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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.02.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-02-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100217015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910021701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910021701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-02
- Tag 1910-02-17
-
Monat
1910-02
-
Jahr
1910
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Mpziger TagMM Handelszeitung. Amtsblatt des Aales und des Aolizeiarntes der Ztadt Leipzig. Anzeigen-Preis iür Inserate au» Leivtig und Umgedung die itgelpaltene k>0 tum breite Petitzeile 28 -H, die 74 wm breit« Neklamezeile l ^k von auswärts 30 Reklamen 1.20 Inserate von Behörden 'M amtlichen Teil die 74 wm breite Petitzeile 40 illeschäitSanzeiqen mit Platzvorschristen und in der Abendausgabe >,n Prene erhöht Rabatt nach Taris. Beilagegebübr 8 p. Tausend exkl. Postgebühr. Iesterteilt« 'Austräge können nicht zurück gezogen werden. Iür das ibrscheineu au bestimmten Tagen und Plätzen wir» keine Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Augustutzplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen des In- und Auslandes. -auvt-8tltale Berlin: Carl Dnncker, Herzog!. Bahr. Hosbuch- tandlung, Lntzowstiatze 10. (Telephon VI, Str. 4603). Hauvt-Ftliale Dresden: Secstrage 4,1 (Telephon 46211. m. 47. Oltnnersiag, »en 17. ^ebrusc 1S10. 104. Jahrgang. Das Wichtiglte. * Der Verband Sächsischer Industri ¬ eller hielt am Mittwach inDresdcn seine dies jährige Hauptversammlung ab. (S. d. des. Art.) * Der Reichstag beendete am Mittwoch die crste Lesung des A r b e i t sk a m m e r - gesetzcs und des Hausarbcitcrgesetzes. (S. Rcichstagsbcr.) Die Reichstagsstichmahl in Mül heim-Wippersürth ist aus den 26. Februar sestgesetzt. * Zwischen Deutschland und Kanada ist ein Handelsabkommen in Aussicht genom men, das nm l. März in Kraft treten sott. * Der schwedische Reichstagsnusschuß empfahl die Annahme der Regierungsvorlage über die Ver längerung des augenblicklich geltenden Han delst! aktats zwischen Schweden und Deutschland bis zum 1. Dezember 1911. * Die politische Lage in Kriechen land hat eine bcdentlichc Bcrschärfung erfahren. (S. Ausl.) * In Wadai (Zentralafrikas wurde eine Ab teilung französischer Truppen in einen Hinterhalt gelockt und säst völlig aufge- rleben. (S. Ausl.) Larü kitchener als SSnüiger Inüiens. Die Fortschritte des Vcrschwörungswesens in Indien bedeuten für die ganze Kultnrwclt nichts Gutes. Denn wenn dieses riesige Land mit seinen üoo Millionen Einwohnern aus der Ordnung und dem Landfrieden, die es England verdankt, wieder zurückgcschlcudcrt wird in seine früheren anarchi stischen Zustände, so würden die wirtschaftlichen Ver hältnisse aller Länder in Mitleidenschaft gezogen. Betrug doch allein Deutschlands Ausfuhr nach Vri- tisch-Indien 1!)08 IM,7 Mill. Mark. Der völlige staatliche Zusammenbruch wäre aber die unausbleib liche Folge eines Sieges der Auifrührer. Englands Interesse an der Ordnung Indens ist natürlich hundertfach größer. Man begreift leicht die Sorgen des herrschenden Landes um die schönste seiner Kolonien. Ja, man wundert sich oft, das; gewisse Parteien in solcher Ge mütsruhe mit dem Gedanken eines europäischen Krieges, an dem England beteiligt wäre, spielen. Andere hingegen täuschen sich nicht darüber, daß in einem solchen Falle sogleich Armeen nach Bengalen und Dekhan gesandt werden mühten, um die Hindus von unbesonnenen Schritten zurückzuhalten. Und wer weih, ab das gelänge. Die indische Regierung scheint wachsamer zu sein. An Vorsichtsmahregeln