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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.08.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-08-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100820019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910082001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910082001
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-08
- Tag 1910-08-20
-
Monat
1910-08
-
Jahr
1910
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Entgegnung wird sehr richtig gesagt, das Kgl. Mini, sterium habe gewünscht, die Aufsichtsbehörden sollten aufklärend und belehrend wirken. Die Herren Amtshauptleute v. Nostitz-Wallwitz, Leipzig, und Dr. Hartmann, Döbeln, nahmen aber in Schrift stücken, die sie selbst unterzeichnet oder gebilligt hatten, scharf Parte, für den Anschluß an den Leip ziger Gemeinde-Haftpflichtversicherungsverband und warnten mit aller Schärfe vor dem Anschluß an den von der eingang, erwähnten Bereinigung ge gründeten Verband. Dies alle» geschah mit der Autorität des Amtshauptmanns als Aufsichtsbehörde der nichtrevidierten Städte und der Landgemeinden, und zwar noch ehe die Gemeinden der Bezirke Leipzig und Borna selbst endgültig gesprochen hatten. Bei solcher Parteinahme kann doch nicht mehr von un getrübtem Urteil der Aufsichtsbehörde die Rede sein. Und gegen solche Störungen des Gemeinde-Selbstver waltungsrechtes, das gerade bezüglich der Landes pensionskasse den Gemeinden vorgchalten wird, hat die Vereinigung am 12. August 1910 entschieden Ver wahrung eingelegt." * Au» dem Wahlkreise Zschopau-Marienberg. In Wünschendorf sprach am vergangenen Mittwoch Parteisekretär Ehrich von der Fortschrittlichen Volks partei zugunsten der liberalen Kandidatur Brod aus. Dte Versammlung war von etwa 125 Personen besucht. Parteisekretär Ehrich gab in seinen 1'/«stün- diaen Ausführungen einen Üeberblick über die Ent wicklung der Blockpolitik des Fürsten Bülow, be handelte eingehend die konservativ-klerikale Finanz reform und ihre Folgen und kennzeichnete zum Schlüsse die Grundforderungen der Fortschrittlichen Volks partei. Dem Referenten trat der sozialdemokratische Landtagsabgeordnete Castan in der Diskussion ent gegen und machte der Fortschrittlichen Volkspartei die üblichen Vorhaltungen. Im Schlußwort wies Parteisetretär Ehrich die Haltlosigkeit der sozial« demokratischen Behauptungen nach. Mit einem kräftigen Appell an die Anwesenden, mit allem Hoch druck für die Kandidatur Brodaus einzutreten, schloß Fabrikant Wittig-Lengefeld die Versammlung, die einen sehr ruhigen und würdigen Verlauf ge nommen hat. * Mehr Aufmerksamkeit; Die freisinnige „Zitt. Moraenztg." glaubt den sächsischen Nationalliberalen den Vorwurf machen zu dürfen, sie „steckten schwei gend die Püffe ein", die der konservative General sekretär Kunze „überreichlich auszuteilen beliebe". Dabei ist nicht nur in der nationalliberalen Presse, sondern auch von der parteioffiziösen „Sächs. Natl. Korr." mit aller Schärfe der deplacierte Angriff von jener Seite zurückgewiesen worden. Das hätte dem Organ des Lausitzer Freisinns nicht entgehen dürfen; aber man scheint dort eine förmliche Manie zu haben, sich an den Nationalliberalen zu reiben. Solange derartige Ausfälle von freisinniger Seite nicht unterbleiben, vermögen wir fortschrittlichen Bekenntnissen zum Gesamtliberaltsmus, wie wir sie kürzlich veröffentlichten, schließlich doch nur, zu unserm Bedauern, problematischen Wert zuzusprechen. * Der Kaiser hat anläßlich des 40. Jahrestages der Schlacht von