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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.05.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-05-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100514012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910051401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910051401
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-05
- Tag 1910-05-14
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Monat
1910-05
-
Jahr
1910
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Kreise haben ausgerechnet, daß die Durchführung der an sich guten Idee ca. 25 Millionen Mark kostet. * Die Strasprozeßkommission des Reichstags er ledigte am Donnerstag di« Restbestimmungen de» Ab schnitt» über die Zeugen sowie zwei Paragraphen des Abschnittes betr. Sachverständige und Augenschein, bis einschließlich 8 72. Die 8ß 63 dis 66 wurden nicht geändert. 8 67 des Entwurfs sieht vor, das; im Verfahren auf Privat klage und in Sachen, die in erster Instanz vor den Amtsgerichten ohne Schöffen zu verhandeln sind, Zwangshaft nicht angeordnet werden darf. Hier wurde auf Antrag Starz (Fortschr. Dpt.) mit 14 gegen 13 Stimmen Las Privatklageverfahren ge strichen. Begründet wurde dieser Beschluß damit, daß es andernfalls reichen Leuten, die in eine unan genehme Privatklags verwickelt sind, leicht sei, Zeugen dazu zu bestimmen, zum Termin nicht zu erscheinen; das iverde jedenfalls erschwert, wenn statt Geldbuße Freiheitsstrafe trete. Die 88 68 bis 76 wurden un verändert angenommen. Erne Anregung, die Be stimmung des 8 69, wonach die Landesherren und die Mitglieder der landesherrlichen Familien und der ihnen hierin gleichgestellten Fürstenhäuser in ihrer Wohnung zu vernehmen sind, auf die Landesherren zu beschränken, verdichtete sich nicht zu zu einem formellen Antrag. In 8 71 wurde der zweite Absatz gestrichen, der bestimmte, daß, wenn für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige öffentlich bestellt sind, andere Personen nur gewählt werden sollten, wenn bestimmte Umstände es er forderten. Diese Streichung erfolgte mit Rücksicht auf die Verhältnisse an kleinen Landgerichten. Bei 8 72 wurde eine Bestimmung einqefügt, wonach die vom Richter bestellten Sachverständigen den Prozeß bevollmächtigten namhaft zu machen sind. Es ent spricht das der bisher geltenden Vorschrift; die Re gierungsvorlage hatte sie aber nicht ausgenommen. Von allgemeiner politischer Bedeutung war ein An trag des Zentrums, der gewissermaßen eine Lex Simplizissimus in die Strafprozeß ordnung einfügen wollte. Danach sollte in den 8 70 folgende Bestimmung als erster Absatz ausgenommen werden: „Der Richter kann in Fragen, die eine über die allgemeine Lebenserfahrung und Bildung hinaus gehende be,andere Sachkunde erfordern, Gutachten sachverständiger einfordern. Ob und inwieweit solche Gutachten erforderlich sind, entscheidet das Gericht. In den Fällen der 88 184 und 184a des Strafgesetzbuches ist die Notwendigkeit der Zuziehung von Sachverständigen zu begründen." Dieser Antrag richtete sich gegen die Heranziehung künstlerischer Gut achten bei Unsittlichkeitsprozessen. Die Kommission beließ es aber bei der Fassung der Regierungsvorlage. * Die Neichstagsersatzwahl in Cannstatt. In dem Neichstagswahlkrerse Cannstatt -Ludwigsburg, den bisher der nationalliberale Abgeordnete Pro fessor Dr. Hieb er vertreten hat, soll für die Nach wahl der frühere Präsident der württembergischen Staatseisenbahnen Geheimrat v. Balz