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»ezugS-Prei» »r L«ch,ia nn» «ororr« durch »M«r« trtarr und kpediirur« 2«»l «ßalich in« Hau« grdrachl: VV monaN., L.7V^ss »irrirljährl B«i unlrrn gilial«» u. S,w »Lh»uU«llkn «dgkbol«: 7S wdnatU, L.LS »irnrllthri. Lurch bt« V,k: »nnrrduld Lruilckiandd und d«r deallch«, tkoloniro virrreliüdrt H IV monulU l3i» aullchl. Posldrücll^kld. gern«« >n Brlgicn, Dänemark, den Donaultaatea, Jtaliea. Uuremdurg, Niederlande. R»r- weaen, Oenrrreutz-Ungarn, Aukland, Schweden, Schwei, u. Spanien In allen übrigen Staaten nur direkt durch di« Äeichäitäitell« de« Blakte« erdältlich. Da» Lewzige» Daqedlatl erlcheini 2 mal täglich, Sonn. ». yeirrlag« nur morgen«, illdonneu enk-Lnnadm«, dtuguliusvlatz 8, dei unteren Drägern, Filialen, Spediteuren und Lnnahmeftellen. <ow>e Postämter» und Bries träger». Utuzeleectaoseprei« »er Morgen, ruägab« kU der Abendausgabe L ch, Sledaktlvn und Seschäsktstrller IodanniSgasie v. vernwrecher: I4ÜN, 14883. 1489L Abend-Ausgabe. UchMerTaMM Handelszeitung. Amtsblatt Scs Aales und des Nolizeiomtes der Stadt Leipzig. Anzeigen-Preis che Inserate au« Ue>v,i, und Umgebung di, «geiva'tene SO mm breit« Petü,eil, LS di« 7« mm drei»« Reklau>e,eil« I von auiwtrt« 30 «l, Reklamen 1.20 Inserate von Bedbrden 'M amtlichen Leu dl« 7« mm breit, Petit,eil, 40 4- «eschäirran,eigen mit P atzvorschrilten und in der Alendausaade >n> Preise crhohi Rabatt uach Laris. PeilagegebLhr b ul p. Lausend extl. Postgebühr. Keltert eilte Aufträge kännen nicht jurült- ge,og«n werben. Für da« ilrscheinen an bestimmten Lagen und Plätzen wird kein« Buranti« übernommen. Ln^igen-Sn nähmet lluguttu«vl«, ", bei sämtlichen Filiale» u. allen Snnoncen- rrpeditionen de« In» uud Suilanbe«. Vanor-lSiltak, vrrllut Lark L»i>ch»r, Herrogl. Voqr. Hostzuch- handlung, Lützowsliatze lL (Le.ephan VI, p-r. 4003). Hauvk-Siliale Lrcsdem Eeestratze «, I (Telephon 4821). Nr. 143. Vonnerswz, »en 2S. Mai ISIS. 104. Jahrgang. poliMche Nschrilhten. Der Kampf im Baugewerbe scheint innerhalb des Königreichs Sachsen vor läufig noch nicht zu Ende zu gehen. Der Bezirks arbeitgeberverband für das Bau gewerbe im Königreich Sachsen, der sich aus 37 Arbeitgeberverbänden mit 1293 Baugeschäften zusammensetzt, hat sich in einer in Dresden abgehaltenen Borstandssitzung erneut mit der Aus sperrungsfrage beschäftigt und nach einer längeren Beratung einstimmig folgende R e s o l u t i o n an genommen: Die im Kaiser-Wilhelm-Saal des Hauptbahnhofes zu Dresden vollzählig versammelten Vertreter der 37 Ilnterverbände des Bezirksarbeitgeberverbandes für das Baugewerbe im Königreich Sachsen erklären, auch heute noch an den Beschlüssen der Dresdner Hauptversammlung unbe dingt festzuhalten, sie sprechen die Erwartung aus, daß diese Beschlüsse bei den in Aussicht stehenden Friedensverhandlungen zugrunde ge legt werden und daß die Aussperrung keinesfalls aufgehoben wird, bis im gesamten Gebiete des Be zirksverbandes der Abschluß eines Tarifvertrages auf zufriedenstellender Grundlage gesichert ist. Zur Angelegenheit Langhammer erhalten wir aus Themnitz zwei lange Zuschriften, die Rechtfertigungskundgebungen für die Handlungsweise des Herrn Langhammer darstcllen. Da in dieser An gelegenheit die Fraktion bereits gesprochen hat, und wir nicht Sen Beruf in uns fühlen, in der Sache Lang hammer, soweit sie privater Natur ist, noch ein be sonderes Forum zu konstituieren, lehnen roir es ab, auf