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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.05.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-05-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100513025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910051302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910051302
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-05
- Tag 1910-05-13
-
Monat
1910-05
-
Jahr
1910
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Leipziger Tageblatt. Nr. I3l. 104. Jahrgang. palitMe Nachrichten. Roosevelt beim Reichskanzler. Berlin. 12. Mai. (Tel.) Bei dem Diner, das der Reichskanzler abends zu Ehren Roose velts gab, sah der vormalige Präsident der Ver einigten Staaten rechts vom Kanzler und hatte den Staatssekretär Tirpitz zu seiner Rechten, wonach Staatsminister Delbrück folgte. Zur Linken des Reichskanzlers hatte der amerikanische Botschafter Hill seinen Platz, dann folgte Finanzminister v. Rheinbaben und Gesandter Buenz. Gegen über nahmen links vom Staatssekretär v. Schoen, Graf Zedlitz, Fürst Henckel von Donnersmarck und Reichstagspräsident Schwerin-Löwitz Platz; rechts vom Staatssekretär des Auswärtigen nahmen Kroß- admiral v. Köster, Graf Zeppelin und Staats sekretär Dernburg Platz. Sodann folgten zu beiden Seiten die übrigen Eingeladenen. Alsbald kam eine sehr lebhafte Unterhal tung in Gang. Roosevelt führte nicht nur mit dem Reichskanzler ein angeregtes Gespräch, sondern auch mit seinem Nachbar zur Rechten, dem Staats sekretär Tirpitz, mit dem er seit dem Besuche be kannt ist, den Prinz Heinrich 1902 in den Bereinigten Staaten machte. Trinksprüche wurden nicht ausgebracht. Nach dem Schlusi des Essens, das in den unteren Räumen des Reichskanzlerpalais statt sand, bildeten sich zwanglose Gruppen, in denen Roosevelt sich mit den Gästen des Kanzlers einzeln bekannt machen liest. Kurz nach ^10 Uhr begab sich die Gesellschaft nach den oberen Räumen, wohin der Reichskanzler zu Ehren seines Gastes ungefähr 80 Einladun gen hatte ergehen lassen. Unter anderen waren ge laden: die Staatsminister Dr. Beseler, v. Breiten bach, v. Arnim, v. Moltkc, Sydow, v. Trott zu Solz, v. Heeringen, die Staatssekretäre Krätke, Wermuth und Dr. Lisco, die Gesandten Freiherr v. Darn- bueler, Freiherr o. Salza und Lichtenau, Dr. Klügmann, Reichsbankpräsident Havenstein, die Untcrstaatssekretäre Ziemlich und Wahnschaffe, die Vizepräsidenten des Reichstages Dr. Spahn und Erbprinz zu Hohenlohe, die des Herren hauses Exzellenz Becker und Freiherr v. Lanzberg- Steinfurth, sowie die des Abgeordnetenhauses Dr. Porsch und Dr. Krause, Oberbürgermeister Adickes- Frankfurt a. M., ferner hervorragende Männer der Wissenschaft und Kunst, wie die Geheimräte Adolph Harnack, Adolph Wagner, v. Schmoller, Generaldirektor Bode, sowie namhafte Vertreter der Hochfinanz, der Erohindustrie und des Handels, der frühere Bürgermeister von New York Seth Low und andere angesehene Persönlichkeiten. Der Reichskanz ler begrüstte persönlich jeden einzelnen seiner Gäste, während Unterstaatssekrctär Wahnschafse und Unter staatssekretär v. Günther und Graf Hohenthal ihm zur Seite standen. Eine grosse Zahl der Anwesenden wurde dem vor maligen Präsidenten der Bereinigten Staaten hier vorgestellt