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3. vetlsye. vtenstsg, 28. Jun! l9l0. Leipziger Tageblatt. nr. 17s. 104. 3»i,rs»ns. Vie Stimme ües Gewillens. 41 Roman von Arthur Zapp. (Nachdruck verboten.) „Herr Brunow", nahm sie endlich wieder das Wort, ihre Hand sinken lassend, „sprang auf, trat an meinen Mann heran und befreite mich von dem rauben Griff seiner Hand. „Sie vergessen, das; Sie sich einer Dame gegenüber befinden, Herr Saleck", rief er ihm zu, „der Sie Achtung schulden, ebenso wie uns anderen, die Sie zu Zeugen Ihres Mangels an Selbstbeherrschung machen." Staatsanwalt und Untersuchungsrichter nickten spontan in unwillkürlichem Ausdruck ihrer Zustim mung. „Der Zornige lieh sich diese Zurechtweisung natür lich nicht ruhig gefallen?" fragte der letztere. „Nein. Er sprang ebenfalls in die Höhe, ich schrie laut auf, denn ich glaubte, er würde sich auf den Oberinspektor stürzen." „Er tat es nicht?" „Nein. Herrn Brunows Blick oder seine drohende Haltung schien ihn in Schach zu halten. Mein Mann begnügte sich mit ein paar häßlichen Schimpfworten. Herr Brunow aber würdigte ihn keines Blickes mehr, sondern reichte mir den Arm und führte mich znm Zimmer hinaus." „Erwiderte er denn nichts auf die Beschimpfungen Ihres Gatten?" Die Gefragte dachte ein paar Sekunden an gestrengt nach. „Doch", erklärte sie darauf. „Ich erinnere mich, daß er kurz vor dem Verlassen des Zimmers zu meinem Manne sagte: „Sie werden von mir hören." Das war alles." „Ah!" Beide, der Staatsanwalt und der Untersuchungs richter machten eine lebhafte Bewegung. „Haben Sie sich über die Beoeutung dieser Be merkung keine Gedanken gemacht?" fragte der erstere. Frau Saleck blickte überrascht, verständnislos auf. „Gedanken? Nein! Ich sagte mir nur, daß er seine Stellung aufgeben würde. Wie man mir an demselben Abend mitteilte, hatte Herr Brunow am Nachmittag einen Brief an meinen Mann geschrieben, seine Sachen gepackt und das Gut verlassen." „Und weiter machten Sie sich keine Gedanken darüber?" „Nein." „Es liegt doch nahe, daß Herr Brunow bestrebt sein mutzte, sich eine Genugtuung für die erfahrenen Beleidigungen zu verschaffen. Es waren wohl ziem lich derbe Worte, mit denen Ihr Gatte ihn bedacht hatte?" Die junge Frau bejahte. „Er hatte ihn unverschämt und einen nichtswür digen Schuft und Halunken genannt." Staatsanwalt und Untersuchungsrichter wechselten einen verständnisvollen Blick. „Sie haben uns erzählt", bemerkte der letztere, „daß Ihr Gatte gestern den Besuch verschiedener Herren erhalten hat. Allem Anschein nach waren die Herren die Kartellträger des Oberinspektors und die Ihres Mannes." Die junge Frau sah verständnislos von einem zum andern. „Herr Brunow", erläuterte der Richter, „hat Ihren Gatten wahrscheinlich zum Duell heraus gefordert. Wir werden das ja noch durch die Ver nehmung der betreffenden Herren feststellen. Sie selbst haben uns schon erklärt, datz Sie Ihren Gatten seit dem heftigen Auftritt am vorgestrigen Tage nicht mehr gesehen haben. " „Nein." „Machte er denn keinen Versuch, Sie zu sprechen?" „Ja. Ich hatte mich eingeschlossen, er klopfte an meine Tür, aber ich öffnete ihm nicht." „Gestern abend hörten Sie ihn nun, wie er zwischen zehn und elf Uhr das Haus verlieb?" „Jawohl." „Wo befanden Sie sich zu dieser Zeit?" „In meinem Schlafzimmer. Es liegt im oberen Stockwerk." „Die Fenster gehen nach vorn, also nach dem Wirtschaftshof hinaus?" „Jawohl." ..Fiel Ihnen denn nun nichts Verdächtiges auf? Hörten Sie nichts von einem Streit, einem Wort wechsel, einem Kampf?" „Ich vernahm einmal die Stimme meines Man nes, der in seiner heftigen Weise irgend jemand etwas zurief." „Die Worte verstanden Sie nicht?" „Nein. Ich war durch das, was vorangegangen, so nervös und schreckhaft, datz ich bei dem Klotzen Klange der Stimme meines Mannes schon zu zittern begann. Und als ich ihn nun drautzen mit jemand schelten und streiten hörte, zog