Gravelotte durch den Generalstaos- chef des 6. Armeekorps einen kostbaren Kranz am Grabe des Eeneralfeldmarschalls Grafen v. Moltke in Kreisau niederlegen lassen. * Die Gäste beim Kaisermanöoer. Wie der „Inf." mitgeteilt wird, ist jetzt die vollständige Liste der Gäste des Kaisers beim Kaisermanöver sowie des kaiferlichen Gefolges fcstgestellt. Neben einigen schon genannten Persönlichkeiten werden folgende Fürsten und hohen Offiziere dem Kaisermanöver beiwohnen: Der Kronprinz mit Generalleutnant v. Schenk, Prinz Titel mit Mazor v. Blumenthal, Prinz August Wil helm, Prinz Oskar und Prinzessin Viktoria Luise; ferner der Herzog Albrecht von Württemberg. Im Gefolge des Kaisers ist naturgemäß der Kriegs- Minister, der Chef des Eeneralstabes der Armee, der Chef des Militärkabinett», der Staatssekretär des Reichsmarineamts, der Chef des Admiralstabe» der Marine und der Chef des Marinekabinetts. Als Kommandant des Hauptquartiers befindet sich im Ee. folge des Kaisers der Generaloberst von Plessen, als Kommandeur der Leibgendarmerie der General der Kavallerie von Scholl. Von hervorragenden Persön lichkeiten sind außerdem noch zu nennen der Fürst zu Fürstenberg, der Fürst zu Dohna-Schlobitten und der kaiserlich russische Generalmajor von Tatischeff. Autzerdem gehören noch folgende Offiziere zum Ge folge: Oberst von Cyelius, Oberstleutnant von Friedeburg, Fregattenkapitän von Bülow, die Majore von Neumann-Cosel, von Holzing, von Dommes, Graf von Schmettow, Freiherr von Marschall, Fischer und von Fabeck, sowie die Hauptleute von Caprivi und von den Hagen. Als Gäste sind folgende hohe Offi ziere zu nennen: Der schon genannte Generalfeld marschall Graf von Haeseler, der Generaloberst Dr. Freiherr von der Goltz, die Generale der Infanterie von Stülpnagel, von Kluck, von Beseler, die Generale der Kavallerie von Mackensen und von Kleist, sowie die Generale der Artillerie Generalinspekteur der Fußartillerie von Dulitz und der Inspekteur der Feld artillerie von Schubert. Die Derkchrstruppen sind durch den Inspekteur Generalleutnant Freiherrn von Lyncker und das Luftschisferbataillon durch Major Groß vertreten. Von Bundesstaaten wird Papern den Generalleutnant Fretherrn von Eebsattel, Würt temberg den Generalmajor v. Dorrer und Sachsen den Obersten Fretherrn von Salza und Licht en au entsenden. Außerdem nehmen an dem Kaisermanöoer al» Gäste des Monarchen noch eine große Anzahl fremder Militärattache» teil. * Zur Ostasienfahrt de» Kronprinzen. Wir er fahren von bestinformierter Stelle: Für die Reise des Kronprinzen nach Ostasien ist nunmehr auch eine amtliche Einladung der chinesischen Negie rung eingegangen. Danach wird der Kronprinz auch den Pekinger Hof als Gast de, Prinzregenten besuchen. ' Fürst Bülow al« Geburtvtag»gratulant. In mehreren Zeitungen ist große Erregung über Aeuße- rungen entstanden, die Fürst Bülow in einem vom „N. Wiener Tagblatt" veröffentlichten Gruß zum Geburtstag Kaiser Franz Josefs getan haben soll. Es war darin gerühmt worden, daß der Kaiser von Oesterreich einen den Forderungen des Fortschrittes rechtzeitig sich unpassenden verständnisvollen Kon servatismus zu pflegen gewußt und dem gegebenen Worte Treue bewahrt habe. Zunächst entrüstete sich die klerikale „Germania" über den Mangel an Ge schmack, den sie in dieser Aeußerung ersah. Sie faßte sie nicht mit Unrecht dahin auf, daß dem Deutschen Kaiser als Muster Franz Josef vorgehalten werden sollte. Die (sreikonservative „Post" bat sich ebenfalls über dte Aeußerung Bülows gewundert und hat sie eigenartig und neu gefunden. Die