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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.08.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-08-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100822028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910082202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910082202
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-08
- Tag 1910-08-22
-
Monat
1910-08
-
Jahr
1910
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MMerTageblM Handelszeitung. Amtsblatt des Rates und des Volizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzciqen-^rkis tür Inserate au« Lrivftg und Umgebung di» ftgewaltene bO mm breite Petitzeile 2b ch, die 74 mm breite ReklainezcUe l v«a autwtrt« 80 4z, Reklame» 1.20 Inserate van Bebdrden m amtlichen Dell die 74 wm breite Petitzeil« 40 4z. »eschäitSanzeigen mit P atzoorschtlsten und tu der A.endaurgade im Preise erhöht. Rabat! nach Darll. Beilagegebübr ft p. Lausend exkl. Postgebühr. Festertrilt« Auiträg« können nicht zurück gezogen werden. Für da« Erscheinen an bestimmten Lagen und Plätzen wird lein« Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Augusiusplatz bi, bei sämtlichen Filialen u. allen Nnnonceu- itrpedltioilen de» Ja- und Auslände«. Haupt-Filiale Berlin: Aarl D» ncker, Herzog!, vuyi. Hosbuck^ Handlung, Lützowstiaße >0. (Telephon VI, Nr. Haupt-Stliale Lre«dcn: kecsrratze 4,1 (Telephon 4621h. Nr. 23 l. Mimlsg, »en 22. llugult ISIS. 104. Iahrgsny. Die polener ksilerreüe. Mit großer Spannung hatte man im ganzen Deutschen Reiche die Rede des Kaisers bei der Einweihung der Posener Pfalz erwartet, denn die Vermutung lag nahe, daß der feier liche Augenblick Anlaß zu einer politisch be sonders wichtigen Kundgebung für die deutsche Ostmarkenpolitik geben würde. Die Worte des Kaisers waren aber vornehmlich auf den Ton des Dankes gestimmt, des Dankes an alle Faktoren, die für die Vollendung des Bauwerks irgendwie in Betracht kommen. Es entbehrte dabei nicht eines pikanten Reizes, daß unter den Bedankten an hervorragender Stelle der eben entlassene preußische Finanzminister von Rheinbaben genannt wurde. Herr von Bethmann Hollweg mag daraus ersehen, daß die politische Rolle dieses Mannes noch nicht ausgespielt ist. Wäre Herr von Rheinbaben wirklich völlig erledigt, dann hätte der Kaiser gerade in dieser den Stempel sorgfältiger Abwägung tragenden Rede nicht so überaus vernehmlich dessen Ver dienste um die finanzielle Fundierung des Pfalzbaues anerkannt. Bedeutsamer jedoch als dieses Moment dünkt uns die Tatsache, daß jedes unmittelbare Ein gehen auf die gegenwärtigen Probleme der Polenpolitik vermieden worden ist. Desto stärker freilich ist die mittelbare Anspielung auf diese strittigen Fragen. Jedem Bewohner der Provinz Posen, der Lust hat, mit Leib und Seele und allen Sinnen mitzuarbeiten an der Entwicklung und Förderung des schönen Landes, soll ngch den Worten des Kaisers die neue Pfalz eine Ermunterung bedeuten. Da dieses Bauwerk ausdrücklich als Leistung deutscher Kunst und deutschen Fleißes gerühmt und anerkannt worden ist, kann diese Aufforderung zu praktischer Mitarbeit nicht anders als in deutsch-nationalem Sinne gedeutet werden, mit anderen Worten, der bisherige Kurs der Polenpolitik wird ein