als Kandidat ausgestellt werden. Von feiten der Fortschritt lichen Volkspartei wird erklärt, daß sie diesen nationalliberalen Kandidaten rückhaltlos un terstützen würde. Es könnte dadurch verhindert werden, daß etwa der Kandidat des Bundes der Landwirte mit dem Sozialdemokraten in Stichwahl kommt. Balz steht auf dem linken Flügel der Na tionalliberalen. * Büdingen-Friedberg. Die offiziöse „Süddeutsche Reichskorr." untersucht heute die Frage, warum es im Wahlkreise des Grafen Oriola nrcht zu einer "gemeinsamen bürgerlichen Phalanx gegen die Sozialdemokratie gekommen sei, und kommt dabei zu folgendem Ergebnis: „Die Aufstellung der Kandi daten zog sich so lange hin, da zunächst Vemühungeit im Gange waren, der Sozialdemokratie eine ge schlossene Front aller bürgerlichen Parteien gegen überzustellen. Daß es nicht hierzu kam, ist haupt sächlich die Schuld des Bundes der Land wirte der, trotzdem es noch keineswegs feststeht, daß er die Mehrzahl der bürgerlichen Wähler hinter sich hat, verlangte, daß der Kandidat sich auf das Bundesprogramm verpflichten, sowie Mitglied des Bundes der Landwirte sein müsse und sich keiner Fraktion anschliehen dürfe. Dadurch waren von vornherein die Freisinnigen von der gemeinsamen Kandidatur ausgeschlossen, da diese gerade in Hessen keine rein agrarische Kandidatur unterstützen." Daß es dem Bunde der Landwirte bei der Verfolgung seiner rücksichtslosen Interessenpolitik gar nicht daraus ankommt, einen bisher national vertretenen Wahl kreis der Sozialdemokratie auszuliefern, ist ja nichts Neues. Doch ist es gut, wenn ihm auch einmal aus halbamtlichem Munde bescheinigt wirb, wie sein Treiben nur Master auf die Mühlen der Sozial demokratie lenkt. * Zur nächsten Reichstagswahl. In der Der- sammlung des Nationalliberalen Vereins in Linden bei Gelsenkirchen teilte der Vorsitzende mit, daß die Nationalliberale Partei des Reichstagswahlkreises Bochum-Gelsenkirchen in Einlösung eine» früher ge gebenen Versprechens bei der kommenden Reimstags wähl einen Arbeiter als Kandidaten aufstel len werde. * Das Schiedsgericht Auswärtiges Amt—Mannes mann. Durch die Presse geht die Mitteilung, daß zur Erledigung der Streitigkeiten zwischen dem Aus wärtigen Amt und der Firma Gebrüder Mannesmann ein internationales Schiedsgericht angerufen werden solle. Wie die „Inf." demgegenüber Mitteilen kann, ist an amtlicher Stelle hiervon nichts be kannt. Demnach dürfte die Meldung auf einem Irrtum beruhen. * Die ersten Osfizier-Fliegerkurse. Wie die „Inf." erfährt, sind zunächst der Hauptmann de la Roi und der Oberleutnant Geerdtz, beide von der Versuchs abteilung der Verkehrstruppen, bestimmt worden, um als erste Offiziere an den geplanten Flieger kursen mit den Wright-Apparaten teilzunehmen. Die Heeresverwaltung wird dann auch noch andere ge eignete Offiziere zur Teilnahme an den Kursen kom mandieren. In erster Linie soll es darauf antommen, geeignete Lehrkräfte für die folgenden Teilnehmer an den Kursen zu gewinnen. Don den Heeresver waltungen der nichtvreußischen größeren Bundes staaten ist jetzt auch die bayrische in Verhandlungen eingetreten, um die Teilnahme von Offizieren der bayrischen Armee an dem Unterricht zu ermöglichen. Die Unterrichtskurse sollen auf dem Flugfelde in Johannisthal nach Beendigung der Flugwoche gegen Ende Mai ihren Anfang nehmen. Äußer den bereits erwähnten beiden Apparaten der Wright-Gesellschaft, die dem Kriegsministerium kostenlos zur Verfügung gestellt werden, und einem Farman-Flieger, sowie einem Antoinette-Apparat, die