agrarische „Deutsche Tageszeitung" hat sich ihr angeschlossen. So pflanzte sich die Erregung der Konservativen lawinenartig fort. Aber man hat sich umsonst er regt. Die mitgeteilten Worte stammen, wie uns mitgeteilt wird, gar nicht vom Fürsten Bülow, sondern von einem Berliner Mitt aas blatt. Es hatte die Anführungsstriche die am Schluß der Aeußerung Bülows hätten stehen müssen, weggelassen, so daß die folgenden redaktio nellen Auslassungen noch mit als Kundgebung Bülows erschienen. * Keine Grenzöfsnung. Wir erfahren von zustän diger Stelle: Der Reichsregierung bzw. dem Bundes rat ist kein bundesstaatlicher Antrag auf erweiterte Grenzöffnung zur Bekämpfung der Fleischteuerung zugegangen. Irgend ein Grund zur Grenzöfsnung liegt für das Reich nicht vor, da die Flei sch - teuerung gleichmäßig in Deutschland und den Nachbarländern eingetreten ist. * Maßregeln gegen die Pest. In Stellvertretung des Reichskanzlers hat der Direktor im Reichsamt des Innern von Jonquiöres bestimmt, daß die aus Odessa nach einem deutschen Hafen kommenden Schiffe auf die Gefahr der Pesteinschleppung unter sucht werden, wobei die Möglichkeit des Auftretens von Rattenpest besonders berücksichtigt wer den soll. * Türkische Militärärzte in Deutschland. Nach einer Meldung au» Konstantinopel werden vom türkischen Kriegsministerium 20 Militärärzte nach Deutschland entsandt, um sich während dreier Jahre in verschiedenen Hochschulen weiter zu bilden. * Karl Peter» über Dernburg und die Kolonien. Karl Peters hat sich zu einem Pressevertreter über den vormaligen Staatssekretär des Kolonialamts und den gegenwärtigen geäußert. Die Verabschie dung Dernburgs bedauerte Peters, der in gewisser Beziehung dessen Gegenfüßler ist, nicht, dagegen schätzt er doch die Art und Weise, wie jener den Neichstag zu nehmen verstand und die öffentliche Meinung für die Kolonien gewann. Auch manche andere glückliche Maßregel, wie der Eisenoahnbau, würden Dernburg dauernd zum Ruhme gereichen. Dagegen verwarf er völlig seine Eingeborenen politik, die zu einer Verhetzung geführt habe. In dem neuen Staatssekretär von Linde- auist sieht er einen genauen Kenner unserer Kolonien, der stets einen guten Blick für das praktische Leben und für die Erfordernisse der Wirt schaft gehabt habe. Auch sei er ein durchaus natio naler Kolonialpolitiker, der die Bedeutung der Rassenfrage erkannt habe. Bemerkenswert ist, daß Peters an seiner alten Ansicht festhält, daß das ost afrikanische Hochland besiedlungsfähig ist, überhaupt konnte er in Tanga und Daressalaam, wo er sich kürzlich aufhielt, Fortschritte wahrnehmen. Die wirt schaftliche Entwialung von Südwestafrika bezeichnet Peters geradezu als glänzend. Alle Farmen seien wieder mit Vieh besetzt und überall auf den Steppen habe er große Viehherden gesehen. * Der Allgemeine Deutsche Innung»- und -rnd- werkertag findet, wie wir bereit» berichteten, vom 28 bis 00. August 1910 im neuen Handwerkskammer gebäude zu Berlin statt. Für den 28. d. M. ist eine Voroersammlung zur endgültigen Feststellung der Tagesordnung anaesetzt. Hauptversammlungen fin. den am Montag den 29. August und Dienstag den 30. August statt. Aus der Tagesordnung stehen u. a. folgende Punkte: Bericht über die Tätigkeit des Zen- tralausjchusses der vereinigten Jnnungsverbände seit dem Eisenacher Handwcrkertag«, erstattet vom Syn dikus Dr. Müsfelmann. Fabrik und Handwerk; Heranziehung der Großbetriebe zu den Aufwendungen der Innungen für allgemeine Zwecke. (Referent W. Berndt, Obermeister der Schlossertnnung zu