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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.05.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-05-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100530016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910053001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910053001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-05
- Tag 1910-05-30
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Monat
1910-05
-
Jahr
1910
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Nr. 147. 104. Ishrvrms. Lrwrtvrr Ls-rUsn. Alsdann sprach, mit lebhaftem Beifall emp fangen, Reichetagsabgeordneter v. Ravmann (Berlin) über die Stellung der Beamte» im Haushalt de» Gtaate». Er begrüß« den Zusammenschluß der Beamten mit Freuden, Io etwa äußert« fich V. Naumann, da da durch der Beweis aelrefert werde, daß trotz der „von Kott gewollten Abhängigkeit" die deutschen Beaniten noch Mut, Selbständigkeit und Rückgrat besitzen. Früher sei Frankreich das Land der Beamten ge nannt worden, jetzt treffe diele Bezeichnung auch aus Deutschland zu. Die ungeheuere Zunahme der Bevölkerung, jede» neue Gesetz, jeder neue Zoll, jede neue Steuer erfordere eine Vermehrung der Be amten. Immer und überall werde eine Der- mehrungder Beamten ins Auge gefaßt. In folgedesfen fei in Deutschland fast der 15. Mensch ein Beamter. Die Zahl der deutschen Beamten be trage rund 1 200 000, für die etwa 3 Milliarden Mark an Gehalt gezahlt werden. Die große Mehrzahl der deutschen Eltern habe den Wunsch, ihre Söhne in eine Beamtenstellung zu bringen. Da» Ideal der Beamten sei fast immer dir l« brn »- längliche Anstellung mit Pension. Das sei ja eine sehr schöne Sacke, es habe aber große Schat tenseiten. Die Beamten geraten dadurch in eine gar zu große Abhängigkeit. Der Beamte müsse sich selbstverständlich der gegebenen Ordnung und Disziplin unterwerfen, es müsse aber verlangt werden, daß er außerdienstlich ein vollständig freier Staatsbürger sein dürfe. Ebenso wie der Beamte im Dienst seine volle Beamtenpfltcht zu erfüllen habe, so müsse ibm gestattet sein, außer dienstlich sich wie jeder andere als freier Staats bürger zu betätigen. Bedauerlicherweise gebe es ja nur verhältnismäßig wenig Menschen, die voll ständig unabhängig seien, der Fortschritt der Kul tur erfordere es aber, daß di« „von Gott gewollte Abhängigkeit" de» Herrn v. Bethmann nach Mög lichkeit beschränkt werde. Es sei aufs schärfste zu verurteilen, einen Beamten zu maßregeln, weil er nicht die Politik des jeweiligen, sondern vielleicht die des vergangenen Reichskanzler« billige und unterstütze. Der Beamte habe wie jeder andere Staatsbürger ein Interesse an den Fortschritten auf allen öffentlichen Gebieten. Ein sehr große« Inter esse habe er daran, daß die Steuern und Zölle nickt noch mehr in die Höh« wachsen. Der Beamt« dürfe daher seine Tätigkeit nicht bloß auf die Erzielung besserer Besoldungsoerhältntsse beschränken, er mülle sich auch vollständig unabhängig an den voli ti schen Wahlen beteiligen können. Die Verfassung verleihe ihm auch vollständig da« Recht, in der Praxi» gestalte es sich aber ander». (Rufe: Sehr wahrl) Daher sei der Zusammenschluß der Beamten die beste Anbahnung zur Erreichung voller staats bürgerlicher Rechte. Der Beamt« solle auf dem Boden der heutigen Gesellschafts- und Staatsordnung stehen, es müsse ihm aber auch gestattet sein, außer dienstlich gegen den Mißbrauch