und von ihm in längeres Gespräch gezogen, darunter sämtliche zum Empfang erschienenen Staats minister und Staatssekretäre; namentlich mit Kriegs minister v. Heeringen, Staatsminister Del brück und Finanzminister v. Rheinbaben hatte Roosevelt längere Unterhaltungen. Im Laufe des Abends nahm Roosevelt Gelegenheit, sich einzelne durch das Andenken des Altreichskanz lers Fürsten Bismarck geweihte Räume zeigen zu lassen. Dabei wußte er überall Persönlich keiten, die ihn interessierten, rasch ins Gespräch zu ziehen. Es bildeten sich allenthalben kleine Gruppen, in denen er der Mittelpunkt war. Im Kongrestsaal war ein Büfett für die zum Empfang erschienenen Gäste errichtet. Roosevelt verweilte bis gegen 101,4 Uhr unter den Gästen des Kanzlers, von dem er sich dann herzlichst verabschiedete. Die übrige Ge sellschaft blieb noch lange in anregender Unterhaltung zusammen; die letzten Gäste verliehen erst gegen Mit ternacht das Reichskanzlerpalais. vor üer Verletzung König Güusrüs. Fremdenzuflust nach London. Pari», 13. Mai. (Tel.) „Matin" berichtet aus London, dah zu den bevorstehenden Beisetzungsfeier lichkeiten bereits eine große Mensch en menge eingetroffen ist. Der Verkehr auf den Bahnhöfen schwillt immer mehr an, jeder Zug bringt neue Scharen von Menschen, die das seltene Schauspiel der Beisetzungsfeierlichkeiten sehen wollen. Ein sehr gutes Geschäft machen die Hausbesitzer und Einwohner derjenigen Straßen, durch die der Leichenzug sich bewegen wird. Für einen Fenster - platz in diesen Straßen werden dur chschnitt- lich 100 Franken verlangt. Ein unbekannter Nabob mietete die Fenster eines ganzen Hauses für 100 000 Mark. Vorsichtsmaßregeln zur Ankunft der Souveräne. Die Beamten von Scotland Pard haben, nach dem „B. L.-A.", umfassende Vorbereitungen zur Be wachung der vielen nach London kommenden Souveräne getroffen. Sie stehen zu diesem Zwecke mit den Polizeibehörden aller Hauptstädte der Welt in reger Verbindung. In London sowohl wie an den Ankunftshäfen der Fürstlichkeiten ist ein Heer von Detektiven stationiert worden. Sämtliche auswärtigen Fürstlichkeiten erhalten eine besondere Leibwache von Beamten der Geheimpolizei, welche mit ihnen reisen. Die englische Polizei hat nichts Unterlasten, was die Sicherheit der Monarchen auf englischem Boden zu garantieren vermag. Ein Denkmal für König Eduard in Homburg o.d. H? Homburg, 13. Mai. (Tel.) Hier besteht die Ab sicht, dem verstorbenen König von England einDenkmal zu errichten. Es sind hierzu bereits 1000 -tt gezeichnet. Zur Kretafrage. Konstantinopel, 13. Mai. (Tel.) Der Minister rat beschloß, von den Schutzmächten Aufklärung darüber zu verlangen, was diese unter „Auf rechterhaltung desStatusquo" verstehen. Sollte die Eidesleistung auf den Namen des Königs von Griechenland darin einbegriffen sein, so will die Türkei dies nicht akzeptieren. Nach dem Eintreffen der Antwort der Schutzmächte wird die türkische Re gierung ihre weitere Haltung gegenüber den Kretensern bestimmen. rlus Leipzig und Umgegend. Leipzig, 13. Mai Wetterbericht der Königl. Sachs. Landes-Wetterwarte zu Dresden. Voraussage für den 1t. Mai. Oestliche Winde, Abnahme der Bewölkung, wär mer, trocken, aber Neigung zu Gewitterbildung. Pöhlberg: Matter Sonnenuntergang, Him melsfärbung orange. Fichtelberg: Nachts