ich mein Deckbett über den Kopf, um nichts hören zu müssen." „Die Stimme seines Gegners, des wahrscheinlichen Mörders, haben Sie also nicht vernommen?" „Nein." „Und ebensowenig Schreien oder sonstige Laute und Geräusche, die auf einen Kampf schließen ließen?" „Nicht das geringste. Ich lag eine ganze Weile so mit dem über den Kopf gezogenen Deckbett. Die Ohren hatte ich, um nichts zu hören, mit den Bett zipfeln verstopft. Als ich nachher meinen Kopf wieder erhob, war alles still. Ich glaubte, meln Mann wäre wieder in das Haus zurückgekehrt, und schlief bald darauf ein." „Ihr Gatte aber", nahm der Staatsanwalt fast feierlich das Wort, „röchelte damals aller Wahrschein lichkeit nach seinen letzten Seufzer aus, und während Sie ahnungslos friedlichen Schlummer suchten, spielte sich sozusagen unter Ihren Fenstern ein blutiges, düsteres Drama ab." Nach einer kurzen Pause, während welcher die Anwesenden wie unter dem Druck der Erinnerung an die finstere Tat schweigend vor sich hinsahen, nahm der Untersuchungsrichter die Vernehmung wieder auf. „Als man Ihnen nun die Mitteilung von dem Verbrechen machte, gnädige Frau, regte sich in Ihnen da nicht die unwillkürliche Frage: wer ist der Täter, wer kann der Täter sein?" Die Gefragte bewegte verneinend ihr Haupt. „Nein. Damit habe ich mich noch gar nicht be schäftigt. Ich war so benommen, so betäubt von dem furchtbaren jähen Ereignis, daß ich noch gar nicht recht zur Besinnung gekommen bin." Der Untersuchungsrichter nickte. „Sehr begreiflich. Aber nun könnten Sie uns vielleicht bei Erörterung dieser Frage behilflich sein. Ist Ihnen bekannt, daß jemand unter den Leuten Grund zu einem besonderen Haß gegen Ihren Gatten hatte?" „Er hatte wohl manchen Feind", erwiderte die Gefragte und schien in ihrem Gedächtnis zu forschen. „Er war gegen seine Angestellten oft hart und schroff." „Erinnern Sie sich vielleicht eines besonderen Falles? Bitte einmal recht angelegentlich nachzu denken." Die junge Frau sann eine Weile vor sich hin; ihren gespannten Mienen war anzusehen, daß sie an gestrengt und eifrig nachdachte. „Gegen einen der Ackerknechte", gab sie endlich Auskunft, „war mein Mann in letzter Zeit sehr un gerecht und lieblos. Der arme Mensch kränkelte schon seit Wochen. Er klagte über beständige Stiche in der Brust. Ich gab ihm auch etwas aus unserer Haus apotheke und bat meinen Mann, den Arzt holen zu lasten. Aber er wies mich barsch ab und meinte, der Mensch — Nick hieß er, jawohl, Otto Nick — simuliere und sei faul und wolle sich nur von der Ar beit drücken. Vor drei Tagen aber verschlechterte sich sein Zustand so rapide, daß er ins Krankenhaus transportiert werden mußte. Wie ich hörte, ist der Typhus bei ihm zum Ausbruch gekommen." „Dor drei Tagen", wiederholte der Untersuchungs richter im Ton der Enttäuschung, „aber dann kommt der Mensch ja für unseren Fall hier gar nicht in Be tracht. Und sonst?" Frau Saleck berichtete nach einigem Besinnen von einem Schäfer, der vor vier Wochen von ihrem Mann plötzlich Knall und Fall davongejagt worden war, weil ein paar Schafe erkrankt waren. Die Entlassung habe den Mann um so härter betroffen, als er ver heiratet war, mehrere Kinder hatte und schon seit zehn Jahren auf dem Gut beschäftigt gewesen. Ferner erwähnte sie, daß der Kutscher vor vierzehn Tagen von seinem Herrn hart angefahren worden, weil er ihn eines Abends auf dem Flur vor den Mädchenkammern betroffen hatte. Der Unter suchungsrichter machte sich zwar ein paar Notizen, schien aber beiden Fällen keine besondere Bedeutung beizulegen. Dagegen kam er noch einmal auf den Oberinspektor zurück. „Wann haben Sie Herrn Brunow das letztemal gesprochen?" „Vorgestern mittag." „Eben bei jenem Auftritt, von dem Sie uns soeben erzählt haben?" ..Ja." „Herr Brunow befand sich wohl in einer hoch gradigen Erregung?" „Das ist mir nicht aufgefallen. Jedenfalls war er ruhiger als ich selber." „Tat er