dieser Ordnung an zukämpfen und für di« freiheitliche Ausgestaltung dieser Ordnung zu wirken. Wenn der Bund der Festbesoldeten dies erreiche, dann habe er seine Auf gabe erfüllt. (Stürmischer Beifall.) Lehrer Flügel (Berlin sprach hierauf über di« Aufgab«« d«» Bund«» d«r Frstd«sold«tru. Der Redner wie» darauf hin, daß der einzelne Be amte nichts erreichen könne. Ebenso wie fast alle anderen Erwerbsgruppen müssen sich auch di, Be amten organisieren. Wohl gebe e» ein« Anzahl Spezial-Beamtenvereine, dies« können aber allein wenig erreichen. Man habe allerdings die Beamten beim Entwurf der preußischen Wahlrechtavorlage als Kulturträger angesehen und st« in di« zweite Wählerklasse gestellt, jedenfalls weil man annahm, die Beamten seien ein gefügiges Werkzeug in den Händen, der jeweiligen Machthaber. Al« man c^er dazu Überging, aus der öffentlichen di« geheime Wahl zu machen, sei diese Bevorzugung sofort fallen gelassen worden. Beamte, die sich offen zur na- tionalliberalen Partei bekannt haben, wurden nicht abgesetzt, aber „im Interesse de» Dienstes" in kleine Provinzialstädte versetzt. Wenn die Regierung di« Stimmung der gesamten Beamtenschaft kennen lernen wolle, dann sei es erforderlich, daß die Be amten einen ständigen Ausschuß wählen, der mit Vertretern d«r Regierung zu unterhandeln hab«. Diesen Ausschussmitgliedern müsse, ebenso wie den Abgeordneten, für ihre Reden in den Ausschuß beratungen volle Immunität zugestanden werden. (Stürmischer Beifall.) Postsekretär Lubahn (Berlin) pflichtete den Ausführungen des Vorredners bei und bemerkte, daß die Beamten wohl sämtlich für die Erbschafts steuer und Reichswertzuwachssteuer eintreten, zumal ihnen stets, wenn sie Gehaltserhöhung verlangen, gesagt werde: es sei kein Geld vorhanden. Wenn man non den Beamten Pflichten verlange, dann müssen ihnen auch volle Rechte gewährt wckrven. (Stürmischer Beifall.) Der Vorsitzende Huick schloß darauf mit einem dreifachen Hoch auf den Bund der Festbesoldeten den. Bundestag. Sus Leimig unü Umgegenü. Leipzig, 30. Mai. Gtwss vom Melen. Wenn jemand niest, hält sich jede andere Person, die dem interessanten Vorgang beiwohnt und die ele mentarsten Regeln der guten Erziehung kennt, für verpflichtet, „Gesundheit zu wünschen, worauf der Niesende, wenn er nur ein Fünkchen Bildung hat, mit einem „danke schön" antwortet. Wann mag wohl diese Sitte, die als ein Stück Kultur bezeichnet wer den kann, entstanden sein? Der „Messaggero" be hauptet, daß sie uralt sei und au« der Zeit des Papstes Gregor I. (590—001) stamme. Unter diesem Papste herrschte eine furchtbare pestartige Krantheit, und viele der Erkrankten starben unter heftigem Nie sen. Man wünschte deshalb seither jedem, der stark niesen mußte, baldige Genesung, weil man ihn für schwer krank hielt. Im übrigen wurden zu allen Zei ten und bei allen Völkern mit dem Niesen die ver schiedenartigsten abergläubischen Vorstellungen ver bunden. Die Griechen und die Römer betrachieten das Niesen als etwa» Heiliges, und es kam nicht selten vor, daß sie beim Niesen schwuren, wie man bei Gott schwört. Man glaubte, daß da» Niesen von guter Vorbedeutung sei, wenn es sich zwischen Mittag und Mirternacht einstellte, von schlechter Vorbedeu- tung aber, wenn es zwischen Mitternacht und Mit tag erfolgte. Die Alten pflegten daher, wenn sie am Morgen beim Nufstehen niesten, sofort wieder ins Bett zurückzugehen. Als ein böess Zeichen galt auch das Niesen an einem Grabe. Ein