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Bezugs-Preis «Ur Uervjig und Voron« durch »Irr« teiger und Kpedueuee 2m«> täglich in» van» gebracht: SV monatl.. L.70^8 »teeteliibrl Bei nniern Filialen u. Än» aahmellellen adaedol«: 78 -z monatU, 1.28 viertel,ibrl. Lurch die Volt: Innerduid Deuiichianb« und brr devtlchen Kolonien vierreliibri 6.60 monarl. l3!0 au»ichl. Poitdestrllarld. ferner in Belgien, Linemarl, den Donauslaarrn, Italien, Lurcmdurg, Niederlande. Nor wegen Oesterreich Ungarn, Rußland, Schweden, Lckiwti, u. Spanien In alle- übrigen Staaten nur direkt durch di» <ö«ichait»i:elle oe« Blatte» erbililich. las Lr>v,iger Laqeblatt erlcheini Smal Illglich, Sonn- ». Friiriag» nur morgen». l''donne.. «ni-Ännanml, Auguftußvlatz 8, de> unteren Trägern. Filialen. Spediteur«» und Lnnadmeklellen. sowie Postämtern uuo Bnesträgern ßtngrloe rkaus spreit der Morgen« ,u»got>« lv 3,. der ^dendrusgade S «ß, Siedaklton und (ScschäfkSttcü«: IohanniSgasse v. Sernlvrecher! 14682, l«633. 14634. Abend-Ausgabe. WpiMrTagMM Handelszeitung. Ämtsvlatt 2es Rates und des RotiLeiamtes der Ltadt Leipzig. Rnzeigeu-Preis chr Inserate au« llerv»lg und Umgeduug di« isgesoaltene b0 mw brrtt« Petitjril« 2S di« 74 ou» drert« »rklamrieil« l vm, aulwärr, 3ll ReNawen t.2l) Inserat» v»n Bebdrden >m amtlichen Teil di« 74 Mio dritte PrtitgeU« 40 2^ «eschäsrran^igen Mit Plaßvorlchriste» UN» in der Sdendautgab« im Preise erhöht, iliadall »ach Taris. BrilagegrbLbr L ^8 p. Lausend exkl. Postgebühr. Fester«eilte Aufträge können nicht zurück gezogen werden. Für da» iLrschelnea an bestimmten Tagen und Plätzen wird kein» Garant»« übernommen. Sn,eigen-Annahme, Sugultutplatz 8, d«> sämtlichen gllialen u. allen Annoncen- sLxpebltioneu des Zu« und Autlandet. Paupr-ckiltale verNai Tsrl Lnncker Her,ogl. Vagr. Hosbuch- haudlung, Lützowstiaßr >L (L-.-vdun VT, Nr. 4603). Paupr-Siltale Lrrädeiu Eaeilrage s, i (Lelephon 4621). Nr. 141. VIrnslsg, gen 24. Mai islv. 104. Jahrgang. p Milche Nachrichten. Ueber den Termin der nächsten Reichstagswahlen geht dem „B. T." aus Dresden eine Mitteilung zu, die es mit aller Reserve wiedergibt, obwohl sie aus einer im allgemeinen sehr zuverlässigen Quelle stamme. Danach hätten die vereinigten Regierungen sich bereits jetzt dahin geeinigt, die nächsten Reichstagswahlen im Januar 1912 statt finden zu lassen. Der gegenwärtige Reichstag wurde am 26. Januar 1907 gewählt. Ob die Neuwahlen spätestens 5 Jahre nach dem Tage der vorigen Wahlen oder spätestens 5 Jahre nach dem Zusammentritt des vorigen Reichstages stattzufinden haben, ist ein streiti ger Punkt, da die Staatsrechtslehre! sich nicht darüber einig sind, ob die Legislaturperiode mit dem Tage der Wahlen oder mit der Eröffnung des Reichstages beginnt. Eine Bestätigung dieser uns recht fraglich erscheinenden Mitteilung war bis jetzt nicht zu er reichen. Die Heimreise Kaiser Wilhelms. London, 24. Mai. (Tel.) Wie eine Depesche aus Port Biktoria meldet, ist die „Hohenzol- lern" mit dem Kaiser an Bord heute morgen 5 Uhr 45 Min. in See gegangen. Paris, 24. Mai. (Tel.) Der Londoner Korre spondent des „Matin" sendet seinem Blatte folgende