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BezugS-PreiS Dr L*tv»ia Vorort« vurch miler« Trä««r ond Svrditeur« 2m«l «taliD «n« Hau« zedrachi: W momttl., L.7V^P »lrrtelithrl «ei unlrrn Filiale» o. Lo» »»houftclien odoebolt: 7S monarU, Ü.LL vieneliäbrl. Lurch die v,k: tto«S«ld r«ui,chland« un» dir druKchru iiolonirn «terttlDdr» U.SS monotl. 1.20 aullcht. Postdrftellarld. Ferner in Belgien, ltnemork, den DonauNauteu, Ilulie», Luremdurg, diiederland«, Nor wegen, Oeyerreich-Ungarn, Rußland, Lchmcden, Schweiz u. Spanien. In alle» udrigen Staaten nur direkt durch di« cheichüittiiell« de« Blatte« erhitttich. La« Leipziger tagedlaii erichein, 2 mal itglich. Sonn. «. getciiag« nur morgen«. Ldonae, eni-Annadme. Lugutlulplatz 8, bei unteren Trägern, Filialen. Spediteuren und Snaatzmestellen, towie PoliLmtern und Briefträgern Itngrlveckaukeprei« der Morgen« eusgad« 1V der tidendtu«qabe S -t- Sledaktton und SeschäftSNclle: Johannisgaste 8. -ernsprccher! 14692, 14696. 146SL Morgen-Ausgabe. MpMerTagriilM Handelszeitung. 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Eine leb hafte Debatte entspann sich bei der Behandlung des Etatkapitels „Landtagskosten". Ter sozialdemokra tische Antrag aufAufhebungder indirekten Steuern und Ersah durch direkte Steuern wurde abgelehnt. sS. Landtagsber.s * Das preußische Herrenhaus begann am Donnerstag die zweite Lesung der Wahl rechtsvorlage. Ministerpräsident von Beth- mann Hollweg präzisierte die Stellung der Regierung. Bei der A b st i m m u n g über die ersten Paragraphen wurde die Fassung der Borlage durch das Abgeordnetenhaus aufrechterhalten. * Expräsident Roosevelt ist mit seiner Fa milie gestern mittag in Brüssel eingetroffen. * Die eingeschriebenen Seeleute in Marseille beschlossen, im A u s st a nd c z u v e r h a r r c n. (S. Ausl.) * Im Rooember d. I. findet anläßlich der Zen tenarfeier in Santiago de Chile eine inter nationale Ausstellung für Landwirt schaft und landwirtschaftliche Maschinen statt. * Der Aviatiker Paulhan gewann durch einen erfolgreichen Ueberlandflug London — Man ch e st e r den 200000-.it-Preis der „Daily Mai l". lS. Sport.). , Zeppelin unü Sie prsger Tscheche». Vom König Midas, geht die Sage, daß ihm unter den Händen alles zu Gold wurde, was dem armen Manne besonders beim Verzehren seiner Mahlzeit sehr peinlich gewesen sein soll. Den Tschechen wird alles was sie anfassen zur Nationalitätenfrage, und auch ihnen dürften aus diesem Umstand noch manche peinlichen Mo mente erwachsen. Die geplante Wiener Luftreise des Grafen Zeppelin ist sicher ein Unternehmen von höchstem kulturellen, von technischem und auch von einem großen politischen Interesse. Es ist eine Huldigungsfahrt zu Ehren des greisen verbün deten und befreundeten Monarchen von Oester reich-Ungarn, dem die Vorführung des Zeppelin- Luftschiffes bereits einmal versprochen worden war. Die Tücke des Objekts in Gestalt des histo rischen Birnbaums von Echterdingen machte je doch damals den schönen Plan zunichte, und jetzt soll das Versäumte nachgeholt werden. Man weiß, daß hier ein Lieblingsgedanke Kaiser Wilhelms zur Ausführung kommen soll, und das ganze Unternehmen ist ein über den ganzen Erdball hin leuchtendes Zeichen der Festigkeit und Innigkeit der Beziehungen zwischen dem Deutschen Reiche und Oesterreich-Ungarn, in sofern also zweifellos politischer Natur. Aber was hat diese Politik mit den Eifersüchte leien unter dem Völkergemisch innerhalb der schwarz-gelben Erenzpfähle zu tun? Man muß schon die krankhafte Einseitigkeit des Denkens