sehr bedeutungs voller Vorgang war es unter allen Umständen: Ti berius verlangte, daß alle salutierten, wenn er vor versammelten Volke nieste, und Lenophon wurde, weil er nieste, als er vor Beginn einer Schlacht an das Heer eine Ansprache hielt, auf der Stelle zum General befördert. Später verlor das Niesen viel von seiner Feierlichkeit, aber der Brauch, es mit einem frommen Wunsche zu begleiten, besteht noch heute und feder hört es gern, wenn ihm beim Niesen ein herzliche» „zur Gesundheit" oder — was viel vor nehmer klingt — ein kräftiges „Prosit" zugerufen wird. * Der Bortrapsabend der Esperanto-Abteilung der Leipziger Fr«,«» Studentenschaft nahm einen sehr erfreulichen Verlauf. Der Vorsitzende der Abteilung, Herr Stud. phtl. Zimmermann, begrüßte bei der Er öffnung der Veranstaltung eine stattliche Versamm lung von Akademikern, darunter besonders den alten Vorkämpfer der Weltsprachenbeweauna Herrn Ge heimrat Prof. Dr. W. Ostwald (Großbothen), und er teilte das Wort an Prof. Dr. Schmidt (Berlin) zu seinem Vorträge: „Verdient das Esperanto die Be achtung der wissenschaftlich Gebildeten?" Der Vor tragende sprach zunächst über den eigenartigen Gegensatz zwischen der wissenschaftlichen und kulturellen Bedeutung der Esperanto-Bewegung und der Interesselosigkeit der Mehrzahl der winenschakt- lich Gebildeten. Er ging auf die psychologischen und sachlichen Gründe dieser Haltung ein und sprach über die verbreitetsten Vorurteile, denen man begegne». Er legte eingehend di« Unterschiede zwischen einer Sprache im höheren Sinne und einem künstlich gc- schaifeuen internationalen PerMvdigUNdsmittel dar, berichtete Über die sprachliche Entwicklung de« Esperanto vom bloßen Sprachprojekt zur lebenden Sprache, und deutete im Großen die Leitlinien seiner zükuststtgen Entwicklung an. Er schloß mit einem Appell an die Anwesenden, sich in Zukunft aus einer gründlichen Kenntnis der Sprache und der Ziele der ganzen Vewegung ihr Urteil zu bilden. In der Diskussion sprachen u. a. die Herren Geheimrat Ost wald, Lektor Dr. Blachstein, Professor Schauer hammer, Professor Dietterle und Febrer. Letzterer, da er al» Spanier das Deutsche nicht genügend be- herrscht, in Esperanto. Alle Redner traten unter den verschiedensten Gesichtspunkten warm für die Idee einer internationalen Hilfssprache ein, Ostwald als einziger Vertreter de« idistischen Standpunktes. * Di« Tsuschima-Feier im Leipziger Palmen garten. Den Teilnehmern der Tsuschima-Feier, die Herr Kommerzienrat Süßmann am Sonnabend zur Erinnerung an den Seesieg der Japaner über die Russen bei Tsuschima (27. und 28. Mai 1905) im „Valmengarten" veranstaltet hatte, wird der Augen blick unvergeßlich bleiben, als in der Mitternachts stunde in den dunklen Schatten der Bäume, bei Fackel beleuchtung der ehrwürdige Gastgeber an der von ibm zur Erinnerung an den Tag von Tsuschima ge stifteten japanischen Laterne" die anwesenden Ja paner bat, ihre Nationalhymne zu singen. Feierlich klangen di« Töne Lurch die Stille der Nacht, und brausend antworteten die Deutschen mit „Deutsch land, Deutschland über alle»". Die eigentliche Feier Hatte vorher bei einem Festmahle im Weißen Saale des Gesellschaftsbaus«» stattgefunden. Würdig des Ta^'es war der Festraum dekoriert, die ausgehende Sonne Japans wechselte mit dem Schwarzweißrot des Deutschen Reiches. Herr Kommerzienrat Süß mann begrüßte seine Gäste — außer zahlreichen Ja panern waren viele Freunde des Gastgebers aus der