der Amateurflieger Huth gleichfalls der Militärverwaltung zur Erler nung des Fliegens angeboten hat, kommen jetzt auch noch andere Apparate in Betracht, die von deutschen Firmen entstammen. So hat z. V. Euler-Frank furt a. M. gleichfalls eine Flugmaschine für diesen Zweck zur Verfügung gestellt. * Der Kampf im Baugewerbe. Der wirtschaft liche Ausschuß des DeutschenBetonvereins, E. V., erläßt an die Arbeitgeber im Betonbaugewerbe ein Rundschreiben, in dem er zur Unterstützung der aussperrenden Bauarbeitgeber auffordert. In dem Aufruf heißt cs u. a.: „Wer sich der Aus sperrung nicht anschließt und weiter arbeiten läßt, ebnet den Weg für den Sieg der Arbeiterorganisa tionen. Wir richten den Appell an alle Berufs kollegen, soweit sie noch keiner Arbeitgeberorganisa tion angehören, sich unverzüglich der rhnen zunächst liegenden Arbeitgeberorganisation anzuschließen. Eine besondere Zentralorganisation für die Arbeit geber im Betonbaugewerbe besteht zurzeit noch nicht. Solange diese fehlt, ist es dringend erforderlich, daß die Betonbauunternehmer den allgemeinen Bau arbeitgeberverbänden, die auf Abwehr der über spannten Forderungen der Arbeiterorganisationen gerichtet sind, beitreten." * Tarifvertrag im Braugewerbe. Zwischen den Vertretern der Vcreinsbrauereien Berlins und Um gegend und den Vertretern der Arbeitnehmerorgani- sationen wurde ein neuer Tarifvertrag unterzeichnet, durch den der Friede im Berliner Braugewerbe endgültig gesichert ist. * Im Wahlkreise Bitterfeld-Delitzsch, wo dis nationaMberale Partei den Konteradmiral a. D. Kakau vom Hofe als Kandidaten für die nächste Reichstagswahl aufgestellt hat, wurden in letzter Zeit Versammlungen in den Städten Zörbig, Gräfenhainichen und Brehna nbgehalten lleberall erfreuten sie sich eines guten Besuchs, und die Aus- fübrungen des Redners, Generalsekretärs Braumann (Magdeburg), fanden starken Verkalk. In allen drei Orten gewann die Partei neue Mitglieder. * Der Berbandstag des Eisenbahn-Asststent-n- Berbandes findet am L-24. Mai in Berlin statt. Der Verein zählt rurzeit rund 12000 Mitglieder in 13 Bezirks- und 128 Ortsoereinen und umfaßt un gefähr Dreiviertel aller in der preußisch-hessischen Eisenbahngemeinschaft und bet den Reichseisenbahnen Elaß - Lothringen angestellten Eisenbahnasfistenten. Der genannte Verband bezweckt die Vertretung aller ideellen und materiellen Interessen der Eisenbahn assistentenschaft; er gewährt seinen Mitgliedern Rechtsschutz, in Notlagen Unterstützungen, Sterbe gelder und Hilfe den Witwen und Waisen. Auch besitzt er eine eigene, wöchentlich erscheinende Zeitschrift. * Der Verband Thüringischer Industrieller plant, wie schon kurz berichtet, zusammen mit dem Ver band Sächsischer Industrieller einen ge meinsamen Besuch der Weltausstellung Brüssel. Der Besuch wird Mitte Juni statt finden, und es wird den Teilnehmern die Möglichkeit gegeben werden, ein volles Bild der Ausstellung unter sachkundiger Führung erhalten zu können. Es sind weiter anläßlich dieser Reise ein Bankett geplant, das die Vertretung der deutschen Ausstellungsleitung geben wird, ein Frühstück seitens der Stadt Brüssel und ein Diner, das den belgischen Gastgebern seitens der Besucher veranstaltet wird. Der Aufenthalt soll sich über drei Tage erstrecken, am vierten Tage soll ein gemeinschaftlicher Ausflug nach Ostende in die Wege aeleitet werden. Es hat sich bereits eine erhebliche Anzahl Industrieller zu dem gemeinschaft lichen Besuche angemeldet. * Aufgehobene Ausweisung. Die