und Fühlens einer stocktschechischen Behörde be sitzen, um diese Fahrt, über die sich alle Völker der habsburgischen Krone gleichermaßen freuen könnten, in nationalistischer Weise zu betrachten und zu Demonstrationszwecken zu benutzen. Es ist tatsächlich nichts als eine Demonstration, wenn der Prager Stadtrat beschlossen hat, den Grafen Zeppelin einzuladen, auf seiner Rück fahrt von Wien über Dresden in Prag zu landen, und zu gleicher Zeit beschlossen hat, die Einladung in tschechischer Sprache abgehen zu lassen und den Grafen gegebenen falls tschechisch zu begrüßen. Die ganze Takt- und Geschmacklosigkeit der tschechischen Parvenüs offenbart sich in diesen Beschlüssen, deren ein fache Konstatierung schon genügt, um jedem Mann von Haltung die Annahme einer solchen Einladung unmöglich zu machen. Es kann des halb auch gar nicht überraschen, wenn jetzt ge meldet wird, daß Graf Zeppelin auf die Landung in Prag verzichten will und anstattdessen wahr scheinlich in einem Orte in der Nähe von Prag die Zwischenlandung auszuführen gedenkt. Die Prager Stadtbehörden haben in Chau vinismus und Deutschenhaß schon allerhand und Erkleckliches geleistet. Sie haben sich mit Russen und Franzosen verbrüdert, wobei sie wohl manchmal auf den Gebrauch der tschechischen Sprache haben verzichten müssen,da nicht anzuneh men ist, daß ihre französischen Gäste der für alle westlichen Völkerschaften zungebrechenden tschechi schen Sprache mächtig waren. Auch die höchst ver räterischen Sympathiekundgebungen für Serbien die von Prag gerade zur Zeit des österreichisch serbischen Konflikts ausgingen, waren vom Haß gegen das Deutschtum geboren. Es ist also die Emanation desselben Geistes, der seit Jahr hunderten unter den Tschechen geherrscht hat, wenn jetzt Graf Zeppelin unter entwürdigenden Bedingungen eingeladen worden ist. Das Ent würdigende liegt hierbei viel weniger in der tschechischen Einladung und der Absicht, den Grasen tschechisch zu begrüßen, als in dem aus drücklichen Beschluß des Stadtrats, der dies als Bedingung stipuliertc. Gerade durch diesen Beschluß wird das alles zur Demonstration und zu der schönen Rücksichtslosigkeit, die man einem Gast von Weltruhm zu ertragen zumutet. Die Prager Tschechen haben sich diesmal verrechnet. Sic haben ihre Stadt um ein Erlebnis gebracht, das unverwischbare Spuren in der Bevölkerung zurückgclassen hätte. Aber leider ist kaum darauf zu hoffen, daß ihnen daraus eine Lehre erwachsen und bessere Einsicht erblühen werde. Der Fana tismus ist kein geeigneter Boden für die Läute rung des Geschmacks wie der wirtschaftlichen Vernunft. Zeppelin wird also auf die tschechische Begrüßung verzichten müssen, wahrscheinlich zu seinem Glück, denn wer weiß, ob nicht noch nachträglich die Bedingung gestellt worden wäre, daß der alte Herr auch noch tschechisch er widern solle. Soll man sich ärgern oder soll man lachen? Es wird auf ein Gemisch von Gefühlen hinaus laufen, denn leider sind wir nicht in der Lage der interessierten Gentlemen, die mit heiterem Gleichmut der Seele die Offenbarungen des gastfreundlichen Tschechengeistes vernehmen könnten. Uns muß der Gedanke bewegen, daß dieses Geistes Kinder die Truppenkadres unseres Verbündeten füllen, daß die Rücksichten auf sie auch in der Wiener Politik nicht ganz außer acht gelaßen werden können und nicht gelassen werden. Das gibt diesen Dingen den bitteren politischen Beigeschmack. Ob Zeppelin in Prag oder bei Prag landet, ob der Prager Stadtrat in lustiger Verkennung der Umstände und seiner eigenen tschechischen Würde sich wichtig und lächerlich macht und dabei die einfachsten Ge bote der Gastfreundschaft verletzt, ist wirklich nicht erschütternd und hat nach manchen Proben tschechischer Ueberhebung nicht einmal den Reiz der Neuheit. Aber als Symptom ist es gleich wohl von Bedeutung. 