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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.08.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-08-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100816012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910081601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910081601
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-08
- Tag 1910-08-16
-
Monat
1910-08
-
Jahr
1910
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Nr. 22S. 104. Iatzryrmg. Leimiger Tageblatt. Dienstag, IS. SuguV lSlO. * Der erste Probcaufstieg des neuen Militär- luftkreuzer». Wie die „Ins." erfährt, sind die ersten Probefahrten des neuen Militärluftschiffes ,.M. IV", das in den Werkstätten des Lustschisserbataillons in Reinickendorf hcrgestellt wird, verschoben worden. Der erste Ausstieg, der anfänglich für Mitte dieses Monats angesetzt worden war, wird erst nach den Manövern stattfinden können, da gegenwärtig die Kräfte Les Luftschisfcrbataillons anderweitig zu sehr in Anspruch genommen sind. Der Rauminhalt des „M. IV" beträgt 7500 Kubikmeter, seine Länge 93 und sein Durchmesser 13 Meter. Das neue Luftschiff führt 2 Gondeln mit 1 Propellern, während die übri gen Luftschiffe dieses Typs nur 1 Gondel mit 2 Pro pellern besitzen. Ausserdem hat die vordere Gondel einen wesentlich größeren Ilmfang als die Hintere. * Ein zweckmäßiger Vorschlag. Die in Mainz erscheinende nationalliberale Wochenschrift „Die Mainbrücke" macht de» sehr zweckmäßigen Vorschlag, im Zusammenhang mit dem Kasseler Parteitag der Nationallibcralen eine Besprechung der Redakteure nationalliberaler Zeitungen stattfinden zu lassen, wie dies auch früher schon der Hall war. „Wir erhoffen," sagt das zitierte Organ, „von einer derartigen Preß konferenz, die ohne große Beschlußfassungen, Abstim mungen und Resolutionen in der einfachen Form einer zwanglosen Aussprache mit den leiten den Persönlichkeiten der Partei vor sich gehen sollte, eine recht gü nstige Wirkung für die Par- t e i. Insbesondere dürste es für das Zentralbureau und für die N. L. C. äußerst erwünscht sein, die Mei nungen der Männer zu hören, die draußen „in der Provinz" im Kampfe für die Partei stehen, um von ihnen zu erfahren, welche Wünsche wegen der Partei nachrichtenübermittlung und anderem dort bestehen." — Wir unterstützen diesen Vorschlag um so lebhafter, weil auch wir häufig genug Ursache haben, über mangelnde Fühlung der „Natl. Corr." mit der sog. „Provinz" zu klagen. * Eoangelisch-lutherischeVereinigung in der preußi schen Landeskirche. Uns wird geschrieben: Nachdem der geschickt in Szene gesetzte 5. Weltkongreß für freies Christentum und religiösen Fortschritt in Berlin vom 6.—10. August d. I. getagt hat, rüsten sich ihm gegenüber in der „August-Konferenz" die rechtsstehenden Kreise zu ihrer in jedem 2. Jahre stattfindenden Versammlung, die naturgemäß dies mal eine Kundgebung gegen den Kongreß werden muß. Das zeigt sich in der Wahl der Hauptthemen: „Der dreieinige Gott — unser Gott" und „Die Be deutung des Alten Testaments sür den christlichen Glauben", wie darin, daß statt eines Akademikers und eines im praktischen Amte stehenden Theologen Heuer zwei Professoren, ' . Erützmacher-Rostock und Liz. Wilke-Wien, für die Vorträge gewonnen sind. Die Verhandlungen finden am 1. September vor mittags 0 Uhr im Evangelischen Vereinshause zu Berlin, Oranienstraße 106, statt. Auch die große öffentliche Evangelisationsversammlung am Abend wird unter dem gleichen Zeichen