die ganze Sache noch weiter einzugehen. Mit Ge nugtuung aber möchten wir feststcNen, daß unsere Auf fassung von der absoluten Notwendigkeit, endlich einen Strich unter die leidige Affäre zu ziehen, sich überall Geltung verschafft hat. Der Reichskanzler beim Kaiser. Berlin, 26. Mai. (Tel.) Der Reichskanzler von Bethmann Hollweg begab sich gestern nach mittag nach Potsdam zum Kaiser, um diesem über die politische Situation und verschiedene schwebende Fragen Bericht zu erstatten. San Giuliano auf dem Wege nach Berlin. Rom, 26. Mai. (Tel.) Der Minister des Aeußern Ala rquis dieSan Giuliano ist in Begleitung des Kabinettschefs, des Grafen Sforza, vormittags nach Berlin abgereist. „Matin" und „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" Paris, 28. Mai. (Tel.) Der „Matin" gibt die gestrige Erklärung der „Nordd. Allg. Ztg." über den Inhalt der Besprechung zwischen Pichon und dem Deutschen Kaiser wieder und knüpft daran folgende Bemerkung: Diese Note, die die Absicht hat, die Informa Beim Sshnhokswirt von Soelchenen. Don Dr. Friedrich Fischl. (Nachdruck verboten.) An den romantischen Tellstätten in der mächtigen Hochgebirgswelt des Vierwaldstätter Sees hatte lch wunderbare Frühsommertage verbracht. Und nun wollte ich auch die Sommerpracht des Südens an den Gestaden eines der drei oberitalienischen Seen ge nießen, Aber noch einen Halt mackste ich am dieser Fahrt. Noch einmal wollte ich mich einige Stunden voll und ganz dem Genüsse der herrlichen Gletscher riesen hingeben, und so stieg ich denn in Eoeschenen aus, einem lieblichen Eebirgsdorfe an der Neuß, knavp an dem mächtigen Tunnel, der den St. Gott hard durchschient, überragt von den Eisfernern des Dammatsch. Eine kleine Ansiedelung, jeder Fleck Ackers und Baulandes dem harten Felsboden mühsam abge rungen. Terrassenförmig bauen sich die wenigen Häuscraruppen an den Hängen auf. An einem idyllischen Punkte liegt der Gottesacker. Er birgt die Sechsundfünfzig, die bei dem Tunnelbau ihr Leden gelassen haben. Ueberragt wird dieser Campo santo von dem Denkmal für den Erbauer des Tunnels, Louis Favre, der ein Jahr vor Vollendung seines großen Werkes sterben mußte. Das Monument, ein Werk Andreolettis, ist eine der herrlichsten Plastiken im Schmeizerlande. Auf einem stilisierten Sockel die Büste Favres und zu Füßen ein Arbeiter mit Tunnel- » lampe und Handbohrer, der trauernd in die Höhe blickt In diesem stillen Dorfe, das erst mit der Er öffnung der Gotthardbahn einen größeren Verkehr er halten hat, lebt ein Mann, dessen poetische Werke, soweit die deutsche Zunge reicht, gelesen und hoch geschätzt werden: Ernst Zayn, der Dichter der ergreifenden Novellenbände „Helden des Alltags" und „Firnwind" und vieler, an Auflagen reicher Romane. Er übt in Eoeschenen einen Beruf aus, dessen Angehörige sonst selten etwas mit der Dich tung zu tun haben: er ist nämlich der Besitzer der groren Bahnhofswirtschaft. In den großen Räumen der Restauration, in denen um die Mittagszeit sich viele Hunderte von Reisenden zur Table d'höte drängen, habe ich diesen herrlichen Mann kennen gelernt. Ein prächtig hoch tionen des „Matin" über die Unterredung des Kaisers mit Pichon zu rektifizieren, berich tigt absolut nichts. Der „Matin" hat nicht gesagt, daß der Kaiser das Wort von einer euro päischen Konföderation gebraucht habe. Aber in d e r T h e o r i e hat er sich durchaus über eine Union ausgesprochen, die zwischen den verschiedenen