2m übrigen wird vom Glanze des Namens Zeppelin kein Strahl ge dämpft und auch von seiner Kulturbedeutung nichts genommen, wenn der Stadtrat von Prag sich blamiert. Bekanntlich hat ein jeder das unveräußerliche Menschenrecht, sich so gut zu blamieren, wie er kann. Oie rweile Lesung üer Wahl- rechtsoorlsge im preußischen Serrenlmuje. I. Berlin, 28. April. sPrivattel.) Ihr Wort zur preußischen Wahlvorlage mit zusprechen, hatten sich heute in stattlicher Zahl ein gefunden die Granden, die Oberbürgermeister, die Professoren — dock bei den letzten kann man wohl von einer stattlichen Zahl nicht mehr reden, ebenso nicht bei den Industriekapitänen: Es sind ihrer zu wenig im preußischen Herrenhaus«. Graf Behr- Behrenhoff berichtet über die Geschichte der Vor lage. Man hört das mit lauter Stimme vorgetragene Referat des riesigen, bartlosen Grafen mit größerer Aufmerksamkeit an, als sie sonst den Kommissions berichten gewidmet zu werden pflegt. Dann erhob sich sofort der Ministerpräsident von Bethmann Hollweg. Er sprach sehr ruhig, be stimmt, entschieden. Ein Wille ist unstreitig in seinen Worten. Zwar wird es nicht ausgesprochen, aber es gibt nichts anderes. Wenn das Haus nicht die von Graf Yorck von neuem beantragte Bestim mung, daß Wahlrechtsänderungen hinfort einer Zweidrittelmehrheit bedürfen sollen, verwirft, und wenn nicht die Steuerdrittelung in allen größeren Bezirken statuiert wird, wie der Oberpräsident von Schorlemer es beantragt, wird die Regierung die Vorlage zurückziehen. Etwas anderes gibt es nicht. Das ist die eine Seite der Er klärung; die andere Seite ist, daß man das Zentrum nicht ausschalten will. Auch Fürst Bülow hat das „ausschalten" nicht zugeben wollen. Wie kann auch eine Regierung eine Partei, die Mit arbeiten will, zurückstoßen! Und der Block war ja , gerade gründet worden, weil das Zentrum nicht I in der sür notwendig erachteten Weise mitarbeiten wollte. Auch der Tatbestand spricht gegen den in letzter Zeit von klerikaler Seite so heftig erhobenen Vorwurf, man wolle das Zentrum ausschalten. Alles hat die Regierung vom Zentrum und von den Konservativen angenommen, nur in 2 bis 3 Punkten hat sie einen eigenen Willen gezeigt: das kann man nicht ausschalten nennen. Erster Redner aus dem Hause ist Fürst Salm- Horstmar, ehemals Präsident des Flottenvereins. Politisch steht er sehr weit rechts, aber er hat eine selbständige Meinung. Er hätte am liebsten die Steuerdrittelung in der Gemeinde getroffen, wie er überhaupt die Gemeinde als einheitlichen Organismus in besonderer Weise für berufen hält, für die Volksvertretung bestimmend zu sein. Er will gern etwas Positives zustande dringen, aber für den Antrag Schorlemer scheint er nicht stimmen zu wollen. Für Lichnowski mit dem schmalen Gesicht und dem vollen, zurückgekämmten Haar, eine markante Erscheinung, der in der ersten Lesung die Beschlüße des Abgeordnetenhauses einen Wechselbala genannt hatte, äußerte sich heute milder: er scheint die Kommißionsbcschlüsse für annehmbar zu halten, aber doch unter der Voraussetzung, daß die Bestimmung des Antrags Schorlemer eingefügt werden kann. Hatte er als Moderner gesprochen, so kam jetzt ein brandenburgischer Ritter. Herr von Burgsdorff auf Markendorf, angeritten, hoch das Schwert gegen den