Depesche: Es ist mir aus sicherer Quelle bestätigt worden, dasi der Deutsche Kaiser bei mehreren Gelegenheiten zu seiner Umgebung und gestern auch zu König Georg V. geäußert hat, wie tief er ge rührt wäre durch die Beweise der Sympathien, die ihm das englische Volk bezeigt habe. Ferner er klärte der Kaiser in seinen Unterredungen, daß er von der Begegnung mit dem französischen Minister des Acußern, Pichon, äutzerst angenehm be rührt worden sei. Der Kaiser sprach sich gleichzeitig sehr optimistisch über die gegenwärtige poli tische Situation aus. Keine schwarze Wolke sei am politischen Horizont sichtbar und die Beziehungen der Nationen untereinander scheinen selten günstig zu sein. Wenn auch noch gewisse Fragen zu diskutieren seien, so sei deren Bedeutung nicht so groß, daß dadurch den allgemeinen freundschaftlichen Beziehungen auch nur die geringsten Schwierigkeiten bereitet werden könnten. Besuch des belgischen Königspaares am Berliner Hofe. Aus Brüssel wird gemeldet, der König und die Königin der Belgier würden den ersten offiziellen Besuch am Berliner Hofe machen, und zwar Ende Mai oder Anfang Juni. Bon der Brüsseler Weltausstellung. Brüssel, 24. Mai. (Tel.) Zu Ehren des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller veranstaltete der Reichskommissar Geh. Regierungsrat Albert und der Vorsitzende des deutschen Komitees, Geh. Kommerzienrat Ravenö, heute abend im Deut schen Hause der Weltausstellung ein Bankett. In Erwiderung aus die Begrüßungsworte des Reichs kommissars sagte Geh. Kommerzienrat Emil Jacob, die Vertreter der deutschen Industrie seien stolzauf die deutsche Abteilung und deren Erfolg. Depeschenwechsel zwischen Alfons XIH. und Fallidres. Zwischen dem Königvon Spanien und dem Präsidenten Fallieres hat nach dem „B. T." ein überaus herzlicher Depeschcnwechsel stattgefun den. Der König entschuldigte sich bei Fallieres, dah er sich bei der Rückreise nach Spanien in Frankreich nicht aufhalten könne, weil er an das Krankenbett der Königin eilen müsse. Er unterzeichnete das Telegramm mit den Worten „Ihr ergebener Freund Alfonso". Der Präsident hat ebenso freundschaftlich erwidert. Der Depeschenwechsel voll zog sich zwischen Paris und Bordeaux, wo der König einen kurzen Aufenthalt genommen hatte, um den Spezialisten für Halskrankheiten Dr. Mouvä zu konsultieren. Das Befinden des Schwedenkönigs. Stockholm, 24. Mai. (Tel.) Das Befinden des Schwedenkönigs, der sich gegenwärtig in München aufhält, scheint noch immer nicht zufrieden- stellend zu sein. Der Leibarzt des Königs ist gestern nach München abgereist, um dort Professor Schweningerzu konsultieren. Erst nachdem wird das Reiseprogramm des Königs festgesetzt werden. Verunglückter Attentatsplan? Madrid, 24. Mai. (Tel.) Bei dem Denkmal, dah zur Erinnerung an die Opfer des an dem Hochzeitstage des Königs verübten Bomben anschlages errichtet wurde, ist gestern eine Bombe explodiert, die ein Anarchist in einem Koffer eingeschloffen trug. Der Träger, der dabei an denVeinenundimEesichtverletzt wurde, suchte zuerst zu entfliehen, gab dann aber zwei Re- volverschiisse auf sich ab, die ihn schwer verwundeten. Madrid, 