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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.01.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-01-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191001121
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19100112
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19100112
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-01
- Tag 1910-01-12
-
Monat
1910-01
-
Jahr
1910
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Br-uftö-PreiS PK Leipzig »ad Lmwrk d»ech »K« Träger und Spediteure in« H«u» «bracht» !>v v, -nonatl., T.7V vierkltibrl. Sei u> icrn Filialen u. Ännahmestellen adgeholt: 12 H monatl., t.k5 vieNeljLtzrl. Lurch die wog: innerhalb Deuljchlunb« und der bratsche» «»Ionien vierteijtdrl. 8 monatl. 1.20 auSschl. Postbestellgeld. Kerner in Belgien, Dänemark, den Tonanstaaten, Italien, Lnremdnra, Nkderland«, Rar» wegen. Oesterreich-Ungarn, Nustland, Schwede«, Schweiz a. Spanten. In alle» übrigen Staaten nnr direkt durch di« Ge!»»ft»steNe des Mattes erhältlich. Tas Leipziger Tageblatt erscheint wöchent lich 7 mal und zwar morgen«. Abonnement-Annahme: Sugnstuäplatz 8, bei unseren Trägern, Ktlialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern and Briesträgern. Tie einzelne Nummer kostet 10 Sketaktton und Geschäft-steiler Johannisgasse 8. Fernsprecher: 14692, 146911, I46S4. MiMer TagMalt Handelszeitung. Amtsblatt des Rates «ad des Ralizeiamtes der Ltadt Leipzig. 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Das Wichtigste. * Die Zweite Kammer des sächsischen Landtages erledigte zu nächst ein Etat- und mehrere Rechenschaftskapitel und wandte sich dann der allgemeinen Vorberatung der Dekrete über di« Landcsbrand- versicherungsanstalt und über die Feuerversicherung bei privaten Versicherungsunternehmungen zu. Beide Entwürfe wurden an die Gesetzgeb nngsdeputation ver wiesen. sS. Landtagsbericht.) * Der Reichstag beschäftigte sich am Dienstag mit den liberalen Interpellationen über die mecklenburgische Verfassungs reform. Die Reich sregierung erklärte, in diese Angelegenheit nicht eingrcifen zu können. sS. Neichstagsbericht.) * Der preußische Landtag wurde am Dienstag durch den Kaiser feierlich eröffnet. In der ersten Sitzung des Abgeord netenhauses gab Finanzminister von Nbeinbaben ein Exposö. Ter Etatanschlag für 1910 schließt mit einem Fehlbetrag von 92 Millionen Mar k ab, der durch eine Anleihe gedeckt werden soll. sS. Ä. bes. Art.) * Der Präsident des Reichstages Graf Stolberg- Wernigerod« ist leicht erkältet und muß einige Tage das Bett hüten. * Der König von Dänemark hat, wie „Tidendes" meldet, den Antrag des Ministeriums Zahle auf Aufhebung der Or dens- undNangverleihung«n abgelehnt. * Zahlreiche Kurzschlüsse in Paris geben zu der Befürch tung Anlaß, daß die Pariser Elektriker eine neue Be wegung vorbereiten. sS. d. bcs. Art.) * Die Bildung des ungarischen Kabinetts durch Dr. Lucacs ist gescheitert, Graf K h u e n - H ederv a rtz wurde mit der Bildung des Kabinetts betraut. sS. Ausl.) * Ans Lissabon wird die Aufdeckung eines großen anarchistischen Komplotts gegen das Leben König Manuels gemeldet. sS. Ausl.) Esn cnnsrikcttii-chsr Cufthieb. Der Staatssekretär für die auswärtigen Angelegenheiten der Ver einigten Staaten, Herr Knox, hat der Öffentlichkeit