noch irgendeine Aeußerung über den Vor fall oder über Ihren Gatten?" Die Gefragte legte wieder sinnend ihre Hand an die Stirn. „Ich kann mich dessen nicht erinnern. Ich weiß nur noch, daß er mich aus dem Speisezimmer in die daneben liegende Vorhalle begleitete. Hier verab schiedete er sich von mir und sagte ungefähr: „Wir werden uns voraussichtlich nicht wiedersehen, gnädige Frau. Haben Sie Dank für alle Freundlichkeit und Güte, die Sie mir erwiesen." In den Mienen der jungen Frau zuckte es wieder schmerzlich, sie ließ ihren Kopf auf die Brust sinken. „Sie faßten das so auf, daß der Oberinspektor ent schlossen war, das Gut für immer zu verlassen?" Es dauerte ein paar Sekunden, bis die Antwort erfolgte. Frau Saleck hob ihr blasses Gesicht, in ihren Augen schimmerten Tränen. Sie hauchte ein leises, kaum hörbares „Ja." Viertes Kapitel. Als die Eerichtsherren das Zimmer verlassen hatten, saß die junge Witwe noch eine ganze Weile in einem halb bewußtlosen Zustand. Sie war noch immer wie betäubt und ein paarmal sah sie mit wirren Blicken um sich, um sich zu überzeugen, wo sie sich befand und daß es nicht ein böser Traum war, der sie in seinen Banden hielt. So jäh war das alles über sie gekommen, daß sie sich noch immer nicht recht in ihre Lage finden konnte. Der Mann, den sie gefürchtet hatte, obgleich er ihr nahe stand, war tot, und nie wieder würde er sie in Angst, Schrecken und Empörung versetzen. Sie hätte weinen und klagen sollen, und dennoch hatte sie das Gefühl, als ob ein schwerer Druck von ihr genommen sei. Nie hatte sie mit so großer Beschämung, mit so schauderndem Entsetzen empfunden, eine wie leichtfertige, verhäng nisvolle Handlung sie begangen, als sie die Ehe mit Berthold Saleck eingegangen war. Wie war es nur gekommen? Unerfahren, arglos wie sie mit ihren dreiundzwanzig Jahren gewesen, hatte sie sich von äußerlichen Dingen täuschen lasten. Seine stattliche Erscheinung, sein bestimmtes, herrisches Wesen hatten ihr imponiert. Die Verliebtheit des um fünfzehn Jahre älteren Mannes hatte ihrer naiven Mädchen eitelkeit geschmeichelt und seine stürmischen Be werbungen hatten sie überrumpelt und gar nicht zur Ueberlegung kommen lasten. Zuletzt war es das eifrige Zureden ihrer Eltern und ihrer Brüder ge wesen, die sie vollends betört und überredet hatten. Welch eine glänzende Partie! Und in der Tat, sie hatte es wohl bemerkt, wie alle Damen ihres Be kanntenkreises sie beneidet hatten. (Fortsetzung folgt.) * * * sAuf Wunsch wird der Anfang dieses Romans neu hinzutretenden Abonnenten kostenlos nachgeliefert.) ««SSL siklie Kontoi'fkllei'n Vlo» I, 2 unü 3 »os«ar in (Zuaiiiäl! kreis xro Oros 2.—. Nüster auf Verlangen kostenfrei. Kedr. Mvixt, M.-K««., kkiedeiidriunl i. 8». Fabrikation alleinige« Osksiwni« Nsr Firma: . WWW'MM SMstmt itiin IsstiUl 1» lssteri »1 «ilp IHK,» ii. » LMm in II W-rM 1846. WMannl bester MtteriiirSr! 24 ki-sls-NsäLlUvQl IlllilVI'bVI'A-koonvKsmo. müssen nur solcks krauen unck Uäckcben, ckie in ibrer ckuseock gegen ibr bockigstes Lesitrtum ne- süuckigt baden — Lcks Hilfsmittel rur lVieckerkerstellunL cker nor malen Funktionen cker inneren Organe, rur Rebebung von Ver lagerung., Deidesscbäckon unck un- sebonen Fnlstelluneon mancherlei ürt bat sieb cker eckte Lkalxsla- Franeogllrt(8^1vmpIatsa-!'Lrms) am besten bewährt. Fr wirck von Frauoaärrtoo empfohlen unck ver ordnet, avgewencket unck von lamencken Frauen getragen unä gelobt. Uiitlerer Preis Llb. LS.—. Lebt nur erkält lick im «7«s> 2«ntr-l1« Keum. 40, Sä«: Siiüstr. 38, IN.: Nauekstäät. 8tr.II, l-I.:veiumeriiixst 21, Vo.: U«IIc«cks8tr.8I, ku.: Scdiedentr. 4. V».: Lisondndnstr. 86, 7K.: Stotteritrer Str. 23, 86.: Cut Nünotsr^tr. 19 d, 5t.: I.«iprixsr8t.30. 0etr»ek:6»ntrscd. 8tr. SowÄviüuod, vorzügl. f. best. Herr.. u.D.-Wcische, leinenarttg, Meter 45 auch in besseren Qualitäten zu baden. «7,20 k. 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