stehen. — Das war zu erwarten, daß die Orthodoxie sich regte, nachdem liberale Theologen Toleranz gepredigt hatten. * Der Zar bezahlt auch den Wachtdienst in Fried berg. Es bestätigt sich, daß die durch den verstärkten Wachtdienst zum Schutze des erwarteten Zaren paares entstehenden Mehrkosten nicht von der hessischen Staatskasse getragen werden, sondern daß der Z ar für die bedeutenden Mehrkosten selbst aufkommen will, so daß das hessische Budget da- durch..nfchjt belastet wird. Die Bereitwilligkeit des Zaren wurde ohne eine Anregung von Darmstadt aus ' bereits in der offiziellen Besuchsanzeige des Peters- drugev.Hofes Ausgesprochen., Die Kosten für die militärischen Maßregeln während der Eisenbahnfahrt des Zaren durch Deutschland kommen, wie es bei dem Besuch eines fremden Staatsoberhauptes üblich ist, auf die Staats- bzw. Neichskasse. * Die Beleidigungsklage des Regierungsrates Martin gegen den politischen Redakteur der „Königs berger Hartungschen Zeitung" wurde kostenpflichtig abgewiesen, da der Ausdruck „dr eiste G e - s ch > ch t s f ä l s ch u ng" gegenüber der Martin- schen Art, Geschichte zu machen, berechtigt sei. Martin hatte bekanntlich in seinem Buche „Deutsche Machthaber" eine Anzahl im öffentlichen Leben stehender Persönlichkeiten besprochen. Die in diesem Buche enthaltenen geschichtlichen Darstellungen der deutschen Politik in den letzten Jahren hatte die „Königsb. Hartungsche Ztg." mit dem obenerwähnten Ausdruck gebrandmarkt. — Armer Herr Martin! zunächst über Alexandrowa bis Wladiwostok, wo er am 27. August eintreffen wird. In Wladiwostok wird er sich dann sofort nach Tokio ernschiffen. * Als Vertreter Deutschlands sür di« mexikanisch« Zentenars«i«r ist der Gesandte Dr. Karl Bünz aus ersehen worden. Unter den Mexikanern hat dies, wie die Halbmonatsschrift ..Süd- und Mittel- Amerika" mitteilt, eine tiefgefühlte Ent täuschung hervorgerufen, da man gehofft hatte, daß ein Hohenzollernprinz entsendet würde — man sprach allgemein vom Prinzen Heinrich. Daß man die mexikanischen Wünschen in dieser Angelegen heit nicht berücksichtigt hat, ist um so mehr zu be dauern. als durch eine solche Auszeichnung des Lan des der deutsche Einfluß sehr gewonnen hätte. Die Mexikaner fühlen sich besonders gekränkt, weil nach Argentinien der Generaloberst v. d. Goltz entsendet wurde, was als eine Zurücksetzung Mexikos empfun den wird. * Die Lage der Reichsfinanzen. In letzter Zeit begegnete man in der Presse mehrfach Artikeln, die glauben machen wollten, daß die Reichsfinanzen sich in einer günstigen Lage befinden. Daß dem nicht so ist, zeigt schon der Abschluß sür 1909. Ein weiterer Beweis ist rn den Ergebnissen der Zölle, Steuern und Gebühren während der ersten vier Monate des laufen den Etatsjahres gegeben. Wie wir mitteilen können, hat sich vom Anfang April bis Ende Juli die ge nannte Einnahme auf 68,', Millionen Mark belaufen. Im Reichshaushaltsetat für 1910 sind Zölle, Steuern und Gebühren auf das ganze Jahr mit 1411,5 Mil lionen Mark veranschlagt. Wenn die tatsächlichen Einnahmen aus ihren während der letzten zwei Drittel des lausenden Etatsjahres dem Ergebnisse des ersten entsprechen würden, würde aus einen Er trag von 1405,5 Millionen Mark zu rechnen sein. Es würde somit die tatsächliche Einnahme hinter der ver anschlagten um 36 Millionen Mark Zurück bleiben. Ob die beiden letzten Drittel sich gegen das erste etwas bessern werden, steht dahin. Jeden falls läßt die bisherige Entwickelung der Einnahmen aus Zöllen. Steuern und Gebühren erkennen, wie