. H.kS »ierteljthrl. L«rch di» Volt: tnnerdalb Druilchiand« und der dentichr« Kolonien vieneliäbrl. lt.<0 ud, monatl. IL4 autlchl. Postdeliellgkld. ferner in Belgien, Tinemark, den Tonaustaaten, Italien, Luremdurg, Niederlande, Nor- weg«», Lesterreich Ungarn, Siukland, Lchweden, Schweiz u. Spanien. In allen übrigen Staaten «ur direkt durch di« GeichLItliielle de» Blatte« erbiltlich. Ta» Leipziger Tageblatt erlcheint wSchent» lich 7 mal und zwar morgens Abonne nent-Lnnadme - Auguftu-pl«tz 8, bei linieren Trägern, Filialen, Spediteuren Utch Annahmestellen, wwie Posttmrern und Brleltrigern. Di« einzelne Nummer kostet 1V Siebaktion und Gelchäft-steller Iohannisgaiie v. gerniprrcher: 146UL I46UÄ, 146V4. MpMcr Tagtblaü Handelszeitnng. ÄmtsvM des Nates und des Nolizeianrtes der Lindt Leipzig. Anzeigen-Preis ,itr Nnierate an. Lmpzi, und Umgebung die bgekvaltene Petitzeile 2L üz, stnanziell« Anzeigen 30 Neklamen l von auswün« 30 Reklamen l-'üO »omAuiland stnanz. Anzeige» SieNamen 1^0 Inserate». Behörden amllichenTra«O^ Beilugegedadr d p. laulend »xkl. Post gebühr. Brichänean,eigen an drvorzugter Stelle im Prelle erhüht. Rabatt nach Taris flesterteilte Auiträge können nicht zurück gezogen werden. Für da« Erscheinen «» bestimmten lagen und Wägen wird kein« Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Vugustu-Platz 8, bei iämtlichen Filialen u. allen «nnonce»- Expeditioiien de« Zn- und Auriande«. Haupt-Filiale Berlin Sarl Lttncker, Her>ogl. Bahr. Hofbuch» Handlung, Lützowstiabe 10. (Telepuon V i. btr. 4003). Haupt-Siltalc Dreüde«: Seestrabe 4,1 (Telephon 4621). Nr. 315. Sonnabend 13. November 1909. 1V3. ZabMng Dar wichtigste. * In den beiden Kammern des Landtage? wurden am Freitag die Deputationen gewählt. (S. Landtagsbericht.) * Von nationalliberaler und freisinniger Seite sind in der Zweiten Kammer bis jetzt elf Initiativanträge und zwei Interpellationen eingebracht worden. (S. d. bes. Art.) * Der Bergarbeiter streik bei der Mansfeldschen Kupferschiefer bauenden Gewerkschaft gilt als beendet. (S. Sachs. Umg.) * Präsident Justh sowie die beiden Vizepräsidenten des ungarischen Abgeordnetenhauses legten infolge des Austritts Kossuths aus der Unabbängigkeitspartci ihre Aemter nieder. (S. Ausl.) * Nie aus London telegraphiert wird, bestätigt cs sich, das; zwischen England und Deutschland Verhandlungen über eine gemeinsame Kongopolitik, besonders über gemeinsame Vor- stcllungcn in Brüssel wegen einiger Verbesserungen der Kongo reform stattfinden. » DaS liberale spanische Kabinett hat einen Gesetzentwurf auf allgemeine Amnestie dem König unterbreitet. Amnestiert sollen alle Unruhestifter der letzten Revolution werden. * Petersburger Depeschen bezeichnen die Gerüchte von einer Auflösung der Duma als unbegründet. (S. Ausl ) » An unterrichteter Stelle in Berlin wird mitgetcilt, daß die Türkei die den Kretamächtcn überreichte Note auch in Berlin und Wien zur Kenntnisnahme gebracht hat. * Eine schwere Sturmkatastrophe hat auf den west indischen Inseln große Verwüstungen angerichtet. (S. Venn.) Vluff und Putsch. Eins muß man dem Staatssekretär Bernhard Dernburg lassen: die Psychologie der Presse versteht er meisterhaft. Vor kurzem hieß es, daß er des Kolonialamtes svielleicht in Erinnerung seiner Zentrums kampagne, die in den heutigen Stil nicht mehr paßt) müde sei: nun, sollte diese jetzt verfrühte Meldung sich später bestätigen, so übergibt man ihm vielleicht die Leitung der Preßabteilung im Auswärtigen Amt. Wie seine Reise nach England und