24. Mai. (Tel.) Der Urheber der gestrigen B o m b e n e x p l o s i o n ist den Verwun dungen, die er sich zugefügt hatte, erlegen. Es ist ein gut gekleideter Mann von 35 bis 40 Jahren, der keine Ausweispapiere bei sich trug und aus dessen Wäsche die Zeichen entfernt waren. Zur Lage in Albanien. Saloniki, 24. Mai. (Tel.) Bei Malkowatz an der montenegrinischen Grenze ist es zu einem blutigen Zusammenstoß zwischen den beider seitigen Grenzbewohnern gekommen, an dem sich auch die türkische Grenzwache beteiligte. Drei Montenegriner wurden getötet und einer verwundet. Nach einer amtlichen Meldung gaben dieArnau- ten bisher 4000 Gewehre nebst Munition ab. Zur Kretafrage. Wien, 24. Mai. (Tel.) Unter dem Vorbehalt der Schutzmächte ist nunmehr von französischer Seite der Vorschlag gemacht worden, wieder internatio nale Truppen auf Kreta landen zu lassen. Der Vorschlag begegnet jedoch in London und Nom starkem Widerspruch. Die Pforte wurde von den Schutzmächten dahin verständigt, daß die definitive Lösung der Kretafrage ihren Wünschen entsprechen wird. Athen, 24. Mai. (Tel.) Der griechische Gesandte in Konstantinopel, Eryparis, wird bei der Pforte wegen des Boykotts griechischer Waren Vorstellungen erheben. Athen, 24. Mai. (Tel^s In Anbetracht der kom plizierten Lage beschloß der Mi nister rat, König Georg telegraphisch zur unverzüglichen Rückkehr aus London zu ersuchen. Konstantinopel, 24. Akai. (Tel.) Gestern nach mittag übergab die Pforte den Botschaftern der Kretamächte eine Verbalnote, in der die Auf merksamkeit der Mächte darauf hingelenkt wird, daß der neu ernannte Kadi von Rhethymo infolge der Weigerung, den Eid auf den Namen des Königs der Hellenen zu leisten, von der kretischen Re gierung nicht anerkannt wird. Das neue amerikanische Flottengesetz. Washington, 24. Mai. (Tel.) Der Senat nahm das F l o t t e n g e s e tz an, in dem 130 Millionen Dollar bewilligt werden. In dieser Summe sind die Kosten für zwei Dreadnoughts einbegrif fen. Der Betrag überschreitet den vom Hause bisher jemals für eine gesetzliche Maßnahme bewilligten Höchstbetrag um 3 Millionen Dollar. Tsgeschranlk. Der Komet. Magdeburg, 23. Mai. (Tel.) Am Sonntag so wohl als am Montag abend konnte der Halley- sche Komet in den Abendstunden von etwa 9,30 bis 10,45 Uhr im Nordnordwest der Stadt mit bloßem Auge deutlich beobachtet werden. Er besaß die Gestalt eines tellergroßen Nebelflecks, die Lichtentwicklung im Kern war die eines Sterns zweiter Klaffe. Die Schweisentwicklung war nur ge ring: auch mit dem Fernrohr war nur der Ansatz genügend zu erkennen. Auf mehreren freien Plätzen und erhöhten Orten, namentlich in den Vorstädten Sudenburg und Wilhelmstadt, wurde der so lange erwartete Himmelswanderer von einer großen Menschenmenge gesichtet. Die Beobachtung wu'dc etwas durch den außerordentlich hell scheinenden Mond beeinträchtigt. Der Stationsvorsteher als Einbrecher. Berlin, 24. Mai. (Tel.) In Buckow wurde unter dem Verdacht, in das Stationsgebäude der Kleinbahn eingebrochen zu sein, der frühere Stationsvor steher Exmehr verhaftet. Der Brückenbrand in Heringsdorf. Heringsdorf, 24. Mai. (Tel.) Der