außerordentlich zweckmäßig es war, daß der Staats sekretär des Reichsschatzamtes sich bei der Veranschla gung der betreffenden Etatsansätzc nicht zu Erhöhun gen drängen ließ, vielmehr der nüchternen Erwägung der Tatsachen zum Recht verhalf. Es kann nur ge wünscht werden, daß dies auch für 1911 der Fall sein wird. * Der Wirtschaftliche Ausschuß und der deutsch schwedische Handelsvertrag. Zu vertraulichen Ver handlungen über den neuen deutsch-schwedischen Handelsvertrag wird der Wirtschaftliche Ausschuß, nach der „Köln. Ztg.", em 14. Sept^ember im Rcichsamte des Innern zusammentrcten. * Zur Situation im Werftarbeiterkonflikt erfährt eine Berliner Korrespondenz: Sicherem Vernehmen zufolge plant ein Teil der deutschen Metall- industriellen, auch ihrerseits einen bestimmten Prozentsatz der Arbeiter auszusperren, so daß in den nächsten Tagen die ganze Bewegung riesige Dimensionen annehmen dürfte. — Die Durch führung dieser Maßregel würde wesentlich zur Ver schärfung der Lage beitragen und die Aussichten von Vermittelungsaktionen sehr verschlimmern. * Gesetzentwurf über Rechtsverhältnisse zwischen Eisenbahnverwaltung und Anliegern. Wie der „Inf." mitgeteilt wird, befindet sich ein Gesetzentwurf in Vötbereitung, der die Rcckstbverhälttzisft zwischen''ö^r Eisenbahnoerwaltung und den Gemeinden und sonstr- «V Anliegern regeln soll.,.Es handxlt,jich jm wksent. lichen darum, eine geeignete Erledigung der Kosten frage bei neuen Anlagen, die im Interesse des Ver kehrs liegen und bei denen die Anlieger beteiligt sind, einzuführen. Bisher ist ein Verfahren zwecks Reaelung der Kostenfrage nicht vorhanden, was sich z. B. bei der Beseitigung von Uebergängen, von Straßen über den Bahnkörper, die im Interesse des Verkehrs seitens der Verwaltung für notwendig er achtet werden, unangenehm fühlbar macht. Beab sichtigt ist, die Entscheidung über die Notwendigkeit der Herstellung solcher und ähnlicher Anlagen nach wie vor dem zuständigen Minister zu überlasten. Zn Aussicht genommen ist aber dann ein geordnetes landcspolizeiliches Prüsungsversahren, bei dem der Bezirksausschuß mitwirkt. Im Anschluß daran soll ein Kostenverteilungsversahren stattfinden, in dem der erwähnte Ausschuß dre Kosten verteilt. Die Zu stimmung der Minister der öffentlichen Arbeiten, des Innern und der Finanzen zu dem Kostenverteilungs verfahren ist aber erforderlich. Uuslsnü. IrankrelM. * Präsident Fallt, res ist am Montagoornrittag von Besancwn nach der Schweiz abgereist. Der Minister der öffentlichen Arbeiten Mrllerand, der von Pourtalier den Präsidenten nach Bern be gleiten sollte, hat die Schweizer Reise aufgegeben und fährt nach Saujon. * Der neue Marokkovcrtrag mit Frankreich fall, wie die Pariser Blätter melden, bereits vor d e m Abschluß stehen. Die Regierung schweigt sich ans Anfragen aus Dem deutschen Botschafter wie auch den übrigen fremden Gesandten ist irgendeine amtliche Mitteilung noch nicht zugegangen. Türket. * Ausbau der türkischen Flotte. Nach dem Ankauf der beiden deutschen Kriegsschiffe ..Kurfürst Friedrich Wilhelm" und „Weißenburg" durch die türkische Ma rineverwaltung wird auch der weitere Ausbau der türkischen Flotte interessieren, soweit er die Neu bestellungen betrifft. Im ganzen ist ein Ausbau der Flotte in dem Maße beabsichtigt, wie die älteren Kriegsschiffe zum Verkauf gelangten oder noch gelangen werden. Bisher sinb im ganzen 41 Panzerschiffe, Kreuzer usw. verkauft worden Außerdem werde» auch mehrere Torpedo boote aus dem Bestände der Marine ausgeschaltet unv zum