den Vorschlag übergeben, die mandschurischen Eisenbahnen, die Rußland und Japan gehören, diesen Mächten abzukaufen und sie durch Rückerstattung an Ehina zu neutralisieren. Die amerikanische Diplomatie blickt bekannt lich mit Verachtung auf die veralteten kontinentalen Methoden herab. Sie liebt es, durch Offenheit, durch unerwartete, groß angelegte Züge zu verblüffen. Sie trägt den Charakter des ehemaligen Präsidenten Roosevelt, der sa so recht der Prototyp des seiner selbst sicheren Ameri kaners war. Indessen hat Europa diese Taktik nun durchschaut und die amerikanischen Bravaden machen nicht mehr viel Eindruck. Man prüft sie ruhig auf ihre Ziele und auf ihre geheimen Beweggründe hin und nicht selten erweisen sich die Hiebe der amerikanischen Diplomatie als Lufthiebe. Immerhin: wenn Herr Knox die öffentliche Meinung der zivilisierten Welt in Erstaunen setzten wollte, so ist ihm das wenig stens für einen Augenblick gelungen. Der Schritt der Vereinigten Staaten liegt allerdings in der Rich- tung derjenigen Politik, die Amerika schon lange dem Reiche der Mitte gegenüber betreibt. Die Vereinigten Staaten haben sich sorgfältig von jeder Feindseligkeit gegen Ehina zurückgehalten und gern ihre freundliche Gesinnung, ihre Uneigennützigkeit und ihre Schutzbereitschaft dem chine sischen Reiche gegenüber hervorgetan. Sie haben durch diese Haltung die Sympathie der Chinesen zu gewinnen gesucht und Balsam in die Wunden geträufelt, die das Verhalten der Amerikaner gegen die chine sischen Kulis der Eigenliebe der Ostasiatcn schlug. Die Amerikaner be trachten China als ihre Handcisdomäne und erwarten von der Er schließung und Modernisierung des Vierhundert-Millionen-Neiches außerordentlich viel. Unter diesen Umständen kann ihnen der Gedanke nicht angenehm sein, daß Japan einen führenden Einfluß in China ge winnt. Diesem Einfluß denken sie nach englischem Muster entgegen- zuarbeiten, indem sie es verhindern, daß Rußland und Japan sich einigen und indem sic den japanischen Einfluß durch den russischen zu paralysieren trachten. Die Unterhandlungen zwischen Rußland und Japan sind ihnen also schon im Prinzip unbequem und es kann ihnen nur daran gelegen sein, sie zu stören. Eine solche Störung erreichen sie vielleicht, wenn sie gerade jetzt, in einem Augenblick, in dem die Unter handlungen eine kritische Phase durchlaufen, den erwähnten Vorschlag zur Debatte stellen. Anderseits aber ist es nicht ausgeschlossen, daß der Pfeil sich gegen den Schützen wendet und daß Japan und Rußland nun erst recht versuchen, rasch einig zu werden, um jede unbequeme Inter vention abzuwenden. Der chinesischen Regierung freilich wird durch den Vorschlag der Amerikaner der Rücken gestärkt und die chinesischen Behörden werden nun nichts unterlassen, um der rirssisch-japanischcn Verständigung den Fortgang zu erschweren. I« Japan kann der Gedanke des Herrn Knox natürlich nur ver stimmen und die Nachrichten, die bisher zu uns gedrungen sind, be stätigen denn auch diese Annahme. Die japanische Presse sieht wertvolle Interessen ihres Landes bedroht und erklärt, daß sich der Plan in erster Linie gegen Japan und seine ostasiatische Politik richte. In dieser Auffassung hat sie selbstverständlich recht; eS liegt den Amerikanern daran, den Japanern die Hegemonie in Ostasien zu entreißen. Die