sein Aufenthalt daselbst zeitungs mäßig inszeniert worden ist, das ist wirklich aller Ehren wert. Dern- burgs Popularität war etwas verblaßt: nun aber stellen gefällige Leit artikler und Korrespondenten es fast so hin, als werde er uns, wie einst die Befreiung von der Zentrumsherrschast, so jetzt die Erlösung von dem Alp des Wettrüstens bringen. In einem führenden Berliner Blatte lesen wir die folgenden optimistischen Sätze: „In London macht sich eine starke Bewegung für den Mschluß einer deutsch-englischen Entente bemerkbar. Sie ist eine Folge des guten Eindrucks der Reise des Staatssekretärs Dernburg und hängt auch mit dem Kanzlerwechsel in Deutschland zusammen, denn man hält hier den neuen Reichskanzler für einen warmen Freund einer solchen Entente. Man erwartet in den nächsten Monaten bereits be stimmte Abmachungen zwischen Deutschland und England." Wir möchten raten, mit dem Urteil über das Auftreten Dcrnburgs in England einstweilen noch zurückzuhaltcn. Wir haben nichts gegen den Staatssekretär; im Gegenteil, wir können und wollen manches zu seinem Lobe sagen. Er hat für die Popularisierung des kolonialen Ge dankens mehr getan, als irgendeiner seiner Vorgänger: er hat sich rasch auf einem weiten und schwierigen Gebiete eingearbeitet: er hat das Prinzip der persönlichen Besichtigung zu Ehren gebracht, und keiner seiner Nachfolger wird in Zukunft wagen dürfen, die Kolonien vom grünen Tisch her zu regieren: man sagt ihm auch nach, daß er in der Verwaltung seines Ressorts vieles verbessert und vereinfacht habe. Un erfreulich dagegen ist die Neigung zum Bluff, die Herrn Dernburg von jeher anhaftete, die seine finanzielle Laufbahn bereits gekennzeichnet hat und die in der nicht gerade sehr vorsichtigen „Ausmachung" der Diamanten sunde wieder einmal grell zutage trat. Unbedingt hat dieser Mann be deutende Qualitäten; ebenso unbedingt aber fehlt cs ihm an Zurückhal tung und Takt. Er hat in England sehr viel gesprochen, Gutes und Schlechte? durcheinander, und hat nicht immer den richtigen Ton ge troffen. Wenn er zum Beispiel behauptet hat, dos britische Kolonialamt könne vom deutschen Kolonialamt lernen, so berührt dies Eigenlob um so sonderbarer, als ein Gast seinem Wirte doch für gewöhnlich nicht Lektionen erteilen zu müssen glaubt. Ebenso wunderlich klang es, als er — wohl im Scherz — sagte, der Staat erhebe von den Diamanten funden, die ein unverdienter Wertzuwachs seien, eine Steuer, an der sich England ein Beispiel nehmen könne. Es ist nicht ratsam, witzelnd in die inneren Kämpfe einer Nation einzugreifen, ganz abgesehen davon, ob man diesen Witz sehr witzig finden will. Sollte Herr Dernburg im Ernst gesprochen haben, so wäre das um so schlimmer: denn selbstver- stündlich besteht zwischen der Besteuerung der Diamantenbesitzer und der englischen Grundbesitzer nicht di« mindeste Aehnlichkeit. Soviel über Herrn Dernburg. Mer selbst wenn wir zugeben wollen, daß die englisch« Presse im ganzen einen wohlwollenden Ton angeschlagen hat, so können wir uns doch nicht verhehlen, daß wir nur Worte hörten, denen die Taten leider nicht entsprochen haben. Diese Taten sehen ganz, ganz anders aus. An ein und demselben Tage liefen die beiden folgendtn Meldungen in Berlin ein: „Der Marinesachverständige des „Daily Graphic" macht heute folgende Mitteilungen über die zwanzig neuen Zerstörer, die von der Admiralität unlängst in Bau gegeben wurden. Tonnengehalt: 1200, Pserdekräfte: 16 000 bis 18 000, geringste Geschwindigkeit: 29 bis 31 