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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.12.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-12-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190912132
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19091213
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19091213
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-12
- Tag 1909-12-13
-
Monat
1909-12
-
Jahr
1909
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Montag, 13. Dezember IMS Nr. S4S. 1VS. Jahrg Leipziger Tageblatt ! ! 6r/mms/Lc/>e Ärsrre Lc/re /?/tterLtrsLLe ;r - Mit EZstc gen-ii einen Las! der t erster eine war. Eno Halb erzie! stoß Las tag j eine slürn der abge: Leipz nach Wort und 2 heftige im Ne der V aber inter Spc Lei! Sus um gutei Las Brai der eine 2 Muß des A Rund holt, Roo komm Renn zweite ihre allgen geläu! nicht die zr Hill, eine! zurücl Rund uoni- Ruit einer führe Fahr e tm l weil ihnen Diese und werd« welch nicht die L vom die o Laut si P 27M - „Cajw Sieg SteevI E. Th „Reva Siebei Comte „Pilla 18:1« Hardo doque' Tot.: tl Mons de Mr Tot.: 4000 „Sai guerit 4S:1< Vergnügungen. : Krlsiallpalast-Tbeater. Trotz der stillen Zeit ist da-? Tbcater allabendlich noch aut besucht, was wohl der beste DeweiS für die Dorzüaiichleit des aeaciiwärriacn Spielplaucs ist. — Im Weinrestaurant konvertiert allabendlich bis 2 Uür nachts eine erstklassige .Minstlerkavcllc. — Das hochelegant und modern eingerichtete tlrlstall- palaft-Caf« ist die ganze Nacht geöffnet. : Schkoftkeller, L.-Meudnitz. Heute Montag, abend- 8 Uhr grobe Valasoiree de- Tugen-Waldow-Tnsembles und Kavalterball bis 1 Uhr. Am St. Januar findet der Schlotzkeller-Maskenball statt. : Schillerschlikchen, L.-Nohlts. Heute sowie jeden Montag findet der beliebte Dal Par« statt. Theater nnd Ttonzert. Leipzig, 13. Dezember. Chopin-Matinee von Elly Ney. Des Klavierspielens ist kein Ende, ilnd wer auch in den letzten Tagen am Flügel sitzen mochte, eine Amy, Alice, Helena, Martha oder ein Paul und Artur — alle sehen sie den Blnthner, Pechstein oder Stcinway als das Glücksrad in der musika lischen Lotterie cn, aus dein für sie doch mal das große Los von Gold, Ehre und Ruhm herausspringen muß. Oft wird es darauf onkommen, wer länger ausdauert — der Flügel oder der Spieler. Hü jenen Ge nannten gesellte sich am Sonntag Fräulein Elly Ney, die kürzlich im Gewandhauskonzerte als Brahms-Spielerin einen sehr bemerkenswerten Erfolg-davongetragcn hatte. Die hochtalenticrte Pianistin aus Fried bergs schule hatte — wohl auch infolge der „volkstümlichen" Preise -- >VeikmseklLsusLleIIung VeLicktlguog atme ksvfrvrmg gern gestattet. leipziger Angelegenheiten. Leipzig, 13. Dezember. Der 2Lampf gegen Sie Schrin-literatur. Die Zentrale für Jugendfürsorge hielt am Sonnabend im Großen Fest, faal des ZentraltheaterS eine öffentliche Versammlung ab zur Bekämpfung der Schundliteratur. Mit dieser verbunden war eine Ausstellung guter und schlechter Jugendschriften. Der Besuch der Versammlung war leider nicht so, wie eS die Bedeutung der Sache wünschen ließ. Als Bericht erstatter war Herr Cymnasialprofessor Tr. Brunner (Pforzheim), einer der ernstesten und eifrigsten Kämpfer gegen den Schund in der Jugend literatur, nach Leipzig gebeten worden. Eröffnet wurde der Vortragsabend von Herrn Justizrat Gensel mit einer kurzen Ansprache. Das Wort erhielt dann der Herr Referent. Er knüpfte an an die Worte des Straf» rccbiSlrhrcrs v. Holstendorfs' „Die wenigsten Menschen aus den ärmeren Volksklassen wissen, welche Genüsse sie