Verkauf gebracht. Neben den beiden deutschen Kriegsschiffen interessieren am meisten die Schiffs ankäufe, die bei der englischen Firma Eswick- Vickers k Brown gemacht werde» sollen. Es handelt sich im ganzen vorerst um drei Schiffscinheiten, zu nächst um einen Panzerkreuzer von 10 000 Tonnen. Die Armierung dieses Panzerkreuzers wird aus sechs 23-Zentimeter-Geschützen bestehen, die in drei Türmen untergebracht werden sollen. Bei derselben Firma werden außerdem noch, wen» die Verhandlungen der türkischen Auslandskommission für Schiffsankäufe von der Regierung bewilligt werden, zwei Schlachtschiffe bestellt, von denen jedes 15 000 Tonnen hat. Die Schlachtschiffe werden mit Turbinenmaschinen von 13 000 I>. 8. ausgerüstet, und die Armierung wird ähnlich gestellt sein wie die der modernen Dread noughts. Im ganzen besteht die Armierung aus 12 Geschützen, von denen 6 30,5-Zentimeter-Geschütze sind. Die Geschütze werden in 6 Türmen paarweise untergebracht, nämlich in »wei vorderen, zwei Hin teren und zwei seitlichen Türmen. Amerika. * Das Befinden Gaynors. Die Aerzte bezeichnen den Zustand Gaynors als derart befriedigend, daß der Bürgermeister in 3 Monaten völlig wie- derherge stellt sein wird. Der Attentäter hat inzwischen seine gegen die Polizeibeamten erhobene Anschuldigung der Anstiftung widerrufen und be hauptet, die Tat aus eigener Initiative und allein vorbereitet zu haben. vermiMes. Gegen den Mufikalienbettel. — Zur Beantwor tung der bei den Verlegern zahlreich einlaufenden Gesuche um Schenkung von Musikalien haben der „Deutsche Musikalien-Verleger-Ver- e i n" und der „Verein d e r D e u t s che n Musi kalienhändler" zu Leipzig ein Formular ent worfen, Has sie . den VereinsmitgUxdern zur Be nutzung empfehlen. Es hat folgenden Wortlaut: ,^In zunehmendem Maße erhalten die deutschen Musikverleger^tus.dem Publikum isiUner ükch iNrmsc wieder Gesuche um Schenkung von musikalischen Ver lagswerken. Mag es sich handeln um Wohltätia- keitsveranstaltungen, bei welchen Noten gebraucht werden, oder um Unternehmungen gewißer Gruppen von Musikern und Musikliebhabern, die nach außen hin mit dem Mantel der „Eememnützigkert" um hängt werden, oder um sogenannte „Einführung" und „Empfehlung", stets wendet man sich ohne Be sinnen an den Verleger mit der Bitte, die erforder lichen Musikalien kostenlos zu überlassen. Das Ueberhandnehmen solcher Anforderungen läßt sich nur daraus erklären, daß beim Publikum völlige Un kenntnis über die wirtschaftliche Lage des Musi kalienhändlers herrscht, der wie kaum ein anderer Erwerbsstand mit unverhältnismäßigen Verlusten und Fehlschlägen zu rechnen hat, und der doch auch, wie jedes andere Gewerbe, für seine materiellen Opfer den entsprechenden materiellen Gewinn fordern muß, damit er „bestehen" kann. Es wird leicht über- sehen, daß der Musikverleger sowohl durch die Hono rierung der Tonsetzer, als auch durch sein öffentliches Eintreten sür neue Autoren die ihm zur Förderung der Kunst obliegende kulturelle Pflicht voll erfüllt, und daß er obendrein seinen dauernden Abnehmern wcitmöglichst entgegenzukommen pflegt. Auch aus den Musiksortimenter, durch dessen Tätigkeit einzig und allein die Musikalien dem breiten Publikum zu gänglich gemacht werden können, muß Rücksicht ge nommen werden: seine wirtschaftliche Lage ist keines wegs eine günstige, und sein Umsatz wird mit jeder Schenkung verringert. Darum empfehlen die unter zeichneten Vereine als Vertreter der Gesamtheit der deutschen Musikalienhändler, alle Gesuche um Schenkungen ohne