Leipziger Gesellschaft erschienen — mit einer feier lichen Ansprache. Er betonte, daß man den Tag von Tsuschima als ein Friedenssest begehen müsse. Mit dem Siege des Admiral» Togo sei Rußlands Traum der Weltherrschaft in Ostasien vernichtet worden. Gleich Blitzlichtern leuchteten in der geistreichen Rede die Erfahrungen heraus die Herr Kommerzienrat Süßmann bei seinen Weltreisen, besonders bei den Studienreisen in Japan, gesammelt hat. Seine Worte klangen in ein Hoch auf den Kaiser von Japan und den Kaiser von Deutschland aus. Noch manche Rede wurde im Lauft des Abends gehalten. Herrn Kom merzienrat Süßmann wurde der Dank für die Ver anstaltung de» Festes ausgesprochen: aus berufenem Munde wurden die Beziehungen Deutschlands zu Japan erörtert, japanische Reden konnte man hören, und auch der Humor kam zu seinem Rechte. Allen Teilnehmern müssen diese Stunden zu einer schönen Erinnerung geworden sein. * 3« de» Uebrrfall in Möckern, erfahren wir noch, daß der Täter Köhler am Sonntag aus dem Krankenhause als geheilt ent- lassen und der Polizei übergeben worden ist. Heute wird er der Staatsanwaltschaft zugeführt werden. * Gcnehmigt wurde vom sächsischen Ministerium des Innern dem Vorstand des Deutschen Klubs in Davos die Veröffentlichung eines Aufrufs zur Leistung von Beiträgen für die Unterstützungskasse für mittellose kranke Reichsdeutsche in Davos. * Ein Eifersuchtsdrama spielte sich gestern am späten Abend in einem Grundstücke der Funken bur g st r a ß e ab. Der etwa 20 Jahre alte Richard Paul Morgenstern hat auf die im gleichen Alter stehende Auguste Fieber drei Schüsse ab gegeben, die das Mädchen in den Unterleib, die Schultergcgend und hinter das Ohr trafen. Schwer verletzt wurde das Mädchen in das Krankenhaus ge bracht. An ihrem Aufkommen wird ge zweifelt. Morgenstern hat die Tat aus Eifer sucht begangen. Er hat bei seiner bereits erfolgten Verhaftung zugegeben, daß er das Mädchen habe töten wolle«, weil es die Beziehungen zu ihm abgebrochen habe und seit etwa 14 Tagen mit einem andern jungen Mann verkehrte. * Streik. In der Buchbinderei von Franken- stein, Wagner L Komp, in Leipzig hat ein Teil des Personals wegen Tarifdifferenzen die Arbeit eingestellt. * Beim Abspring«» von einem Straßenbahnwagen kam gestern eine Arbeiter seh es rau in der Zwcinaundorser Straße in AMer-Trottendorf zu Falle und zog sich eine leichteMuskelzerrung am linken Oberarm zu. — In der Lindenthaler Straße in Gohlis sprang gestern ein hiesiger Kauf mann non einem' im Gange befindlichen Motor wagen und geriet mit dem rechten Fuße unter den Wagen, wobei ihm zwei Zehrst zerquetscht würdm. Der Verletzte fand Ausmrhrtre "im Kranken hause. * Verhaftungen. Festgenommen wurde ein 27 Jahre alter Arbeiter aus Klein-Dölzia, der von verschiedenen auswärtigen Behörden wegen Be trugs steckbrieflich verfolgt wird. — Ein 28 Jahre alter polnischerArberter kam in Haft, weil er zwei seiner Landsleute, die in Sckönefeld wohnten, um größere Geldbeträge bestohlen hat. Der Dieb war gerade im Begriffe, auf dem Eilen burger Lahnhofe den Zug zu besteigen, als seine Festnahme erfolgte. * Zusammenstoß. An der Promenadenstraße stieß gestern ein Radfahrer mit einem Motor wagen zusammen und kam unter den Vorder perron zu liegen. Er blieb unverletzt, während das Rad beschädigt wurde. * Aahrraddieb« entwendeten aus dem Postzollamt in der Iohannieaasse ein ,,P u ch"-Rad Nr. 23 289 und in der Bayerschen Straße ein „Raum an n"- Rad Nr. 543 