euro päischen Staaten notwendig wäre, und das kann man ganz gut als Projekt einer Konföderation be zeichnen. Der Kaiser hat überhaupt verschiedene M a l e bei Besprechungen mit französischen Besuchern über ein solches Projekt gesprochen, namentlich mit dem Grafen v. Franqueville im Jahre 1897 und mit Destournelles de Constans im letzten Jahre in Kiel. Das Zentrum und die preußische Wahlrechts vorlage. Berlin, 26. Mai. (Tel.) Das Zentrum be antragt, dis Wahlrechtsvorlage nach den alten Beschlüssen des Abgeordnetenhauses wiederherzustellen. Danach ist also bestimmt mit einem Scheitern der Vorlage zu rechnen. „Dauerwald" für Groß-Berlin. Bei der Beratung der verstärkten Eemeindekom- mission des preußischen Abgeordnetenhauses über den Antrag über die Erhaltung der Wälder in der Umgebung volkreicher Städte teilte der Vertreter der Regierung am Mittwoch mit, daß die Regierung für Groß-Berlin 8000 Hektar, davon 300 Hektar vom Grünewald, vom fiskalischen Besitz als Dauerwald zugestanden habe. Die Gemeinden und Kreise hätten etwa 9000 Hektar ver langt. Mit der Frage der Ueberlassung, ob Verkauf oder Verpachtung, würde sich die Regierung demnächst befassen. Es sprächen gegen beide Arten der Ueber lassung gewisse Bedenken. Darauf wurde die Frage der Erhaltung des Walde« um Berlin verlagl, um erst die Entschließungen des Staatsministeriums ab zuwarten. Besuch des türkischen Thronfolgers bei Kaiser Franz Josef. Wien, 26. Mai. (Tel.) Wie verlautet, wird der türkische Thronfolger Jussuf Ezzedin auf seiner Heimreise von London wahrscheinlich dem Kaiser Franz Josef vor seiner Abreise nach Bosnien einen Besuch in Pest abstatten. Die Ver handlungen hierüber sind noch in der Schwebe. Er folgt der Besuch des türkischen Thronfolgers, so wird der Erzherzog Franz Ferdinand im Laufe des Jahres einen Gegenbesuch in Konstantinopel machen. Der Wahlkampf in Ungarn. Pest, 26. Mai. (Tel.) Die Wahlbewegung nimmt immer erregtere Formen an. So werden aus Klein zell und Jnke blutige Zusammenstöße mit der Gendarmerie berichtet, wobei es zahlreiche Verwundete, in Jnke sogar einen Toten gab. Die Wahlen in Bosnien. Serajewo, 26. Mai. (Tel.) Bei den heutigen Wahlen der zweiten Wählerklasse der ersten Kurie (Intelligenz, Höchstbesteuerte) wurden 8 Kandidaten der serbischen Nationalorgani sation, ein Kandidat der muselmanischen National organisation und 3 katholische Veamtenkandidaten gewählt. Die renitenten Ausständigen von Mery-sur-Oise. Paris, 26. Mai. (Tel.) Aus Mery-sur-Oise wird gemeldet, daß die ausständigen Steinbruch arbeiter mit Weibern und Kindern noch im mer den Bahnhof besetzt halten. Sie haben mehrere Wagen aus dem Gleise gehoben und verschie denen Schaden angerichtet. Da es bisher unmöglich war, die Ausständigen vom-Bahnhof zu vertreiben, hat der Präfekt die Entsendung von Kavallerie verlangt. Paris, 26. Mai. (Tel.) In Mery-sur-Oise kam es gestern zu Zusammenstößen zwischen Aus ständigen und Gendarmen. Mehrere der letzteren wurden durch Steinwürfe verletzt. Noch ein terroristisches Attentat in Rußland. Die Zahl der Anschläge der russischen Terroristen auf Beamte nimmt wieder zu. Den in der heutigen Morgennummer mitgeteilten Fällen müssen wir jetzt einen weiteren aus Moskau anreihen. Der Draht berichtet: Petersburg, 26. Mai. (Tel.) Zn Moskau wurde gestern der Inspektor der Detektivpolizei, Muatow, erschossen. Der Mörder ist ein Anarchist namens Schwawles, den Muatow in letzter