Ausweisung, die die Regierung vor 6 Monaten gegen den Agenten Wegelin in Mülhausen wegen angeblich deutsch- fei-ndlicher Kundgebungen im dortigen Zentralhotel ausgesprochen hatte, ist soeben laut Mitteilung des Bezlrkspräsidiums zu Colmar vom 15. Mai ab aufgehoben. * Torpedobootvzusammenstoh. (Amtliche Mel dung.) Das Torpedoboot „8 142", Kommandant Prinz Adalbert von Preußen, berührte nachts auf einer Marschfahrt gelegentlich eines Ausweichs- manövers leicht das Torpedoboot „8 140". Der Bug des Bootes wurde in einer Länge von zwei Metern etwas eingedrückt und leicht verbogen. Das Boot ist zur kurzen Reparatur nach Kiel gegangen. Die Kosten sind gering. „8 140" ist unbeschädigt. Niemand ist verletzt. Prinz Adalbert war nichtanBord, sondern weilte auf Urlaub in Potsdam. Er ist aber am Freitaamittag jedenfalls infolge der Nach richt von dem Unglück nach Cuxhaven abgereist. * Ein schönes Zeugnis von idealer Gesinnung stellte sich die Münchener Lehrerschaft aus. Sie steuerte rund 12 000 bei zur finanziellen Fundierung des geplanten psychologisch-pädagogischen Instituts. Damit ist eine sichere Basts geschaffen, auf der es ruhen und wirken kann. Die fort laufenden Unterhaltungskosten werden von den Kursteilnehmern, dem Münchener Bezirkslehrer verein und dem Landeslehrerverein gedeckt. So wurde über Erwarten rasch eine glückliche Idee in die Tat umgesetzt, und das Institut kann bald seine segensreiche Tätigkeit entfalten. Auslsnü. velterrM-Ungsrn. * Oesterreichisches Abgeordnetenhaus. Abg Tresic beantragte am Freitag über die in der letzten Sitzung seitens des Landesverteidigungsministers abgegebene Beantwortung der Interpellation betr. Len Haupt mann Pisacic, in der er eine Gefährdung des Inter pellationsrechts der Abgeordneten erblickt, die Eröff nung der Debatte in nächster Sitzung. Der Antrag wurde abgelehnt. Das Haus setzte alsdann die erste Lesung der Geschästsordnungsreform fort. In derem Verlaufe warf der zu keiner Fraktion gehörige pol nische Demokrat Breitet dem Obmann des Polen klubs Glombinski vor, daß dieser aus.persön lichen Gründen seinen Einfluß zugunsten der jüngst erfolgten Berufung des Großindustriellen Wetzler in das Herrenhaus ausgeübt habe. Die Beschuldigungen wurden von Glombinski in eingehender Weise wider legt. Sodann übte der Obmann der slawischen Union lldrzal abfällige Kritik an dem Verhalten des Präsidenten in der Breiter-Affäre und erklärte, das gegenwärtige Regierungssystem bestehe in der Erhaltung der deutschen Minorität. Er warf den Deutschen in Böhmen vor, daß sie die Tätigkeit des böhmischen Landtages lahmgelegt und stets nach Deutschland um Hilfe riefen, auch nichts von einer Gleichberechtigung der Nationen wissen wollten. * Zur Herausforderungsaffäre de» Abg. Breiter. Zu Beginn der Freitagsitzung des österreichischen Ab geordnetenhauses erklärte Abg. S y l v e st e r, der Abg. Breiter habe wegen des Vorfalles im Parlament den Präsidenten Pattai in einem Schreiben ehrenrührig bedroht. Er glaube der Zu stimmung Ls Hauses sicher zu sein, daß ein solches Vorgehen der Würde des Hauses zuwiderläuft, und daher der Ausdruck der Mißbilligung und Ent rüstung hierüber berechtigt erscheint. (Lebhafte Zustimmung.) — Der Vorstand der Christi ich - sozialen Vereinigung hat eine Kundgebung be schlossen, in der die Handlungsweise Breiters auf das entschiedenste verurteilt und betont wird, der Präsident habe in diesem Falle streng innerhalb seiner Befugnisse und Pflichten gehandelt, der Präsi dent möge in dieser, wohl auch von