japanische Presse erklärt, daß Japan di« Rechte nicht aufgeben könne, für die es a» GM mrd Blut so schwere Opfer gebracht habe, und so ist nicht die geringste Aussicht vorhanden, daß der Gedanke des Herrn Knox verwirklicht werden könnte. Vielleicht hat der Staatssekretär mit der Tatsache gerechnet, daß sowohl Japan wie auch Rußland Geld brauchen. Wenn dem so ist, so hat die Dollarpsychologie einmal wieder die ideellen Triebkräfte unterschätzt. Japan ist viel zu ehrgeizig und seiner Großmachtstcllung viel zu sehr eingedenk, als daß es den Vor schlag der Vereinigten Staaten auch nur ernstlich in Erwägung ziehen sollte. Es wird sich sicher nicht mit Geld abspcisen lassen und es wird sein ostasiatisches Erstgeburtsrecht nicht um das Linsengericht einiger Millionen hingeben. Von dem Vorschläge des Herrn Knox wird nichts zurückbleiben als eine diplomatische Spannung und eine nationale Ver stimmung. Die Vereinigten Staate» müssen sich jetzt außerordentlich sicher fühlen, denn sonst würden sie es nicht wagen, die Beziehungen zu Japan beinahe mutwillig zu verschlechtern. Die Mächte werden vielleicht ihr Einverständnis aussprechen. Doch wird dieses Einverständnis, wie es in den offiziösen Meldungen zu heißen pflegt, „grundsätzlich" ausgesprochen werden, und das bedeutet im Deutsch des Alltags, daß keine der Mächte beabsichtigt, in dieser Angelegenheit einen Finger zu rühren. Für England besonders ist die Situation unbequem, wie immer dann, wenn England sich dazu genötigt sieht, zwischen Amerika und Japan zu wählen. Seit Jahrzehnten ver säumt England keine Gelegenheit, sich den Vereinigten Staaten gefällig zu erweisen, und vermeidet ängstlich jeden Konflikt mit der stammver wandten Republik. Auf der anderen Seite darf England die Japaner, die schon ziemlich deutlich darauf hingewiesen haben, daß das Bündnis mit England sie nicht voll befriedigt habe, nicht vor den Kopf stoßen. Die Folge davon ist die, daß England eine Antwort erteilen wird, die sich auf der mittleren Linie zu bewegen versucht und vielsagend nichts sagend ist. Hinsichtlich Deutschlands wird behauptet, daß auch Deutsch land zustimmen werde, da der amerikanische Vorschlag den Grundsätzen der Gleichberechtigung für alle entspreche. Au solchen platonischen Zu stimmungserklärungen wird es nicht fehlen; der Gedanke aber kann natürlich nicht verwirklicht werden, wenn Japan oder Rußland seine Zustimmung verweigert. Die Großmächte werden sich schwerlich dazu entschließen, dem Mikado vermittels einer Exekutionsarmee sein Ein verständnis abzupressen. Die ganze Angelegenheit wird daher ver mutlich nur „schätzbares Material" für die Kabinette liefern, und der Hieb, zu dem Herr Knox ausgcholt hat, wird durch die Luft ins Leere sausen. Dse preußische Thronrede. Am Dienstag, mittags 12 Uhr, wurde im Weißen Saale des Ber liner Schlosses der preußische Landtag feierlich eröffnet. Die Minister, mit dem Ministerpräsidenten von Bethmann Hollweg an der Spitze, stellten sich neben dem Throne auf. Unter Dorantritt zweier Herolde und der Herren des großen Vortritts betrat der Kaiser den Saal. Un mittelbar hinter ihm kamen der Kronprinz, die Prinzen Eitel Friedrich, August Wilhelm, Oskar, sowie Prinz Karl Anton von Hohenzollern. Exzellenz Manteuffel brachte das Kaiserhoch aus. Der Kaiser in der Uniform der Gavdedukorps, bestieg