gehalten und fortgesetzt werden, Zugeständnisse an die Polen sollen ausgeschlossen sein. Dieser deutsche Ton in der Rede, der mit dem Ton des Dankes wetteifert, kennzeichnet die Gesinnung des Kaisers zur Genüge, und es käme arger Wortdeutelei gleich, wollte man aus dem Mangel eines direkten Vorstoßes gegen gewisse Gelüste unbotmäßiger Polen auf übertriebene Rücksicht auf diesen Teil des Volkes oder gar auf eine Abkehr von der Bülowschen Polen politik schließen. Verfehlt wäre freilich die Annahme, daß die in feierlicher Stunde gesprochenen Worte des Kaisers bereits alle Schwierigkeiten beseitigt hätten oder in Zukunft beseitigen würden. Die Tatsache, daß weite Kreise der polnischen Be völkerung demEinzug des Kaiserpaares in Posen sich ferngehalten haben, daß die Agitation gegen die Beteiligung an den festlichen Veranstaltungen mit unerhörter Schärfe betrieben wurde, lasten eine unbedingt freudige Zuversicht noch nicht aufkommen. Es bleibt zum mindesten abzu warten, welches Echo die Kundgebung des Kaisers in der polnischen Presse, der Wort führerin der polnischen Bevölkerung, finden wird. Jedenfalls darf uns der Glanz der Fest tage den Blick für die nüchterne Wirklichkeit in den Ostmarken nicht trüben, und die scheint uns trotz aller rauschenden Feste nicht allzu rosig. Die Serenade im Kaiserschloh. Posen, 22. August. (Test) Gestern abend fand im Posener Kaiserschlotz eine Serenade statt, an der 400 Sänger des Posener Provinzial- Sängerbundes teilnahmen. Nach der Auffüh rung, die etwa 20 Minuten dauerte, ließ der Kaiser den Musikdirektor Eambke sowie den Vorsitzenden des Provinzial-Sängerbundes, Rechtsanwalt Dr. Hartwig, und zwei andere Vorstandsmitglieder kommen, um ihnen seine Anerkennung auszusprechen. Nach dem Abmarsch der Sänger zog sich die kaiserliche Familie vom Balkon zurück, nur der Kaiser blieb nur noch eine Zeitlang aus dem Balkon stehen. Die Menge brach in Hochrufe aus und sang „Heil dir im Sieger kranz" und „Deutschland, Deutschland über alles". * Bei der Tafel am Sonnabend überwies der Kaiser dem Eeneralsuperintendenten Hesekiel 140 000 Mark aus seiner PrivatsHgttzlle zu den Baukosten eines Diakonissenha u> es. plllitilche Nachrichten. Der Schwarze Adler für den König von Portugal. Posen, 22. August. (Test) Prinz Friedrich Leopold ist gestern im Pariser Schnellzuge von hier nach Lissabon gefahren, um dem König von Portugal die Insignien des Schwarzen Adlerordens zu überreichen. Bom 57. Katholikentag in Augsburg. Augsburg, 22. August. (Telegramm.) Gestern abend fand in der 8000 Personen fassenden, dicht ge füllten Fe st Halle ein Begrüßungsabend statt. Vor der Tribüne waren die Büsten des Papstes, des Kaisers und des Prinzregenten aufgestellt. Unter den Anwesenden befanden sich Freiherr o. Hert- ling, die beiden Bürgermeister von Augsburg sowie die Bischöfe von Eichstätt, Thur und San - tarcm in Brasilien. Der Vorsitzende Justizrat Reisert eröffnete die Versammlung mit einer längeren Ansprache, die er mit einem begeistert auf genommenen H o ch a u f d e n P a p st, den Kaiser, den mächtigen Schirmherrn von Staat und Religion, und den Prinzregenten schloß. Oberbürger meister Wolfram hieß die Versammlung in Augs burgs Mauern willkommen. Der österreichische Mi nister a. D. Dr. Eben hoch überbrachte die