schwacher Nebel, glän zender Sonnenaufgang. Morgenrot. » Bezirk»ausschust. Zn der heute vormittag unter Vorsitz des Amtshauptmanns v. Nostitz-Wall- witz abgehaltenen Sitzung des Bezirksausschusses wurden befürwortet bzw. genehmigt: die Uebernahme bleibender Verbindlichkeiten seitens der Gemeinde Wahren anläßlich des Vertrages zwischen der Ge meinde Wahren und des Preußischen Eisenbahnfiskus wegen der Verlegung bzw. Neuanlegung der Zufuhr straße zum Haltepunkte Wahren, der ortsstatutarische Beschluß über die Erhöhung des Gehaltes des Ge- merndevorstandes in Eruna, das Gesuch der Ge meinde Plaußig um Ausnahmebewilligung von 8 16 der Rev. Landgemeindeordnung zu ihrem Ein- quartierungsregulativ, der 2. Nachtrag zum Orts gesetz über die Bebauung von Markkleeberg (Ost, Innerer Ring), das Regulativ über die Auf bringung der Gemeinde-, Armen-, Kirchen- und Schulanlagen in der Gemeinde Wiederitzsch; das Regulativ über die Aufbringung der Quartier- und Naturalleistungen im Eemeindebezirk Knautklee berg, die Einbezirkung des zum Gutsbezirke Groß- städteln gehörigen Flurstücks Nr. 114 in den Ge meindebezirk Gaschwitz (bedingungsweise!, der 4. Nachtrag zum Ortsstatut für die Gemeinde Pönitz über die Festsetzung der Reisekosten und Tagegelder für die Eemcindebeamten, der Bebauungsplan über die Flurstücke 41« und 41c des Flurbuchs für O etzsch mit Raschwitz nebst dem Ortsgesetz über die beson deren ergänzenden Vorschriften, die Uebernahme blei bender Verbindlichkeiten seitens der Gemeinde Rück marsdorf anläßlich der Herstellung einer einst weiligen Längs- und Querschleuse aus der Merse burger Straße, die Ordnung über oie Erhebung einer Wertzuwachssteuer von unbebauten Grundstücken in der Gemeinde Oetzsch mit Raschwitz, das Gesuch der Firma General K Schönbrodt in Wahren um Genehmigung zur Errichtung einer Eisengießerei, die Gesuche von Kilian in Großdeuben, Pöritz in Rückmarsdorf, Spöhr in P rödel und der Firma Sächsische Tonsteinwerke Eisold, Kies ling, Stötzner L Eo. in Liebertwolk witz um Genehmigung zur Errichtung einer Schweineschlächterei, sowie Schramm in Kotzschbar wegen Errichtung einer Groß- und Kleinviehschläch terei, das Gesuch der Thüringer Easgesellschast um Genehmigung zur Erweiterung der Gasanstalt in Zwenkau, und endlich Grundstücksabtren nungen in Schönefeld, Leutzsch, Mölkau und Erost- miltitz. Verneint wurde die beantragte Ocsfent- lichkert des Weges Flurstück Nr. 16« des Flurbuchs für Knautkleeberg und die beantragte Oeffent- lichkeit des Kommunikationsfußweges von Mark kleeberg nach E r o ß st ä d t e l n. Vertagt wurde die Entschließung über dis Ortsbauordnung für die Gemeinde Mölkau. — Es folgte eine nichtöffent liche Sitzung. * Choralblasen. Der Posaunenchor des Evange lischen Iünglingsvereins Leipzig-Gohlis wird am 1. Pfingstfeiertag früh '/,7 Uhr folgende Choräle vom Turme der Friedenskirche ölasen: 1) Wie schön leuchtet. 2) Komm heil'ger Geist. 3) Schmückt das Fest. 4) Du Hirte Israels. — Am ersten Pfingst feiertag. früh 7 Uhr, wird der Posaunenchor des Evangelischen Jünglingsvereins der Petersge- mein de folgende Choräle vom Turm der Peters- kirche herab erklingen lasten: 1) O heil'ger Geist, kehr bei uns ein. 2) O komm, du Geist der Wahrheit. 3) Schmückt das Fest mit Maien. 