Knoten, Bestückung: 2 vierzöllige Geschütze, 4 Zwölfpsünder und 2 Torpedorohre. Alle 20 Zerstörer sollen in 21 Monaten fertig sein. Dieser neue Schiffstyp stellt die stärksten Torpedoboote dar, die jemals irgendwo in der Welt gebaut wurden." Tie Admiralität beabsichtigt, nach einer Meldung des „Observcr", eine Flottenbasis in der Nachbarschaft von Scapa-Flow auf den Orkney-Inseln für einen Teil der Heimatsslotte zu schassen. Der Hasen ist 15 englische Meilen lang, 8 Meilen breit, und wird durch die kleinen umliegenden Inseln gebildet. „Die Absicht der Admira- lität ist, ihre Politik der Nordseekonzentration zu krönen und die Nord see abzuspcrren", sagt der ,,Observcr". „Mit der in Scapa-Flow sta tionierten Heimatsflotte wird die Nordsee im Fall eines Krieges mit einer nordeuropäischen Macht einfach ein britischer See. Keine See macht, die Deutschland innerhalb der nächsten Jahre Herstellen kann, wird die Flotte von 16 Schlachtschiffen, 10 Panzerkreuzern und 48 Torpedojägcrn durchbrechen, die die volle aktive, im Dienst stehende Macht der Heimatsslotte darstellen. In einem auf die Nordsee be schränkten Krieg würde der britische Handel vollständig sicher sein, während der unseres Feindes leicht unterdrückt werden könnte." Es läßt sich nicht leugnen, daß die Ausführungen des englischen Blattes zutreffend sind, und wir müssen ihm für seine Offenheit dank bar sein. England ist in der Tat in der Lage, die Nordsee vollständig zu sperren und mit dem Rest seiner Flotte unserer Handelsmarine die schwersten Schädigungen zuzufügen. Tie neue Maßnahme wird übrigens auch unser Verhältnis zu Oesterreich und Italien beeinflussen. Be kanntlich hegt Italien die Hoffnung, in Albanien festen Fuß zu fassen. Gelänge dies, so würde das Adriatische Meer zu einem italienischen Meer werden, und Italien könnte besonders im Verein mit England die Häfen Fiume und Triest vollständig vom Weltmeer abschneiden. Für den Fall eines Koalitionskriegcs wären wir also lediglich auf dle Zufuhr aus Oesterreich und über Oesterreich, und zwar auf dem Land wege, angewiesen. Eine solche Perspektive ist immerhin unerfreulich. Die Worte sind schön, die Taten sind ... es nicht. Hier handelt es sich um Kriegsvorbereitungen, deren Tragweite nicht unterschätzt werden darf. Sehr möglich, ja sogar wahrscheinlich, daß England nur rüstet, um sich gegen Deutschlands arge Pläne sicherzustellen. Ein Land fürchtet sich eben vor dem andern. Lord Palmerston sagte: „5Vs ans clricktinj? intc» war"; man könnte diese Worte für beide Länder so über setzen: „Wir fürchten uns in einen Krieg hinein". Und neben dem schweren Geschütz, das England auffährt, läßt es auch die kleinen Mittel nicht außer acht. Oesterreich und Rußland sind jetzt in eine Preß kontroverse verwickelt, die keineswegs dazu angetan ist, das Verhältnis zwischen den beiden Ländern zu verbessern. Wie aber wurde diese Kon trovers« hervorgerufen? Durch einen Artikel der .Hortnightly Review", in dem behauptet wurde, daß Iswolski dem Grafen Aehrei.chal selbst die Annexion Bosniens und der Herzegowina vorgeschlagen hätte. Auf diese Anzapfung mußte Iswolski antworten, und man konnte damit rechnen, daß die Replik wieder eine Duplik erzeugen werde. Es ist merkwürdig, daß der Anlaß zu diesen unerguicklichen Auseinander setzungen von England aus gegeben wurde. Man kann eben nicht nur mit Waffen und Geldmitteln, sondern auch mit der Feder putschen, und Putsch ist das Losungswort der heutigen englischen Politik. Vas jubilierende Samoa. Samoa, als