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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.05.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-05-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100514012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910051401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910051401
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-05
- Tag 1910-05-14
-
Monat
1910-05
-
Jahr
1910
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Amtsblatt Ses Rates und des Nolizeiamtcs der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis M Inserate au» Leipzig und Umgeburrg dt, 6gespaltene SO rnra breit» PeithMl« L dt» 74 w» breite »eklame,etl» l iw» autwärt» UV 4, »ieNamen t.20 Inserate »>n Behörden im amtlichen Teil di» 74 nun breite Petit,eil, 40 «rschtittlai^eiaen mit Plagvorlchrislen »ich tu der Sbrndau-aab» im Preise erhöht, ptabari nach Tarff. BeilagegrdLhr ü ». Lautend rrkt. Postgebühr. Festertrilw Bufträge können nicht zurück- äe»»gen werden. Für da« itrscheinea a,i bestimmten Tagen und Plötzen wir» kein« Äarantt» übernommen. Sa,eigen- Annahme: Augnstulplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Lipeditionen de» In» und «uriaudet. Hauvt-Stltale NerNnr <«rl Luucker, Herrogt. Sage. Hosbuch- dandlung, Lützowstroh« IL (Telephon VI, Nr. 4M3). ^aupt-FIIiale Dresden: Seestrabe », l (Telephon 462l). Nr. 132 Sommbeilü, üen 14. Mm ISIS 104. Zghrgsng. Das Wichtigste. * Die beiden Kammern des sächsischen Landtags hielten am Freitag ihre Schluß- sitzungen ab. (S. Sitzungsberichte.) * Roosevelts Abreise von Berlin nach London erfolgt am ersten Pfingstfeiertag. lS. Dtschs. R.) * Ein internationaler Textilarbei terkongretz wird für Ende Mai nach Lille (Frankreich) berufen. * Die Erregung in der Türkei über die Eidesleistung der Kreter auf den König von Griechenland nimmt immer größeren Umfang an. (S. Ausl.) * Durch einen Zyklon, der in der Provinz Kobe (Japan) wütete, wurde ein Dampfer mit 50 Passagieren an Bord zum Sinken ge bracht. (S. Tageschronik.) * Zm Wettbewerb um den Dauerpreis der Ber liner Flugwoche wurden gestern sehr gute Resultate erzielt. Lkmütsgslchlutz. Die erste Session des neu gewählten sächsischen Landtags ist am Freitag zu Ende gegangen. Sie um faßt eine Arbeitszeit von rund 6 Monaten, innerhalb deren die Zweite Kammer 80 und die Erste Kammer 4t Plenarsitzungen abgehalten hat. Rechnet man dazu noch die langwierigen, zeitraubenden Deputa tionssitzungen und die nicht minder ausgedehnten Sitzungen der einzelnen Fraktionen, so kann man dem ersten Landtag der „neuen Aera" das Zeugnis nicht weigern, datz er unter Anspannung aller Kräfte mit willigem Eifer und großem Fleiße die Arbeiten gefördert hat. Jedenfalls steht er in dieser Beziehung keinem einzigen seiner Vorgänger irgendwie nach. Dürfte hierüber in der Presse der verschiedenen Par teirichtungen Einmütigkeit herrschen, so werden über- die Bewertung der Leistungen der Kammern die Meinungen zweifellos auseinandergehen, und zwar um so mehr, als die Erwartungen vieler Staatsbürger nicht in dem von ihnen gewünschten Matze erfüllt worden sind. Nutzer dem Etat hatte der Landtag im wesentlichen nicht so schwerwiegende Vorlagen zu be wältigen, wie sie im letzten Landtag besonders mit dem Wahlgesetz und dem Massergesetz zur Verabschie dung gelangten. Immerhin darf aber auch die Be deutung der in dieser Session erledigten Vorlagen nicht unterschätzt werden, und die Art ihrer Fertig stellung beweist jedenfalls den ernsten Willen der neuen Kammermchrheit, auf gesetzgeberischem Gebiet Ersprießliches für Volk und