Stettin.) Lehrlingsausbildung; Pflichtfortbtldungs- schule; Ein- und Ausschreibegebühr; ehrenamtliche Entschädigung. (Referent P. Marcus, Obermeister der Schlosserinnung zu Berlin.) Die Behandlung parlamentarischer Gesetzentwürfe für das Handwerk (selbständige Reichsgewerbebehörde; Berufung von Vertretern des Handwerks in die Ersten Kammern). (Referent Neichstagsabgeordneter Bäckermeister Rieseberg in Quedlinburg.) Arbeitskammern. (Refe rent Baumeister Gestrich, Berlin.) Reichsversiche rungsordnung. (Referent Eenossenschaftsdirektor Schaffrin, Berlin.) Sicherung der Bauforverungen. (Referent Landtagsabgeordneter Rahardt, Ober meister der Tischlerinnung zu Berlin.) Submissions wesen. (Referent Tapezierermeister Feder, Redakteur der „Allgemeinen Tapezierer-Zeitung".) Innung und Arbeit^eberverbaitd; Ausführung der durch den neuesten ministeriellen Erlaß den Innungen ge währten Rechte. (Referent Scholz, Obermeister der Schmiede-Innung zu Berlin.) Aufhebung des 8 100g der Gewerbeordnung. (Referent H. Linsener, stell- vertr. Vorsitzender des Bundes deutscher Barbier-, Friseur- und Perückenmacher-Jnnungen zu Berlin.) Schutz der Arbeitswilligen. Eefängnisarbeit. Beamten-Konsumvereine. Bäckereiverordnung. (Re ferent W. König, Obermeister der Bäckerinnung zu SchönebergZ Kreditierung offener Buchforderungen. (Referent Dr. Coelsch, Geschäftsführer der Deutschen Mittelstandsoereinigung, Berlin.) Die Schädigung des Handwerkerstandes durch das Wandergewerbe. (Referent P. Vierbach, Obermeister der Schuhmacher innung zu Berlin.) Mißbrauch des Gewerbescheines. (Referent R. Löllen, Obermeister der Bildhauer innung zu Leipzig.) Die Verkürzung der Sonn tagsoerkaufszeit im Nahrungsmittelgewerbe. (Refe rent H. Brodeck, Vorsitzender des Verbandes deutscher Konditoreninnungen, Berlin.) Heilstättenpflegc für kranke und schwache Kinder des Mittelstandes. (Refe rent Reichstagsabgeordneter Bäckermeister Rieseberg, Quedlinburg.) An den Beratungen können nur Ver treter von Innungen, Jnnungsausschüssen, Innungs verbänden und Handwerks- und Gewerbekammern, die sich als solche durch Legitimation ihrer Vereinigungen ausweisen, sowie ferner selbständige Handwerksmeister teilnehmen. * Von den neuen Münzsorten sind jetzt bereits beträchtliche Summen im Umlauf. Nachdem der Monat Juli eine Ausprägung von nahezu 4 Millionen Mark gebracht bat, sind von den Dreimarkstücken für 74 Millionen Mark im Verkehr. Man wird damit rechnen können, daß auch in den nächsten Monaten für größere Beträge Ausprägungen von Dreimark stücken erfolgen werden. Die jetzt im Umlauf be findliche Summe macht bereits 7,3 vom Hundert der Gesamtsumme der im Verkehr befindlichen deutschen Silbermünzcn aus. Von den Fünfundzwanzigpfcnnig- stücken laufen jetzt für 3,1 Millionen Mark um. Sie nehmen damit von sämtlichen im Verkehr befiltd- lichen Nickclmünzen 3,3 vom Hundert ein. * Landwirtschaftskammern und Reichs-Wert« znwachssteuer. Die Vorstände der preußischen Land wirtschaftekammern werden der Reichstagskommission zur Beratung der Reichswertzuwachssteuer bis zum Herbst eine Fülle von Material zugetzen lassen, in dem gegen die Fassung des Gesetzentwurfs und zum Teil auch gegen die Kommissionsbeschlüsse Stellung genommen wird. Prinzipiell wird gefordert, daß die Aenderungsbeschlüsse der Kommission, die sich auf die Besteuerung des Wertzuwachses, der ohne Zutun des Eigentümers entstanden ist (8 1), in dem Gesetz entwurf Aufnahme finden. Bekanntlich hat die Kom mission die Besteuerung des Wertzuwachses dieser Art bereits beschränkt und in den Einzelheiten Ver besserungen