deutsche Kolonie, kann in diesen Tagen auf einen zehn jährigen Bestand zurückblicken. Während wir bisher bei allen kolonialen Jubelfeiern Frcuoe und Stolz über Erreichtes empfinden und darüber schwere Zeiten vergessen konnten, gibt es auf Samoa leider wenig, worüber man sich freuen könnte. Die wirtschaftliche Entwicklung ist ge ring und steht in keinem Verhältnis zu den vom Mutterland gebrachten Opfern. Auch das Verhältnis zwischen Gouverneur und den Ansiedlern, wenigstens den deutschen, ist recht gespannt, wie seit vielen Jahren. Wer die Schuld trägt, wollen wir nicht weiter untersuchen. Nicht alle An siedler sind Musterdcutschc, zugegeben. Aber bei den im nachstehenden geschilderten Zuständen mag guten deutschen Elementen die Lust zur Niederlassung vergangen sein. Und bis aus weiteres ist ein Zuzug deut scher Ansiedler überhaupt unterbunden. Die samoanische Politik hat anscheinend durch die Niederlage, die sie im letzten Frühjahre erlitten hat, keine Wandlung erfahren. Von allen einsichtigen Kennern wurde damals ein Bruch mit der bisherigen Politik der Verhätschelung der Eingeborenen für notwendig erklärt. Auch wir haben damals der Ansicht Ausdruck gegeben, daß zum Schutze der in Samoa ansässigen Deutschen eine kleine weiße oder fremde schwarze Truppe, die bisher völlig fehlt, zu schaffen und die direkt ge fährliche Fita-Fita, eine aus vornehmen jungen Samoanern gebildete mit modernen Militärgcwehren lMod. 88) bewaffnete Rcnommicrgardc, ein Steckenpferd des Gouverneurs, samt der nicht minder gefährlichen eingeborenen Polizeitruppe zu beseitigen sei. Mittlerweile hat die weiße Bevölkerung eine dahingehende Petition an das Reichskolonialamt ein gereicht. Und das Ergebnis dieses nach den Vorgängen des Frühjahrs nur zu berechtigten Verlangens? Es bleibt alles beim alten: der Staatssekretär des Reichskolonialamts hat sich für die Abschaffung der Fita-Fitü sowohl wie der samoanischen Polizeitruppe nicht entscheiden können, nachdem Gouverneur Solf sich für die Beibehaltung beider Ein richtungen ausgesprochen hatte. Auch die dauernde Stationierung der melanesischen Polizeisoldaten, die skandalöserweil'c zum Schutz der weißen Bevölkerung aus Neu-Guinea hatten geholt werden müssen, wurde nicht bewilligt. Die Samoaner können also, sobald cs ihnen beliebt, allen Europäern die Hälse abschneiden, es ist niemand da, der sie hindert, ja nicht einmal ein Telegraph, durch den Hilfe herbeigerufcn werden könnte. Was ist uns denn überhaupt Samoa, dessen zehnjähriges Jubiläum als Kolonie wir dieser Tage feiern können? Aussichten für die Zukunft bietet uns Samoa wenig. Land zur Anlage von Plantagen gibt es nicht mehr, denn Herr Solf hat das ganze noch freie Land als Faulheitsversicherung seiner ge liebten Samoaner gesperrt. Natürlich braucht das Kolonialamt für daS nächste Jahr einen schön aufgemachten Etat. Daher soll der Gouvcrne- mentsrat neue Einnahmen schaffen, denn die 125 000 .<l, die durch Bc- steuerung der Eingeborenen aufgebracht werden, vermögen an dem kläg lichen Eindruck, den die finanzielle und wirtschaftliche Entwickelung der „Perle der Südsee" heute nach zehn Jahren noch macht, nichts zu än dern. Also sollen die Deutschen zahlen. Sie sträuben sich im Prinzip keineswegs gegen höhere Besteuerung, aber sie bedanken sich natürlich dafür, Geld zu beschaffen, das nachher statt zur Erschließung der Kolonie, zum Wegebau usw., zur Verhätschelung der Eingeborenen, z. B. zum Bau von Gebäuden für die famose „Eingchorenen-Verwaltung" verwendet, al>o verpulvert wird. Vielleicht kommt man auch in Apia aus dieselbe glorreiche Idee wie in Neu-Guinea und besteuert die noch in der Ent- wicklung befindliche Plantagenwirtschaft durch Einführung von Aus- fuhrzöllen aus Plantagenkopra und Kakao. Aus die Eingeborenen ist nicht zu rechnen, denn daß iw nächsten Jahre, nachdem die Truppe aus Neu-Guinea und die Kriegsschiffe fort sind, wieder 125 000 .