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Das Kettgarn erfährt keine Festig keits Zunahme durch das Weben bei den betrachteten 3 Bindungsarten, wohl aber das Schußgarn. Diese Festigkeitssteigerung beim Schußgarn ist um so größer, je größer der „Bindungswert“ ist. Dasselbe gilt auch für die Ausnützung. Die B r u c h d e h n u ng nimmt bei den 3 Geweben in Kettenrichtung ab und in Schußrichtung zu; und zwar um so mehr, je kleiner der „Bin dungswert“ ist. Während die Dehnungen in der Kett- und der Schuß fadenrichtung bei der Leinwandbindung sehr verschieden sind, stimmen sie beim gleichseitigen Köpergewebe annähernd überein. Dasselbe gilt auch für die spezifische Zerreißbarkeit. Die spezifische Zerreißbark eit der Garne hat durch das Weben eine Zu nahme erfahren in Kett- und Schußrichtung, und zwar um so mehr, je höher der „Bindungswert“ ist, also bei der Leinwandbindung am meisten. Die B e r s t p r ü f u n g („Mullenstest“) ergibt beim gleichseitigen Köpergewebe den höchsten Wert. Der Unterschied in der Bruchdehnung in Kett- und Schuß r i c h t u n g ist hier am kleinsten. Die zur vorliegenden Studie erforderlichen Untersuchungen der Garne und Gewebe wurden von Herrn J. H. B u s k o p vorgenommen, was mit dem Ausdruck des Dankes auch an dieser Stelle mitgeteilt wer den soll. Seide von Spinnen und Muscheln. Von Ing. P. Max Grempe, Berlin-Friedenau. Obwohl die jährliche Seidenernte erhebliche Millionen kg ausmacht und daneben die Kunstseiden-Fabrikation auch große Bedeutung gewin nen konnte, werden im er wieder Versuche gemacht, auch noch auf an deren Wegen seidenähnliche Stoße zu erzielen. Besonderes Interesse verdienen auf diesem Gebiete die Bemühungen, die weichen und glänzen den Absonderungs-Produkte verschiedener Spinnen und Muscheln zu Ge spinsten zu verarbeiten. Da jede Verbilligung der Seide dazu beiträgt, diese Gespinstfaser für Zwecke zu verwenden, für die sie ihrer eigen artigen Beschaffenheit wegen vorzüglich geeignet ist, aber infolge des Preises nicht oder nur in bescheidenem Maße in Betracht kommen kann, so erklärt es sich, daß immer wieder Versuche zur Gewinnung und ratio nellen Verarbeitung faseriger Produkte verschiedener Tiere gemacht werden. Die seidenweichen Fäden der Spinnen sind für die Herstellung von Seidengeweben am häufigsten versucht worden. Schon Heliodor berich tet, .daß dem Fürsten Hydasper von den Serern zwei Stück Zeuge aus Spinnengewebe, eines in Purpur, das andere von schneeweißer Farbe, überreicht wurden, doch glaubt Silbermann auf Grund eingehender For schungen diese Nachricht auf die falsche Vorstellung zurückführen zu müssen, die dieser Geschichtsschreiber von dem Ursprung der Seide be saß. Dagegen wissen wir bestimmt, daß der Franzose Bon in Montpellier die seidenen Fasern, mit welchen die Spinnen ihre Eier umgeben, im Jahre 1709 zuerst sammelte, um sie durch Ausklopfen vom Staube zu be freien und sodann zu verarbeiten. Er ging hierbei in der Weise vor, daß er das Absonderungsprodukt der Spinnen sehr sorgfältig mit Wasser wusch und sodann in einer Flüssigkeit von Gummi, Seide und Salpeter mehrere Stunden kochte; nach dem Trocknen wurden die Fasern ge kämmt und versponnen. Es gelang, aus diesem Material Seidenstoffe, die besonders zu Strümpfen und Handschuhen verwendet wurden, her zustellen. Dieser Erfolg erregte ungeheures Aufsehen. Die französische Akademie der Wissenschaften gab ihr Gutachten dahin ab, daß die Fäden der Spinnen eine zu geringe Stärke besäßen, um damit dauerhafte Stoffe herstellen zu können. Es wurde berechnet, daß erst 90 Spinnenfäden der Dicke einer Seidenfaser gleichkommen, und daß 18 000 Spinnenfäden zur Gewinnung eines starken Nähfadens erforderlich sind. Mithin sind zwölf mal soviel Spinnen als Seidenraupen nötig, um das gleiche Quantum Fasermaterial zu erzeugen, sodaß für ein kg desselben fast 50 000 Sei denklümpchen gebraucht werden. Da die letzteren indessen nur von den Weibchen erzeugt werden, so müssen bedeutend mehr Spinnen gezüchtet und erhalten werden. Die Spinnenfaser hat weniger Glanz als die Seide, weil die Faser äußerst fein und dazu etwas gekräuselt ist. Nach dreißigjährigen Bemühungen und Versuchen war es im Jahre 1762 Termeyer gelungen, die Seidenfäden der lebenden Spinne gleich nach der Absonderung auf eine Rolle aufzuwickeln. Das von ihm wäh rend dieser Zeit gesammelte Quantum Spinnenseide war äußerst gering, es erreichte nicht einmal das Gewicht von 700 g. Um die Spinnenseide in möglichst langen Fäden zu gewinnen, setzte Camboue einige Jahre später die Spinnen so in Zellen, daß durch eine be sondere Stellung des Unterleibes jedes Tier befähigt wurde, einen etwa 100 m langen Faden zu erzeugen. Camboue stellte fest, daß die Produk tionsfähigkeit der Spinnen nach dem Legen der Eier