vorgeschlagen. (8H b, 9, 10, 15, 20 Abs. 3.) Heber die Kommissionsbeschlüsse hinaus wird aber der Erwartung Ausdruck gegeben werden, daß die Wertzuwachsbesteuerung ohne Zutun des Eigen tümers noch weiter beschränkt und Abänderungen unterworfen wird, die genügen, um die landwirt schaftliche Kulturarbeit zu schützen und eine gerade bei landwirtschaftlichem Besitz häufig kulturschädliche Verzögerung eines Guteverkaufs zu verhindern. Im allgemeinen wirhzder Meinung Ausdruck gegeben, daß der Gesetzentwurf, wie er dem Reichstage zu gegangen ist, in keiner Weise die besonderen Verhält nisse des wirklich land- und forstwirtschaftlich be nutzten Grundbesitzes berücksichtigt. * Verbesserung des deutsch-russischen Erenzverkehrs. Bekanntlich geschieht das Umladen der Güter an der deutsch-russischen Grenze an den Linien Grajewo- Prostken, Mlawa-Jlowo und Sosnowtce, die auf russischem Gebiet eine größere Spannweite haben, durch besonder« Umsatzvornchtungen, die den Aus tausch der Wagenkasten ermöglichen. (Die vielfach geäußerte Ansicht, daß Wagen mit verstellbaren Achsen den Verkehr vermitteln, ist irrtümlich.) Die russischen Vorschriften, unter denen z. B. die .befristete Rückkehr" ein gewisses Hemmnis darstellt, lassen in folge der Verschiedenartigkeit der Bahnoerhältnisse eine einheitliche Handhabung des Wagendienstes nicht zu, so daß im Interesse des Verkehrs eine Ver einfachung dringend zu wünschen ist. Wie der „Inf." mitgeteilt wird, hat sich die russische Verwaltung jetzt entschlossen, besondere von den allgemeinen Ver einbarungen zwischen den russischen, Bahnen ab weichende Vorschriften für den Austausch der Umsatz wagen zu geben, mit dem Ziel, daß zwischen den Weichsel- und Siidwestbahnen die Verpflichtung der befristeten Rückkehr wegfällt, und die Wagen auf dem Hinwege schon von der Grenzstation der Empfangs bahn vorzumelden sind, die sic dorthin verfügt, wo sie wieder beladen werden können. Wenn auch hiermit die wünschenswerte Vereinfachung im Magenverkehr noch nicht erreicht werden wird, so bleibt das Ent gegenkommen der russischen Bahnverwaltung immer hin bemerkenswert. — Don militärisch-strategischem Interesse ist übrigens der Neubau strategischer Dahnen in Westrußland, die bereits 1911 fertig sein sollen. Die Strecken führen von Bologoje nach Sta- raja-Russa. von Luga nach Narwa und von Bologoje über Smolensk, Moqilow, Bobruisk nach Luninez. Bologoje ist ein wichtiger Knotenpunkt der Linie, die von Rybinsk (Mokgaaebiet) nach der Hauptlinie Moskau—Petersburg führt. Nach Fertigstellung der Bahnen wird der Aufmarsch russischer Truppen in Pclen und in Finnland wesentlich erleichtert. * Ein Oberhosprediger über die Abstinenz. Die Abstinenzfrage bewegt infolge der äußerst rührigen Agitation der Abstinenten weiteste Kreise. Ins besondere hat auch die Geistlichkeit für und gegen die Abstinenz Stellung genommen. Da ist von beson derem Interesse, wie laut einer Mitteilung in der Zeitschrift „Schutz und Trutz" ein Oberhofprediger sich in einem Schreiben an einen Spezialarzt für Zucker und Verdauungskranke in Berlin zu der Frage äußert. Der Oberhofprediger schreibt: „Wie oft, wenn ich verärgert oder abgearbeitet bin, sehne ich mich nach einem Glas schäumenden Bieres! Oder nach einem Glas Wein! Allerdings nur abends oder gegen Abend. Ich halte meinerseits nichts von der gesetzlichen Abstinenz, außer für Kinder und Kranke; und selbst bei Nervenkranken ist die Frage nach dem Ersatzgetränk viel schwieriger, als man insgemein annimmt, — das Wasser rst nicht überall gut, die an sich vorzügliche