728. Munmg, so. MSI ISIS - Ei» Sardinenbrandfand in vergangener Nacht in einer Wohnung der Großen Fletschergalse statt. Die Gardinen waren durch Luftzug der Flamm« eines Petroleumkocher» zu nahe g». kommen und hatten F«u«r gefangen. Das Feuer wurde von den Hausbewohnern bald gelöscht. * Dtrbftthle. Mittels Einbruch» sind au» einer Wohnung in der Wurzner Straße in Reudnitz gestohlen worden, eine Halsuhrkette, der Schieber mit roten und grünen Steinen besetzt, «ine ältere silberne Herren-Zylindrruhr, auf der Rückseite ein Bild — angelnden Knaben darstellend — 2 goldene starke ungezeichnete Trauringe, 1 goldener Herren- Siegelring mit blauem viereckigen Stein, 1 goldener Herrenring mit rotem Stein, gez.: ,,H. Schröder", Datum und Jahreszahl, die nicht bekannt sind, «in goldener Ring mit rotem Stein gez. „ll. 8t.", eben falls mit unbekanntem Datum und Jahreszahl, ein goldener Ring mit weißem Stein, eine breitglirdrige goldene Herrenuhrkette mit anhängendem goldenen Medaillon, in dem sich blonde Frauenhaare befinden, ein goldenes Armband, in einem eichenähnlichen Kästchen aufbewahrt, eine dreireihig« rote Korallen halskette mit goldenem Schloß, zwei Stück weiße ge streifte Bettbezüge und 4 dazu gehörige Kopskissen bezüge mit rotem Monogramm „8. 8. , und endlich ein größerer Geldbetrag. Die Diebe sind mittels Nachschlüssels in Abwesenheit der Wohnungs inhaber eingedrungen und haben dann sämtliche ver schlossenen Behälter mit einem Stemmeisen aufge wuchtet. Der Wert der gestohlenen Sachen beträgt annähernd 230 ^l. — Gestohlen wurde aus einer Wohnung in der Christian-Weise-Straße in Stötteritz eine silberne Damen-Remontoiruhr mit Goldrand nebst kleingliedriger Kette mit Schieber. Als Dieb kommt in Frage ein Bettler, der dort im Grundstück um Almosen angesprochen hat. * Ein unbekannter Betrüger, etwa 30 Jahre alt, 1,70 Meter groß, von untersetzter Gestalt, mit ge sundfarbigem, vermutlich bartlosem Gesicht, dunklem hochgekämmten Haar, bekleidet mit blauem Jackett- anzug, weißem Strohhut mit grünem Band und schwarzen Schnürschuben, trat in verschiedenen Blumengeschäften des Westviertels auf. Dort machte er größere fingierte Bestellungen und verstand unter irgendwelchen Vorwänden die Geschäftsinhaber zur Hergabe eines Darlehns von 2 bis 3 .it zu 0«- wegen. Zn Anbetracht des guten Geschäftes erreichte er auch stets seinen Zweck. Als aber die oestellte Ware zugestellt werden sollte, mußten die Geschä digten die Wahnehmung machen, daß sie einem Schwindler in die Hände gefallen waren. Zu- letz- de.-- Detrüoer in einem Schuhwaren- geschäft t" der Pegauer Straße in L.-Connewitz mit Erfolg auf. Hier suchte er sich ein Paar braune Cbevrean-Scknürsckuhe aus und verstand dabei wieder die Geschäftsinhaberin zu bereden. Er bat, ihm die Schuhe in seine, in der Leopoldstraße ge legene Wohnung zu senden, wo der Ueberbringer 3 Paar reparaturbedürftige Schuhe mitnehmen sollte. In dem Grundstück, in dem alsbald auch der Bote eintraf, nahm der Gauner die neuen Schuhe an sich, lief schleunigst davon und fuhr mit einem Straßenbahnwagen von dannen. ^Unfälle. Der 6 Jahre alte Sohn eines an der Lilienstraße in L.-Reudnitz wohnhaften Notenstechers war auf einWaschhausdach geklettert und dabei herab gestürzt. Der Knabe, der eine schwere Gehirn erschütterung davontrug, fand Aufnahme im Kindsr- krankenhause. — Beim Heben einer Matratze kam an der Petersstraße ein 27 Jahre alter Kellner derart zu Schaden, daß er eine Muskelblutung in der Bauchdecke davontrug. — Zn einer hiesigen Spin» nerei geriet ein 49 Jahre alter Spinner aus der Georgstraße in L.