Zeit beobachtete. Muatow wollte den Anar chisten wegen Ermordung eines Kreispolizeichefs ver haften. Der Mord erregt großes Aufsehen. Abschaffung der Folterstrafe in Marokko. Unter dem sanften Druck europäischer Mächte be ginnt auch die marokkanische Regierung, sich zu kul tivieren: Tanger, 26. Mai. (Tel.) Der Sultan sandte an den Doyen des diplomatischen Korps aus eigenem Antriebe ein Schreiben, in dem er er klärte, er habe beschlossen, die Leibesstrafe in seinem Reiche abzuschaffen. Er ist zu diesem Entschlüße gelangt infolge der Weigerung Englands, eine Mission unter El Mokri zu empfangen, weil Hafid fortfahre, Gefangene zu foltern, und um etwai gen Protesten der Mächte wegen der barbarischen Be handlung zuvorzukommen, welche er den Frauen von Ben Aissa Pascha angedeihen ließ. Der Jubiliiumstag in Argentinien. Buenos Aires, 26. Mai. (Tel.) In Gegenwart des P r ä s i d e n t e n, der Infantin Isabella, des Präsidenten von Chile, Montt, und von fremd ländischen Abordnungen fand gestern die feierliche Grundsteinlegung zu dem anläßlich der Hundertjahrfeier der Unabhängigkeit Argenti niens zu errichtenden Denkmals statt. Nachmit tags wurde eine Truppenschau abgehalten, an der Abteilungen der Besatzungen aller hier ankernden fremden und argentinischen Kriegsschiffe, die chile nische Militärschule und 20 000 Mann des argenn- nischen Heeres teilnahmen. Die Truppen defilierten bei herrlichem Wetter im Beisein einer ungeheuren Menschenmenge vor dem Regierungspalast, wo die Präsidenten von Argentinien und die Infantin Isabella, fremdländische Abordnungen, das diploma tische Korps und zahlreiche Geladene versammelt waren. Die fremdländischen sowohl als die ein heimischen Truppen waren der Gegenstand lebhafter Sympathiekundgebungen. In der Stadt herrscht große Begeisterung. Tageschnmlk. Die neueste Erfindung. Pari», 26. Mai. (Tel.) Don einer sensationellen Erfindung, die aus London berichtet wird, meldet der „Matin". Danach soll der englische Erfinder und Chemiker Martin Hale ein Pulver erfunden haben, das beim Abbrennen keine Flamme erzeugt. Die Nachricht von der Erfindung verbreitete sich namentlich in Militärkreisen außerordentlich schnell und rief begreiflicherweise Erstaunen hervor. Nach dem man Erkundigungen beim Erfinder selbst ein gezogen hatte, trat noch im Laufe des vorgestrigen Nachmittags in London eine Kommission aus englischen, deutschen, französischen und österrei chischen Sachverständigen zusammen, um die Erfin dung auf ihren Wert zu prüfen. Den Versuchen wohnten auch die Militärattaches von Deutschland, Frankreich und Oesterreich bei. Zur größten Ueberraschung verliefen die Ver suche geradezu glänzend Beim Abfeuern war keine Flamme sichtbar, gleichviel ob aus dem kurzen Lauf des Revolvers oder aus dem Gewehr, Mörser oder dem langen Rohr der Festungskanone. Die eigentliche Zusammensetzung des Pulvers ist natür lich Geheimnis des Erfinders. Es besteht aus einem kristallförmigen weißen Pulver, in weißem dünnen Papier eingcwickelt, ähnlich dem Zigaretten papier. Das Pulver wird mit Karbid ver mischt. Soweit bisher festgestellt werden konnte, übt das neue Pulver keinen hemmenden Einfluß auf die Ge schwindigkeit des Geschoßes aus. Die Kugel geht ruck los aus der Waffe. Scharlachepidemie. Berlin, 26. Mai. (Tel.) Eine Scharlachepidemie wütet in der Mark in einigen Orten, wo bereits die Schulen geschlossen werden mußten. So in Pritzerbe an der Havel. In