die Stufen des Thrones, bedeckte sein Haupt mit dem Adlerhelm und nahm aus den Händen des Minister präsidenten die Thronrede entgegen, die vom Kaiser mit lauter Stimme verlesen wurde. Sic hat folgenden Wortlaut: „Erlauchte, edle und geehrte Herren von beiden Häusern bcs Landtags! Die Staatsfinanzen, welche durch die Ungunst der wirt schaftlichen Verhältnisse in Mitleidenschaft gezogen waren, beginnen sich infolge der allmählichen Wiederbelebung von Handel und Verkehr langsam zu bessern, so daß sich voraussichtlich auch der für das laufende Etatsjahr veranschlagte Fehlbetrag nicht unerheblich ermäßigen wird. Immerhin kann von den staatlichen Betriebsverwaltungen, insbesondere der Eisen bahnverwaltung, bei ihren stark gestiegenen Selbstkosten, auch für 1910 kein so hoher Zuschuß zu den allgemeinen Staatsausgaben wie in früheren Jahren erwartet werden. Dazu kommt, daß von den rund 200 Millionen Mark, durch welche die Besoldungsaufbcsserungen die Staatskasse dauernd belastet haben, nur der kleinere Teil in neuen Steuern Deckung ge funden hat. Trotz größter Beschränkung wird daher auch der Etats entwurf für das kommende Jahr mit einem zwar gegen die Vor jahre verringerten, aber doch noch namhaften Fehlbeträge abfchließcn. Diese Sachlage macht auch weiterhin möglichste Zu- rückhaltung in allen staatlichen Aufwendungen zur Pflicht, um die Einnahmen und Ausgaben nach und nach wieder auszugleichen. Dem vom Hause der Mgeordnetcn kundgegebenen Wunsche ent- sprechend isi in dem Entwürfe des Etats versucht worden, zur Herbei- führung größerer Gleichmäßigkeit im gesamten Staatshaushalt, einer übermäßigen Inanspruchnahme der schwankenden Eiscnbahnerträge für andere staatliche Zwecke angemessene Schranken zu setzen. Zur Erweiterung und besseren Ausrüstung dcS Staatseisen- bahnnches, sowie zur Unterstützung von Kleinbahnen werden wiederum erhebliche Mittel gefordert werden. Die Fürsorge sür die schulentlassene Jugend erheischt eine weitere Ausbreitung und Entwickelung des Fortbildungsschnlwcsens auch auf dem platten Lande Gestützt auf die günstigen Wirkungen des im Jahre 1904 sür die Pro- vinz Hessen-Nassau erlassenen Gesetzes wird meine Regicruiw Gesetze Vorschlägen, die auch in den Provinzen Pommern, Schlesien und Westfalen den Kommunalverbänden das Recht verleihen sollen, die Pflicht zum Besuche sämtlicher Fortbildungsschulen cinzusühren. Den Bestrebungen zur Förderung der inneren Kolonisa tion, namentlich auch zur Seßhaftmachung von Arbeitern, wird fortgesetzt di« größte Aufmerksamkeit zugcwendet. Ein Gesetzentwurf, der die Mittel zur Gewährung von Zwischenkredit bei Renteugutsgründungcn erhöht, wird Ihnen demnächst zugehen. Das älteste der geltenden preußischen Gemeindeverfassungsgesetze, die Gemeindeordnung für die Rheinprovinz, vom 23. Juli 1845, vermag nicht mehr allen Anforderungen gerecht zu werden, welche die bedeutsame Ent wicklung dieser Provinz an die Gemeindeorganisation stellt. Eine Novelle will dieses Gesetz den Aufgaben der Gegenwart anpassen. Während die Rechtsgesetzgebung eine doppelte Heranziehung zu den direkten Staatssteuern innerhalb des Neiclies verhütet, fehlt es bisher für die direkt« Kommnnalbcstenerung an einem ähnlichen Schutze. Ein Gesetzentwurf soll die Möglichkeit schaffen, den kommunalen Doppelbesteuerunge« innerhalb der