Ansehen der Person und des Zweckes grundsätzlich abzulehnen." Automobil-Strcßcnposten in Berlin. Automobil- Stroßenposten hat die Post neuerdings in Berlin ein gerichtet. Die Wagen werden mit Sortierern besetzt. Sie verteilen die geschloßenen Brieftaschen, die ihnen von den Postanstalten auf ihren Kursen übergeben werden. Auch lose Briefe werden darin sortiert. Die Llraßenposten verkehren auf 10 verschiedenen Straßen postlinien. Sie kommen alle gleichzeitig beim Brief postamt zusammen, um die Posten auszutauschen und dann wieder auszustrahlen. Durch oie Neuerung konnte eine wesentliche Beschleunigung der Beför derung der Staötbriefe erreicht werden. Das Leeren der Briefkasten und die Schlußzeiten konnten so bis zu 20 Minuten hinausgeschoben werden, ohne die Be stellung zu verzögern. Auch sonst hat die Berliner Post mehr und mehr von dem Automobil Gebrauch gemacht. In diesem Jahre sind wieder 25 neue elektrische Automobile und eine Zhklonette eingestellt worden. Manch andere Beschleunigung konnte Lurch Einrichtung von besonderen Radfahrposten, Straßen bahnposten, Nachbarverbindungen usw. erreicht wer den. Straßenbahnposten haben in Berlin übrigens schon einmal etwa 10 Jahre bestanden. Sie wurden Ende der achtziger Jahre eingerichtet. Die Briefe wurden während der Fahrt darin sortiert. Der Ber liner Ortsorieiverkehr nahm aber im Laufe der Jahre einen derartigen Umfang an, daß die Straßen posten ihn nicht mehr bewältigen konnten. Sie wur den deshalb Ende der neunziger Jahre wieder ab geschafft, um letzt nach abermals 10 Jahren mit Hilfe von Automobilen wieder ihre Auferstehung zu er leben. Keine Postlehrlinge. Die Anstellung einer Art von Postlehrlingrn, dre vor einiger Zeit von anderer Seite angekündigt worden ist, wird von der Reichs postverwaltung vorläufig nicht beabsichtigt, wenn auch die Frage innerhalb der Verwaltung erörtert worden ist. Die Einrichtung wäre insofern keine Neuerung, als die Post schon seit einer Reihe von Jahren jugendliche Telegrammbesteller beschäftigt. Es würde sich also bloß darum handeln, dieser Ein richtung eine größere Ausdehnung zu geben. Aber auch später, wenn sich einmal die Einstellung jugend licher Hilfskräfte verwirklichen sollte, könnte sie nur in beschränktem Maße stattfinden. Ihre Verwendung käme nur für große Betriebe in Betracht, wo sich einfache, mehr mechanische Handreichungen in ausreichender Zahl wiederholen, um diese Hilfskräfte zu beschäftigen. Man dachte dabei an das Bekleben der Sendungen, kleine Gänge usw. Abgesehen von einer gewissen Ersparnis, würde sich die Verwaltung von der Neuerung die Heranbildung eines Stammes von tüchtigen Unterbeamten versprechen. Trotz aller Vorteile kann aber die Einrichtung vorläufig nicht zur Ausführung kommen. Verbrechergrüße aus der Ferne. Viel Humor scheinen zwei Männer zu besitzen, die durch einen eigenartigen Zufall aus dem sicheren Poftzeigewah:- sam entkamen und von der Schweiz aus an die Ber liner Kriminalpolizei eine lustige. Ansichtspostkarte sandten. Der Händler Otto Frörge und sein Sohn Max hatten in einem Erünkramgeschäft drei Regi strierkassen im Werte von 1200 »tt gestohlen und waren verhaftet worden. Im Laufe der Untersuchung stellte sich dle geringere Schuld des Vaters heraus und er sollte entlassen werden. Durch eine Namens verwechselung wurde aber der Sohn entlassen. Dieser benutzte seine Freiheit sofort zu einem neuen Diebstahl und ergriff die Flucht. Inzwischen war auch sein Vater aus der Hast entlassen worden. Beide trafen sich und reisten dann