-Eohlis mit der einen Hand in die Maschine und wurde schwer verletzt. — Vorgenannt Personen fanden Aufnahme im Stadtkrankenhause. Sus Sachlen. Dresden, 29. Mai. * Internationale Hygiene-Ausstellung Dresden 1911. Italien hat die durch den deutschen Bot schafter in Rom. Exzellenz Graf Monts, über mittelte Einladung zur Beteiligung an der In ternationalen Hygiene-Ausstellung Dresden 1911 offiziell angenommen. O f f Borna, 29. Mai. (Tödlicher Unfall.) Im Brikettwerk Dora und Helene in Groß-Zössen wurde gestern abend der 22 Jahre alte Taaarbeiter Josef Prohaska aus Lobstädt von der Lokomotive einer im Schachte befindlichen Kleinbahn gegen eine Böschung gedrückt. Der Mann erlitt außer einem Beckenbruch schwere innere Verletzungen, denen er noch in der Nacht im Leipziger Kränkenhause erlegen Leipziger bilüenüe Kunst. Ausstellung im Kunstsalon Pietro del Vecchio. Die neue Ausstellung bei Pietro del Vecchio ent hält zunächst eine Anzahl Kopien nach alten Meistern von A. Terste gen-München, in der Haupt- lache in Madrid entstanden. Es ist ja nun nach gerade Mod« geworden, nach Spanien zu gehen und Velasouez und Goja zu studieren, deren Kunst orn Bestrebungen unserer modernen Malerei so sehr ent- gegenkommt, trotzdem in neuerer Zeit der Versuch gemacht wurde, auch sie etwas in Mißkredit zu bringen. Man mag darüber, wie über den Wert, den diese alten Meister für unsere Zeiten besitzen, lenken, wie man will, jedenfalls sind gerade st« in hervorragendem Maße geeignet, belehrend zu wirken, gerade für eine Generation, die sich im Stadium des Lernens befindet. Die Sachlichkeit und formal« Be stimmtheit der Porträtkunst «rne» Lelasquez —cs sind da« speziell die Eigenschaften, di« ihn den Ver tretern einer sehr fortgeschritten individualistischen Kunst verdächtig machen — genauer zu studieren, kann niemandem schaden. Die Kopien Terstegens sind recht geschickt gemacht und sicherlich einwandfrei in der Form, am besten find naturgemäß die kleineren Stucke, bei den großen Ausgaben, vor allem den Menina», versagt naturgemäß das Können des modernen Malers, es wird wohl überhaupt unmög lich sein, das enorme handwerkliche Können, da» in einem solck»en Gemälde steckt, in der Kopte zum Aus druck zu bringen. Die nackte und bekleidete „Maja" von Goja sind r«ch. aut kopiert, vorzüglich ist auch der Mersa au« der Münchener Pinakothek. Als zwet in ihren Grundanschauunaen sehr übereinstimmend« Künstler lernen wir P. Börner- Meißen und Han» Drache kennen, von denen ein« -roß« Anzahl figürlicher Gemälde ausgestellt ist. P. Börner hat sich offenbar sehr stark von O. Zwintscher beeinflussen lassen, wi« vor allem ein Mädchenkopf oder der „russische Windhund" beweist, die genau dieselden kompositionellen Eigenheiten and dieselbe korrekt detaillierende Art zu zeichn«» aas- wrtsen. di« für diesen Meister charakftristisch find. Einig« Studt«nköpft und di« Aktstudien find so akademisch und kleinlich »«macht, wie die sattsam be kannten Köpft von Balthasar Denner, die „Florcn- tiner Köpft" haben etwa» von etruskischen Wand malereien, am besten ist vielleicht da, Bildnis «ine» Leipzig. 