Brand der Kaiser-Wilhelm-Brücke entstand vermutlich in einer Wächterbude durch Unvorsichtigkeit ihrer Be wohner. Die Flammen erhielten besonders dadurch Nahrung, daß mehrere B e n z i n b e h ä l t e r, die unter der Brücke lagen, explodierten. Den vereinigten Kräften der Wehren Heringsdorf, Ahl- beck und Bansin gelang es, das Feuer zu bewältigen und die Gefahr von der linken Seite der Brücke ab zuwenden. Auf dem Brückenkopf sind das Wärter haus und der Musikpavillon vollständig nie dergebrannt. Erubcnunfall. Altenessen, 24. Mai. (Tel.) Auf der Zeche ..Helene" wurden gestern nachmittag durch einen aus hundert Aketer Höhe in den Schacht herabfallenden Gesteinsbohrer ein Drittel-Führer und ein Berg schüler getötet und ein Knappschaftsältester lebensgefährlich verletzt. Ein vermißter Barietodirektor. Wien, 24. Mai Der Direktor des Lunapark varietes in der Jagdausstellung, Fred Kink, wird seit Sonnabend vermißt und nach mehreren bei der Polizei erstatteten Anzeigen des Betrugs in der Hohe von 10 000 Kr. beschuldigt. Die Anzeigen lauten auf Kautionsentlockungen und unbefugte Vermietung von Pavillons. Verhafteter Mörder. Paris, 24. Mai. (Tel.) Der Mörder des kürzlich auf seinem Schlöffe bei Cherbourg ermordeten Barons Montrond ist gestern abend 9 Uhr in einem Pariser Hotel verhaftet worden. Der Mörder heißt Louis Gueret: er hat bereits ein Eestäxid - n i s abgelegt. Im Wahnsinn. Paris, 24. Mai. (Tel.) Wie aus Toulouse ge meldet wird, erschoß die Frau eines in Lambege wohnhaften ungarischen Millionärs namens Hum- berg in einem Anfall von Geistesstörung ihren neun jährigen Knaben und darauf sich selbst. Eisenbahnunglück. Paris, 24. Mai. (Tel.) Der Zug Paris—Su- resnes ist auf dem Bahnhof Moulineaux entgleist, wobei der Lokomotivführer und der Heizer getötet wurden und zwei Reisende Quetschungen erlitten. Lawinensturz. Zürich, 24. Mai. (Tel.) Eine gewaltige Lawine, die vom Pizzo Pottano niederging, erreichte die Dörfer Katto und Lorengo; die vorderen Häuser wurden niedergerissen. In der Bevölkerung herrscht Bestürzung. Ein betrügerischer Bankches. Helsingfors, 24. Mai. (Tel.) Der Chef der Nordiska-Bankens Filiale in Heinola wurde wegen Verübung von Betrügereien im Betrage von 120 00a finnischen Mark verhaftet. Die Nnkänge Ser japanischen Literatur. Von Otto Hauser. Wenn man die Entwickelung der japanischen Lite ratur, ja des ganzen japanischen Kulturlehens be trachtet, so fallen die Parallelen mit Mitteleuropa leicht ins Auge. Schon die Lage Japans entspricht dem, und der geschichtliche Begmn der japanischen Kultur trifft mit dem Auftreten der Germanen zu sammen. Es werden sich gelegentlich diese Parallelen näher andeuten lassen. Japans älteste Geschichte, wie sie uns in seinen ersten Historienbüchern, dem ..Kodschiki" (Geschichte des Altertums) und dem ..Nihongi" (Japanische Annalen), erhalten ist, ver liert sich im mvthrschen Dunkel der Götter- und Heroenzeit. „Koojchlki" und „Nihongi", jenes 712 n. Chr. abgeschlossen und bis 628 reichend (eng lisch von Basil Hall Chamberlain, London 1882s, dieses 720 abgeschlossen and bis 696 reichend (englisch von W. G. Aston, London 1896: deutsch von Karl Florenz, Yokohama und Leipzig 1901 und 1903), sind noch in chinesischen Ideogrammen geschrieben, die aber, ihrem hteroglyphischen Charakter entsprechend, auch japanisch gelesen werden können und so gelesen werden: die eingestreuten Lieder in japanischer Sprache sind phonetisch wiedergegeben. Sie sind das älteste Sprach- und Poesiegut Japans. Meist den Göttern und Helden selbst in den Mund gelegt, zeigen sie die sinnliche Frische eines erst in die Kultur ein tretenden Volkes, gleichwohl schon eine ausgebildete poetische Phraseologie, auch schon neben noch freien Formen das konventionelle Tanka von einunddreißig Silben. Wie schon die Uebernahme der chinesischen Schrift zeigt, aus der sich später die flüchtigeren spanischen Silbenschriften entwickeln sollten, stand jene Zeit unter dem Einflüsse der chinesischen Kultur, die eben damals ihrer glorreichsten Epoche entgegenging. Korea, seit alters mit Japan in kriegerischen und friedlichen Beziehungen, war der Vermittler. Die chinesische Sprache ward die des Hofes, der Gelehrten, der Dichter, wie im gleichzeitigen Westen die latei nische. Durch sie erschlaffen sich den Japanern die Schätze der chinesischen Philosophie, der klassischen Bücher, der neueren Poesie, durch sie fand der indische Buddhismus in seiner chinesischen Gestaltung erst- inalig Eingang in das Land, für das er nun eben soviel bedeutete, wie die Heilandslehre für uns. Aller dings blieb daneben der ursprüngliche Schintokult mit seiner Verehrung der abgeschiedenen Geister (Kamis) großer Persönlichkeiten und vielen Göttern, wenn auch nicht unbeeinflußt von Konfuzianismus und Buddhismus, bis in die Gegenwart bestehen. Die besondere Veranlagung der Japaner, die sich tets wieder in gleicher Art erweisen sollte, erwies ich schon damals: sie assimilierten sich die ihnen ent- prechenden Elemente, bewahrten aber ihre Selb- tändigkcit. Eine starke nationale Bewegung, der auch „Kodschiki" und „Nihongi" ihre Niederschrift ver danken, entstand und überwand in der Folge den chinesischen Einfluß. Freilich bezeugt die von Mihuni angelegte Sammlung chinesisch geschriebener Gedichte, das „Kwaifuso" (Sammlung bezeichnender Stücke, von etwa 650—780 reichend), bezeugt ebenso die Vorliebe für chinesische Motive (Naturschilderungen, Blüten- lobpreisj in der ganzen künftigen Poesie, daß auch jetzt noch das Chinesische eifrig gepflegt wurde, aber das von Jakamotschi veranstaltete. 759 unvollendet abgebrochene „Manzoschu" (Die zehntausend Blätter) vereint eine reiche nationale Liederhlüte, deren Hauptnamen: Hitomaro (etwa 662—709), Akahito (Mitte des 8. Jahrhunderts) und Jakamotschi, der sammler selbst (gest. 785), für alle Zeiten ihren Klang behielten. Alle drei waren Hofbeamte. Der bedeutendste Dichter unter ihnen war Hitomaro. Eine Elegie von ihm auf den Tod des Prinzen Taketsckn, dem er gedient hatte, erinnert, wo sie einen Heerzug beschreibt, an die alte kriegsfreudige Zeit: Die Trommeln tönten wie des Donners Rollen, Die Hörner schmetterten, daß man erschrak Wie vor des Tigers feindlichem Gebrüll. Es flatterten die hochgchaltnen Fahnen Wie Feuer, die man auf