Liberalismus gezückt. Lebhaftes Händeklatschen und stürmische Beifallsrufe folgten seiner temperamentvollen, reaktionären Rede. Ein Gegenspiel war sein Nachfolger, deßenWorte kaum zu vernehmen waren: Frhr. v. Landsberg-Stein- furt erscheint mit dem tief zur Erde gebeugten Haupte heute uralt. Er will eigentlich überhaupt keine Wahl reform, da nun einmal die Sache in Fluß gebracht worden ist, will aber auch er positiv Mitarbeiten. Anden westfälischen Freiherrn schloß sich das Oberhaupt Ber lins, Kirschner. Er hatte schon zu der ersten Lesung gesprochen und fand heute keine erhebliche Steigerung. Sein Kölner Kollege Wallraf hatte den Mut eine, neue Wahlkreiseinteilung, die den wirtschaftlichen und politischen Veränderungen entspricht, zu fordern. Graf Oppersdorfs, der Schwager des Botschafters Radolin. der im Reichstag dem Zentrum angehört, — im Herrenhaus haben die Zentrumsherren tein eigenes Fraktionsheim — macht eifrige Zentrums politik in glatten Worten. Großzügig, vom entgegengesetzten Standpunkt suchten Professor Hillebrand - Breslau und Oberbürger- ' meister Körte-Königsberg das Wahlrechts problem zu behandeln: der Breslauer Professor steht ,ehr weit rechts und beantragt, die öffentliche Wahl wieder, heröustellen, Körte ist liberal und läßt das sehr deutlich erkennen. Dann kam noch zwischen zwei Konservativen, von Wedel-Piesdorf und Graf Yorck von Wartenburg, Herr Hamm, der fröhliche, temperamentvolle Rheinländer national liberaler Gesinnung. Herr von Wedel gehört zu denen, die nach der ersten Lesung etwas milder ge worden sind, während Graf Yorck sich als schwer blütiger Altkonservativer gibt, der in schwer ver ständlichen Deduktionen über Eesellschaftstheorie spricht. Damit war die allgemeine Aussprache beendet und die Spannung erreichte nunmehr ihren Höhe punkt. Die ersten Paragraphen wurden un verändert angenommen, ebenso nach Ablehnung der Abänderungsanträge, die teils die öffentliche, teils die direkte Wahl wollten, fand auch 8 4 un veränderte Annahme. Es bleibt also bei dem Kompromiß zwischen Zentrum und Konser vativen über den Wahlmodus. Das übrige, darunter den Antrag Schorlemer über die Dritte- lung, überließ man der morgigen Sitzung.. Zur llngeiegercheit Langhammer erhalten wir folgende Zuschrift: Verehrte Redaktion! Von einer längeren Reise zurückgekehrt, finde ich den Artikel vom 20. März d. I. vor, in dem Sie eine Zuschrift des Herrn Langhammer bringen, die sich gegen mich und andere Leipziger Parteifreunde, ins besondere Herrn Rechtsanwalt Dr. Mothes richten In der spate: verbesserten Zuschrift bemerkt zwar Herr Langhammer, baß er es verschmähe, sich mit mir vor der Oeffentlichkcit auseinanderzusetzen, aber die ursprüngliche Gestalt der Zuschrift wurde auch in die Tligespcesje übernommen, und dadurch bin ich zu meinem großen Bedauern gezwungen, zu erwidern. Die beiden Vorwürfe, die Herr Langhammer gegen mich erhebt, haben folgenden Inhalt: 1) Ich hätte bei der Wahlrechtsreform im Jahre 1908 als Abgeordneter eine merkwürdige Rolle gespielt, es sei nur an die Streichung meines Namens unter den Vorschlägen zum Wahtkompromiß erinnert. 