einzelnen Bundesstaaten im Verwaltungswege ent gegen z u t r e t e n. Um die als notwendig erkannte Reform der inneren Verwaltung zu fördern, habe ich im Juni des vergangenen Jahres eine besondere Im m ed i a t k o m m i s s i o n sachverständiger und erfahrener Männer aus den verschiedensten Kreisen berufen, die unter dem Vor sitze des Ministers des Innern ihre Arbeiten alsbald begonnen hat. Ihre gutachtlichen Vorschläge werden die Grundlage für die weiteren Beschlüsse und für gesetzgeberische Vorlagen meiner Regierung bilden. Ich vertraue darauf, daß auch Sie, meine Herren, alsdann bereit sein werden, das für die Fortentwickelung des Landes wichtige Werk nach Kräften zu unterstützen. Endlich harrt Ihrer noch eine ernste Aufgabe. Die Vor arbeiten für eine Reform des Wahlrechts zum Hause der Abgeordneten sind ihrem Abschlüsse nahe. Eine Vor lage wird in einigen Wochen Ihrer Beratung unterbreitet werden. Strenge Sachlichkeit und pflichtbewußte Staats gesinnung wird, des bin ich gewiß, wie bisher die Entschließung der preußischen Landesvertretunq leiten, und so erhoffe ich von der bevorstehenden Tagung segensreiche Ergebnisse für die Wohlfahrt des Vaterlandes." Der Ministerpräsident erklärte hierauf den Landtag für eröffnet. Dann brachte Exzellenz Kröchcr ein zweites Hoch auf den Kaiser aus, worauf der Kaiser mit dem feierlichen Zuge den Saal verließ. In der grcßcn Loge wohnte die Kaiserin mit der Prinzessin Viktoria Luise der Feierlichkeit bei. Wie schon die Thronrede bei der Eröffnung des Reichstages, so nimmt sich auch das Werk Bethmann Hollwegs, mit dem durch den Träger der Krone der preußische Landtag eröffnet worden ist, ungemein trocken und nüchtern, wenn nicht gar nichtssagend aus. Selbst kühnster Jnterpretationskunst wird es nicht gelingen, aus dieser Thronrede mit Sicherheit Schlüsse auf den künftigen Kurs der Negierung zu ziehen, lieber den preußischen Etat wird optimistischer gesprochen, als man eigentlich nach den jüngsten Mitteilungen über die Höhe des Defizits im Staatshaushalt erwarten durfte. Daß dem von nativnalliberalcr Seite iw letzten Landtage geäußerten Wunsche nach einer Neuordnung des Eisenbahnetats entsprochen wenden würde, hatte die Regierung bereits zugesagt. Die angekündryten Gesetzesvorlagen sind nicht sonderlich auf- regend: sie erfüllen nur die dringendsten Wünsche der vorwörtstreiben- den Elemente des Landtags. Bemerkenswert ist dagegen, daß die sonst früher einmal geplanten Entwürfe, wie z. B. Fischereiaesetz, Wasser gesetz, Fideikommißgeseh und — Feuerbestattnnßsgesetz, keines Wortes gewürdigt werden. Was endlich über das wichtigste Problem, über die Wahlrechtsreform gesagt wird, ist so außerordentlich vieldeutig, daß es von der Linken gegen die Rechte, aber schließlich auch von der Rechten gegen die Linke ausgcspielt werden kann. Immerhin kann ein kleiner Fortschritt wenigstens in der Ankündigung des Entwurfes erblickt werden. Neber seinen Jnhallt wird dann „in einigen Wochen", wenn cr veröffentlicht ist, zu sprechen sein. Dann wird wohl auch erst der eigent liche Kampf ums Wahlrecht einsetzen. Die Kavrser Elektriker. Die Angestellten der Pariser Elektrizitätswerke haben schon mehr als einmal durch die gewaltsame Art und Weise der Durchsetzung ihrer Forderungen von sich reden gemacht. Sie sind sämtlich vereinigt in