bietet sie alles auf. Auch überwacht sie mehr als je die im Auslande weilenden Hindus. Man weih sehr wohl, dah diese zum Teil stark an dem aufrührerischen Treiben beteiligt sind. Auch in Berlin hat die anglo-indische Regierung kürzlich nachgcforschr, ob dort verdächtige Inder lebten. Man konnte die beruhigendste Versicherung geben. Es seien nur wenige Inder dort, lauter harmlose Personen. Bei der scharfen deutschen Fremdenpolizei lönnten sich unbekannte Farbige gar nicht in Deutsch land aufhalten. Beim ersten Verdacht würden solche Leute sofort ausgewiesen werden. Anderwärts ist man weniger schart Namentlich sollen in verschie denen amerikanischen Staaten Inder leben, die lief in die Verschwörung verwickelt sind. So in der Welt stadt New Pork. Sogar in England selbst leben sie unter den Augen der Polizei. Wenn sie sich nur nicht offene Gesetzwidrigkeiten zu schulden kommen lassen, so werden sic gar nicht behelligt. England lann billigerweise gar nicht die vornehmen Inder ausweisen, die nur Studiums halber seine Univer sitäten besuchen. Das sind aber gerade die schlimmsten, wie die Ermordung Sir Curzon Wyllies durch einen brahmanischen Studenten in London im Juli v. I. beweist. Auch der Mörder des Bezirkspräsidenten Jackson in Indien selbst im Dezember war Student und Angehöriger einer der angesehensten Familien des ganzen Vrahmanentums: Zwei Mahregeln trifft England jetzt, um dem sich so unheimlich ausdehnenden Verschwörertum zu be gegnen. Die eine ist die Unterdrückung der Hindu- Presse sobald die Zeitunren Miene machen, den Auf ruhr zu fördern. Bisher hat man vorbeugende Maß- regeln gar nicht gekannt Man hat nach englischer Art die Presse gewähren lassen und den auf Selb- ttändigtcit Indiens abzulendcn Unsinn verachtet. Als man sich überzeugt ha te, wieviel gerade diese Zeitungen beitrugen zur Lerbrcitung der anarchi stischen Ideen, hat man sie gerichtlich zur Verant wortung gezogen und auch viele Strafurteile erwirkt. Jetzt sollen die Zeitungen vorher eine für indische Verhältnisse hohe Geldbürgschaft stellen und bei zwei maliger Straftat unterdrückt werden. In Indien wohnende Engländer haben lange ein derartiges scharfes Auftreten gefordert. Ob es früher geholfen bätte, ob cs jetzt noch Helsen wird, steht dahin. Es fragt sich, ob nicht das plötzliche strenge Vorgehen anfs neue böses Blut machen und die Empfänglich keit für geheim hergestcUte Flugblätter vergrößern wird. Gerade die Heimlichkeit der Bewegung und obendrein ihre Verquickung mit der Hindureligion und ihren Mysterien ist kennzeichnend. Die andere Mahregcl ist die bevorstehende Er nennung Lord Kitcheners zum Gouverneur von Indien. Sie bedeutet die Anwendung der starken Hand gegen die unbotmäßigen Schichten, namentlich gegen das Brahmanentum.das offen dicFiihrung in dem Kampfe für das Programm „Indien für die Inder" über nommen hat. Lord Kitchener ist außer dem altern den Lord Roberts die erste militärische Autorität Englands. Er trat schon als zwanzigjähriger Jüng ling auf die Seite Frankreichs und kämpfte gegen Deutschland. Er blieb Soldat und zeichnete sich als Ingenieur an verschiedenen Stellen der asiatischen Türkei aus. Später trat er in den ägyptischen Dienst. Man kann ihn wohl die Seele der Kriegführung gegen die Mahdisten nennen. Ob er absichtlich sich noch fünf Jahre, nachdem er (1892) zum Oberbefehlshaber er nannt war, auf die Defensive und auf langsames Vordringen nach Süden unter Ausbildung aller kricgsnotwendigcn Verkehrsmittel beschränkt hat, oder ob seine Regierung so lange seinen Arm ge fesselt hat, kann man schwer entscheiden. Genug, als er 1897 zu dem vernichtenden Schlage ausholte, er