mit dem ge stohlenen Geld nach der Schweiz. Die Polizei hatte bereits ihre Spur verloren, als im Polizeipräsidium aus Basel folgende Ansichtspostkarte eintraf: „Wir beehren uns, Ihnen mitzuteilen, daß wir eine kleine Vergnügungsreise nach der Schweiz unter nommen Haden. Wir befinden uns ganz wohl, jetzt geht's in die Berge. Bitte, heben Sie uns das Hand werkszeug gut auf. Auf in die Berge! Max Froige. Oskar Froige." — Die edle Gesellschaft ist also jetzt wirklich „über alle Berge". Der Toüesritt von Mars-la-Tour. (Zum 16. August.) Nördlich von Vionville und Mars-la-Tour, dicht bei der alten Römerstraße, steht ein einfaches Kriegerdenkmal. Es erinnert an die Helden, die bei Mars-la-Tour in dem blutigsten Zusammenstöße des ganzen großen Krieges, bei dem Todesritt der Bri gade Bredow ihr Leben gelassen haben. Es war ein heißer Tag, der 16. August. Seit dem Morgen donnerten die Kanonen und knatterten die Gewehre im Westen von Metz. Die gewaltige Uebermacht Bazaines stand den Truppen Alvenslebens gegen über, hin und her wogte der Kampf. Schon neigte sich die Sonne nach Westen, und es schien, als könn ten die Deutschen mit ihrer schwer erschütterten Jn- santerie nicht länger der Uebermacht standhalten. Nur dank dem Irrtums Bazaines, der glaubte, Aloensleben wolle ihn von Metz zurück drängen, und außerdem die Stärke der deutschen Truppen überschätzte, hatten sie sich halten können, jetzt aber schien die Entscheidung zugunsten Bazaines zu fallen: schon hat Canrobert durch eine Schwenkung die sechste Division von Rezonoille zurückgedrängt und gezwungen, gegen ihn, nach Norden zu, Front zu machen: immer neue Truppenmassen entwickeln die Franzosen, und ein mörderischer Kampf entspinnt sich um das Wäldchen von Tronville. Von diesem Augenblicke hängc die ganze Schlacht ab. Etwas muß geschehen. Aloensleben sieht nur noch eine Rettung, um die Schwäche seiner Infan terie zu verbergen: einen Angriff der Kavallerie, der die feindliche Artillerie zum Schweigen bringen soll, die reihenweise die deutsche Infanterie nieder mäht. Nur so kann Zeit gewonnen werden, und so entschließt sich denn Aloensleben zu einem blutigen Opfer. Oberst von Voigrs-Rhetz selbst kommt zu Bredow, dem Führer der 16. Ulanen, mit dem Be fehl herangejprengtl daß er sofort einen energischen Angriff machen müße mit dem 16. Ulanenre g i - ment (den Alt-Märkern) und den 7. Kü rassieren (den Halber st ädtern) General von Bredow sieht den Generalstadschef einen Augenblick starr an. Er weiß sofort, um was für ein Opfer es sich handelt, aber sofort führt er entschloßen den Befehl aus. Das Los entscheidet über die dem Tode Geweihten, und nun beginnt der furchtbare Todes-itt. Beinahe 6 Schwadronen rücken unter Bredows Führung in einer Mulde nördlich von Vionville vor. und dann beginnt die Attacke auf die Höhen im Osten, links die Kürassiere mit Major Gras Schmettau, rechts di« Ulanen mit Ma jor von der Dollen. Mit unwiderstehlicher Wucht überleiten sie den Feind, jein erstes Treffen, nehmen eine Batterie und hauen Bespannung und Mann schaften nieder. Weiter geht es: vor ihnen zeigt sich eine lange Infanteriekolonne, auch sie muß nieder gehauen werden, und bald kreuzen sich die Lanzen der Reiter mit den Klingen der Infanteristen. Die Infanterie wird überritten, wieder geht es weiter, und ein zweites Artillerietrcffen teilt das Schicksal des ersten, 3000 Schritt lang etwa war die Attacke, und unter Ungeheuern Opfern wurde sie durchge- führt, bis schließlich Kavallerie sich der Brigade Bredow entgcgenstellte