Staat zu leisten. Die Arbeit des Landtags würde allerdings sicher einen harmonischeren Eindruck machen, wenn es nicht die Regierung versäumt hätte, für eine ökonomische Arbeitsverteilung zu sorgen. Wie im Reichstage, so mutzte auch im Landtage infolge Häufung der ein laufenden Dekrete die parlamentarische Arbeit unter einer zweckwidrigen Ueberstürzung der Geschäfte leiden. Datz unter solchen Umständen zuletzt auf Kosten der Gründlichkeit gearbeitet werden mutzte, und datz sich aus dieser Sachlage möglicherweise bald Ergänzungen zu einzelnen Gesetzen als notwendig Herausstellen werden, unterliegt wohl kaum einem Zweifel. Dazu kommt noch, datz die Regierung die von einzelnen Deputationen gewünschten Auskünfte auf Anfragen auffällig lange verzögert hat, so datz auch dadurch eine Stockung im gleichmäßigen Flusse der Arbeit des Landtages eintrat. Geradezu unbe greiflich aber war das Drängen der Regierung, noch vor dem Pfingstfest zum Ende der Arbeiten zu ge langen. Wenn also aus allen diesen Gründen jetzt eine gewisse Mißstimmung über die Arbeitsleistung des Parlaments insgesamt Platz' gegriffen hat, so sollte man sich doch vor einseitigen Vorwürfen hüten und zum wenigsten die Schuld für dieses Mißbehagen nicht lediglich bei der Zweiten Kammer suchen. Auf die neue politische Kräfteverteilung in der Zweiten Kammer hatte das sächsische Volk starke Hoff nungen gesetzt. In der Natur der Dinge liegt es, datz diese Erwartungen nicht in dem kurzen Zeitraum von einem halben Jahre sämtlich ihre Erfüllung fanden. Immerhin sind erfreuliche Ansätze zu einer freiheit licheren Gestaltung unserer Gesetzgebung zu konsta tieren. Das dünkt uns um so wertvoller, als sich diese Entwicklung nur unter fortgesetztem, zum Teil sehr energischem Widerstand der sich ganz konservativ fühlenden Regierung und der Ersten Kammer vollzog. Der Nationalliberalismus, der in den langen Iah ren trüber Kartellzeit sich jeder selbständigen Haltung entwöhnt hatte und stets der gefällige Begleiter der Konservativen gewesen war, hat in diesem Landtage noch nicht durchweg die Einheitlichkeit und Klarheit der Haltung gezeigt, die dem Gegner Achtung und Berücksichtigung um jeden Preis abringt, dem Freunde begeisterte Zustimmung entlockt. Es fehlte den Nationalliberalen in der Zweiten Kammer hier und da an der Selbstsicherheit, die bewußtem Kraft gefühl entspringt, und so machten sich in einzelnen Fällen Schwankungen und Neigungen nach rechts be merkbar, die bei den Anhängern des Nationallibera lismus im Lande schwerlich Verständnis finden dürf ten. Es sei nur leise daran erinnert, datz die Natio nalliberalen entgegen früheren Ankündigungen so wohl das Kapitel der Ordenskanzlei bewilligt haben, als auch die „Luxusgcsandtschaften" in Wien und in München. In einem Dresdner Blatte ist seinerzeit der Versuch gemacht worden, durch staatsrechtliche Deduktionen die Bewilligungspflicht des Landtages für einzelne Etatkapitel zu begründen. Die parla mentarische Geschichte lehrt jedoch, datz derartige De duktionen sehr leicht über den Haufen gestoßen werden können, wenn aus der Erkenntnis der Unzweckmäßig keit gewisser Institutionen der ernste Wille entspringt, die durch die Verfassung gewährleisteten Mittel an zuwenden und entsprechend zu handeln. Gerade bei den beiden zitierten Kapiteln durften sich die Nationalliberalen nicht von Theorien, sondern ledig lich von praktischen Erwägungen leiten lassen. Datz sie es diesmal in ihrer Mehrzahl versäumt haben, bleibt nach wie vor bedauerlich. Im übrigen aber sei anerkannt, datz die Position dieser Partei zwischen der infolge des starken Man datsverlustes