rang er den großen Sieg bei Omdurman. Das mag die Veranlassung gewesen sein, daß er 1899 als Generalstabschcf herangezogen wurde, um dem Krieg gegen die Buren zu schnellerer Entscheidung zu ver helfen. Das gelang ihm gleichfalls. Nach einigen Jahren wohlverdienter Ruhe wurde er zum Ober befehlshaber aller indischen Truppen ernannt. Auf diesem wichtigen Posten entwickelte er wieder eine außergewöhnliche Energie. Daß die Verteidigungs maßregeln gegen einen möglichen Uebcrfall des in dischen Rordwestcns durch russische Truppen in so gutem Zustande sind, verdankt man ihm. Es brach darüber ein Zwist aus zwischen Kitchener und dem Vizckönig Indiens, Lord Curzon, der ebenfalls als ein kraftvoller Regent sehr geschätzt wurde, aber doch Bedenken gegen Kitcheners Schroffheit trug. Er wurde abberufen und durch Lord Minto ersetzt, der jetzt bestimmt ist, den Platz für Kitchener frei zu machen. Nimmt dieser die Zügel der Regierung in die Hand, so wird jedenfalls nicht gefackelt. Dennoch läßt sich das Ergebnis gar nicht vorhersehen. Im allgemeinen sind die Inder ein schwaches, furchtsames Volk. Der Einzelne ist feige. Lord Clive und Warren Hastings hoben das ganze riesige Land mit einer Handvoll Europäer erobern können. Aber der Fanatismus reißt auch die Inder zum Aeußerstcn hin, das hat man 1857 gesehen. Seitdem sind die Ver teidigungsmittel der Engländer in ungleich besserem Stande. Sie allein haben die Artillerie in Händen. Aber auch die Revolutionspartei ist ganz anders ge rüstet. Alle Waffenverbote haben nicht gehindert, daß Schußwaffen mit Ausnahme von Kanonen in Menge in Händen der Hindus sind. Die Bomben sind eine Waffe, die zwar im Kriege nicht viel ver schlägt, gegen die feindlichen englischen Geschäftsleute aber gefährlich werden kann. In ganz Indien sind nur 75 000 Mann weiße Truppen. Das reicht sicher aus, solange die farbigen Mannschaften treu bleiben. Da liegt die Hoffnung der Engländer auf den Mohammedanern, die schon von Haus aus religiöse Widersacher der Hindus sind. Aber wenn auch der Sieg des Aufruhrs in weitem Felde liegt, Unheil genug kann ansbrechen. Ksupmerlsmuttung ües ver- dsnüs SSchMcher Industrieller. I'. Dresden, 16. Februar. An der allgemeinen Versammlung am Nach mittag im Ausstellungspalast nahmen ebenfalls eine große Anzahl von Vertretern verschiedener Behörden sowie von Vertretern industrieller Verbünde teil. Vom Ministerium des Innern bemerkte man die Geheimen Räte Dr. Roscher und Steglich, vom Ministerium des Aeußern den Geheimen Legations rat von Stieglitz, von der Kreishauptmann schaft Dresden Kreishauptmann Dr. von Oppen. Die Stadt Dresden war vertreten durch den Oberbürgermeister Beutler und Bürgermeister Dr. Kretschmai( sowie verschiedene Stadträtc und Stadt verordnete. Als Vertreter der Handelskammer Dresden war ihr Vorsitzender Geheimer Kommerzien rat Collenbusch mit dem Syndikus Dr. Karst erschienen. Ferner sah man den Präsidenten der Zweiten Kammer Dr. Vogel, mehrere Mitglieder Her Zweiten Kammer und den Direktor des Hansabundes Knobloch. Nachdem der Vorsitzende Kommerzienrat Lehmann ein Hoch auf den Kaiser und König als die Schirm herren der Industrie ausgebracht hatte, begrüßte Oberbürgermeister Beutler die Versammlung im Namen der Stadt Dresden. Er erinnerte an die wieder aufsteigendc Konjunktur iin Wirtschaftsleben und wies auf den großen Einfluß hin, den derVcrband als die Vereinigung staatskundiger Männer der Indu strie bei den neuen handelspolitischen Verträgen üben könne, die Deutschland abzufassen im Begriffe stehe. Er hoffe, daß der Einfluß des Verbandes hierbei für Deutschland von Segen sein möge und hieß die Ver sammlung