und ihre Trümmer zur Um kehr zwang. Graf Schmettau selbst bat die erschütternden Ein zelheiten dieses blutigen Rittes ausgezeichnet. „Die erste Batterie," so erzählt er, „wurde nur mit zwei Geschützen fertig zum Feuern, und wir waren drin. Die Ehre, den Kommandeur zu holen, tonnte ich keinem anderen überlassen, und ich glaube, ich habe ihn gesunden. Es war mir sehr klar, daß es sich bei diesem Todesritt darum nicht handelte, Trophäen Heimzubringen, sondern alles niederzuwerfen, was noch zwischen Wald und Chaussee sich stehend befand. Zn der Batterie war alles niedcrgehauen, und so ging es in rasendem Jagen auf eine Infanterie- Kolonne, die niedergeritten und niedergehauen wurde, und nachdem sie durchbrochen, uns Schüsse nachschickte. Jetzt war das Regiment schon mit den Ulanen zusammengeschlossen. Eine zweite Batterie wurde attackiert, was nicht floh, heruntergehauen, und mit diesem fliehenden Teil ging es auf eine zweite Infanterie-Kolonne. Kurz ehe sie erreicht war, schwenkten aus einer Waldlücke zwei französische Eskadronen Kürassiere (von der Division Fortan: nach Bazaines Angabe waren auch Dragoner dabei) in die Lücken des kleinen Häufleins, und nachdem die letzte Kolonne Infanterie überritten war, schwenkte da» Häuflein pelemele mit den französi schen Kürassieren und den Ulanen rechts ab und jagte zurück. Dor der Batterie erhielt ich zwei Scbuß, die den Helm durchbohrten, ohne mich ernstlich zu be rühren. Der Adjutant, von zwei Kugeln getroffen, stürzte vom Pferde: der eine Trompeter Herunter geschossen, das Pferd des andern verwundet; ich sprach noch eine Weile mit dem Rittmeister Heister, bi» auch er fiel. Eine Weile war Leutnant Camp bell an meiner Seite, bis man ihm übel mitspielte beim Versuche, die Standarte den französischen Kü rassieren zu entreißen, die er mit der linken Hand erfaßt hatte Einige Leute hieben ihn wieder heraus. Nie werde ich es vergeßen, wie ich, ungefähr an der Stelle, wo ich ausgcritten bin — ein Ritt von einer viertel deutschen Meile — dem ersten Trompeter, den ich fand, das Regimentssignal zu blasen befahl. Dis Tromvetc war durchschossen, und es kam ein Ton heraus, der mir durch Mark und Bein ging. Auf meinen Ruf fanden sich von 11 Zügen (fünf waren detachiert gewesen) noch 3 Züge zusammen. Das Regiment verlor 7 Offiziere und 206 Mann." In einem andern Bericht sagte Graf Schmettau: „Wie ich mit Leutnant Campbell an der Seite und einem Unteroffizier zuerst in der feindlichen Bat terie war, suchte ich den feindlichen Major, der seinen Revolver ziehen wollte. Ehe er dazu kam, hieb ich ihn über das Gesicht, daß er vom Pferde fiel. Ein Offizier zielte auf zwei Schritte auf mich, welcher von meinem Unteroffizier und Leutnant Campbell heruntergehauen wurde... . Zwei Schrapnellkugeln durchbohrten meinen Helm, doch so, daß ich nur ein heißes Gefühl auf meinem kahlen Schädel fühlte. Mein Pferd bekam auch noch einen Stich.... Jeder von uns konnte sich sagen, daß Gottes Gnade allein ihn bewahrt; daß so viele noch herausgekommen, ist ein Wunder, eigentlich konnte keiner darauf rechnen." Das war der Todesritt von Mars-la-Tour, wie ihn Freiligrath ergreifend in der „Trompete von Vionville" geschildert hat. Das Opfer (von 800 Mann waren 16 Offiziere und 363 Mann geblieben) war nicht vergeblich gewesen, denn es kam Hilfe vom 10. Korps. General Voigts-Rhetz kam nach einem Marsche von sechs Meilen im Sturmschritt mir seiner 20. Division heran und griff entscheidens in den Kampf ein. * * Doyen gegen Ehrlich. Der bekannte