sich durch ihre Lesenstunde bereiten könnten. Die große Maste derer die auf Kosten des Staats oder der Ge meinde lesen gelernt haben, liest entweder gar nichts oder sie liest zum Schaden dcö Staates, waö den Zwecken der gesellschaftlichen Ordnung schäo- lich ist." Was das Wesen der Schundliteratur arwmache, so teile Schultze (Hamburg), einer ihrer besten Kenner, diese in folgende zwei Gattungen ein: 1) literarisch schlechte, ober moralisch ungefährliche Bücher, 2) lite rarisch wertlose, gleichzeitig auch moralisch gefährliche Bücher. Was die zweite Art der Schundliteratur betreffe, so werde ihr Wesen schon äußerlich durch die greulich illustrierten Umschläge und dann auch durch die schauer lichen Titel gekennzeichnet. Herr Professor Brunner nannte darauf eine Anzahl solcher Schundhsfttitel. Es kommt darin eine fast unglaubliche Gefühlsroheit und Frivolität zum Ausdruck. Nicht minder verwerflich sei die Reklame gewiss:r Verleger, mit der diele «chundhefte angekündlgt würden. Ein besonderer und wirksamer Trick der Fabrikanten solcher Sudelliteratur bestehe darin, daß am Schlüsse eines jeden Serienhrftes ein« krankhafte Spannung des Leser? und eine Gier nach dem neuen Hefte hervoraerufen werde. Welch eminente Gefahr diese Schundliteratur für unser gesamtes Volk in sich schließe, laste sich schon aus ihrer unheimlichen Verbreitung schließen. Es sei berechnet worden, daß in Deutschland etwa jährlich 50 Millionen Mark dafür ausgegeben würden. Von Deutschland aus werde auch der Bedarf des In- und Auslandes mit diesen elenden Heften gedeckt. In den Städten Solingen und Wald wurde 1907 für etwa 10 000 .2 Schundliteratur gekauft. Tie Beschaffung der Mittel zum Au- kauf von Heften seitens der Kinder werden vielfach durch Diebstahl, Unter- schlagung beim Wareneinkauf usw. ermöglicht. In Kassel habe ein Junge sich sogar auf den Bettel verlegt, um Detektivromane kaufen zu können. Tiefbetrübend sei die Wahrnehmung, daß vorzugsweise die wirtschaftlich Schwachen es wären, die die größte Beisteuer zu dem Jahresumsatz der Schundliteratur in Deutschland lieferten. Freilich beschränke sich der Leser- kreis nicht bloß auf die unteren Schichten des Volkes; auch Tausende von sogenannten Gebildeten gehörten zu den Bewunderern dieser niedrigsten oller Literaturgattungen. Der bekannte Schweizer Bahnhofswirt und Dichter Zabn in Gaschenen habe mit Recht gesagt, daß man sich höchlich wundern müsse, wenn gebildete Leute sich nicht schämten, ihrem schlechten Geschmack mit solchen bunten Heften ein Aushängeschild zu geben; er erlebe es tag- täglich, daß Leute, die sonst Anspruch auf Bildung machten, diese bunten Hefte zur Schau trügen. Die Wirkungen der Schundliteratur. Tie unheilvollen Folgen erstrecken sich auf das ganze Seelenleben des jungen Menschen, der dieser Lektüre anheimgefallcn ist; sie zeigen sich in Tausenden von Fällen nicht an der Oberfläche, sondern richten latent eine ungeheure Verwüstung im Innern des Opfers an. Oft steigert sich die seelische Zerrüttung bis zum Wahnsinn, zum Selbstmord. Daß gewisse Ver- brccherwpen Jugendlicher bereits ausgesprochene Kennzeichen des Einflusses der Schundliteratur tragen, ist eine unbestreitbare Tatsache. Sind doch eine Unmenge von Fällen zu verzeichnen, in denen jugendliche Verbrecher Taten, die in solchen Schundheften geschildert waren, genau in derselben Weise auöführten (der Mord im Kölner Stadtwald). Namentlich sind aber die sich häufenden Erpressungsmanöver jugendlicher Personen, das Vor- lommen von Diebes- und Räuberbanden traurige Zeugnisse dieser Schmutz literatur. So