Grüße des katholischen Volksbundes Wien, der Bischof von Chur die der Schweizer Katholiken. Musika lische Vorträge bildeten den Schluß der Per sammlung. Noch ei» Plazet für die badischen Budgetbewilliger. Wir berichteten bereits, daß die hessischen Sozialdemokraten auf ihrem Parteitag in Gießen eine den badischen Vudgetbewilligern freundliche Stellung eingenommen haben. Nun haben auch die badischen Sozialdemokraten am Freitag aus dem Offenburger Parteitag mit 136 gegen 36 Stimmen die Z u st i m m u n g ihrer Landtagsfraktion zum Budget gutgeheißen. — Die „Berliner" Rich tung der Sozialdemokratie hat also auf dem Magde burger Parteitag mit dem Widerstand zweier Landes organisationen zu rechnen. Diebe in einem italienischen Fort. Nom, 22. August. (Telegramm.) Diebe sind in das Fort Magdalena eingedrungen und haben eine bedeutende Geldsumme sowie Festungs und Mobilisierungspläne gestohlen. Eine strenge Untersuchung seitens der obersten Mi litärbehörde ist eingeleitet. Aufrührerische Bewegung in Portugal. Lissabon, 22. August. (Tel.) Die Zeitungen ver öffentlichen Alarmnachrichten über eine auf rührerische Bewegung. „Picolo" meldet, daß eine starke klerikale Partei, nicht zufrieden mit der gegen wärtig liberalen Politik, ein Komplott gebildet hat, um die Regierung zu stürzen und die Minister ins Gefängnis zu bringen. Die klerikale Partei beab sichtigt, eine Militärdiktatur zu etablieren. Der HerzogvonOporto,dersichin Casino con Cascers aufhielt, flüchtete, als er die Nachrichten vernahm, in ein Fort. Landtruppen unh Marine werden bereitgehalten, um die Unruhen, sobald sie ausbrechen, im Keime zu ersticken. Die Regierung verhält sich vorläufig passiv. Auf eine Anfrage weigerte sie sich, die Nachrichten weder zu bestätigen noch wegzuleugnen. Sie gibt sich damit zufrieden, zu antworten, daß alle Maßnahmen getroffen seien, um eventuell die Bewegung energisch zu be kämpfe n. Die Feierlichkeiten in Montenegro. Cetinje, 22. August. (Tel.) Am gestrigen Mor gen trafen der König und der Kronprinz von Bulgarien hier ein. 3000 Mann in neuer, der rus sischen ähnlicher Uniform bildeten Spalier. Die Stadt ist festlich geschmückt. Abends fand ein Galadiner statt. Heute mittag trifft das italienische Königs paar ein. Nachmittags findet Parade statt. Die deutsche Minisrerresidentur wurde zur Gesandtschaft erhoben. Die Königs proklamierung ist für nächsten Sonntag angesetzt. Die Wahlen zur griechischen Nationalversammlung. Athen, 22. August. (Tel.) Die Wahlen zur Nationalversammlung sind, soweit bisher bekannt geworden, ohne Zwischenfall verlau fen. Die endgültigen Ergebnisse werden nicht vor Dienstag veröffentlicht. Immer noch der türkisch-griechische Boykott. Konstantinopel, 22. August. (Tel.) Auf den gestrigen Schritt des griechischen Gesandten erwiderte der Minister des Aeußern, die Pforte habe ihr möglichst s zur Beendigung des Boykotts getan, aoer auch Griechenland müßte durch entsprechende Haltung in der Kretafrage zu seiner gänzlichen Einstellung beitragen. Neue Spuren der Tätigkeit RaifuN». Paris, 22. August. (Tel.) Die Morgenblätter melden aus Larache: Auf dem Wege von Elksar nach Fez wurde am 18. August der Leichnam eines Europäers gefunden, den der deutsche Konsul als den eines österreichischen Unter tanen rekognosziert haben