nochmals herzlich willkommen. Nachdem dann noch der Vorsitzende des Verbandes der thüringischen Industriellen Pferdekämper zugleich im Namen des Bundes der Industriellen die Grüße dieser befreundeten Verbände überbracht hatte, nahm der Syndikus des Verbandes Dr. Stresemann das Wort zu einem Vortrag über Industrie und Gesetzgebung. Von lebhaftem Beifall begrüßt, führte Redner etwa folgendes aus!: Ein Rückblick auf die Geschichte Deutschlands in den letzten Jahrzehnten zeige uns nach der Gründung des Deutschen Reichs einen un geahnten Aufschwung, eine Entwicklung von Handel und Industrie, wie man sie kurz vorher kaum für möglich gehalten habe, da Deutschland keineswegs zum Industriestaat prädestiniert gewesen sei. Mit dem Aufschwung der Industrie habe aber ihre Berücksich tigung und Betätigung im öffentlichenLeben keineswegs Schritt gehalten. Anders sei es in England, wo es als selbstverständlich gelte, daß der In dustrielle im öffentlichenLeben tätig sei. Die Industrie inüsse darum auch bei uns sich mehr am öffentlichen Leben beteiligen, dann werde man auch von seiten der Re gierung der Industrie mehr Vertrauen entgegen bringen. Bis jetzt habe die Regierung nur dann Vertrauen zur Industrie, wenn es gelte, einen ungünstigen Handelsvertrag zu verteidigen. (Heiterkeit und Zustimmung.) Redner erörtert dann die Handelsvcrhältnisse des Weltmarktes, über den eine gewaltige Schutzzollwelle dahingehe. Das Auftreten dieser Wette sei keines wegs durch Deutschland veranlaßt, aber Deutschland dürfe sich ihr nicht entziehen, denn nur seine Zoll politik sichere ihm seine Stellung auf dem Weltmarkt, gegenüber der wirtschaftlichen Entente, die sich gegen Deutschland gebildet habe. Im Hintergrund der eng lischen Entwicklung stände der Chamberlainismus mit seiner Zusammenfassung Englands und der Kolonien Unter der wirtschafts politischen Flagge des „Greater Britain" im Kampfe um die neuen Kulturgebiete in Kleinasien und in der Mandschurei werde sich die deutsche Industrie im ganzen letzten Jahre we sentlich verstärktem Wettbewerb gegenübersehen. Für die deutsche Industrie folge daraus, daß sie willig ein treten müsse für eine starke nationalePolitik, für eine starke deutsche Flotte, die uns den Frieden auf dem Weltmeere erhält, wie ihn das Landheer uns aus dem Lande erhalten habe, für eine kräf tigere diplomatische Vertretung dieser Politik, damit ein Fall Mannesmann sich nicht wiederhole, und für eine gesunde Kolonialpolitik, damit unsere Kolonien eine kraftvolle Unterlage für unsere Ausfuhr werden könnten. Gefordert werden müsse aber weiter eine gerechte Wirt schaftspolitik, die sich freihalte von einer einseitigen Bevorzugung der Lcmdwirtschast. Gegen extreme agrarische Forderungen müsse man sich kräftig wehren und dafür sorgen, daß Industrie und Handel so bewertet würden, wie sie es verdienten. (Zu stimmung.) Der portugiesische Handelsver trag z. B. sei von der Reichsregierung abgeschlossen worden, ohne daß sie den sachverständigen Rat der Industrie eingeholt hätte. Es könne doch unmöglich für einen Beamten etwas Erniedrigendes darin liegen, wenn er den Kaufmann um sachver ständigen Rat angehe. Die Reichsregierung habe aber ein Ersuchen des deutschen Handelstags um Veröffentlichung des Entwurfs zum deutsch portugiesischen Handelsvertrag fastein volles Jahr lang unbeantwortet gelassen. Aehnlich habe sich die Reichspostverwaltung beim Postsckfeckoerjkehr gegenüber dem Handels- oertragsverein verhalten. Der Wirtschafts ausschuß sei gewiß ein geeignetes Organ, aber die Industrie sei darin nicht genügend vertreten und daher fehle es ihr. an der Oeffentlichkeit ihre Wünsche vorzubringen. Möge