dem ganzen Hause geteilten Ueberzeugung der christlich-sozialen Partei die einzig entsprechende Genugtuung in dieser Sache finden — Einer parlamentarischen Kor respondenz zufolge haben die vom Präsidenten Pattat mit der Angelegenheit Breiter betrauten Abgeord neten Stölzl und Pantzein Protokoll abgefaßt, in dem sie erklären, sie seien nicht in der Lage, von Breiter Genugtuung zu fordern. Die beiderseitigen Vertreter der Affäre Breiter—Stölzl beschlossen, die Frage der Satisfaktionssähiqkeit dem Ehrenrate zur Prüfung vorzulegen. Eine Herausforderung Breiters wurde auch dem Abg. Pantz überbracht, dessen Ver treter sich dem Vorgehen der Vertreter Stölzls an schließen dürften. /rsnkrelch. * Der wöchentliche Ruhetag der Beamten. Der Ausschuß des Nationaloerbandes der Beamten be schloß, zu verlangen, daß in das vom Parlament zu beratende Beamtenstatut ein Artikel ausgenommen werde, nach dem sämtlichen Beamten der wöchentliche Ruhetag zugcsichert werden soll. * Eine Folge der Duez-Afsäre. Infolge einer durch den Duez-Skandal veranlaßten Aufforde rung des Iustizministers haben die Präsidenten der Appellgerichtshöfe und die Oberstaats anwälte neue Bestimmungen, betreffend die Be dingungen der Gsrichtsliquidationen aus gearbeitet, die vermehrte Bürgschaften für die beruf lichen und moralischen Eigenschaften der Liquidatoren bieten sollen. Außerdem soll der Korporation der Liquidatoren gesetzmäßig eine gemeinsame Verant wortlichkeit auferlegt werden. * Wahlunruhen. Aus Alis wird gemeldet: Nachdem die Wahlprüfungskommission gestern einen unabhängigen Sozialisten an Stelle eines geeinigten Sozialisten, der vor der Richtigstellung der Wablziffern als gewählt galt, für gewählt erklärte, kam es abends zu lebhaften Kundgebungen, in deren Verlaus die Fensterscheiben der Prälertur zer trümmert und ein Arbeiter durch einen Dolch- strch verletzt wurde. Lutzlanü. * Sozialdemokratischer Protest gegen Das Bor gehen der Mehrhcitsparteien in der Finnlandfrage. In der Kommission der Reichsduma für die Finn landvorlage erklärte der Sozialdemokrat Gegetschkori bei der Beratung der einzelnen Paragraphen, die Regierung und die sie unterstützende Mehrheit der Kommission hielten es nicht für not wendig, ihren prinzipiellen Standpunkt zu verfechten, indem sie auf juridische Beweisgründe nicht eingehen, sondern alle Anträge einfach durch Abstimmung zur Entscheidung bringen wollen. Seine politische Würde als Vertreter der Arbeiterklasse gestatte es ihm nicht, Zeuge der zer störenden Arbeit der Kommission zu sein. Der Kadett Miljukow schloß sich dieser Erklärung an. Darauf verließen die Kadetten und die Sozialdemo kraten den Sitzungssaal. * Rußland und England. Die „Nowoje Wremja" teilt aus angeblich sicherer Quelle mit, König Georg von England habe den russischen Bot schafter in längerer Privataudienz empfangen. Der König erklärte dabei, er sei über die freund schaftlichen Beziehungen zwischen beiden Mächten glücklich, insbesondere sei er erfreut, daß die beiderseitigen Regierungen in allen laufenden politischen Fragen im Einvernehmen seien. Er hoffe, daß die guten freundschaftlichen Beziehungen auch in Zukunft bestehen bleiben werden. Türkei. * Der Kriegsminister in Albanien. Aus Salo niki wird gemeldet: Der Kriegsminister hat das Generalkommando über die Truppen in Albanien übernommen und ist mit Torgut Schef- ket-Pascha und dem Mali von Uesküb in Sttmlia ein getroffen. In der Umgebung von Karaferia fand ein Kampf mit einer bulgarischen Bande statt, bei Leipziger