wirkt und wütet diese „Lektüre" wie ein schleichendes Gift im Vollskörper. Das Ziel jeglicher Schulbildung und häuslicher Erziehung wird langsam, aber sicher vernichtet. Und statt einer tatkräftigen Nach kommenschaft wird — wenn die Seuche so weiter um sich greift — ein sckwächlickcS Geschlecht erstehen, das mit überhitzter Phantasie seinen Reiz im Abcnteucrlickcn und Abnormen findet, das den Maßstab für die nüchterne Wirklichkeit verloren hat und nicht mehr zwischen wahrem Helden tum und schwindelhafter Mache, zwischen ernster Pflichterfüllung und gc- sprciyter Großmäuligkeit zu untersckietden vermag. Erfreulicherweise hdbe mau von verschiedenen Seiten den Kampf gegen das unheimliche Gespenst ausgenommen. Der Referent hob dabei mit großem Tank die Entschlüsse de-, Börsenvercins in dieser Angelegenheit hervor. Leider versage hier aber wieder das Publikum. Herr Prof. Dr. Brunner warnte überhaupt davor, viel von äußerlichen Mitteln zu erwarten; man werde dagegen manches bei den Behörden erreichen können (Ueberwachung der Zeitungskioske, der Bahn» boscbuchhandlunaen usw.). Vor allem falle der Schule und dem Elternhaus hier eine große und ernste Aufgabe zu. Auch durch Volksleseabende, Eltern abende und ähnliche Veranstaltungen werde man etwas vorwärts kommen. Au der allgemeinen Aussprache, die sich dem mit großem Beifall auf- genommenen Vortrag ansckloß, beteiligten sich eine große Anzahl von Herr-pr. Und eS wurden nach mancher Seite hin recht beachtenswerte Fingerzeige gegeben. Herr Justizrat Gensel unterbreitete der Versamm lung dann die nachfolgende Entschließung, die einstimmig zur Annahme gelangte: „Tie an der heutigen öffentlichen Versammlung zur Bekämpfung der Schundliteratur beteiligten Männer und Frauen erklären, daß sie angesichts der schweren sittlichen Gefahren, mit der diese Literatur unsere Heran wachsende Jugend bedroht, eö als eine ernste Pflicht aller Eltern und Erzieher erkennen, ihr Heim von allen gemeinen und lüsternen oder zweideutigen Prcßerzeugnissen reinzulialten und ganz besonders die Jugend durcy ebenso nachdrücklich wie liebevolle vertrauenerweckende Belehrung und Warnung, namentlich aber auch durch Darbietung guter Jugendschriften davor zu be hüten. Um der Verlockung zu steuern, die das NuSlegen solcher Schriften und Bilder, Postkarten usw. in den Schaufenstern bietet, wenden sie sich zunächst an das Verantwortlichkeitsgefühl der Ladeninhaber. Sie erklären aber zugleich, daß sie hinfort in Laden in denen solcher Schund feilgehaltcn wird, nicht mehr kaufen, auch ihre Angehörigen und Freunde davon abhalten werden." * Eine neve Burg des heimischen Weinhandels ist jüngst im Nor- den Leipzigs erstanden, ein prächtiger monumentaler Bau von kraft vollen Formen und künstlerischer Gliederung, der von den Architekten Händel und Franke in Leipzig entworfen und in seiner Ausführung geleitet, in seiner ganzen architektonischen Ausgestaltung das Praktische, Zweckmäßige mit dem Gediegenen und Vornehmen verbindet. Das Bedürfnis nach einer Zusammenfassung ihres ausgedehnten Betriebes hat die altangeiessene Firma Gottr> el) K ü h n «, «die weit über achtzig Jahre als hochaugesehenr Weingroßhandlung am hiesigen Platze ehren voll besteht, bewogen, au? dem Grundstück Dessauer Straße 6 einen Speicher großen Srils zu errichten und mit ihm Kellereien, be deutenden Umfanges, für ihre reichen Weinlager zu verbinden. ES wird bei vollständiger Uebersiedelung der einzelnen, noch tm Zentrum der Stadt befindlichen Lager nach dem neuen Geschäfts- und Lagerhaus Gelegenheit geboten sein, en «die