verärgerten Rechten, dem stark ange wachsenen Freisinn und der sebr selbstbewußt aus tretenden Sozialdemokratie, die Geschäftsführung überaus schwierig war. Es berührt des halb sehr eigenartig, wenn der Abgeordnete Merkel-Mylau seinen Austritt aus der national liberalen Landtagsfraktion mit einer kn ihr an geblich zutage getretenen „Dekadenz" begründet. Wir haben die Fähigkeiten und die Tüchtigkeit dieses Ab geordneten sehr geschätzt und finden cs nicht verständ lich weshalb er gerade jetzt den Gegnern des nationa len Liberalismus diese ihm sehr bequeme Waffe schmiedete. Seine sachlichen Bedenken gegen die Fraktionsleitung Hütte der Abq. Merkel doch schon im März auf der Chemnitzer Tagung des National liberalen Landesvereins vorbringen müssen. Dork war das gegebene Forum, denn dort hätten dann die Vertrauensmänner der Partei des ganzen Landes zu Merkels Vorwürfen Stellung nehmen können. Warum hat er damals geschwiegen? Wenn aber der Abg. Merkel seinen Austritt auch mit dem Hinweis auf seine von der Fraktion abgelehnten Organisations anträge motiviert, so klingt doch gerade in dieser Art der Begründung das Moment persönlichen Gekränkt seins an, das bei derartigen Entschlüssen keinesfalls mitbcstimmend sein dürfte. Dem früheren Abg. Dr. Zoephel sind z. B. im vorigen Landtage min destens ebensoviel Anträge von der Fraktion abge lehnt worden: er hat aber bei ihr ausgehalten in der Erkenntnis, lieber durch Mitarbeit bessern als durch Absplitterung Verstimmung und Schwächung er zeugen. So hätte auch der Abg. Merkel handeln können. Im übrigen hoffen wir zuversichtlich, daß die Gegner des nationalen Liberalismus die Wir kungen dieses Schrittes des Abg. Merkel überschätzen. Freisinn und Sozialdemokratie betätigten sich vor nehmlich durch Einreichung von Initiativanträgen, mit denen naturgemäß viel Zeit vergeudet werden mutzte. Eine weise Beschränkung auf diesem Gebiete würde sie parlamentarisch reifer erscheinen lassen, und es ist für die Zukunft zu wünschen, datz die nötige Selbstzucht die Erreichung dieses Zieles fördert. Die Konservativen hatten im Wahlkampfe manche ihrer besten Kräfte verloren. Auch in ihren Reihen haben sich neue Männer betätigt, ohne indes den Be weis ihrer Parlamentarismen Befähigung zu er bringen. Man ist in der konservativen Partei zur Bekämpfung der Linken auf Mittel verfallen, die der vielgerühmtcn guten Kinderstube gar keine Ehre machen. Wenn die Zeit bei den Konservativen in dieser Beziehung läuternd wirken wollte, wäre das mit Freuden zu begrüßen. Besonders dem liberalen Prä sidium war die konservative Partei nicht freundlich gesinnt. Aber trotz dieser schwierigen Verhältnisse hak es Präsident Dr. Vogel verstanden, alle die Klippen zu umfahren, die ihm drohten. Datz schließlich die fortgesetzte latente Gegnerschaft eine nervöse Ueber- reizung erzeugte, die in langen und langarmigen Er klärungen ihren Ausdruck fand, kann nicht wunder nehmen. Auch hier sollte indes die alte Erfahrung gelten, datz sich erst in der Beschränkung der Meister zeigt: denn die Wucht des parlamentarischen Mittels der Erklärung darf nicht durch allzu häufige An wendung geschwächt werden. Wiederholt wurden während der Tagung und na mentlich fetzt in den letzten Wochen non konservativer Seite Versuch? gemacht, die Nationalliberale" von dem geradeaus geachteten Wege wieder auf den Pfad nach rechts hinuberzuziehcn. Noch dieser Tage ist in den „Dresd. Nachr." in Gestalt eines recht wohlwollenden Artikels eine höchst verdächtige Leim rute aufgestellt worden, die die Nationalliberalen an locken soll. Wir möchten in dieser Stunde bereits unsere