<l Koos- steuer clngehen werden, glaubt kein Mensch. — Bezeichnend für die Art, wie. Tr. Lolf alles, was nach Fortschritt und Entwickelung deutschen Weiens aussieht, ablehut, ist wieder einmal seine Antwort auf die amt liche Umfrage betreffend Einführung des deutschen Maß- und Gewichts systems. Während nach dem Gutachten des Gouverneurs von Neu- Guinea, das kein solch abgeschlossenes Wirtschaftsgebiet bildet wie Samoa, die Einführung des deutschen Maß- und Gcwichtssystems im Schutzgebiet Neu-Guinea und Jnselgebiet der Ost- und Westkarolinen mit Palau und Marianen keinen wesentlichen Schwierigkeiten begegnen wird, hat sich Dr. Solf bezüglich Samoas dahin geäußert, daß der Zeit punkt für die Einführung des deutschen Maß- und Gewichtssystems noch verfrüht sei. Er hat ja leider Gottes ganz recht, denn dank seiner undeutschen Politik ist heute nach zehn Jahren Samoa noch mehr englisch als deutsch. Man denke nur daran, daß die einzige Zeitung — bezeichnenderweise das gouverncmentale Sprachrohr — halb in englischer, halb in deutscher Sprache erscheint und ihre ganze Aufmachung geschmacklos-amerika nisch ist sJnseraten- und redaktioneller Teil lieblich durcheinander gemischt). Wird endlich der Reichstag die zehnjährige Jubelfeier dazu benützen, aus Samoa eine deutsche Kolonie zu machen? Jedenfalls muß es gegen über den finanziellen Forderungen für Reichstag und Gouvernements rat heißen: Taschen zu! So lange bis eine Politik Platz greift, die ein bescheidenes Maß von wirtschaftlicher Entwicklung gewährleistet. Landtaasnachriehten. Zur Wahl des Präsidiums veröffentlicht die fozialvemokratische „Dresdn. VolkSztg." einen sehr langen, streng sachlich geschriebenen Artikel, worin die Haltung der sosialvemolraii'chen Fraktion zu verteidigen gesucht wird, ohne daß indes eine Ucberzeugung gelingt. Aus Dresvner nationalliberaleu Kreisen erhalten wir zu derselben Angelegenheit noch folgenve Zuschrift: »Die nationalliberale Fra'tion war in völliger Uebereinstim- mung mit der freisinnigen durchaus im Prinzip bereit, der sozialvemokratischen Fraktion als der drittüärlsten den Postcn des 2. Vizepräsidenten zu überlassen. Die Liberalen knüpften aber diese ibre Geneigtheit an die Bedingung, daß die sozialdemokratische Fraktion eine bindende Erklärung dahin abgeben solle, daß ein aus ihren Reihen gewählter 2. Vizepräsident alle die aus der Verfassung der Landtagsordnung und der Geschäfts ordnung sich ergebenden Verpflichtungen gegenüber dem Staatsober haupt erfüllen würde. Es kommt hier vor allem in Frage die Anwesenheit des Viz-präsidcnten bei der vom König vorzunebniendcn Eiöffnung unv Schließung deS Landtags, bei einem Empfange bes Präsidiums durch den König und bei etwaigen Aoreß deputationen an diesen. Die Uebernabme irgend welcher außer» halb des verfassungs- oder geschä'töorvnungsmäßigen Rahmens liegender RepräsenianonSpflichten war den Sozialcemotraien nicht zu- gemuiet Worten. Tie Uebernabme jener V.rpflicbtungen bat die sozial demokratische Fraktion ausdrücklich abgelehnt. Daraufhin wurde ihr seitens der Naiionalliberalen, nnv zwar schon bevor die