Milch wird nicht immer vertragen, moussierende Wasser greifen das Gedärm an. Ethisch steht wirkliche Mäßig keit zweifellos höher als Abstinenz, sie ist viel schwerer als Abstinenz, jedenfall das letzte Ziel, dem Abstinenz nur als Mittel zu dienen hat. Wenn das Bier und der Wein nur gut und nicht ge manscht und verpanscht sind! Summa: Wie heutzu tage alles übertrieben wird, so ist auch die Forde rung der Abstinenz fürwahr eine grausame und un nötige Uebertreibung. Mit fr. Begrüßung Ihr ergebener gez. Dr. theol Oberhofprediger." Das ist ein ebenso freimütiges wie verständiges Wort. * Befestigung der Insel Wangerooge. Nach der Fortifikation der Insel Borkum geht man nun daran, die Befestigungen und den Schutz der Nordseeküste immer weiter auszudehnen. In Verfolg dieser Pläne ist jetzt bestimmt worden, daß auf der oldcnburgischen Norcheeinsel Wangerooge umfassende Befesti gungsarbeiten vorgenommen werden, die nicht geringer sein werden, als die Fortifi- kationen der Insel Borkum. Die Arbeiten, zu deren Leitung ern Hauotmann des Feldartillerie regiments Nr. 62 aus Oldenburg kommandiert wor den ist, haben vor kurzer Zeit ihren Anfang genom men und erstrecken sich hauptsächlich auf die Befesti- aung der Ostseite der Insel. Hier, wo sich bisher der Damenbadestrand befand, wird jetzt ein Fort errichtet, zu dessen Herstellung die Sandmassen einer Düne be nutzt werden sollen. Die Arbeiter sind augenblicklich damit beschäftigt, die Düne zu diesem Zweck abzutra gen. Die Wesermündung wird durch diese Befesti gung der Insel Wangerooge einen sehr beträchtlichen Schutz erfahren. Selbstverständlich sind schon jetzt alle Maßnahmen zur Sicherheit der Befcstigungswerke ge troffen, die von den Badegästen und von den Em- wohnern der Insel zwar unangenehm empfunden wer den, aber doch unerläßlich sind. So wurde vor eini gen Wochen das Besteigen des Leuchtturmes der Insel, der bisher ein Ziel vieler Gäste war, verboten, da es nicht ausgeschlossen erscheint, daß von dem Leuchtturm aus photographische Aufnahmen der Forts gemacht werden. Es ist anzunehmen, daß nach Fertig stellung der Befestigungswerke eine Batterie nach Wangerooge gelegt werden wird. Ob diese Truppen- Lop-See (Lop-nor) verzeichnet, und zwar in dem nördlichen Teil der Wüste von Ost-Turkestan. Auf diesen beiden Karten von Strahlenberg und Renat hat nun Strindberg seinen Angriff gegen Sven Hedin aufgebaut. In einem seiner Artikel sagt «r auch, daß der berühmte russische Asienreisende Prschewalsti nicht der Entdecker des Lop-nor gewesen sei. In einem andern behauptet er dann, daß Hedin weder den Tarimfluß noch die Wüste Gobi noch den Lop-See oder gar Tibet „entdeckt" habe. Die Arbeiten von Sven Hedin sind auch in Deutschland so bekannt, daß fast jeder auf die Frage wird antworten können, wann und wo Hedin jemals eine so kindische Behauptung ge äußert haben soll. Sie findet sich weder in den deut schen Ausgaben seiner Reisewcrke, noch in seinen wis senschaftlichen Veröffentlichungen, die in deutschen geographischen Zeitschriften erschienen sind, nochtn der großen wissenschaftlichen Bearbeitung der Er gebnisse seiner vorletzten Reise. Der große Tarim- flutz mit seinem Mündungssee ist seit dem Altertum dem Namen nach und auch in seiner ungefähren Lage bekannt, non der Gobi und Tibet gar nicht zu sprechen. Solche oberflächliche Erkundungen von Gegenden haben aber mit der eigentlichen Forschung nichts gemein. Strindberg aber scheint von der Meinung befangen gewesen zu sein, daß Strahlenberg und Renat, deren Arbeiten für ihre Zeit bewunderungs würdig