warnende Stimme erheben und daran er innern, datz der Führer der nationalliberalen Frak tion auf der Chemnitzer Landesvereinsocrsammlung das Wort gesprochen hat: „Wir gehen gerade aus!" Die Konservativen werden sich daran ge wöhnen, und die Regierung wird sich dazu bequemen müssen, auf den Willen der Nationalliberalen Rück sicht zu nehmen. Diese aber müßten in Zukunft, wo wichtige Kulturfragen der Entscheidung harren, unter allen Umständen einen ernsten, ehrlichen Willen zu liberalen Taten bekunden. Dann ist die Schwächung der Partei, die jetzt ihre Gegner infolge des bedauerlichen jüngsten Vorkommnisses zu prophe zeien wagen, in alle Wege ausgeschlossen. * Mbeitsüderlicht. Zur Beurteilung der vom Landtag geleisteten Arbeit teilen wir folgendes mit: Die Zahl der Königlichen Dekrete ist hinter der der Session 1907/09 erheblich zurück geblieben. Immerhin ist dem Landtage noch die stattliche Zahl von 35 Dekreten zugegangen, von denen 21 Gesetzentwürfe betrafen. Und der Landtag darf es sich zum besonderen Ruhme anrechnen, datz von diesen 21 Gesetzesvorlagen trotz des hastig her beigeführten Schlusses keine einzige unter den Tisch gefallen ist. Es ist vielmehr so gründlich auf gearbeitet worden, wie selten. Datz die geschaffenen Gesetze allseitig befriedigen, kann allerdings nicht be hauptet werden, manch eines will vielmehr lediglich unter dem Gesichtspunkte des Kompromisses und des politisch Erreichbaren betrachtet sein. Das zeigt sich besonders bei dem sog. Nadelarbeitslehrerinnengesetz, das sein Zustandekommen nur einer starken An lehnung des Landtages an kommerzielle Gepflogen heiten verdankt. Datz dagegen das Gesetz über die Eemeindeverbände und das Feuerversicherungsgefttz, sowie das Gesetz über die Landesbrandversicherungs anstalt verabschiedet worden sind, ist freudig zu be grüßen. Die Gesetze über die Einwirkung von Armenunterstützung auf öffentliche Rechte und über die Verjährung der direkten Steuern lassen zwar noch manche Wünsche unerfüllt, beseitigen aber wenigstens die schlimmsten Unklarheiten, die sich bei der letzten Landtagswahl gezeigt haben und jedenfalls bei den kommenden Reichstagswahlen von neuem aufgetreten wären. Das Gesetz über die neue Anleihe hat in der Hauptsache formale Bedeutung, das Gesetz über die Erhöhung der Eerichtskosten dagegen wird von manchem als unsozial verurteilt werden, ob die Re gierung dem Berggesetz in der beschlossenen Form ihre Zustimmung geben wird, ist noch fraglich. Außerordentlich groß ist auch die Zahl der Initiativanträge im letzten Landtage gewesen. Nicht weniger als 30 sind gestellt und, mit Ausnahme der beiden von vornherein aussichtslosen und auch nur aus taktischen Gründen gestellten Anträge auf Aende- rung des Wahlrechts, auch erledigt worden. Damit ist freilich noch nicht gesagt, datz die übrigen 28 auch praktische Folgen haben werden. Die Anträge auf Reform der Ersten Kammer und auf Wegfall der vier untersten Steuerstufen sind z. B. nicht über die Depu tationsberatung hinausgekommen, die Anträge auf Reform des Forst- und Feldstrafgesetzes, auf Neuord nung des Beamtenrcchtes, aus Hinzuziehung von Arbeitern zur Gewcrbemspektion sind von der Ersten Kammer abgelehnt worden, und der auf Reform der inneren Verwaltung, wie der auf Neuorganisation der Eisenbahnverwaltung sind nur in stark ver wässerter Form angenommen worden. Dem gewiss sehr zeitgemäßen Antrag auf Verlegung des Epiphaniasfestes auf den dem 3. Januar folgenden Sonntag steht die Regierung leider schroff ablehnend gegenüber, und durch den Antrag Brodaus wird in seiner schließlich gebilligten Form nur ein ganz ge ringfügiger