4) Allein Gott in der Höh sei Ehr. * Di« Graste Leipziger Straßenbahn (Blaue) wird am ersten und zweiten Pfingstfeiertag bei gün stigem Wetter den Betrieb morgens bereits um 4 Uhr aufnehmen. " Zu dem Wasserrohrbruch in der Oststraße wird uns noch mitaeteilt, daß heute früh mit der Aus wechslung des schadhaft gewordenen Rohres begonnen worden ist und diese Arbeiten heute beendet werden. Allerdings wird die Füllung des Rohres längere Zeit beanspruchen, da diese sehr vorsichtig gemacht werden must. Dennoch aber glaubt die Direktion des Wasser werkes bestimmt in Aussicht stellen zu können, daß von morgen früh ab wieder der ganze Stadtteil mit Wasser versorgt werden kann. Im übrigen ist der Verkehr durch die Oststraße heute früh, wenn auch noch in beschränktem Maße, ausgenommen worden. Die Wagen der Linie 2 fahren ebenfalls wieder durch die Oststraße. —r. Rückkehr aus Zeithain. Die Infanterieregi menter Nr. 106 und 107 beenden heute in Zeithain ihre Hebungen und kehren in 3 Sonderzügen nach hier zurück. Die Abfahrt erfolgt von Zeithain nachmit tags Z^6 Uhr, aöends ^7 Uhr und A8 Uhr, die An kunft findet auf hiesigem Dresdner Bahnhofe abends 8,18, 10,38 und 11,19 statt. * Zur Affäre Bunzel. Zu den kürzlich gebrachten Zeitungsmeldungen zur Affäre Bunzel gibt uns der Vorstand des ,,Arbeitsausschuss es natio naler Arbeiter- und E e Hilfenorgani sationen" zu Leipzig die Erklärung ab, daß Herr Bunzel nicht Sekretär des „Arbeitsausschusses" war, sondern Sekretär des „Ausschußes für soziale Ausbildungskurse" ist. In dem obengenannten Ar beitsausschuß bekleidete Herr Bunzel das Amt des Vorsitzenden. In der im März d. I. stattge fundenen Jahreshauptversammlung des Arbeitsaus schusses ging bann der Vorsitz, wie bereits früher ge meldet, in andere Hände über. 10 000 überschreiten, ohne die Halbaffen gelegten Figuren der bemalten Wandreliefs, die Geschichte des Täufers, Davids usw. darstellend, einzubegreifen. Diese Wandreliefs sind unter der Orgel und hinter dem Chorraum am bemerkenswertesten. Auf die 22 teils sehr reichen und viele Schöpfungen Blassets bergenden Seitenkapellen einzugehen, würde zu weit führen. Moderne bemerkenswerte Gebäude fehlen Amiens; sein Iustizpalast zeichnet sich nur durch die Größe aus, und sein Rathaus, in dem 1802 der sogenannte Friede zu Amiens unterzeichnet wurde, hat architek tonisch keine Bedeutung, noch weniger das von Na poleon lll. erbaute Museum der Pikardie. das sehr wertvolle Funde aus der Eründungszeit der Stadt aufweist, d. h. aus dem dritten Jahrhundert v. Chr., desgleichen aus der römischen Epoche, als Cäsars Legionen 57 v. Chr. Ambiani besetzten. — Die mannigfach bewegte Kriegsgeschichte von Amiens fand 1871 mit den heißen Kämpfen um die Stadt und dem Sturm auf die Zitadelle, bei dem ihr tapferer Kommandant Vogel frei, ihren Abschluß. Noch darf ein Blick auf den hohen Befsroi-Turm nicht unterlasten werden, der über der Altstadt die Feierstunde mit seiner 11 000 Kilogramm schweren Feuerglocke cinläutet, dann entwindet man sich der Stadt auf einem elektrischen Vehikel, durchfährt das niedere Stadtviertel — „Klein-Venedig" wegen seiner vielen Kanäle, der „doriiNon«ges", genannt — und landet ans schönen Austenboulevards und Pro menaden, wo die Offiziere der Garnison und die reichen Industriellen wohnen. In