und staunenswert waren, die ganze Erfor schung von Jnnerasien überhaupt erledigt und für die spätere Zeit nichts übrig gelassen hätten. Aus dem Werk von Strahlenberg aber geht her vor, daß er überhaupt niemals selbst in Jnnerasien gewesen ist. Von den Gegenden südlich der russischen Reichsgrenze hat er nur ganz wenige Namen in Erfahrung gebracht und erwähnt, daß er dies« von „reisenden Tataren", von Marco Polo und dem Portugiesen Goäs entnommen habe. In dem französischen Tert, der von der Russischen Geographischen Gesellschaft zu der Karte von Renat berausgegeben wurde, wird hervorgehoben, daß auch dieser schwedische Offizier niemals in Ost-Tur- kestau gewesen ist, geschweige denn in dem noch weiter südlichen Tibet. So interessant auch di« Ar beiten dieser alten Schweden sind, so haben sie mit Zum Streit Milchen Loen Seüin nnü Strlnübery erhalten die „Allgemeinen Wissenschaftlichen Berichte" dte folgenden sachlichen Aufklärungen über den tatsächlichen Inhalt der Grundlagen, dte Strind berg zu seinem abenteuerlichen Angriff benutzt hat: Im Jahr« 1730 wurde zu Stockholm ein Werk herausgcgeben unter dem weitschweifigen Titel: „Das nördliche und östlich« Teil von Europa und Asia, tn so weit solches das gantze Russische Reich mit Sibi rien und der großen Tatarey in sich begreisfet usw." Der Verfasser, Philipp Johann von Strah len berg, war einer von den schwedischen Offizie ren, die bei Pultawa vom Zar Peter gefangen ge nommen wurden. Während einer langen Reihe von Jahren, die er in Sibirien weilte, sammelte Strah lenberg eine Menge von Nachrichten und Beobach tungen über das Russische Reich und veröffentlichte diese in dem genannten Buch. Sein Werk und die daM gehörige Karte erlangten mit Recht eine ge wiss« Berühmtheit und wurden in vielen Sprachen herausgegeben. Im Süden reicht seine Karte bis 33 Grad nördlicher Breite. Da aber die Quelle des Ganges, die tatsächlich in ungefähr 30 Grad liegt, unter 3t> Grad eingezeichnet ist, so erscheint das tibetische Hochland auf der Karte viel zu schmal. Ein anderer Schwede unter den Gefangenen von Pultawa war I o h a n E u st a f R e n a t, der in den Jahren 1716 bis 1733 tn kalmückischer Gefangenschaft verweilt hat. In dieser Zeit hat er sehr wertvolle Nachrichten über die Dsungarei und Ost-Turkestan gesammelt und alles auf einer Karte eingetragen, die im Jahre 1738 herausgegeben wurde. Diese Karte hat Strindberg im Jahre 1879 aufgestöbert und der Russischen (Geographischen Gesellschaft geschenkt. Di« Originalkarte von Renat befindet sich aber noch in der Universitätsbibliothek Upsala, desgleichen da» mongolische Original nach dem Renat ge arbeitet hat. Dennoch veranstaltete die Russische Geographische Gesellschaft im Jahre 1881 einen Neu druck dieser Karte mit dem Tert unter dem Titel; „Tarte de la Dzoungarie. dresse« par l« Suedot» Renat". Auf der Karte ist auch der vtelumftrtttene den hohen Anforderungen, die jetzt an die Erforschung eines Landes gestellt werden, nur sehr wenig zu tun. Wenn nun Strindberg die Meinung ausge sprochen hat, daß jene alte Karte von Renat auch den berühmten Streit zwischen Prschewalski und dem großen deutschen Geographen Ferdinand v. Richthofen über die Lage des Lop-nor bereits entschieden gehabt habe, so muß hervorgehoben wer den, daß Renat von jener Gegend eine viel zu un sicher e Kenntnis gehabt hat, um sichere und gar im einzelnen genaue Angaben machen zu können. Dieser Streit ist vielmehr erst durch die Erforschung des Tarim und des Lop-nor durch Sven Hedin im Jahre 1901 erledigt worden, und zwar zu