30. Mai. Reue» lheattr. Mit „Rienzi", den der Bayreuther Meister selbst seinen „Iugendunband" genannt hat, begann gestern unter sehr starker Teil nahme des Publikum» der angesagte Wagner-Zyklus. jungen Mannes vn kaae- und ein sehr reizvolles, kleines Rosen-Stillcben. Denselben stark ausge sprochenen Flächencharakter und dieselben etwas krampfhaften Stilisierungsversuche bezeichnen auch die Arbeiten von Drache, nur sind sie etwas weniger exakt, etwas kräftiger in der Farm und nähern sich etwas mehr der Art von Sascha Schneider. Der lebensgroße Akt ist eine akademische Scyulstudi«, das Porträt Dr. Gowegh ist ganz charakteristisch, wenn auch die absichtliche Betonung der Fläche nicht ganz gerechtfertigt erscheint. Noch weiter in dieser Rich tung geht das Damenbildnis mit dem ganz unorga nisch wirkenden Haar, das Hauvtbild ist «ine sym bolische Dekoration „Die Sünde", mit einer etwas komisch wirkenden Schlange am Boden. Bon Ernst Frommhold-Leipzig sind einige Malereien ausgestellt, die sich auf den ersten Blick als Ergebnisse dilettantischer Versuche kenn zeichnen. Es sind hauptsächlich Studien aus den Alpen, sehr korrekt ausgeführt, sehr ängstlich und ganz ohne malerische Stimmungswerte. Marie Kunz- Bonn bewegt sich in ähnlichen Bahnen. Die Landschaften aus den Bergen sind wohl mehr als Ganz«» gesehen, aber ermangeln jeder persönlichen, künstlerischen Anschauung. Bon den graphischen Ar beiten ragen die Radierungen, Lithographien und Holzschnitte von B. HSroux hervor, besonder» die Exlibris, die zu bekannt sind, um näher erörtert werden zu brauchen, endlich ist eine größer« Kollek tion von Radierungen und Galvanographien R. Preußes-Leipzrg ausgestellt, di« alle Be achtung verdienen. Diese Arbeiten n»d beinahe aus schließlich farbig, verwenden aber nur wenig Töne, Kontraste von ziegelrot und braun oder braun und grün, und sind auch im linearen Aufbau so einfach — und daher so wirkungsvoll — wi« möglich. Die große Ansicht des Völkerschlachtdenkmal» wirkt trotz der Größe nicht langweilig, recht hübsch sind dann die Ansichten au» Hilde»hetm mit den charakteristi schen Ziegeldächern und den winkligen, dunklen Straßen, ftbr gut und stimmungsvoll sind die „Torf schiffe bei Worpswede" und das ..Hünengrab auf Rügen". ,Iosi. Zasti'avsr«. Man sah eine recht gute Vorstellung. Nicht nur Solisten und Orchester, das sich schon in der wucht- voll-glänzend gespielten, langdauernden Beifall weckenden Ouvertüre mit Ruhm bedeckte, auch oer Thor, der gerade im „Rienzi" oft in den Vorder grund tritt, zeigte eifriges künstlerisches Mitaehen, und allen Ensembles, von denen die klangschöne Wiedergabe des G-Dur-Satzes im 2. Finale besonders gerühmt sei, war Herr Kapellmeister Porst ein über legener Leiter. Den Rienzi, ctne der anstrengendsten Heldentenoraufgaben, sang Herr Urlu» unter Be währung sieghafter Ausdauer hervorragend schön. Sogleich die zürnende Mahnung an die wüsten Nobili (1. Akt) kam höchst eindrucksvoll, in groß zügigem Martellato, dazu übrigens mit wohltuender spruchlickcr Deutlichkeit, zur Geltung: hoch zu Roß dann büßte der Gesang diese» Rienzi an heldischer Bestimmtheit nichts ein, und mit edelster Tonsührung, in unermüdeter Schönheit, wurde nach allem Loraus- aegangenen das Gebet vorgetragen. Neben Herrn Ürlus, der stürmischen Applaus erntete, konnten Frl. Schubert (Irene) und Frl. Urbaczel, die als Adriano ihrer Arie wohlgefeilte Darbietung be- reitete, lebhaftem Beifall danken. Aus der Schar der Nobili ragte der Orsini des Herrn Käse hervor. Neu waren Frl. Bartsch als Friedensbote und Herr Meader al» Baroncelli. Letztere Partie ist zu wenig prominent, um fich darin auszeichnen zu