den Petits- Iardins" aus verflossenen Festungswerken, zwischen hübschen Blumenbeeten erfreuen sich die Annenoiser in den Abendstunden am liebenswürdigen, überall in kleinen Dörfern und Provinzstädten gern ge sehenen Schauspiel vorübersahrender Eisenbahnzüge. Auch im Garten La Hotoie. sehr ausgedehnt und gut gehalten, hört inan das Schnauben der Dampfroste, die die Teiche und Bäche einschließlich der Enten mit Kohlenstaub schwarzfärben. Jenseits der Kastanien« boulevards rauchen auch die Schlote vieler Fabriken der Seifen-, Kerzen- und Metallindustrie. Die meisten Werkstätten von Amiens beschäftigen sich indes mit Leinen- und Samtfabrikation, dem Hauptprodukt der Gegend. Trotz seiner «5 000 Einwohner mutet einen der Platz recht kleinstädtisch an — die Straßen sind so leer, die Droschkengäule so müde vom Nichtstun und die Hotels so ehrwürdig-ruhevoll. . . . Daß Jules Verne in solcher Umgebung seine überphantastischen Geschichten ersinnen konnte, ist ein doppeltes Zeugnis von der Lebhaftigkeit seines Geistes, der freilich jetzt auch auf dem Friedhof draußen schlummert. Die Kathedrale lehrt, wieweit in Amiens das Leben zu rückging, oder sagen wir bester: wie Stillstand Rück gang bedeutet. Der ruhmvollen Kirche bewahrt der Tourist allein ein unvergeßliches Gedenken. Doch halt! Nein! Auch den lukullischen Sozialitäten Amiens , den teuren, aber feinen, in Silberpapier verpackten Makronen und den von jahrhundertealter Glorie umwobenen Entenpasteten. Wenn man von denen sich in irgendeinem Restaurant sein Teil ein- verleibt hat, fährt man doppelt befriedigt nach Paris weiter, sehr froh, einen tüchtigen Kognak vor dem Einsteigen draufgesetzt zn haben. Uederletzungen. Soeben find Uebersetzungen von zwei französischen Romanen erschienen, die wirkliche Beachtung ver dienen. Zunächst sei auf den Roman „Die Liebes geschichten des Chevalier Faublas" von Louvet de Couoray verwiesen, der bei Josef Singer (Straßburg) in schöner Ausstattung, stil fein von Andre Lambert illustriert, erschienen ist. Dieser Roman ist ein echtes Werk des achtzehnten Jahrhunderts. Man liest diese reizvolle Geschichte eines jungen, naiven Edelmannes, der aus der Pro vinz nach Paris kommt und gleich auf abenteuerliche Art in die Hände einer unbedenklichen, erfahrenen Marquise gerät, um am Schlüsse zu einer schlichten, ganz unzeitgemäß lyrischen Liebe zuriickzukebren, mit großem geistigen Entzücken. Wie etwa der kleine, kostbare Roman „Themidor" von Godard d'Aucourt, gibt uns diese umfangreiche, ebenso geschmeidige, bos hafte und frivole Darstellung ein vollkommenes Bild von der erlauchten Pariser Gesellschaft des Rokoko. Der ganz auf das Erotische konzentrierte Geist de» gneiev reximo leuchtet entzückend in dem Werk. Wir sehen zwar weniger deutlich die Gesichter der Typen, fühlen aber dafür um so stärker ihre entwickelte, so vollendet künstlerische Menschlichkeit, die sich im Ge fühl, in der Idee, in den Sitten, in feder Aeußerlich- keit ganz in der schönen, immer wieder aufreizenden Oberfläche auflöste. Ulrich Rauscher, der Straß burger Schriftsteller, bat die wundervolle gallisch« Prosa des..Faublas" (der Roman umfaßt in der vor liegenden Gestalt zwei Bände) mit großem artifti- tischen Feingefühl übertragen. Jeder deutsche Satz läßt uns in seiner Lustigkeit