man den Ausschuß wesentlich erweitern oder noch besser, einen Zollbeirat einrichten mit Abteilungen für die einzelnen Be ratungen. Rednersgeht dann auf das Gebiet der Sozialpolitik über. Daß der Grundgedanke der Sozialpolitik be rechtigt sei, zeige sich daran, daß auch andere Kultur länder sich dieser Forderung nicht mehr entziehen könnten. Mit diesen grundlegenden sozialen Ge setzen habe sich auch die Industrie längst abge funden. Wogegen sic sich wehre, das sei die Pureaukratisierung der Sozialreform. Nicht auf geben könne der Industrielle die Autorität im Betsriebe, denn wer das Risiko trage, müsse auch die Entscheidung über die Zweckmäßigkeit der Leitung seines Betriebes übernehmen. Im übrigen seien die Forderungen nach Bil dung einer deutschen Arbeitgeber partei zurückzuweisen. Nicht das Hervor kehren von Gegensätzen zwischen Arbeitern und Ar beitgebern, sondern die Betonung des Gemeinsamen muffe in den Vordergrund »gestellt werden. Von der wirtschaftlichen Gesetzgebung der Zukunft hinge auch die Zukunft der Industrie und von dieser die Zukunft des deutschen Vaterlandes ab. Niemand habe mehr Interesse an der Stabilität der Verhältnisse und der Aufrechterhaltung der Autorität, als die industriellen Kreise. Daher sei auch die For derung auf Vertretung in der sächsischen eststen Ständekammer mindestens ebenso be gründet, wie die Vertretung des Großgrundbesitzes in dieser gesetzgebenden Körperschaft. In dem Land tag und in dem Reichstag müsse es heißen: Indu strielle vor die Front! (Langanhaltcndcr, sehr leb hafter Beifall.) Hierauf sprach Prosessor Kübler von der Technische" Hochschule über die Elektrizität als Faktor dc^ modernen Wirtschaftslebens. Da der Saal der vielen Lichtbilder wegen verdunkelt werden mutzte, ließ sich dieser Vortrag leider nicht mit dem Stifte fcsthalten. Nachdem der Vorsitzende beiden Rednern für ihre interessanten Ausführungen ge dankt, schloß die Versammlung. Deutsches Keich. Leipzig, 17. Februar. * Zur Angelegenheit der Schisfahrtsabgabcn wird aus Dresden offiziös folgende Meldung verbreitet: Zu der vom „Schwäbischen Merkur" verbrei teten Nachricht über die in Sachen der Schiffahrts abgaben in Berlin stattgehabten kommissarischen Verhandlungen wird uns mitgeteilt, daß daran auch sächsische Vertreter, unbeschadet des hier eingenommenen prinzipiellen Standpunktes, teil genommen haben. Der Verlauf wird auch hier insoweit als befriedigend bezeichnet, als ein wesentlich größeres Verständnis für die Schwierigkeiten der Durchführung des ganzen Gesetzentwurfes und für die Größe der Sachsen drohenden Schäden auch in Berlin Platz zu greifen scheint. Ob es freilich gelingen wird, die Vorlage so zu gestalten, daß Sachsen ihr wird zustimmen können, ist noch eine völlig offene Frage. Daß in Preußen in der Tat das Verständnis für die Schwierigkeiten der Lage wächst, beweist auch folgende Auslassung der „Nordd. Allg. Ztg.": „Nach dem der Bundesrat zur Frage der Schtffahrtsabgaben Stellung genommen hat, wird der voraussichtlich weitere Verlauf dieser Angelegenheit in einem Teil der ausländischen Presse lebhaft erörtert. Dabei be gegnen wir Ausführungen, die von der Vorstellung ausgehen, daß die Reichsregierung zu einer ein seitigen Lösung der Frage ohne Rücksicht auf bestehende Verträge mit den ausländischen Staaten greifen könnte. Derartige Vorstellungen sind irrig. Bei der weiteren Behandlung der Schiffahrtsabgaben frage ist nur der Weg freundschaftlicher Ver ständigung gangbar. * Zur Revision des Forst- und Feldstrafgesetzes. Man schreibt uns: „Wie unseren Lesern erinnerlich sein wird, hat im vorigen Jahre Rechtsanwalt Dr. Weise in Dresden alle Wanderfreunde