Schilderung der inneren Einrichtung und der musterhaften Organisation der neuen Anlage der Firma Gott hels Kühne zu gehen, heute kann es sich nur um ein Gesamtbild des hier in so musterhafter Weise durchgeführten Unternehmens handeln. Bei der Errichtung dieses von einem Kuppelbau überragten, im Aeußern schön gegliederten Speichers sind alle Errungenschaften aus dem Ge- biete zweckmäßiger Lagerung und Behandlung der einzelnen Weinsorten wahrgenommen und verwertet worden, so daß die neue Burg des Wein handels einen neuen Fortschritt in dem Wirken des alten bewährten Wcinhauses Gotthelf Kühne bedeutet. * Eine Beteiligung der Stadt Leipzig an der Ausstellung für Irren pflege, die in Berlin im Oktober 1910 stattfindet, soll in der Weise erfolgen, daß dort die Lagerpläne und Grundrisse der H e i l a nst a l t D ö s e n aus- gestellt werden. Die Kosten werden, einschließlich Platzmiet: usw., 700 .<t betragen und der Rat hat die Stadtverordneten um Bewilligung dieses Betrages ersucht. * In der Anstaltsküche des Polizeigesängnisscs ist der seit Jahren benutzte R e s e r v e k o ch k e s j e l so schadhaft geworden, daß sich die schleunige Beschaffung eines neuen Neservekochkesscls nölig macht. Es soll ein Nickelblechkcssel beschafft werden, wie er gegenwärtig auch in Krankenhäusern in Gebrauch ist. Die Kosten betragen 1100 .<(. * Aenderung von Postortsnamen. Die Postämter in Dölitz sAmtsb. Leipzig), Möckern (Bz. Leipzig), Probstheida und die Postagentur in Stünz sBz. Leipzig) werden vom 1. Januar 1910 ab die Bezeichnungen: „Leipzig-Dölitz", „Leipzig-Möckern", „Leipzig-Probstheida" und „Leip zig-Stünz" führen. * Ter Großherzog von Sachsen-Weimar kam am Sonnabend auf der Rückreise von der Teilnahme an den Hochzeitsseierlichkeitcn des Prinzen Heinrich XLXIV. Neuß j. L. mit Begleitung und Diener schaft im Hofsalonwagen aus dem Eilenburger Bahnbof hier an und stieg im Hotel de Pruste ab. Am Sonntagnachmittag kehrte der Groß herzog im Automobil nach Weimar zurück. * Weihnachtsbescherung bedürftiger Kinder. Der vor fünf Jahren zum Zwecke der Unterstützung bedürftiger Kinder gegründete Stamm- kisch Restaurant Grosse, Nikolaistraße 36, hielt gestern nachmittag seine 0. Bescherung im „Rosentalkasino" ab, zu der sich eine große Zahl Freunde und Spender dieser Bestrebungen cinacfunden hatten. Das reichhaltige Festprogramm, welches durch eine Festansprache, sowie durch einen Chorgesang unter der Leitung des Herrn Kantors Eib schütz eingcleitet wurde, bot mancherlei Genüsse. Besonders erwähnenswert sind die durch Frl. Rosa Sankowy und Frl. Frieda Grosse zum Vortrag gebrachten Prologe, sowie verschiedene Musik- und Gesangs vorträge mehrerer Mädchen und Knaben, an deren Spitze Frl. Hella Mandelbrot stand. Das von Johanna Ambrosius verfaßte und durch Herrn Georg Jansen vorgetragenc Gedicht „Einst kam in einen gutbesetzten Saal. Aber sie nahm mit ihrer Chopin-Matinee manchem den schönen freien Sonntagvornnttaa, ohne eigentlich hierfür hinreichend zu entschädigen. Denn Fräulein Ney bot früher schon weit Besseres. Vielleicht rächte sich daS Unterfangen, uns die eigenartigen Abend- und Nachlstimmungen einer Poctensecle, wie jener Chopins, am nüchternen Vormittag, so ungefähr zwischen Zsupsin-Girardi und dem Böhmischen Quartett, ausleaen zu wollen? Jedenfalls hatte gestern die Muse ihrem Schützl'Ng Elly Ney vor dem Betreten des Podiums ein schief Gesicht gezogen. Einmal gab es bei den Vorträgen zuviel Gewisch, Undeutlichkeit und Noten- und Tönemovd durch falsche Pedal benutzung, dann wieder kamen, im Scherzo der B-Moll-Sonaie, grobe