Fortschritt in bezug auf die Freiheit des bürgerlichen Lebens von kirchlichen Fesseln erreicht. Von den sechs eingcbrachten Interpellationen er regten fünf durch ihren Gegenstand besonderes Interesse: die sechste, Mißstände bei der Durchsüh- rung des Körgesetzes betreffend, konnte der Natur der Sache nach nur einen beschränkten Kreis inter essieren. Datz die Regierung gegen die Fleischte»? rung keine Wege und Mittel zu finden wußte, war zu erwarten. Von der entschiedenen Stellungnahme der Regierung gegen die Schiisahrtsabgaben ist zur zeit nur wenig mehr zu merken. Die Interpellation wegen Entlassung der 13 Eiscnbahnarbciter in Chemnitz wird in der parlamentarischen Geschichte deshalb eine Rolle spielen, weil sie die Erinnerung an die Pfui - Teufel - Affäre vom 9. März wieder aufsrischte, und die Interpellation über die Oels- nitzer Verletzung des Wahlgeheimnisses hat wenigstens das eine Gute gehabt, daß sie auf eine wichtige Frage unseres Rechtslebens das Augenmerk gelenkt hat und sie hoffentlich einer Lösung in wirklich liberalem Sinne entaegenführen hilft. Einen versöhnenden Abschluß bildete die von ehrlichem Streben nach obiektiver Beurteilung der Sachlage zeugende Ant wort der Regierung auf die Bauarbeiter-Inter pellation. Alles in allem: der 33. ordentliche Land tag ist nicht vergebens abgehalten worden. Hin englischer Stärkevergleich üer Kriegsflotten. Die englische Admiralität hat zu Anfang dieses Monats, wie dies alljährlich geschieht, eine Nach weisung des Schiffsbestandcs der Marinen Englands, Frankreichs. Rußlands. Deutschlands, Italiens, der Vereinigten Staaten und Japans, den sogenannten Dilke Return «nach dem llntcrhausminister Sir Charles Dilkcf herausgcgcben In dieser Nachweisung sind nach dem Stande vom 31. März 1910 zunächst alle Linienschiffe und Panzerkreuzer aufaeführt, die nach dem 31. März 1890 vom Stapel gelaufen sind, ferner von den übrigen Schiffsklassen ohne Rücksicht auf das Alter alle diejenigen Schiffe und Fahrzeuge, die ihre Armierung noch an Bord haben und noch nicht zum Verkauf gestellt sind. Die Schiffe sind in zwei Abschnitten, „fertig" und „im Bau", namentlich aufgesührt. Wenn man die Namen zählt, so ergeben sich für die fertigen Einheiten der fünf stärksten Marinen folgende Zahlen: Schissstlassen Linienschiffe Küstenpanzerschiffe . Panzerkreuzer . . . . Geschützte Kreuzer . Ungeschützte Kreuzer Torpedofahrzeuae. . Grotze Torpedoboote Kleine Torpedoboote Unterseeboote . . . . !in. ten n ika Q O " «s. « 0 N 56 30 33 17 14 — 10 7 8 — 38 15 9 20 12 77 24 35 ->2 19 -- 5 10 — 6 23 1 10 150 25 85 60 57 116 30 82 246 69 63 18 8 56 9 Schon bei oberflächlicher Durchsicht dieser Liste wird auffallen, datz Deutschland 33 Linienschiffe zu geschrieben werden. Die Erklärung ergibt sich aus der namentlichen Nachweisung: es sind nämlich die sieben Schiffe der „Siegfried"-Klasse als Linienschiffe aufgeführt. Diese gehören wohl eigentlich in die Reihe der Küstenpanzerschiffe. Aber dort stehen für Deutschland ebenfalls schon sieben Schiffe. Sind die „Siegfrieds" etwa doppelt gezählt? Keineswegs! Unter den sieben deutschen Küstenpanzerschiffen sind die alten Panzerkanonenboote der „Hummei"-Klassc zu verstehen. Auch sonst wird man die Einreihung einzelner Schiffe in die verschiedenen Klassen vielfach beanstanden können. So hat sich die alte brave „Nixe", ein Segelschiff mit Hilfsmaschine, das jetzt als Bureauschiff dient, wohl nicht träumen lassen, daß sie jemals als „ungeschützter Kreuzer" zwischen „Greif" und „Pfeil" in einer amtlichen Liste stehen würde. Achnliche Fälle ließen sich auch für die übrigen Marinen namhaft