Sezellion. Erste Zahresansstellung. Wir hatten schon bei Eröffnung der Sezessions ausstellung kurz auf Charakter und Bedeutung der Ausstellung hingewiesen, jetzt ist es unsere Aufgabe, sie im einzelnen genauer zu würdigen. Der erste Eindruck bleibt auch bei näherer Betrachtung bestehen: Die erste Leipziger Iahresausstellung steht auf einem ganz respektablen Niveau, allein sie erhebt sich nichr über den Durchschnitt, sie zeigt keine Ueberra chungen, aber auch nur wenig, was als unteif oder a tmodisch zu bezeichnen wäre. Von auswärtigen Künstlern und die Münchner und Berliner natürlich in ersicr Linie zu nennen. Ein Stilleben von Walter Püttner zeigt ja alle Eigenschaften dieses treff lichen Malers, ist jedoch gegenüber anderen seiner Werke zu unbedeutend und zu wenig charakteristisch. Die Isartnllandsckiaflen von Richard Pietzsch, die leider etwas schwierig zu sehen sind, sind ganz gute Proben seines Könnens, nur etwas schwer und trüb im Ton und nicht ganz so frisch, wie die kraft vollen Landschaften, die früher von ihm zu sehen waren. Sehr hübsch sind die Bilder von Lange- Penig. besonders das Gemälde „Morgentoilette" und das farbig sehr wirksame und gut gemalte Still leben; von Richard Kaiser sind einige kleinere seiner großflächigen Landschaften zu sehen, die einen: immer wieder viel Vergnügen machen, auch wenn man allmählich weiß, daß sie immer nach der selben Schablone gemacht sind und mehr mit Flächen und Linien als mit malerischen Reizen wirlen. Hans v. Hayek, der Dachauer Maler, bringt zwei Studien, von denen besonders die kleine Schneeland- schast vorzüglich beobachtet ist — wie kein ist etwa der Uetergang von der beschneiten Fläche vorn in den neblichen Hintergrund gegeben —, Willy Tiedjen neben einer flotten Studie eine hollän dische Landschaft, die nur vielleicht etwas langweilig ist. Von Charles Vetter sind einige seiner hübschen kleinen Straßenbilder aus München aus gestellt, die so diskret und vornehm und dabei doch piägnant und unmittelbar wirken, daß man immer an die Arbeiten der alten Holländer des 17. Jahr hunderts denken muß. Herm. Groeber ist viel leicht am besten von den Münchnern vertreten. Sein Bildnis eines Offiziers zeigt am besten, daß er ein glänzender Porträtist ist, der mit einer beinahe photographischen Treue sein Modell zeichnet, allein seine Farbe hat immer etwas unausgeglichenes Grünliches, was nicht immer gut aussieht. Von August Lübeck«-München find einige ganz hübsche, ober sonst unbedeutend« Arbeiten ausgestellt, ganz gut sind die Gemälde von R. Petuel, vor allem das Winterbild; dann verdienen die Arbeiten von Th. Esser Erwähnung, vor allem die sehr sorgsam gemalten „Sterne" — seine Landschaften sind dagegen sehr kalt und unerfreulich —, endlich auch das Stilleben von U. v. Wesch, das recht tüchtig gemalt ist, und der ganz amüsante „Möbelwagen" von E. Scharff. Als bekannter Vertreter Stuttgarter Kunst hat I. V. Lissarz einige Landschaften aus gestellt, die wie alles, was dieser Künstler macht, korrekt und geschmackvoll, aber etwas langweilig aus sehen. Seine Gemälde gehen darauf aus, dekorativ zu wirken, sie sind im Formalen aufs äußerste be schränkt und wirken nur mit ganz wenig großen Farbenflächen. Ein Frankfurter Künstler I. Correggio stellt ein Interieur aus, sehr bieder, aber ein bißchen langweilig; sehr gut mit einigen wenigen charakteristischen dunklen Tönen und Formen angelegt ist die Frankenwald-Lcndschaft von Hanna Gerson-Aschersleben. Der „Waldweg" von dem Königsberger Rudi Hammer erinnert