Flüchtigkcitspatzcr vor. Fräulein Neys Klavicrvortrag bedarf noch feinerer Ausarbeitung im dynamischen Teile. Das Forte ist oft un erträglich, unschön und unweihlich in einem. Ich flüchtete gestern von meiner angestammten 13. Sitzreihe ans die 22., um nur einigermaßen dem Tongedrängc standzuhaltcn. Daß Fräulein Ney Sinn und Empfin dung für Tvnfarbc hinreichend besitzt, bewies sic von jeher, und zeigte es auch gestern in her ausgezeichnet schönen Wiedergabe einiger Prä ludien ans Opus 28, der F-Moll-Fantasie und des E-Dur-Notturno. Selten hört man im Konzcrtsaalc Chopins reizvollen Bolero — die Künstlerin spielte ihn fcinpointicrt und mit schönem Ton, hatte auch in der Wiedergabe der As-Tur°B^«»ade bedeutende Momente. Ausfallen- dcrweise fanden gerade die Stücke gestern den stärksten Beifall, deren Reproduktion zu wünschen übrig ließ, wenn man an sie den Maßstab einer wirklich großen Kunsilcistung legen wollte. Und einen andern wird Fräulein Ney als ernsthafte, hohen Zielen znstrebcndc Künstlerin weder erwarten, noch wünschen. Elly Ney gab somit eine Art von musi kalischer Fastenpredigt. Ich hörte sie nicht ganz zu Ende, weil ich — keine Lust hatte, zu fasten. Vollends nicht am Sonntag. L. 8. Konzert von Paul Schramm. Brahms' Opus 24, Variationen und Fuge über ein Thema von Händel, das tags zuvor in Fräulein Schaar schmidt eine so tüchtige Interpretin gefunden hatte, wurde gestern auch von Herrn Paul Schramm gespielt. In intellektueller Hinsicht wußte er nut dem Werke noch nichts Rechtes anzufangen, technisch aber wurde er den einzelnen Variationen wie der Fuge durchaus gerecht. Man hatte seine Freude an dem fein ausgeglichenen Anschlag im Piano wie an dem sauberen Spiel überhaupt. Diese Klarheit des Spiels würde aber noch deutlicher hervorgetreten sein, wenn mit mehr Bedacht von dem Pedal Gebrauch gemacht worden wäre. Hierin nimmt es Herr Schramm noch nicht genau genug. Das zeigte sich wiederholt au diesem Abende, besonders auffällig aber in Chopins C-Dur- und H-Moll-Prälüde sowie in Schumanns Arabeske Opus 18, von dem er noch „Aufschwung" und „TraumcSwirren" in einer dieser beiden Fantasiestücken durchaus entsprechenden Weise zum Vortrag brachte. Nur hätte er in dem erstgenannten Stücke nicht mit gar zu großer straft beginnen sollen. Ueberhaupt mußte man mehrfach beobachten, daß dec jugendliche Pianist gar manches noch zu sehr auf äußeren Effekt zuspiht, und auch da, wo cs nur irgend sich anbringen läßt, mit aller Wucht in die Tasten greift, unbekümmert darum, wie e§- klingt. So mußte die gcschmaälose Wiedergabe des Miütärmarsches von Schubcrt-Tausig, mit Ausnahme des sehr schön gespielten MittelsatzeS, jedes feiner empfindende Ohr geradezu verletzen. Daß sich der Konzertgebcr hier zu einem derartigen Kraftmeier- tum verleiten ließ, war sehr verwunderlich, da er doch mit einer Anzahl Chopinscher Kompositionen, so vor allem mit dem A<Dur-Prä!üde und der GeS- und AS-Dur-Etüde bewies, daß ihm ein feiner Klangsinn eigen ist. Frau Elsa Ludwig sang, zur Abwechslung wohl doch weniger zur Er götzung, mit kleiner, etwas verschleiert klingender Stimme, die nur wenig trägt, und mit seelisch recht geringer Anteilnahme eine Arie aus FlotowS „Stradella" und einige Sololicder von Rubinstein, NcSwadba und Alabiesf, dabei von Herrn Amadeus Nestler gut am Flügel unterstützt. Da auch Frau Ludwigs Deklamation und Vokalisation noch viel zu wünschen übrig lassen, ist ihr Gesang für den Konzertsaal noch längst nicht reif. 6. 