2) Ich hätte seinerzeit eine Erklärung wegen meiner Hal tung zu den Wahlrechtsanträgen der nationallibe- ralen Fraktion veröffentlichen laßen, die in ganz wesentlichen und entscheidenden Punkten mit den Tat sachen nicht übereinstimmte, und das hätte ich schrift lich selber bekannt. Beide Vorwürfe sind Ausgrabungen aus ver gangenen Tagen, und ick verstehe nicht, was sie mit der Chemnitzer Vorstandswahl zu tun haben, um die es sich doch wohl bei der ganzen Erärteruna band-' Zum ersten Vorwürfe bemerke ich: Es ist bekannt und ich habe es nie bestritten, daß ich zu einem Schriftstücke in irrtümlicher Auffassung des Zu sammenhanges, in dem es verwendet werden sollte, meine Unterschrift gab und sie dann zurückzog, nack- dein^ich mich über meinen Irrtum aufgeklärt hatte. Ich bin bereit, diese Angelegenheit weiter zu er örtern, wie dies Herr Langhammer als seine Absicht andeutct, bezweifle aber, daß die Erörterung zur Aufklärung darüber beitragen wird, ob Herr Lang hammer in jener Prozeyangelegenheit' mit dem Tapetenfabrikanten Liepmann den Vorwurf hat auf sich sitzen laßen, daß er die ihm anvertrauten Inter essen verraten habe, und daß er von dem Tapetentrust gekauft worden sei. Der zweite Vorwurf geh« dahin, daß ich in einer Erklärung zur Wahlrechtssrage Dinge mitgeteilt hätte, die in wesentlichen und entscheidenden Punkten 104. Jahrgang. mit den Tatsachen nicht übereinstimmten. Ich weiß nicht genau, welchen Vorgang Herr Langhammer auf solche Weise entstellt, kann aber nur folgendes da hinter suchen: Ich hatte in jener Zeit der Wahl rechtskämpfe, da ich eine abweichende Haltung gegen über der Mehrzahl meiner Fraktionsgenoßen ein nahm. Veranlassung, meine Haltung vor der Oeffent- lichkeit zu begründen. Bei dieser Gelegenheit hatte ich mitgeteilt, ich hätte einer Sitzung nicht beige wohnt. Tatsächlich war ich nun zwar am Beginn jener Sitzung im Fraktionszimmer gewesen, war nur sehr bald hcrausgerufen worden und hatte die Ver handlungen, auf die es ankam, nicht mitgemacht, auch der Entscheidung nicht beigewohnt. Dieic kleine Ungenauigkeit hatte sachlich gar keine Bedeutung, denn für die Oeffentlichkcit müßte es ohne Interesse sein, ob ich nun wirklich ein paar Minuten im Frak- tionszimmer gewesen war, wenn ich nur eben der aus schlaggebenden Verhandlung nicht beigewohnt hatte. Aber zwei meiner Parteifreunde behaupteten, diese Ungenauiqkeit hätte Mißverständnis erregt. Ich be richtige also, um jene beiden besorgten Fraktronsge- noßen zu beruhigen, diese geringe Ungenauigkcit. Das ist der Sachverhalt, den Herr Langhammer zu jenem gehässigen Vorwurfe gegen mich aufbauscht. Ich sehe auch hier nicht ein. was diese alte «be schichte damit zu schaffen hat, daß Herr Langhammer den Vorwurf der Käuflichkeit und des Verrats an den ihm anvertrauten Interessen in dem Privatklage verfahren gegen Liepmann hat aus sich sitzen lassen. Wenn dies auch die einzigen Bemerkungen sind, die sich gegen mich persönlich richten, so ist doch der ganze Inhalt der Zuschrift Langhammers, die Sie in Ihrem geschätzten Blatte am 20. März brachten, dazu angetan, seine Parteifreunde in Leipzig in ein ganz falsches Licht zu setzen, Herrn Langhammer aber als den Bannerträger des echten Liberalismus und als die verfolgte Unschuld hinzustellen. Ich habe bisher stets daran festgehalten, daß jeder meiner Partei freunde gleichermaßen als liberaler Mann zu schätzen sei. und daß es unrecht wäre, in der Gesinnung des andern, die einem selbst vielleicht nickt so ganz nach Geschmack ist. einen Anlaß zu Bemängelungen der Gesinnungstüchtiakeit zu suchen. Da nun Herr Lang hammer dazu übergeht, seine eigenen Parteianqe- börigen, bloß weil sie ihm wegen einer höchst üblen Angelegenheit ein bestimmtes Amt nicht anverirau- haben, als politisch verdächtig zu brandmarken, so hieße es, das Unrecht wuchern lassen, weün dagegen nicht ein entschiedenes Wort gesprochen würde. Soviel ich höre, haben meine Leipziger Partei freunde schon