auf 4 km Fadenlänge in 27 Stunden steigt. Vor Camboue hat schon Rolt einen Spinnenfaden von 6 km Länge in 2 Stunden von 22 Spinnen erzeugen lassen. Nachdem im Jahre 1843 Mallot auf der Insel Java mit den Absonderungen einer dort lebenden großen Spinne Haspelversuche erfolgreich durchgeführt hatte, gelang es 25 Jahre später in Senegal ebenfalls, große Spinnen für die Seidenproduktion zu verwenden. In Paris fabrizierte von 1823 an 20 Jahre lang ein Unternehmer blutstillende Pflaster aus Spinnenfäden. Der französischen Kaiserin Eugenie wurden von den Bewohnern der Insel Mauritius Handschuhe aus Spinnenseide überreicht, die große Bewunde rung fanden. Die Versuche zur Verwendung von Spinnenfäden in der Textil industrie sind noch nicht abgeschlossen. In letzter Zeit ist wiederholt die Einführung und Klimatisierung überseeischer, großer, schwarzer und gel ber Spinnen zum Zweck der Seidengewinnung unternommen worden, ohne daß man bisher beachtenswerte Erfolge erzielt hat. Die Fabrikation von blutstillenden Pflastern aus Spinnenfäden hat man nach Silbermanns Berichten von Stilbers in Westmoreland wieder auf genommen. Er verwendet die großen amerikanischen und afrikanischen Spezies der Spinnen, die in achteckige Fächer eingeschlossen und mit Insekten gefüttert werden. In der Zuchtkammer wird durch Verdampfung einer aus Alkohol, Chloroform und Äther bestehenden Flüssigkeit eine Temperatur von 15 0 C dauernd erhalten. Die Kammer ist bei 40 m Länge und 20 m Breite 5 m hoch und enthält 5 000 Fächer für Spinnen. Die nun von den Weibchen zum Einhüllen der Eier gesponnenen ver schiedenfarbigen Gespinste werden gesammelt und wie die Kokons des Maulbeerspinners abgehaspelt. Jedes Gespinst enthält 120—150 m Faden. Da ein kg Gespinst aus 25 000 Kokons gewonnen wird, so enthält es mithin eine Fadenlänge von 3250 km. Nachdem die Spinnenseide in einem Bade geweicht und in einer geeigneten Lösung gebleicht, passiert sie Türkischrotöl und dann Gerbsäure, um ihr Griff und Glanz beizubrin gen. Antiseptische Eigenschaften erhält die so zubereitete Seide durch das Einweichen in eine geeignete Mischung von Tonerde, Glyzerin, karbol saurem Zink, Borax und Alkohol. Das kg dieser antiseptischen Seide stellt sich auf den hohen Preis von etwa 1 600 Jl. Auch in China wird Spinnenseide gewonnen. Eine dort im Busch werk lebende rötliche Spinne liefert eine gelbe, feste Seide, die etwas gröber als Maulbeerseide ist. In den letzten Jahren hat der Missionar Camboue mit den Spinnen Madagaskars eingehende Versuche zur Ge winnung von Seide angestellt. Eine Spinnenart, die ihre Eier mit Ge spinsten einhüllt, kann leicht zum Spinnen eines ununterbrochenen Fadens gebracht werden. Da in den tropischen Zonen eine bedeutende Anzahl großer Spinnen lebt, die die umfangreichsten Gespinste erzeugen, und da dieses Material sich vorzüglich für die Florettspinnerei eignet, so ist die Wahrscheinlichkeit einer baldigen industriellen Verwertung der Spinnen seide eine sehr große, zumal die Seide trotz ihrer außergewöhnlichen Reinheit größere Festigkeit als die Maulbeerseide besitzt. Im Mittelländischen Meere, an den Küsten Korsikas, Siziliens, Süd italiens, Sardiniens, Dalmatiens, bei Smyrna und in der Normandie findet sich die für die Gewinnung von Muschelseide zunächst in Betracht kom mende Stechmuschel. Diese Muscheln, die meist 30 cm lang und 10 bis 15 cm breit sind, erzeugen während einer bestimmten Zeit ihres Lebens ziemlich feste Fasern. Diese bestehen aus einer teigartigen Masse, die sich in einer Spalte der Zunge dieser Tiere bildet. Die Fasern bilden einen Bart, der häufig mehrere Muscheln umschließt. Daher haben diese Mu scheln die Fähigkeit, sich an anderen Körpern festzusetzen. Man fängt dieses Weichtier in einer Meerestiefe von 7—9 m mit Hilfe einer gabel förmigen, mit abstehenden Zinken versehenen Vorrichtung. Aber trotz der großen Feinheit der Fasern ist die Widerstandsfähigkeit des Faden bündels so groß, daß große Anstrengungen zur Loslösung der Muscheln von den Felsen nötig sind. Wenngleich diese Seeseide im rohen Zustande nur ein unscheinbares Aussehen hat, so liefert sie doch ein vorzügliches und dauerhaftes Material für Strümpfe, Trikots, Handschuhe, Schals usw. Die Seeseide wird nach der Loslösung von der Muschel in Seifenwasser gewaschen, getrocknet und sodann von den anhaftenden Wurzeln und Unrejnlichkeiten befreit. Nunmehr frottiert man das so gewonnene Rohmaterial mit den Händen. Ist dieses dann vollständig ausgetrocknet, geputzt und gekämmt, so zwirnt man die erhaltenen Fäden gewöhnlich in der Weise, daß man je 2—3 Fäden Muschelseide mit einem Faden echter Seide vereinigt. Aus einem kg Rohmaterial der Seeseide erhält man etwa den drit ten Teil als brauchbares Gespinst. Dieses weist zum Schluß infolge