beinahe etwas an Trübner. Sehr sonnig und un mittelbar wirkt die schöne Schneelandschaft von R. I ö r r e s - Oberende, und auch das Interieur einer Zinnwäsche im Erzgebirge von H. R. Hein- mann, und das große sonnige Bild „Fransen näherin" von Hamann-Weimar ist nicht ohne Verdienst, ebenso wie die farbige Schneelavdschast von H. P u s ch o l d - Gera. Die Dresdner sind ziemlich zahlreich vertreten, und zwar hauptsächlich durch die Mitglieder der Vereinigung „Brück e", die mit einer etwas merkwürdigen Konsequenz einem Extrem des modernen Kolorismus zu huldigen scheinen. Offen bar unter Anschluß an die neuesten Errungenschaften Les Impressionismus bevorzugen sie möglichst starke Farben gern, blau und rot. und setzen sie ohne viel sinn und Zweck möglichst unvermittelt neben einander, ohne jedoch die Wirkungen ernsthafter neoimprestionistischer Bilder zu erreichen. Man sieht lediglich Flecke, die niemals im Auge zusammen geben; das Ganze ist nichts als ein lächerliches, naives Mißverstehen eines Prinzips, das so. wie es entstand, se:ne Berechtigung und Bedeutung hatte, aber durch solche plumpe Nachahmungen in Miß kredit gekommen ist. Max Pechstein, der be- kannteste dieser Leute, wirkt doch nur deswegen etwas genicßbar.'r, weil er noch am meisten Form besitzt. Ein anderer Vertreter eines solchen kindlichen Neo impressionismus, A. S c g o l - Chorlottenburg. ist etwas zahmer, unterscheidet sich aber prinzipiell wenig von den „Brücken"-Leuten. Don den Berliner Malern wirkt vielleicht am ausdrucksvollsten das Selbstbildnis des Malers Max Beckmann mit seiner Frau, das vielleicht die beste Schöpfung des Meisters ist, besten großsigurige, mit soviel trüben grauen und braunen Tönen gemalten Werke gewöhnlich zu anspruchsvoll sind, um reine Freude zu erwecken; sehr gut ist dann Heinrich Hübner vertreten, der ja zu den sympathischsten Künstlern der Berliner Malerschule gehört, sympa thisch vor allem dadurch, daß er so gar nicht sich Extra vaganzen leistet und nicht durch besondere Effekte zu glänzen sich bemüht. Seine Bilder aus Japan wirken besonders hell und frisch. Eines der frischesten Bil der ist dann der „Feldhüter" von M. Fabian. Ganz originell im Erfassen des Suiets wirkt außer dem der „Rummelplatz" von P. Paeschke, der weibliche Rückenakt von F. R. Ströher ist nicht ohne Können, aber etwas süßlich und akademisch ge malt, die andern Bilder, wie die Landschaften von O. Beyer oder die Gartenansicht von A. Maenn - chen bieten nicht allzuviel Neues. Recht gut sind die Worpsweder vertreten durch O. Modersohn und H. Vogeler, von denen besonders der erste einige sehr sonnige, farben freudige Landschaften geschickt hat. Die ausgestellten Gemälde von Vogeler sind viel mehr als seine Ar beiten sonst als Naturstudien zu charakterisieren. Sie vermeiden mehr als seine andern Bilder das Illustra tive und Sentimentale und wirken deshalb kräftiger und unmittelbarer. Am meisten Aufmerksamkeit wird man natur gemäß den Leipziger Künstlern schenken, die ja er freulicherweise nicht nur in ihren jüngeren resp. den eigentlichen Vertretern der Sezession kennen zu lernen sind. Leipziger Künstlerverein, Leipziger Künstler bund und Leipziger Sezession sind, wenn auch nicht im selben Saal, so doch wenigstens im selben Haus vereinigt. Ohne Zweifel kommt den Leipziger Künst lern die Tatsache zugute, daß die bekannten Namen der Münchner und Berliner Zentrale, gegen die nun einmal Leipzig nicht aufkommen kann, nicht oder nicht mit bedeutenderen Arbeiten vertreten