soll. Der Mord ist in be sonders heftiger Weise begangen worden und beweist, daß der muselmanische Fanatismus wie der aufzuleben scheint in einer Gegend, die ruhig und sicher war vor der Herrschaft Raisulis. Das Opfer wurde erdrosselt, nachdem es durch Stockschläge betäubt worden war. Man befürchtet, daß in diesem Gebiete sich derartige Schandtaten wiederholen werden, wenn nicht schnell energische Maß regeln gegen Raisuli ergriffen werden. Das Ende der Kämpfe in Nicaragua. Washington, 22. August. (Tel.) Das Staats departement bestätigt den Sieg der Truppen Estradas. In Managua herrscht eine Pa nik. Madriz ist im Begriff, das Land zu ver lassen. «US Leipzig »nü UmgegenL. Leipzig, 22. August. Wetterbericht der Kgl. Sachs. Landeswetterwarte zu Dresden. Voraussage für den 23. August 1910. Wechselnde Winde, allmähliche Aufheiterung, etwas wärmer, kein erheblicher Niederschlag. Pöhlberg: Glänzender Sonnenunter- und -auf- gang, Abendrot, ferne Gewitter nach Süd bis West. Fichtelberg: Glänzender Sonnenuntergang, Abendrot. * Jubiläum. Der Kassenbote Wilhelm August Meitzin Leipzig und der Hofmeister Friedrich Wil helm Theodor Rathmann in L.-Anger-Crotten- dorf begehen morgen das Jubiläum 2Sjähriger un unterbrochener Tätigkeit bei der Leipziger Dünger- Export-Aktiengesellschaft in Leipzig. * Gründung eines Vereins für Polizei- und Schutz hunde. Am Sonnabendabend hat im „Hansa-Hotel" hier die Gründung eines Vereins für Polizei- und Schutzhunde, Sitz Leipzig, stattgefunden. Der Verein 8, «MH. Roman von H. Courths-Mahler. „Sie sind uns so eilig entschlüpft, Fräulein Ruth", rief der junge Offizier vorwurfsvoll. „Ja, Kind, ich wollte dir für deine wirklich wunderschöne Geschichte danken, als ich mich von meiner Ueberraschung erholt hatte, warst du ver schwunden." „Du weißt, daß ich mich nicht gern überflüssig fühle, Tante, und daß ich mich in Absentia vorhin viel vorteilhafter ausnahm, sagte mir mein kleiner Finger." „Dann hat dir dieser vorwitzige, kleine Finger wohl auch verraten, daß mein Sohn gern Forellen itzt?" Ruth errötete leicht. „Nein, das weiß ich zufällig aus deinem Munde, Tantchen." „Aber Sie müssen mir gestatten, daß ich mich bei Ihnen sowohl für die Forellen, als auch für die sinnige Einführung bei meiner Mutter bedanke." Er küßte ihr ehrerbietig die Hand und sah mit einem sprechenden Blick in ihre Augen. „Was bist du für ein liebes, goldiges Geschöpf, kleine Ruth , stand darin zu lesen. Das „klein'/ war natürlich in bezug auf Ruth nur bildlich gemeint. Sie reichte ihm, dem Großen, Stattlichen reichlich bis zur Schulter. Sie mochte wohl den Blick verstanden haben. Etwas Warmes, Freudiges und doch Unruhvolles kam über sie und trieb ihr das Blut schneller zum Herzen. Es freute sie innig, daß Fred Grotthus eine gute Meinung von ihr hatte. Plaudernd promenierten die drei noch ein Stündchen im Garten. „Werden Sie größere Berg touren unternehmen, Fred?" „Gewiß, und ich rechne auf Ihre Gesellschaft, Fräulein Ruth. Ihr Herr Vater hat sie mir wenigstens in Aussicht gestellt." „Und das hat Ihnen die Stimmung nicht ver dorben?" neckte sie. „Also boshaft können Sie doch auch sein? Ich glaubte Sie von dieser Untugend verschont." „Ich kann doch nicht wissen, ob ich Ihnen ange nehm oft, als Gesellschafterin bei Ausflügen in die