8. m. Kammermnsikabcnd des Böhmischen Streichquartetts. Die dies malige Aufführung stand sozusagen im Zeichen der L-Tonarten: es wurden Josef Suks Streichquartett Op. 11, B-Dnr, Schuberts Klavier trio Op. 100, Es-Dur, und Schumanns Streichquartett Ov. 41, Nr. 2, F-Dur, gespielt. Josef Suk, der Sekondgeiger der „Böhmen", hat sein B-Dur-Quartett vor fast fünfzehn Jahren geschrieben. Vielen mag es gleichwohl gestern neu gewesen sein, und wer cs etwa schon kannte, wird es doch gern wieder gehört haben. Daß das letzte Allegrv giocoso den vorausgegangenen Sätzen nichts Wesentliches hinznzufügcn hat, darf man behaupten. Aber in den drei ersten Sähen stecken reiz volle Musikgedanken, und was der Anfangssatz, ein Allegro moderato, an Geschlossenbeit des Aufbaues zu wünschen übrig läßt, wird durch fesselnde Details wettgcmacht. Das frohsinnige Intermezzo dann bietet ein gutes Beispiel, wie Volksmusik im kammcrmusikallscben Nahmen stüsemäße Verwendung finden kann, und daS Adagio enthält GefMS- werte von gar nicht gering anzuschlagendcr Intensität, zu denen der Komponist doch auf ganz natürliche Weise gelangte. Ueberhaupt er folgt Suks künstlerisches Sich-Mittcilcn ohne Geschraubtheit. Er eifert in dieser Hinsicht gut seinem Landsmann Dvorak nach. Mit dem Kom ponisten zusammen brachten die Herren Hoffmann, Herold und Pros. Wihan die sympatbische Arbeit zu unverminderter Geltung, unter lebhaftem Beifall der Hörer. An dem Vortrag des Schubertichen Trios war neben den Herren Hoffmann und Wihan Herr Wilhelm Backhaus beteiligt. Er vermittelte alles Technische deS Klavierparts untadelig; nichts davon konnte seiner manuellen Treffsicherheit Schwie rigkeiten verursachen. Psychisch überraschte er nicht. Nun ist ja gerade dieses Trio weniger Seelenmusik als manche andere Schnbcrtschc Schöpfung. Der Tondichter ließ hier die Spielfreudigkeit dominieren, wahrte Beziehungen zur Wiener Gesellschaftsmusik. Bei alledem er heischen verschiedene Stellen der Klavierpartie ein noch feinfühligeres Erfassen als Herr Backhaus beobachtete. Nüchtern nur klangen z. B. die begleitenden Akkorde am Anfang des langsamen Satzes, und im Finale führte der junge Pianist sein Tempo unbekümmert durch, sorglos, ob es den Streichinstrumcn- talisten dabei möglich sei, ihrerseits alles klar zu mo ¬ dellieren. Besser war im Scherzo die geistige Korrespondenz zwischen den drei Herren gewesen. Bei Schumann waren die böhmischen Künstler dann wieder „unter sich". Besonders schön gelang ihnen in diesem Schlußquartett die Ausfeilung des zweiten Satzes, dessen Variationen zierrat überaus schmuck aufleuchtete. I'. V. Fünftes volkstümliches Sinsoniekonzert. An der Spitze des Konzert programms stand Mendelssohns A-Moll-Sinfonie Nr. 3, zu der er die erste Anregung auf seiner Reise nach Schottland erhalten hatte und die unter des Komponisten Leitung am 13. März 1842 erstmalig in unserem Gewandhause gespielt wurde. Dank einer in der Hauptsache recht wohl gelungenen Wiedergabe wurde der Grundcharakter der einzelnen Sätze zu wirkungsvoller Geltung gebracht. Sehr ausdrucksvoll wurde unter Herrn Kapellmeister Minder st eins Leitung vor allem das Xnäanta <-»n mol» des ersten Satzes wie auch das Adagio gespielt, während in der Durchführung und an einigen Stellen des Finales die einzelnen In strumente noch rhythmisch bestimmter hätten Zusammengehen sollen. Uebriqens war die auf dem Programm angegebene Satzeinteilunq in sofern nicht ganz korrekt, als das F.Ucqrro poso nsitato nicht dem zweiten Satze angchört, sondern dem ersten zuzuzählen ist. Außer der Sinfonie brachte das Orchester noch Griegs erste Pecr-Gynt-Suite zu Gehör, und zwar in