rönnen. Mit dem Friedensboten ist schon eher etwas zu beweisen: Frl. Bartsch hat dafür zwar noch nicht hinreichend ausgeglichene Stimmittel, vermochte aber dock einzelne Tön« von Leuchtkraft aufzubringen, auch musikalische Sicherheit zu bewahren. Die Regie des Herrn Marion hatte sorgfältig gearbeitet, nur daß sie sich im Schlußakt mit nicht mehr ganz neuzeit lichen Mitteln behelfen mußte. Die choreographisch« Ausschmückung de» 2. Aktes, eine Symbolisierung von Krieg und Frieden darstellend, war seitens der Ballettmeisterin Frl. Grondona geschmackvoll er ledigt worden. k'. V?. * Gedenkfeier für Enrl Reinecke. Di« zum Besten des „Leipziger Berein» der Kinderfreunde (Kinder schutz)" im Großen Saale de» Zentraltbeater» ver anstaltete Feier zum Gedächtnis an Carl Reinecke brachte, was ja ganz natürlich berührt«, ausschließ lich Kompositionen de» unlängst dahingeschiedenen Tonsetzer». Und wie der Ertrag der Aufführung zvm Besten von Kinderpflege und Kinderschuh be ¬ stimmt war, so hatten auch in erster Linie auf dem Programm solche Kompositionen Reineckes Berück sichtigung gefunden, die der Ktnderwelt gewidmet sind. Zum Teil wurden diese Stücke von Kindern oder doch von Auftretenden, die den Kinderschuhen noch nicht lange entwachsen waren, vorgetragen. Es waren das Schüler und Schülerinnen der hiesigen A. v. Sponerschen Musikschule, und -war hielten sich diese jugendlichen Auftretenden zumeist recht wacker. Ihre Darbietungen kritisch zu zergliedern, erscheint indes, da es sich eben doch noch um Sckülervorträge handelte, nicht angezeigt. Von den übrigen Mit wirkenden sei in erster Linie Frau Käthe Huth, das Mitglied unseres Stadttheater», genannt. Sie sprach den verbindenden Tert zu dem aus sechzehn Fantasiestücken bestehenden Zyklus „Von der Wiege bis zum Grabe" in sehr anheimelnder, liebens würdiger Weise. Den Tellopart (der Zyklus wurde im Arrangement für Klavier, Harmonium, Violine und Violoncell vorgeführt) vertrat Herr Albert Kludt vom Theater- und Gewandhausorchester durchaus tüchtig. Noch fei Frl. Else v. Monakow Anerkennung gespendet für ihre warmfühlige Ver mittlung mehrerer Kinderlieber aus Reineckes Op. 37 und 135. Die Aufführung erntete lebhaften Beifall. -r- * Die Wohlfahrtskass« de» Deutschen Bühnen verein», die dem Zweck dient, deutsche Büknenmitglie- der zu unterstützen, hat in der kurzen Zeit ihres Be stehens (seit Januar dieses Jahres) bereits über 12 000 ,4t an Unterstützungen ausgezahlt. Um der segensreichen Kasse neue Mittel zuzuführen, veran stalten die Vereinsbühnen Benefizvorstellungen. Im Leipziger Stadttbeater gelangt zu diesem Zweck am Montag den 6. Juni, sim Neuen Theater) Maurice Maeterlincks Drama „Maria Magdalena" zur Aufführung. Di« Vorstellung findet im Abonnement und zu gewöhnlichen Schausvielpreisen statt. * Dir Festspiel« lm Lanchstedter Klassiker-Theater. Aus Lauch st «dt telegraphiert uns unser ^-Mit arbeiter: Die Festspiele im Lauchstedter Theater, die diesmal mit drei Werken von Pergolese, Gluck und Weber ein Bild vom Stande der Oper heiteren Genre» zur Zett Goethe» geben wollte, verliefen in jeder Hinsicht anregend und genußreich. Ein gewähl tes Publikum folgte den sorgfältig vorbere'teren Auf führungen mit gespanntem Interesse. Der Lauch stedter Iheaterverein stellte sich durch dt« Vorfüh rung der Overn zum erstenmal seit seinem Bestehen in den Dienst der Musik. (Ausführlicher Bericht folgt.)
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