ungebrochen den Reiz des Originales spüren. Desgleichen sei zu dieser Aus gabe bemerkt, daß Ulrich Rauscher dem Buch eine schöne, formgewandte Einleitung vorangesetzt hat. Die zweite Uebersetzung, die ich hier erwähnen will, ist die des berühmten Romanes „Adolf" von Benjamin Constant. Sie ist in einfacher, aber gediegener Ausstattung im Verlag von Georg Müller (München) erschienen. Diese glänzende Uebertragung, die Ott 0 Flake besorgt hat, gibt ebenfalls vollkommen den Eindruck des Originals wieder. Wenn auch feststeht, daß Constant im Grunde in diesem Roman sein Verhältnis zu Frau von Stasl schildert, so greift dieses schmerzliche, niederdrückende Buch doch weit und bewußt über den Einzelfall des Autors hinaus: es wird prinzipiell für die europäische Gesellschaft nach der großen Revolution. Nach der Auflösung des alten Regime, besten denkbar höchste, absolut geschlossene Kultur der wertvollen Jndivi- oualität die Einheit des Wesens, des Charakters sicherte, sie durch die Intimität der Gesamtheit, durch den gemeinsamen Lebensstil, zugleich auch innerlich zusammenhielt, wurde der Typus seelisch aller Hem mungen beraubt, entwurzelt. Er wankt lebens unfähig, in unheilbarer Geistesmelancholie da hin. An die Stelle des „Glaubens an Normen, Prinzipien und Leitsätze, an Ein heitlichkeit und Einfachheit des Charakters" tritt von nun ab das Leiden der Erkenntnis, die furchtbare Notwendigkeit der Selbstanalyse, die radikale Aus einandersetzung mit dem eigenen Ich und der Gesell schaft. Und dies alles löst sich naturgemäß in eine seelische Grundstimmung auf, die immer wieder tra gisch sein wird. Das Verhältnis zweier Menschen zu einander kann nur noch ein intensives Leiden sein, das begründeter Abstoßung und nicht mehr zu recht fertigender Anziehung, die zugleich einsetzen, ent springt. Die entankerten Gefühlswelten treiben maßlos dahin und sind nur noch Katastrophen aus gesetzt. Jeder psychische und geistige Jmvuls ist wegen d«r Kompliziertheit und Empfindlichkeit seiner Grundelemente unerträglich geworden, uner- träglich die bloße Berührung mit den andern. Mit einem Male haben die Gefühle eine hundertfache Verfeinerung erfahren. Und nichts wird fortan schmerzlicher und wollüstiger zugleich sein al» das Einsamkeitsbewußtsein, wie es in Constant und Chateaubriand -um ersten Male bedeutungsvoll zum Durchbruch kommt. Ihm kann man nicht mehr entrinnen. Eo nimmt Constant« „Adolf" die modernsten Eeelenzustände vorweg und wird eines der schwer wiegendsten neueren Menschheitsdokumente, das scho nungslos und grausam ist. Auch darauf möchte ich noch verweisen, daß Otto Flake seiner Uebersetzung eine meisterhaft ge schriebene Einleitung hinzugefügt hat. L. G * Da« Berliner Lessing-Hau« dem Abbruch ae» weiht. Das in Berlin, am Königsgraben 10, sich erhebende Lessing-Haus ist, wie ein Rundschreiben der Gesellschaft zur Erhaltung des Lesstng-Haus«s Ireltsg, l3. Mat 1910 mit mit mit mit 47362 164602 5061 195620 mit mit mit mit mit mit mit mit 171125 951 77606 198957 Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. 