diesem Orte und in der Umgegend sind Hunderte von Kindern er krankt. In einem Orte an der Havel sollen an einem Tage 9 Kinder gestorben sein. Auch in der Umgegend von Rathenow herrschen seit Pfing sten Scharlach, Masern und ähnliche Kinderkrankheiten gewachsener Schweizer, die Stirne hochgewölbt, blond der Bart an Kinn und Lippen. Mit all der Liebens würdigkeit und Gastfreundschaft, die seinen Lands leuten von der Urväter Zeit überkommen, heißt er die vielen Freunde seiner Dichtungen und seiner selbst willkommen, die ihn besuchen. Von seinem Vater hat Zahn das Gewerbe ererbt, und in den fünfzehn Jahren, seitdem er dem großen Betriebe unermüdlich vorsteht, hat sich der Mrttags- tisch von Eoeschenen, der während eines kurzen Zug aufenthaltes serviert wird, durch Güte der Speisen und Getränke und durch sorgfältige Bedienung einen Weltruf erworben, und nur wenige von den vielen hundert Reisenden, die während der Saison in diesen gastlichen Räumen ikre Mahlzeit einnehmcn, wissen, daß der Bahnhofswtrt von Eoeschenen ihnen schon oft auch wohlschmeckende geistige Nahrung verab reicht hat. Bei einem trefflichen Abendeßen waren wir bald in ein lebhaftes Gespräch gekommen, das sich um allerlei politische und mckstpolitische Dinge drehte. Der letzte Zug der Gotthardbahn hatte die Station verlaßen und Zahn lud uns ein, noch ein Stündchen in seiner Villa „Bergruh" zu verbringen. Ueber die Neuß, die sich hier durch eine Schlucht tosend den Weg bahnt, kamen wir durch das friedlich in der Abend stille liegende Dorf in das Anwesen des Dichters, ein liebliches Landhaus mit einem wohlgepflegten Garten ringsum. Die Frau des Hauses war verreist, und an ihrer Statt machte die Erzieherin der vier Kinder des Dichters, eine hochintelligcnte junge Dame aus St. Gallen, den Gästen die Honneurs. Und nun saßen wir auf einer lauschigen Veranda und in angeregtem Plaudern rannen die Abendstunden dahin. Von der Literatur wurde nicht mehr gesprochen, aber in Fragen der Schweizer Versüßung, Verwaltung und Rechis- pflege konnten wir von dem liebenswürdigen Gast geber mancherlei Jntereßantes erfahren. Denn Ernst Zahn haben seine Landsleute eine Reihe öffentlicher Ehrenämter übertragen, in deren Ausübung er schon viel Gutes geschaffen hat. In seiner Gemeinde ist er zwar nicht nominell Bürgermeister, aber seine Stimme gilt trotzdem in allen wichtigen Fragen für ausschlag gebend. Insbesondere ist ihm das Schulwesen und die Verwaltung des Elektrizitätswerkes anvertraul. Mächtiger ist sein Einfluß im Kanton Uri. Diesem steht er als Landratspräsident vor und außerdem ist er Vorsitzender des Kantonobergerichts, das seinen Sitz in der Tellstadt Altdorf hat und mangel» eines kodifizierten Rechtes noch nach der Väter Brauch nach Recht und Gewißen seine Urteile füllt. Und so wurde die Unterhaltung immer angeregter. Zahn erzählte uns von der neuen Organisation, die das Schweizer Heer jetzt erhält und es noch vollwertiger als bisher zu gestalten berufen ist. Und schließlich kamen wir noch auf die Kinder Zahns zu sprechen, die längst zur Ruhe gegangen waren. Sein ältester Sohn besucht das Züricher Gym nasium, die anderen unterrichtet Fräulein Wachs, von der ich schon sprach. Als wir uns empfehlen wollten — die 'ckhr ging schon auf Mitternacht — da zeigte er uns noch einen zierlichen Schweizervau, den er neben seiner Villa als Schulhaus für seine Kinder hatte aufführen laßen. Im Mondenschein lasen wir