um Mit teilungen über die Handhabung des neuen Forst- und Feldstrafgesetzes gebeten, um festzustellen, ob cs mit der von der Regierung erwarteten Milde ange wandt worden ist. Es hat sich bekanntlich gezeigt, daß die Waldbesitzer vielfach mit großer Strenge vor gegangen sind und dadurch den Wald- und Naturgenuß allen Naturfreunden sehr er schwert haben. Dr. Weise hat das von ihm ge sammelte Material dem Landtag zur Beschlußfassung über Aenderungen des Gesetzes überreicht. Außer dem haben sich die größten touristischen und Gebirgs vereine Sachsens zu einer Petition an den Landtag zwecks einer Aenderung des Gesetzes zusammenge schloffen. Es scheinen aber wohl bei den Vertretern der konservativen Partei noch Zweifel dar über zu herrschen, ob das Gesetz wirklich die allgemeine Unzufriedenheit aller Kreise — ausgenommen natür lich der Waldbesiher — erregt hat. Rechtsanwalt Dr. Weise, Dresden-A , Schreibergaffe 2, II, bittet daher um weitere Unterstützung zwecks Bei bringung von weiterem Material. Am besten wer den die Zeitungsblätter mit den betreffenden Ar beiten an ihn übersendet, oder, wo solche nicht zu er langen. eine Abschrift der Arbeit. Erwünscht ist auch eine Mitteilung darüber, ob etwa besondere Gründe zu Erlaß eines Waldverbotes vorgelegen haben, oder ob es als ungerechtfertigt empfunden wird. Da die Beratung im Landtage bereits begonnen hat, emp fiehlt sich möglichste Beschleunigung, falls die Mit teilungen noch etwas nützen sollen. Möge sich jeder, dem die Sache am Herzen liegt, an der Sammlung beteiligen. Es ist keineswegs sicher, wie die Beratung ausgeht, es kann daher gar nicht eindringlich genug dargestellt werden, wie die Verhältnisse hier draußen im Lande sind, denn vielfach hat man in Dresden davon gar keine Vorstellung." — Wir bemerken dazu, oaß die Eesetzgebungsdeputation bereits in der vori gen Woche die Beratung der freisinnigen Anträge aus Beseitigung gewisser unsozialer Bestimmungen im Forst- und Feldstrasgesetz beendet und dabei, gegen die Stimmen einiger Konservativer, beschlossen hat, den Absatz 1 des 8 1t, der das Waldverbot enthält, völlig zu streichen. Das Plenum der Kammer wird diejem Beschluß sicher beitreten. Der Nationalliberale Deutsche Reichsverein zu Dresden hielt am 12. Februar, abends im Hotel „Drei Raben" seine Generalversammlung ab. Der bisherige Vorsitzende, Amtsrichter Dr. Gutmann, erstattete den Jahresbericht. Seit Mitte November hat der Verein rund 300 Mitglieder gewonnen. Das zweite Tausend der Mitglieder wird demnächst erreicht sein. Dann hielt AbgeordneterDr.Heinze eine mit lebhastem Beifall aufgenommene Rede über die poli tische Lage. Den letzten Punkt der Tagesordnung bildeten „Vorstandswahlen". Zum 1. Vorsitzenden wurde Rechtsanwalt und Notar Dr. Georg Kaiser gewählt. Zum 1. Schriftführer wurde Bankbeamter Johannes Liebmann, zum 2. Schriftführer Land gerichtsrat Wahl, zum Schatzmeister Fabrikbesitzer Theodor Kraft gewählt. * Der Vaterländische Verein für Böhlitz-Ehren- berg veranstaltete am Dienstag abend eine Mit gliederversammlung, die gut besucht war und sehr befriedigend verlies. Herr Generalsekretär Dr.Weste n - berg er sprach über Grundfragen unserer heutigen Volkswirtschaft und behandelte dabei insbesondere unsere Handelsvertragspolitik, an der er (siehe por tugiesischer Handelsvertrag) eine scharfe Kritik übte. Der Vortrag wurde mit Beifall ausgenommen! cs schloß sich daran eine weitere Aussprache. * * Prinz Heinrich von Preußen stattete am Mitt- wochvormittag in London dem Premierminister Asauith und dem Minister des Aeußern Sir Ed ward Grey einen Besuch ab.
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