100 100 100 300 100 100 100 100 100 200 100 100 200 100 4t, Nr. 100 4l, Nr. 300 4t. (Ohne Gewähr!) In Haft kamen ein 30 Jahre aus Connewitz i 4t, Nr. 4(, Nr. 4t, Nr. 4t, Nr. 100 4t, Nr. 199 397 mit 100 4t, Nr. ' 99177 134933 196653 839 83647 mit 7291 Mit 3747S mit 10 990 4t, Nr. 71638 mit 110429 mit 109167 mit Verhaftungen. . .. „ alter Arbeiter aus "Connewitz und" ein 29 Jahre alter Arbeiter aus Machern wegen dringenden Verdachts, in der Nacht zum Mittwoch in einem Restaurant des Südviertels eingebrochen und daraus einen Geldbetrag von 60 -<t sowie eine Partie Zigaretten gestohlen zu haben. — Dasselbe Schicksal ereilte zwei Arbcitsburschen von hier, die kürzlich aus einem verschlossenen Eeschäftslokal zwei Fahrräder und außerdem noch verschiedene andere Waren gestohlen hatten. — Verantworten mußte sich ein 20 Jahre altes Dienstmädchen aus Kröba. das unter Vorspiegelung falscher Tatsachen einen Geldbetrag zu erlangen verstanden hatte. * Gerüchte.... Seit Wochen bereits schwirren in der Stadt Gerüchte von Verfehlungen gegen den S 175 herum, die sich gegen eine größere Anzahl be kannter Persönlichkeiten richten. Diese Gerüchte haben mit der Zeit solchen Umfang angenommen, daß sie geradezu geeignet sind, größte Beunruhigung in alle Kreise zu tragen. Wurden anfangs nur Namen genannt, von deren Trägern man seit längerer Zeit weiß, daß sie sich derartige Verfehlungen haben zu schulden kommen lasten, so richten sich in letzter Zeit die Angriffe gegen eine Anzahl Träger hochachtbarer Namen, gegen die bisher nicht das geringste vorlag. Auf eine Anfrage beim hiesigen Polizeiamt wurde uns denn auch erklärt, daß gegen keine der verdächtigten Persönlichkeiten, deren Namen sowohl uns, als auch der Behörde bekannt sind, irgend etwas vorliegt und daß auch bisher keine Anzeige erstattet worden ist. * Einmieterdiebin. Eine 21 Jahre alte Kassie rerin aus Dorna, die bereits Rückfallsbetrügerin ist, mietete sich bei einer Familie in der Bergstraße ein und verschwand dort heimlich wieder unter Mit nahme verschiedener Wäsche- und Kleidungs stücke. Die auf diese Weise erbeuteten Sachen machte die Diebin sofort durch Versatz zu Gelds. Außerdem wird sie von den hiesigen Gerichtsbehörden mehrfach wegen Diebstahls verfolgt. * Der Unhold aus der Sidonienstraße verhaftet. Wir berichteten neulich, daß sich am 10. Mai ein Un- hekannter in einer Wohnung der Sidonienstraße in der schändlichsten Weise an einem Kinde vergangen hatte. Wegen dringenden Verdachts, dieser Unhold zu sein, erfolgte jetzt die Festnahme eines schwer vor bestraften 24 Jahre alten Schreihers und Briefpapier händlers aus Reudnitz. * Buchmacher. Ein 23 Jahre alter Büfettier von hier, der dringend im Verdachte steht, gewerbsmäßige Rennwetten vermittelt zu haben, wurde festgenom men und der Königlichen Staatsanwaltschaft zuge führt. * Schamloser Bursche. Durch sein unsittliches Ge baren einem Schulmädchen gegenüber erregte ein 35 Jahre alter Tischler aus Reudnitz öffentliches Aergernis, weshalb er zur Verantwortung gezogen wurde. * Wer ist'»? In Stuttgart befindet sich ein an geblicher Architekt Siegfried Engel, geboren am 24. Juni 1877 in Leipzig, wegen Notzucht und Heiratsschwindelei in Haft. Die gemachten Angaben über die Person des Verhafteten erwiesen sich als Schwindel. Der angebliche Engel ist 1,70 Meter groß, hat braunes Haar, braune Augen, blonden, kurzgeschnittenen Schnurrbart und unter dem linken äußeren Augenwinkel schräg zum linken Ohrlappen verlaufend eine bräunliche