einem Syndikat und stellen somit eine Macht dar, deren Bedeutung nicht zu unterschätzen ist. Erst um die Weihnachtszeit wurde von einer neuen Bewegung der Elektriker gesprochen, doch unterblieben damals Störungen auf einen Eingriff der Negierung hin, die dem Führer des Syndikats, Pataud, energische Vorhalte machte. Seit zwei Tagen mehren sich die Anzeichen, daß Paris vor einer neuen Be wegung der Elektriker steht. Die Anzeichen sieht man zunächst in der großen Zahl von Kurzschlüssen die sich in ganz Paris ereignet haben und bereits Menschenleben in Gefahr brachten. Ueber die Einzelheiten berichten folgende Depeschen: Paris, 11. Januar. sTel.) In vergangener Nacht ereigneten sich in Paris wieder ver schiedene Kurzschlüsse auf den elektrischen Lichtleitungen, gerade so, wie dies bereits vor ein paar Tagen der Fall gewesen war. Die Bevölkerung hatte sofort den Generalsekretär des Elektrikersyndikats Pataud im Verdacht, einen neue» Elektriker- ansstand hervorgerufen zu haben, als das Licht Plötzlich erlosch. Mit Mühe gelang es, die Leute über diesen Punkt zu beruhigen. Paris, 11. Januar. sTel.) Die Kurzschlüsse der elektrischen Leitung in Paris verursachten gestern eine Anzahl von Feuern und hatten im Grand Ma- gazin de Printemps eine Panik zur Folge. Das erste Feuer brach gegen 3 Uhr nachmittags an der Ecke des Boulevard des Capncincs und der Rue Beaumarcin aus, wo infolge Kurzschlusses der Deckel des Schachtes mit den elektrischen Kabeln empor geschleudert wurde und eine hohe, ans dem Schacht heraus- kommende Stichflamme die Fenster eines fünfstöckigen Hauses vollkommen zerstörte. Auch drei Passanten wurden verletzt. Zur selben Zeit brach infolge Kur-rck>lusses ein Feuer im Keller eines Hauses des Boulevard des Eapucines aus, das jedoch schnell gelöscht wurde. An der Ecke des Boulevard Haußmann und der Rue Mogador drang ans dem Schacht der elektrischen Kabel leitung gleichfalls eine haushohe Stichflamme. Kurz darauf entstand Kurzschluß in der Rne Lissabon. Die Feuerwehr löschte den hier entstehenden Brand in kurzer Zeit. Im Grand Magazin de Printemps ereignete sich eine große Explosion kur- nach 5 Nhr, als der Andrang des Publikums gerade am stärksten war. Auch hier drang aus dem Schacht der elek trischen Kabelleitung eine Stichflamme. Eine Panik unter den Käufer» war die Folge. Alles drängte zn den Ausgängen, und mehrere Frauen wurden überrannt. Drei mußte» wegen gefährlicher Quetschungen ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Nur der Kaltblütigkeit der Angestellten ist eS zu verdanken, daß großes Unglück vermiede» wurde. Es ist wohl außer allem Zweifel, daß diese Kurzschlüsse systematisch her vorgebracht worden sind. Der Schaden, der in den Pariser Geschästshänsern gestern durch die Unterbrechung deS elektrischen Stromes hervorgerufen wurde, ist bedeutend. In der Umgegend der Großen Oper waren alle Geschäftshäuser ohne elektrisches Lickst. DaS große Magazin „Qld England", das „Grand CafS", daS Sstl- Vian-Restanrant, die Bureaus nsw. mnftten am Abend ihre Räume mit Kerzen beleuchten. Die Erregung in Paris ist ungeheuer. * Paris, 11. Januar. (Eigene Drakstmeldung.) Die Ingenieure der Elektrizitätswerke erklärten den Be richterstattern, daß sie die Kurzschlüsse, wenn schon bereu Häufig-
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