darauf die Verse: „Eine lärmentlegne Klause, Drein ein Schimmer Firnlicht fällt, Hier, daß er in Frieden Hause, Hat ein Mensch mich hingestellt. Die vom Lärm der Welt mich schieden, Fels und Firn, sie steh n getürmt, Aber Frieden, aber Frieden Hab' ich nur, wenn Gott mich schirmt." Meürlch psuttens Geüächtnlstslel. Eine eigenartige Eedächtnistafel für den im Sommer 1908 verstorbenen Berliner Professor der Philosophie Dr. Friedrich Paulsen ist jetzt, der „Voss. Zeitung" zufolge, in der Kirche zu Langenhorn (Schleswig-Holstein), seinem Geburtsorte, angebracht worden. Der von dem Verstorbenen — natürlich ab gesehen von den Sterbedaten — selbst verfaßte und bereits am 10. Oktober 190'» niedergeschriebene Text, der sich bei dem Testamente vorfand, lautet: „Zum Andenken an O. Dr. Friedrich Paulsen, geboren allhier zu Langenhorn am 16. Juli 1846, wo seine Eltern waren Paul Fr. Paulsen und Chri stine, geb. Ketelsen, seine Lehrer Küster S. Broderscn und Pastor T. Thomsen, gestorben zu Steglitz bei Berlin am 14. August 1908. nachdem er an der Ber liner Universität -durch 33 Jahre als Lehrer der Phi losophie und Pädagogik gewirkt hat. Der Wahrheit und der gesunden Vernunft Freund, Feind der Lüge und dem Schein, ein Anhänger der guten Cache, auch der nicht siegreichen, der Ehre der Welt nicht allzu begierig, nicht im Gefolge des Willens zur Macht, der Heimat treu, den Eltern und Lehrern seiner Jugend dankbar zugetan, lebte er in einer Zeit, die von dem allen das Gegenteil hielt, und verließ daher nicht unwillig diese Welt in der Hoff nung einer besseren." Der alte Fritz über Goethe. Die hundertste Aul tion hält das bekannte Antiquariat von C. E. Boer- ner, Leipzig, morgen und übermorgen ab; bi- bliophilisch ein Ereignis, denn sie bringt die be deutendste Eoethebibliothek von Fried rich Meyer. Exzellenz Althoff interessierte sich sehr für den Ankauf der kompletten Sammlung durch den Staat, sein Tod brachte leider diese Aktion ins Stocken. Von ganz besonderem Interesse ist in einem Buche von Friedrich II. die vielleicht vielen unbe kannte Stelle: „Ueber die deutsche Literatur und die Mängel, die man ihr vorwerfen kann" (Berlin, Decker, 1780), eine Kritik über den „Gütz": „Aber erst vor eini gen Jahren ist ein Götz vonBerlichingen aus unserem Theater erschienen, eine abscheuliche Nachahmung jener schlechten englischen Stücke, und doch bewilligt unser Publikum diesem ekelhaften Gewäsche seinen lauten Beifall und verlangt mit Eifer ihre öftere Wiederholung. Ich weiß, daß man Über den Geschmack nicht streiten darf, indes werden Sie mir doch erlauben, zu sagen, daß diejenigen, die gleiches Vergnügen daran finden. Seiltänzer und Ma rionetten oder die Tragödien des Racine zu sehen, nur ihre Zeit zu verbringen suchen. Sic wollen lieber, daß man zu ihrem Auge als zu ihrem Verstände rede, und sie ziehen ein bloßes Schauspiel dem vor, was das Herz rührt." — Noch weniger bekannt aber dürfte sein, wie die biderbe Frau Rat auf diesen Tadel hin den großen König abführt, ihm offen sagte, er habe sich nun zwar mit seinem Urteil ein wenig blamiert, und herzhaft schloß: „Ein König ist doch eben auch nur ein Mensch." * Knnstchronik. Wie aus Zürich gemeldet wird, ist der bekannte Journalist Ender li an einer Lungenentzündung gestorben. Er galt als einer der rührigsten schweizerischen Journalisten Auch unserem Blatt Hal er jahrelang als zuverlässiger und kennt nisreicher Mitarbeiter gedient.