Sozialdemo kraten für die Wahl des naiionalliberalen Dr. Vogel zum Präsidenten stimmien, mitgetei t, baß man unter diesen Umständen einen Sozial- demoiraten nicht in Vas Präsidium Wahlen könnte. Von irgend welchem BertrauenSbruch der Liberalen gegenüber den Sozialvemokraien kann somit keine Rede sein." Konstituierung der nationalliberaleu Fraktion. Nunmehr bat sich auch die nationalliberale Fraktion kon stituiert. ES sind gewählt zum Vorsitzenden der Abg. Hettner, zu stellvertretenden Vorsitzenden die Abgg. Langhammer und Dr. Niet hammer, zu Schrift ührern d e Abg. Dr. Seyfert, Dr. Kaiser und Dr. Rudolph, rum Kassierer Abg. Kuntze; mit der Geschäfts führung wurden beauftragt die Abgg. Anders und Kleinhempel. Interpellationen und Initiativanträge. Im Landtage sind folgende Jnterpell ationen, beide von freisinniger Seite, eingebracht worden: 1) Welche Maßregel gedenkt die Negierung in die Wege zu leiten, um der Fleischteuerung entgegcnzutretcn? 2) Was hat die Regierung zur B e k ä m p f u n g der geplanten Ein führung von Schiffahrtsabgaben auf den natürlichen Wasser straßen bis jetzt g e t a n , und w e lch e B und es r eg i e r u ng en erklärten sich im Bundesrate gegen die Einführung von Schiffahrts abgaben, bzw. von welchen Bundesregierungen ist eine Ablehnung der selben sicher zu erwarten? Außerdem sind 11 Initiativanträge eingegangcn. In der Reihenfolge der Eingänge sind es die folgenden: 1) Antrag Hettner sNatl.): Die Negierung zu ersuchen, der jetzigen Ständeversammlung einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Ver jährung der öffentlich rechtlichen Ansprüche regelt und namentlich für Stenern und Abgaben aller Art einheitliche Vor schriften mit gleichmäßig kurzer Vcrjährungsdauer einführt. 2) Antrag Bauer sNatl.): Die Regierung zu ersuchen, möglichst bald eine genaue Statistik über die jüngsten Landtags- Wahlen auszunehmen und deren Ergebnisse der Ständeversammlung mitzuteilen. 3) Antrag Kleinhempel sNatl.): Die Regierung zu ersuchen, einen Gesetzentwurf dahin zu bringen, daß, soweit im Landesgesetze der Verlust öffentlicher Rechte von dem Bezug einer Armen- unterstützung abhängig gemacht wird, die Bestimmung des Reichsgesetzcs vom 15. März 1909, betreffend die Einwirkung von Armenuntcrstützung auf öffentliche Rechte, Anwendung findet. 4) Antrag Dr. Niethammer sNatl.): Tie Regierung zu ersuchen, die Aufhebung des 6. Januar als Epiphanienfeier- tag und die Verlegung dieses Festes auf den nächstfolgenden Sonntag zu veranlassen. 5) Antrag Günther sFreis.): Die Regierung zu ersuchen, dem Land tage eine Vorlage zugehen zu lassen, die eine Mitwirkung von praktisch geschulten und geprüften Arbeitern bei der Ausübung der Ge- Werbeinspektion vorschreibt. 6) Antrag Günther sFreis.): Die Negierung zu ersuchen, einen Ge- setzentwurf vorzulegen, mit dem die untersten Steuer st ufen der zur Staatseinkommen st euer veranlagten Personen in Weg fall kommen, ohne daß dabei die zum Landtag Wahlberechtigten ihre? Wahlrechts verlustig gehen. 7) Antrag Günther sFreis.): Die Regierung zu ersuchen, dem Land- tag baldigst einen Gesetzentwurf vorzulegen, nach dem spätestens im Oktober jeden Jahres ein ordentlicher Landtag einzu berufen ist. 8) Antrag Bär sFreis.): Die Regierung zu ersuchen, dem gegen wärtig tagenden Landtag einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den für alle Staatsbetriebe die Einrichtung von Bau- nnd Ar - beitcrausschüssen vorgeschrieben werden.
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