Dr. Doyen-Paris veröffentlicht im „Mann" einen äußerst scharfen Artikel gegen den Professor Ehrlich. Doyen macht Ehrlich geradezu wissentlich falsche Angaben zum Vorwurf. Er schließt: „Die Erklärung Ehrlichs ist eine reine Aufschneiderei, vergleichbar mit der Prahlerei der deutschen Journalisten, die in ihrem Chauvinismus französische Luftschiffer mit Flinten schüßen aus den Lüften herabholen wollen. — Es ist ein starkes Stückchen, wenn der in der ganzen wissenschaftlichen Welt als Rekord-Poseur bekannte Pariser Reklame-Chirurg es wagt, die Lebensarbeit Ehrlichs in dieser Weise zu verdächtigen. Wer die vorsichtige und zurückhaltende Art, mit der Ehrlich sein Präparat bisher einzusühren bemüht war, vergleicht mit der marktschreierischen Reklame Dr. Doyens, bildet sich sein Urteil von selbst. Die „B. Z a. M." hat sehr recht zu behaupten: Aus der Aeußerung Doyens spricht nur eins: maß loser Neid. * Eine neu« Operette. Dr. Julius A. Wentzel in Leipzig vollendete eine neue dreiaktige Operette „Zaizette. Die Operette wird von einem Leip ziger Kapellmeister vertont und gelangt voraus sichtlich in der zweiten Hälfte der Saison zur Ur aufführung. * Theaterchronik. In diesem Winter wird zum sechzigsten Geburtstage unseres einheimischen Dichters und Mitbürgers Dr. Wilhelm Henzen auf der Bühne des Koburger Hoftheaters deßen . indisches Drama „Savitri" zur Aufführung gelangen. * Ein Abraham a Santa Elara-Denkmal. Am 15. d. M. wird in Kreenheinstetten, dem Geburtsort Abraham a Santa Claras, ein Denkmal des be rühmten Wiener Predigers enthüllt werden. Kreen heinstetten, auf dem badischen Heuberge gelegen, ist am besten von der Station Hausen rm Tal zu er reichen, von wo aus ein hochromantischer Weg in einer Stunde ans Ziel führt. Aber auch von Meß- kirch, Sigmaringen oder Beuron aus lohnt sich eine kleine Fußtour. Das Denkmal, eine Schöpfung des Bildhauers Franz Marmon in Sigmaringen, hat eine Höhe von vier Metern, die sich auf Statue und Sockel gleichmäßig verteilen. Die Stadt Wien hat zu diesem Denkmal 1000 Kr. gespendet. Das Ge burtshaus des Paters Abraham, der mit seinem bürgerlichen Namen Ulrich Megerle hieß, be findet sich in Kreenheinstetten noch in unberührtem Zustande. Es ist das Gasthaus zur „Traube". Die Statue selbst erhält ihren Platz an der Südseite der Kirche. * Musikchronil. Boris Bruck, der erste Kapell meister des Hoftheaters in Hannover, ist wegen Differenzen mit dem Intendanten Geheimrat Barnay plötzlich entlassen worden. * Hochschulnachrichten. Der Präsident der Eisen bahndirektion Danzig, Rim rott, ist von der Dan ziger Hochschule zum Dr.-Jng. ehrenhalber promo viert worden. — Als Nachfolger des von Marburg nach Kiel gehenden o. Professors für Gynäkologie, Dr. W. Stoeckel, sind vorgeschlagen: Prof. Dr. E. Kehrer (Bern), Prof. Dr. E. Opitz (Düßeldorf) und der Direktor der medizinischen Abteilung de» Städtischen Krankenhauses in Frankfurt, Prof. Dr. Walthard, der vor kurzem auch für die Kieler Professur oorgeschlagen war. — Profeßor Dr Georg Klemperer, der Direktor des städtischen Kranken hauses Moabit, ist zum außerordentlichen Profeßor und zugleich als Nachfolger v. Leydens zum Leiter des Krebsinstituts der Charitd ernannt worden. — Der ordentliche Professor der theologischen Fakultät, l). Loofs, an der Universität Halle a. S., cft zum Konsistorialrat und Mitglied des Kon sistoriums der Provinz Sachsen im Nebenamt, unter Beilegung des Charakters als Geheimer Konfistorial- rat» ernannt worden.
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