sind. So re präsentiert sich die einheimische Leipziger Malerei ganz respektabel. Von der Sezession ist am meisten vertreten W. Schulze-Rose, der mit besonderer Vorliebe Interieurs mit alten Frauen und Männern in interessanter Beleuchtung malt. Seine Farbe ist ein sehr charakteristisches Blau und Grün, das seinen Arbeiten eine ganz interessante Stimmung verleiht. Jedenfalls fehlt es ihnen nicht an feinen malerischen Werten. Dasselbe ist zweifellos auch von den Ge mälden A. Leistners zu sagen, von dem das ganz in Blau getauchte Nachtstück sehr gut wirkt, dann ist W. Syrutschök zu nennen, der in historischen Stücken au» der Zeit der Befreiungskriege brilliert. Trotz der Sujet» wirken aber seine Arbeiten nicht langweilig; sie sind recht gut und ganz flott gemalt. Die „Ziegen an der Föhrde" von W. Specht, die in der Hauptsache aus hell-grünen und violetten Tönen aufgebaut sind, wirken etwas einförmig, die „Salome" von H. Graß bietet eine ganz amüsante Lösung und ist jedenfalls bester als das ausoestellte Bildnrs, das ein bißchen temperamentlos in der Farbe ist. Ebenso fehlt es auch den Porträts von L. Rauth an koloristischen Qualitäten, sie sehen mehr aus wie Illustrationen, denen ernsthaftere male rische Absichten fehlen. Ziemlich unerfreulich ist „Ruth St. Denis" von M. Frohberg. Die Still leben von R. Weber sind zum Teil ziemlich primi tiv gemalt, einige davon sind von intimem male rischen Reiz. Im Leipziger Künstlerbund hat Hor st- Schulze drer Gemälde ausgestellt, die alle durch einen warmen, sonnigen Ton sich auszeichnen. Eine leise romantische Stimmung geht durch alle seine Bil der, die nicht als reine Landschaften gedacht sind, sondern auch di« Figur zu großen Kompositionen ver wenden. Der „Möwenjäger" ist hierfür besonders be zeichnend, am meisten nach der Farbe bin studiert ist wohl das Gemälde „Spielende Kinder . Von O. R. Bessert sind zwei sehr frische Bilder ausgestellt, von Elfe Äossert ein paar farbenfreudige Still leben. Dann hat E. Gruner einige Porträts ge schickt, die sicherlich treffend und sicher erfaßt sind. Von E. Krauß ist besonders die Parklandschaft zu erwähnen, die mit grünen und blauen Flecken sehr fein zusammengestimmt ist; die Landschaften von W. Stumpf wirken mit großen dekorativen Linien ähnlich wie die Werke von Kaiser. Der Leipziger Künstlerverein hat die Beiträge seiner Mitglieder in einer besonderen Abteilung vereinigt, die schon durch ihre geschmackvolle Aufmachung sich auszcichnet. Das große Bildnis von G. Wustmann ist sehr eindrucks voll arrangiert, die Zusammenstellung von Grün und Rot wirkt sehr dekorativ. Non R. Grimm. Sachsenberg verdient das hübsche Stilleben be sondere Beachtung: sehr interessant und von stark impressionistischer Wirkung sind die etwas nervösen, aber sehr temperamentvoll hingesetzten Landschaften von Lederer-Weida, famos sind auch die Ar beiten von I. R. Müller, besonder» die Schnee» landschaft, die es mit den besten Arbeiten der Art aus der Münchener Schule aufnehmen kann. P. Henschel bringt zwei Bilder, von denen die An sicht eines Gartens mit den Großstadthäusern im Hintergrund durch ihre schweren grünen und grauen Farbsnstimmnngen auffällt, und ähnlich wirkt auch die Abendlandschaft von I. Klemm. P. Francke bringt eine dekorative Abendlandschaft. E. Kiesling einen Sonnenuntergang bei Wyk am See, Frölich «in größeres Bild „Biehmarkt aus der Provinz Posen", Urban «in Doppelporträt. Schließlich wird es. wie auf jeder modernen
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