Berge." „Doch, das könnten Sie ganz sicher wissen. Ich freue mich ganz besonders darauf, denn ich weiß, Sie sind eine gute Bergsteigerin." „Also vorsichtshalber haben Sie sich danach wohl im voraus erkundigt?" „Bei Ihrem Herrn Vater, gewiß. Ich muß doch meine Touren danach einrichten. Einer Dame darf man nicht zuviel zumuten." „Ruth klettert wie eine Gemse, mein Junge", sagte lächelnd die Majorin. „Ich glaube, du wirst Mühe haben, mit ihr Schritt zu hatten." Er reckte lächelnd seine junge starke Gestalt. „Ein Soldat wird sich doch von einer Dame nicht beschämen lassen. Meinen Cie, daß rch's mit Ihnen aufnehmen kann, Fräulein Ruth?" „Wer weiß", scherzte sie, „ich bin in den Bergen zu Hause, Sie hingegen kommen jetzt vom Berliner Asphalt und werden verwöhnt sein.'' „Ein Wort, das für uns gar nicht existieren darf, ein rechter Soldat ist niemals verwöhnt/' „Also lasten wir's darauf ankommen. Morgen dürfen Sie noch ruhen, übermorgen beginnen wir mit unseren gemeinsamen Touren, wenn es Ihnen so beliebt." „Ihr Wunsch ist einzig und allein maßgebend." „Und du, Tantchen, was sagst du dazu, wenn ich dir zuweilen deinen Sohn entführe?" „Daß ich mich herzlich freue, wenn er dir Gesell schaft leistet. Doch, da werden wir zu Tisch gerufen." Sie schritten ins Haus zurück. Fred reichte Ruth den Arm, um sie zu Tisch zu führen, aber sie schüttelte lächelnd den Kopf. „Führen Sie Ihre Mutter, die strahlt vor Stolz und Glück, wenn sie neben ihrem „Einzigen" geht, und ich mag es so gern, wenn ich glückliche Gesichter um mich sehe." Er verneigte sich und wandte sich zu feiner Mutter. Sein Gesicht war ernst geworden. Bei Tisch schlug er einen kühlen, reservierten Ton an, Ruth sah betroffen in sein verändertes Antlitz und blickte fragend zur Majorin hinüber. Diese hatte sofort gemerkt, daß Fred verletzt war. Sie kannte ihren Jungen. Der hatte Ruths Weige rung, seinen Arm zu nehmen, falsch aufgefaßt. Er glaubte, sie wolle damit eine Vertraulichkeit zurück weisen, die ihr nicht genehm war. Nun machte er das kühle, höfliche Gesicht, das Ruth zu dem Glauben veranlaßte, er möge sie nicht leiden. „Warum bist du plötzlich so verändert, Fred?" fragte sie, scheinbar ganz harmlos. Er begegnete Ruths Blick, der erwartungsvoll an seinem Gesicht hing. Dunkle Röte stieg in seine gebräunten Wangen. Er sah vor sich auf den Teller nieder und erwiderte: „Bin ich anders als sonst?" „Ja, mein Junge. Dir hat irgend etwas wehe getan; ich kenne dich doch. Hat dich Ruths Weige rung, deinen Arm zu nehmen, gekränkt?" Er wurde noch verlegener. „Mama, ich bitte dich, laß das. Fräulein Ruth tat ganz recht daran, Zudringlichkeiten zurückzu weisen." Ruih erblaßte und sah mit großen, erschrockenen Augen zu ihm hinüber. „Sie Haden mich falsch verstanden, Fred. Es tut mir sehr wehe, daß Sie eine so schlechte Meinung von mir haben." Ihr Ton war so echt und wahr, daß er den empfindlichen jungen Mann überzeugte. „Warum soll ich von Ihnen eine schlechte Meinung haben; es ist doch Ihr Recht, mir zu zeigen, daß ich, als der Sohn der Hausdame Ihres Vaters, eigentlich außerhalb Ihres Kreises stehe." Es lag eine bittere Gereiztheit in diesen Worten, und Ruth wußte mit einemmal, wie es kam, daß Fred Grotthus zuweilen so schroff und zurückhaltend zu ihr war. Seine Mutter hatte mit ihrer Ver mutung recht gehabt, als sie sagte: Er fürchtet, auf dringlich zu erscheinen. Mit dieser Gewißheit war der kleinen Szene für sie der Stachel aenommen. Mit einem lieben herzlichen Lachen reichte sie ihm p!