Narbe. * Gestohlen wurde aus einem öffentlichen Ge bäude am Augustusplatz ein Sommerüberzieher aus durchgewebtem grauen Stoff mit Aufschlägen und im Rücken mit grauem Futter versehen. — In einem Restaurant der Südstraße wurde in vergangener Nacht ein Einbruch verübt. Dem Diebe fielen etwa 80 4( Geld, Eier und Zigaretten zur Beute. Wegen der Täterschaft besteht ein bestimmter Verdacht. bekanntgibt, von der Eigentümerin, der Stadt Ber lin, für 700 000 vorbehaltlos an die Firma Tietz zur Vergrößerung ihres Warenhauses verkauft worden. Es ist bedauerlich — so schreibt man hierzu —, daß diese ehrwürdige Dichtergedächtnisstätte dem Abbruch verfallen und das darin untergebrachte reichhaltige Lessing-Museum und die umfangreiche theatergeschicht liche Sammlung, die der Schriftsteller Georg Richard Kruse, Gr.-Lichterfelde-West, mit so vielem Fleiße zusammengestellt hat, anderweitig untergebracht oder gar aufgelöst werden muß. Das Lessing-Haus ist dem deutschen Volke besonders dadurch lieb und wert geworden, daß dort E. E. Lessing, wie eine Marmor tafel über dem Haustor verkündet, im Jahre 1765 das erste deutsche Nationallustspiel, das mit poetischer Wahrheit die Wirklichkeit des Lebens schildert, . „Minna von Barnhelm", dichtete. „Sezession". Internationale Kunst-Aus stellung München 1910, Königsplatz. Die Jury besteht aus nachfolgenden Herren des Ausschusses der „Sezession": Akademieprofestor Hugo Freiherr von Habermann, Maler, l. Präsident; Professor Albert von Keller, Maler, II. Präsident; Richard Winter- nitz, Maler, l. Schriftführer; Professor Cipri Adolf Bermann, Bildhauer, II. Schriftführer. Ferner die Herren: Professor K. I. Becker-Gundahl, Maler; Hans Borchardt, Maler; Josef Damberger, Maler; Professor Julius Diez, Maler; Akademieprofestor Ludwig Herterich, Maler; Akademieprofestor Angelo Jank, Maler; Professor Hubert Netzer» Bildhauer; Akademieprofestor Franz von Stuck, Maler; Charles Tooby, Maler; Professor Dr. Fritz von Uhde, Maler. * Der Nachlaß Sören Kierkegaards. Ein großes Sören-Kierkegaaro-Diplomatarium soll jetzt die ganze literarische Hinterlastenschaft des bedeutenden dänischen Schriftstellers vereinigen. Es wird einmal Kierkegaards gesamten literarischen Nachlaß um fassen, soweit er noch vorhanden ist, ferner alle noch erreichbaren Briefe von ihm. an ihn und über ihn; endlich die Dokumente, die ihn und seine Vorfahren betreffen. Der Nachlaß ist bis jetzt nur unvollstän dig mitgeteilt und wenigstens in einer Form, die immer wieder den Zweifel weckte, ob man sich auf sicherem Boden befinde. Das geplante Diplomata- rium wird nur, nach der eben erschienenen Probe zu urteilen, die Originalmanuskripte so weit ersetzen, als dies überhaupt möglich ist, und ihr Studium, io weit es doch nicht entbehrt werden kann, wesentlich er leichtern. Ein kleines, kaum vierzig Zentimeter hohes Denkmal Kierkegaards, ein Kabinettstück vollendeter Kleinplastik, steht in der neuen Glypto thek in Kopenhagen. Es ist ein Werk von Louis Halselrii«, dem Schöpfer des aus Korfu ver« trievenen Heine-Denkmals. * 17. Völkerschlachtde»kmal»-Lott«rie. Am vierten Ziehungstage wurden an größeren Gewinnen gezogen: Nr. 106612 mit 200 4t, Nr. 10374 mit 1000 4t, 4t, 4<» 4t, 4t, -4t, .«, 4t, 4t,
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