Gelegenheit gefunden, vor der Oeffeitt- lichkeit zu erklären, daß sie nur wegen der persönlichen Haltung Lanqhammers in der Taoetenangelegenheit ihn nicht wiedergewählt haben. Es ist auch erörtert worden, daß map Herrn Langhammer,. bevor man sick ein Urteil bildete, zur Vorlegung seines Mate rials aufforderte, und daß er dies in sehr hochfahren der Weise verweigerte. Danach erfolgte die Prüfung des Sachverhalts an der Hand der Gerichtsakten und der Originalurkunden. Dies alles ist im Leipziger Verein von den zuständigen Stellen beschlossen wor den. Wenn aber dafür Herr Langhammer hauptsäch lich Herrn Rechtsanwalt Dr. Mothes und mich ver antwortlich machen möchte, so müßte er mindestens die Offenheit besitzen, zu bekennen, daß für uns beide unter keinen Umständen eine Abneigung gegen den Linksliberalismus in Frage kommen könnte. Gleich wohl führt er eine Menge Ereignisse an. die alle in der ihnen gegebenen Langhammerschen Zustutzung den Zweck verfolgen, seine eigenen Parteigenossen zu beschuldigen, als bekämpften sie den entschiedenen Liberalismus. Es liegt auf der Hand, was die Methode des Herrn Langhammer bezweckt: Da er sich in der Tiag Geschichte bloßgestellt sieht, greift er nach der Märtvrcrkrone des um seines politischen Be kenntnisses willen Verfolgten. Endlich noch einige Worte zu dem einigen Ein wand, der sich in dem ganzen langen Schriftstück des Herrn Langhammer auf die Sache selbst bezieht und auf den ersten Blick ihn zu entlasten scheint. Herr Langhammer hat. bevor er die Klage einreichtr, sie dem Vorstande unterbreitet, und der Vorstand hatte an der Klage nichts auszusetzen. Das ist richtig. Aber man erhebt doch eben nicht bloß Klagen, um sie zu erbeben! Hat er denn, bevor er jenen geradezu vernichtenden Vergleich einging, dazu den Vorstand befragt? Herr Langhammer täte gut. die Harmlosigkeit des lesenden Publikums nicht zu überschätzen. Und zum Schlüsse wiederum die Frage: Wenn selbst Herr Langhammer dem Vorstande oder dem oder jenem seiner Freunde etwas nachwiese, was er selbst rielleicht anders oder besser gemacht hätte, was soll das hier? Glaubt er ernstlich, oder wem will er das weißmachen, daß ihn das entlaste? Herr Lang hammer ist von den Leipziger Vertrauensmännern einzig und allein deswegen nicht gewählt worden, weil er den Vorwurf hat auf sich sitzen laßen, daß er käuflich sei und daß er die ihm anvertrauten Inter essen gegen einen guten Preis verraten habe. Leipzig, am 26. April 1910. Zöphel. Oeullches Keich. Leipzig, 29. April. * Das Berggesetz in der Gesetzgebungs-Deputation. Am nächsten Mittwoch soll mit der ersten Lesung des Bergschadcnrechts im Plenum der Zweiten Kammer begonnen werden. Die Gesetzgebungs-Deputation der Zweiten Kammer hat die erste Lesung des Berggesetzes vollendet. Es lag ein sozialdemokratischer Antrag vor, der die Einführung von Sichcrheitsmännern fordert, die sich in Kontrollbezirken, die 2000 Berg arbeiter umfaßen, ausschließlich der Rcvisionstätigkeit widmen können, während sie vom Staate besoldet werden. Die sozialdemokratischen Anträge wurden abgelehnt. Nur der freisinnige Vertreter trat noch dafür ein. Die Sozialdemokraten forderten ferner, daß das Bergschiedsgerickt eventuell vorher entschei den soll, ob die Entlaßung zulässig sei oder nicht. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt. Nach der Re gierungsvorlage dürfen die Sicherheitsmänner nur auf zwei Jahre gewählt werden, eine Wiederwahl ist jedoch für die nächsten zwei Jahre unzulässig. Dadurch soll ermöglicht werden, daß die Bergwerksbesitzer