ör " die Hand über den Tisch hinüber. „Zur Strafe für die bösen Worte sollen Sie den ganzen nächsten Winter mein Kavalier sein. Sie müssen mich bei allen Festlichkeiten, die wir gemein sam besuchen, zu Tisch führen und — ja, Tante, was ersinnen wir schnell noch für Grausamkeiten, um diesen Bösewicht zu strafen? Schämen Sie sich, Fred. Der Sohn von meines Vaters liebstem Freund und meiner einzig lieben Tante Major, die mich wie eine treue Mutter beschützt und behütet hat, der sollte sich und mich nicht so jämmerlich klein einschätzen." Der junge Mann hatte stumm ihren Worten ge lauscht, ein warmer, freudiger Glanz stieg in seine Augen. Er preßte seine Lippen fest auf ihre Hand und sah ihr mit tiefem Blick ins Auge. „Ja, ich schäme mich, Fräulein Ruth, aber die Strafpredigt, die Sie mir eben gehalten, macht mich stolz und glücklich, ebenso, wie die Strafe, die Sie mir auferlegen. Sie könnte mich nur anspornen, weiter zu sündigen." „Dann würden Sie mich unendlich betrüben." „Das will ich gewiß nicht. Ich verspreche gründ- liche Besserung. Verzeihen Sie mir", bat er mit inniger Stimme. Sie nickte ihm mit gütigem Lächeln zu, dann sagte sie scherzend zu Frau von Grotthus: „Nun zank du ihn nur noch aus, Tantchen, du hast wirklich recht, wenn du sagst, er ist kein Muster knabe." Die Majorin blickte mit ihrem klugen, feinen Lächeln von einem zum andern. „Wir wollen es für heute genug sein lasten, Ruth. Meine Worte könnten die Wirkung der deinen ab schwächen." (Fortsetzung folgt.) Tasrschninik. Berlin, 22. August. (Aufhebung einer Spielbank.) Die Berliner Kriminalpolizei har am Sonntagabend in der W i l h e l m st r a ß e eine Spielbank aufgehoben, die don seit längerer Zeit existiert und von einem höheren Beamten einer hie sigen Versicherungsgesellschaft geleitet wiU:de. Man spielte dort Roulett in einer Gesellschaft von etwa 70 dis 80 Personen, Damen und Herren der guten Bürgcrkreise. Die Beamten der Kriminal polizei überraschten die Gesellschaft mitten im Spiel und beschlagnahmten die Bant und die Einsätze. Berlin, 22. August. (Beim Kentern eines Ruderbootes) auf der Havel in der Nähe von Schildhorn sind gestern nachmittag ein Herr, zwei Damen und zwei Kinder ertrunken, während drei Personen gerettet werden konnten. Auf der Spree in der Nähe von Treptow fielen gestern früh zwei junge Kaufleute beim Balgen aus einem Motorboot ins Wasser und ertranken. Hanau, 22. August. (L i e b e s t r a g ö d i e.s Der Zcugfcldwebel Müller erschoß auf der Straße die Verkäuferin Jffland, die ihr Verhältnis mit ihm ge löst hatte. Der Täter wurde verhaftet. Tuttlingen, 22. August. (Feuersbrunst.) In Thalheim sind in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag 10 Häuser niedcrqebrannt. Ein zehn- jähriger Knabe ist in den Flammen um- gekommen. Es ist unbekannt, wodurch der Brand entstanden ist. Plymouth, 22. August. (Hilfe in der Not.) Der britische Schuner „Sterling" war durch Stürme 300 Meilen aus dem Kurs getrieben. Nach dem der Proviant infolgedessen schon seit vier
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