derselben lobenswerten Ausführung, wie ich sie von den „Windersieinern" schon wiederholt gehört. Mit viel Empfinden und dynamisch sein abgetönt erklang besonders „Ases Tod". Daß auch „In der Halle des Bergkönigs" von großem Eindruck sein würde, war vor auszusehen, wennschon eine weniger geräuschvolle, fast alles übertönende Behandlung des Schlagzeuges nach dem Schluß zu erwünscht gewesen wäre. In Frl. Helena Lewyn aus Chicago, die nach der Sin fonie die „Wanderer-Fantasie" von Schubert-Liszt mit Orchester begleitung spielte, lernte man eine noch sehr junge, doch technisch bereits sehr firme Pianistin kennen. Dem Herzen freilich vermag ihr Spiel vorläufig noch nicht viel zu bieten, da Frl. Lewyn in den einzelnen Stücken eine in der Hauptsache technisch zu lösende Aufgabe erblickt, der sie vollständig gewachsen war. O. H. Regen und Sturmgebraus" verdiente volle Anerkennung. Alles Dar- gebolenc wechselte in bunter Reihe ab und bereitete den Festteilnehmern einige recht fröhliche Stunden. Dieses Fest sprach erhebend zu Herzen als der Ausdruck der Nächstenliebe im edelsten Sinne des Wortes, als der Ausdruck der Liebe, die ihre höchste Befriedigung sucht und findet im Beglücken der Hilfsbedürftigen und Notleidenden. Aus der Ge schichte des Stammtisches ist zu entnehmen, daß er mit bescheidenen Mitteln im ersten Jahre seines Bestehens 2 Kinder beschenken konnte. Die Zahl der Kinder vermehrte sich fortgesetzt und ist in diesem Jahre auf 77 über 5 Jahre alte Kinder gestiegen, die mit einem Kostenauf wand von 1500 .k von Kopf bis Fuß neu bekleidet wurden. Außer diesen Gaben batten einige edle Herzen noch Bilderbücher, Aepfcl und Nüsse, sowie Kuchen gespendet und Herr Rauchwarenhändler Miron Sankowy errang sich die Herzen der Kinder insvsern, als er jedem ein zelnen noch ertra ein 50-Pscnnigstück schenkte. Die Freude aus den Blicken beglückter Kinder war der schönste Lohn für alle anwesenden Wohltäter, die sofort wieder freiwillig ein ansehnliches Stammkapital für das nächste Jahr zusammensteuerten. An König Friedrich August wurde folgendes Telegramm abgelandt: „Die im „Rosentalkasino" zu Leipzig versammelten Teilnehmer der 5. Kindcrbeschcrung des Stamm tisches Restaurant Grosse bringen hiermit ihre Liebe und Gefühle un wandelbarer Treue zu Eurer Majestät zum Ausdruck." * Der vom Verein Deutscher Studenten zu Leipzig zum Sonnabend angesetzt gewesene Vortrag des Reichstagsabgeor«dncten Landgerichts direktor Dr. Heinze über die Strasprozcßnovellc mußte plötzlich ab gesagt werden, da der Redner durch eine geheime Fraktionssihung in Berlin zurückgehalten war. * Im Alberttheater lStadt Nürnberg) war gestern abend Premiere. Ein echtes, rechtes Kölner Tünnes - Stück. „Lehmann oder Es lebe der Reserve mann" ist der Titel. Die militärische AuS- stattunasposse mit Gesang und Tanz in vier Akten von Jean Krean und Leopold Ely batte vor dem ausverkauften Hause einen durchschlagen den Erfolg. Man schüttelte sich vor Lachen über die Witze, Späße und komischen Situationen, und wir sind überzeugt, daß es ein Zugstück sein wird, das jeden Abend ein volles Haus machen wird. Das brillante Spiel der Hauptdarsteller Gustav Esser (Tünnes), Elly Fink. Direktor Schmidt und Frau L. Schmidt, Herr Frank und Herr Sondermann und Maria Esser waren einfach großartig in burlesken Einfällen und Mimik. Soviel für heute. Wir kommen noch auf diesen Schlager zurück. * Tie Werkstattdelegiertcn der in eine Torifbewegung eingetretenen Holzarbeiter Leipzigs nahmen in einer Versammlung den Beruht über den gegenwärtigen Stand der Bewegung entgegen