gunsten Richthofens. Diesen Forschungen hat Hedin in den wissenschaftlichen Ergebnissen seiner zweiten großen Reise fast einen ganzen Band ge widmet. Wenn die Karte von Renat die Ergebnisse der Forschungen Hedins vom historischen Gesichtspunkt bestätigt, so ist dies immerhin interessant, aber nie mand wird behaupten wollen, daß Renat durch sein Sammelwerk den Lop-nor entdeckt oder seine Er forschung erledigt habe. Uebrigens hat Strindberg in letzter Zeit außer Sven Hedin nicht nur eigentlich alle hervor ragenden Persönlichkeiten unter seinen Landsleuten, sondern auch noch eine ganze Reihe von modernen Forschungsreisenden „entlarvt". Neber Stan ley hat er sich hergemacht, und auch über Nansen, dem er den Schmeichelnamen eines „Märchenprinzen" beigelegt hat. Mährend Hedin die Tätigkeit Strind- bergs als ein« gewissermaßen nationale Ange legenheit aufgekakt und sich deshalb auf eine Er widerung eingelassen hat. wird Nansen wahrscheinlich aeaenüber jenem sonderbaren Angriff des schwedischen Schriftstellers sich ebenso ruhig verhalten wie dessen andere „Opfer". Die Alma m« Goethe ltarb. Durch die Errichtung des schlichten, sinnigen Grab mals für Alma von Goethe auf dem Weimarer Fried- Hofe anläßlich der Jubiläumstagung der Goethe- Gesellschaft im Juni dieses Jahre, ist da» Interesse wieder mehr und mehr auf den letzten Sproß de« Geschlechtes Goethe gelenkt. Die geringe Kenntnis, die wir von Alma Goethe haben, bereichert jetzt, aus neuen Quellen schöpfend, Dr. Otto Klein in einem lesenswerten, bei Bruno Bolger in Leipzig soeben erschienenen Heftchen über des Dichters frühverstor bene Enkelin. Es sei daraus hier das Nachfolgende über die letzten Stunden jener hoffnungsvollen Mäd chenschönheit mitgeteilt: Zehn Jahre nach ihres erhabenen Großvaters Tode, im Oktober 1842, war Alma von dem jungen Erbgroßherzog Karl Alexander und dessen Ge mahlin Sophie von den Niederlanden aufs herz lichste empfangen worden. Auf dem Hofball zu Ehren des Neuvermählten Fllrstenpaares hatte der Erbaroß- herzog unter den Klängen des damals beliebten Ster nenwalzers mit Goethes Enkelin den Tanz eröffnet, für das liebliche Mädchen eine unvergeßliche Er innerung, die sie mit sich nahm, als sie nach Wien zur Mutter zurückkehrte. Sie soll es damals schon geäußert haben, daß dieser Abschied von Weimar, diese Reise ihr Tod sein werde. Alsbald, mitten im sonnigen Lebensfrühling, erkrankte das schöne, hoffnungsvolle Mädchen, das ein Grillparzer, das sie alle vergötterten. Frau von Littrow-Bischof, die dem Hause Ottilie von Pogwischs nahestand, erzählt von den letzten Stunden: Bon einem Gartenfeste bei dem bekannte Botaniker und Sinologen Endlicher, Alma zu Ehren veranstaltet, kehrte sie heiter, das Herz geschwellt von Glück und Wonne, mit den Ihren heim, aber kaum im Zimmer angelangt, klagte st« . . . . über Kopfschmerzen, und nach einer unruhigen Nacht zeigten sich die Vorboten herannahender schwerer Erkrankung. Als am folgenden Abend Frau von Goethe lesend im Zimmer saß, in welchem auf dem Soka dahinliegend Alma den Tag zugebracht hatte, hoo letztere sich plötzlich empor und das Buch zur Seite drängend, warf sie sich, wie ahnungsvoll der Mutter Mund und Wange küssend, ihr mit dem Ruf „Mein Mütterchen — Mamachen!" leidenschaftlich um den Hals. Schon am nächsten Morgen traten die Symptome eines typhösen Fiebers mit Delirium ein — für sie ein Zustand fortwährenden Ergehen» in angenehmen Träumen. Bald glaubte sie sich in schönen Gärten und reizenden Umgebungen, bald
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