machen: man findet tatsächlich manchen Schiffsveteranen, den man in den meisten Flottenhandbüchern vergeblich suchen würde. Da aber rein äußerliche Merkmale für die Aufnahme in die Nachweisung gelten, so wird man ihr die kon sequente Durchsührung des Prinzips nicht zum Vor wurf machen dürfen. Es ist dabei allerdings zu beachten, datz diejenige Marine, die in der Abstoßung ihres veralteten Schiffsmaterials am rücksichtslosesten vorgegangen, nämlich die englische, rein zahlenmäßig etwas ungünstiger dasteht als andere Marinen, die ihre alten Schiffe in den Listen weiterführen. Trotzdem aber ergibt sich aus der Zusammen stellung die ungeheure Ueberlegenbeit der englischen Flotte, wenn man die Gesamt-Wasserverdrängung der vorhandenen fertigen Schiffe berechnet und dieses einem Vergleiche zugrunde legt. Man gelangt dann zu folgenden Zahlen: Wasserverdrängung Anteil r. in Prozenten England 1 t>67 200 41,11 Vereinigte Staaten . . 604 400 Deutschland 556 200 14,90 13,72 Frankreich 481600 n.m Japan 337 700 8,32 Italien 216 400 5.34 Russland 191 300 4,71 Zusammen 4 056 800 MW Die englische Flotte ist hiernach also genau drei mal so stark wie die deutsche, die hinter der Marine der Vereinigten Staaten die dritte Stelle cinnimmt lMittlg. d. Dtsch. Fl.-V.l Deutsches Keich. Leipzig, 14. Mai. * Für die Reise des Kaisers nach England ist als Vegleitkreuzer der Jacht „Hohenzollern" und des „Sleipner" der Kreuzer „Königsberg", Kommandant Kapitän zur See v. Trotha, bestimmt worden. Die „Königsberg" wird sich in der Nordsee mit der „Hohenzollern" vereinigen, um dann nach Vlissingen zur Einschiffung des Kaisers zu dampfen. Vom See offizierkorps begeben sich u. a. Kapitän zur See Hauptmann und Fregattenkapitän von Egidy zu den Beisetzungsfeicrlicykeitcn. * Roosevelt in Berlin. Bei' dem amerikanischen Botschafter fand nm Freitagmtttag zu Ehren Roose velts ein Frühstück statt, an dem u. a. Minister Sydvw, Dr. Baseler, v Arnim, Kriegsminister v. Heeringcn, Minister v. Vrcitenbach, die Staats sekretäre Delbrück und Dernburg, Graf Zeppelin, General Löwcnfcld. Geh. Kommerzienrat Gold berger sowie eine Anzahl von Mitgliedern des Reichstages und des Abgeordnetenhauses teilnahmen. — Der Reichskanzler erschien am Freitagnachmitlag in der amerikanischen Botschaft, um den Besuch Roosevelts zu erwidern. — lieber die Abreise Roofe- celts sind jetzt Bestimmungen getroffen worden. Hier nach fährt Roosevelt am ersten Pnnostsciertag früh ls/,12 Uhr vom Bahnhof Friedrichstraße über Vlissingen nach London ab, wo er nm Montag vormittag ointrisft. * Die Rcichstogokommiffion zur Borberatung der Neichoversicherungsordnung wird am 27. Mai ihre Beratungen ausnehmen. Wie wir hören, will die Kommission zunächst 6 Wochen tagen und wöchent lich 4 bis 5 Sitzungen zu durchschnittlich 6 Stunden abhalten, es stehen ihr also 30 Sitzungen zur Ver fügung. Die Zeit vom 8. Juli bis Mitte August soll sitzungsfrci bleiben. Daß die Kommission in 30 Sitzungen nicht 1800 Paragraphen, also 60 pro Tag und 10 pro Stunde erledigen kann, ist klar. Sic will auch zunächst nur die Frage der Kosten der neuen Organisation beraten und zu diesem Zweck sich den Plan, den die Regierung zurzeit für zwei preußische Provinzen aufstellt, einer Drskuffion unterbreiten. Dieser Plan mit einer genauen Kostenberechnung wird der Kommission am 27. Mai vorliegen und zei gen, welche neuen Kräfte erforderlich sind, wie hoch die Koste» sind und wie sie sich auf Staat und Ler- sicherungsträqer verteilen. Von diesen Erörterungen hängt das Schicksal der Vorlage ab. Unterrichtete
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