und beschlossen, im Hinblick aus den großen Umfang, den die Bewegung voraussichtlich annchmen wird, den Leipziger Mitgliedern des Holzarbciterverbandes die Erhöhung des Wochenbeitrags um 25 Pf. auf 1 zu empfehlen und den Mehrbetrag von 25 Pf der Hauptkasse zuzuführen. * Tie bei den städtischen Theatern Leipzigs beschäftigten Bühnen arbeiter baben mit der Thcaterdircktion einen bis zum LO. November 1911 gültigen Tarifvertrag vereinbart, durch den namentlich die Arbeits zeit wie die Bezahlung der Neberstundenarbeit geregelt wird. s"h Plötzlicher Tod. Vom Schlage getroffen wurde am Sonnabcnd- nachmittaq wäbrend eines Spazierganges eine 65 Jahre alte Maurers witwe an der Humboldstraße. Die Bedauernswerte wurde in bewußt losem Zustande nach dem Stadlkrankenhause überqeführt, woselbst sie alsbald ihren Geist aufqob. * Ladendiebinnen. In einem größeren Geschäft am Königsplatz wurden zwei Schwestern, eine 32 Jahre alte Schleifersehesrau und eine 25jährige Arbeiterin, bei Ausführung von Waren diebstählen abgesaßt und der Polizei übergeben. * Vor Taschendieben wird gewarnt! Gewarnt wird nachmals vor Ta s ch e n d i eb e n, die in der letzten Zeit in den Straßen der inneren Stadt und in hiesigen Kauf- und Warenhäusern aufgetreten sind. * Gestohlen wurde aus einem Gebäude am AugustuSplav« ein Ueberzicbcr aus dunkelgrauem wasserdichten Wollstoff und ein hellgrauer englischer Hut; aus einem herrschaftlichen Grundstück unter erschwerenden Umständen ein Herrensattel aus Schweinsleder mit vollständigem Zubehör, sowie ein Kntscherkragen auS Per sianerfell im Gesamtwerte von ca. 250 ^l, und aus einer Wohnung in der Oststraße ein Portemonnaie mit 128 F, eine Herren uhr nebst goldener Kette und verschiedene andere Sachen. * Verhaftungen. Auf Ersuchen der Gerichtsbehörden in Beruburg wurde hier ein 39 Jahre alter Rauchwarenhändler aus Lem berg wegen Betrugs und Urkundenfälschung festgenommen. — Weiter wurde ein 49 Jahre alter Kaufmann aus Paris festgenommen, der -tw« der Staatsanwaltschaft zu Hannover wegen Betrugs gesncht-wnrd», * Aufmerksam gemacht wird auf zwei Unbekannte, die in der Weise operieren, daß einer von ihnen in ein Geschäft, von dem der In haber oder die Inhaberin, wie dies oft der Fall ist, in einem Neben zimmer sind, eintritt, einen Gegenstand schnell aus dem Schau fenster stiehlt und diesen dem ans der Straße an der Ladentür stehenden Komplicen zureicht. Der Dieb spricht dann zum Schein um eine Gabe an. Er wird geschildert als etwa 24 Jahre alt, von unter mittlerer Gestalt mit dunklem Schurrbart. * Brand. Die Feuerwehr wurde am Sonntagabend gegen 7 Uhr nach Seeburastraße 4 gerufen. Dort war in der zweiten Etage ein Gardinenbrand ausqebrochen. Jede Gefahr wurde sofort beseitigt. j-f Unfälle. Beim Abladen von Kisten verunglückte gestern in einem Grundstücke an der Ritterstraße bier ein 36jähriaer Markthelfer dadurch, daß er infolge Fehltrittes von einem Lastwagen berabstürzte und hierbei den rechten Arm brach. — Von Krämpfen befallen Ümrde am Königs- vlatz hier ein 38 Jahre alter Kaufmann aus Berlin, der sich vorüber gehend in hiesiger Stadt aufhielt. — Infolge Einatmens von Kohlenoxyd erkrankte gestern ein an der Felsenkellcrstraße wohnhafter 25 Jahre alter Schlosser schwer an Vergiftungserscheinungen. — In einem Grund stücke cm der Münzgasse stürzte ein 52 Jahre alter Kupferschmied in folge eines Schlaganfalles die Treppe herab und trug einen Wirbel säulenbruch davon. — Die vorbezeichneten Personen fanden Aufnahme im hiesiaen Stadtkrankenbause.
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