dem Felde zündet Im «rrüblingsanfang. und die flatternd züngeln, Vom Wind dtlhingetrieben. Das Getön Der Bogenkerben aus der Hand der Schützen Erscholl so schrecklich, daß man einen Sturm Durch tiefbeschneiten winterlichen Wald Hinwirbeln glaubte, und wie mächtiger Schneefall, So flogen dicht die Pfeile durcheinander . . . (Karl Florenz.) Jagdschilderungen sind von ähnlicher Lebhaftig keit, sonst aber herrscht wie in dem ganzen „Man- joschu" ein elegischer Ton vor. Akahito gilt beson ders als Lobdichter viel: über seine Naturschilderun gen wurde gesagt: „Seine Worte sind so zart und rein wie der Joschinofluß und sein Aufschwung so hoch wie der Fudschiyama." Jakamotschi steht im Gegensatz zu den altjapanisch fühlenden Hitomaro und Akahito dem Buddhismus nahe. Diesen drei Dichtern schließt sich Okura an (660—733), der einzige Realist der Sammlung. Er war selbst in China gewesen und ebenfalls seiner Denk- und Lebensweise nach Buddhist; daher sein Mitleid mit den Armen, deren Elend er eindringlich zu schildern weiß. Die Fraucnlyrik ist am schönsten durch die Prinzessin Nukada (zweite Hälfte des 7. Jahrhunderts) vertreten; ihre Entscheidung zu gunsten des Herbstes bei einem höfischen Streit über das Thema Herbst und Frühling ist berühmt. Auch das „Manyoschu" ist noch in phonetischer chinesischer Schrift ausgezeichnet, die nächste, min destens ebenso bedeutende Sammlung, das ,,Kokinschu" (Alte und neue Gedichte), aber schon in lapanischer, die inzwischen, wie berichtet wird, von dem Gelehrten Mabi (693—775) erfunden worden war. Der Um schwung zum nationalen Geiste zeigt sich auch darin, daß die Sammlung des „Kokinschu" nicht mehr usie die des „Manyoschu" eines Privatmannes Werk ist, sondern vom Hofe selbst mehreren Dichtern, deren her vorragendster Tsurajuki (882—946) war, übertragen wurde. Tsurajuki hat sich außerdem durch die Ver breitung der bis dahin als „Weiberschrift" verach teten japanischen Silbenschrift verdient gemacht, in dem er in ihr ein Reisetagebuch, das „Tosa Nikki" (Tagebuch von Tosa) schrieb, das er allerdings noch als von einer Dame verfaßt ausgibt, um dadurch die „Weiberschrift" zu rechtfertigen. Im Vorwort zum ,,Kokinschu" ist er ein beredter Anwalt der lapanrschen Poesie gegenüber der chinesischen: „Die Poesie von Jamato (Japan) wurzelt in dem menschlichen Herzen selbst: ihm sind alle Worte entsprossen. Himmel und Erde bewegen ohne äußere Gewalt, die Geister, die uns unsichtbar um schweben, zu Tränen rühren, die Beziehungen zwischen Mann und Weib veredeln, den rauhen sinn der Krieger sänftigen — das ist die Macht der Poesie." So schrieb er die erste japanische Kunstprosa. Das Chinesische sollte in der nächsten Zeit immer mehr verdrängt werden, nachdem noch der bis Heine in Japan gefeierte Mitschizane (844—930) chinesische Ge dichte, die selbst ein Po Kiü I anerkannte, geschrieben hatte. Mitschizane ist mit seiner Nationalgcschichtc in zweihundert Büchern zugleich einer der vortreff lichsten Gelehrten jener Zeit; neben ihm sind noch der Mönch Kukai (774—835) mit seinen Esiays und seiner japanischen Stillehre, und Takamura (801—852) als juristischer Autor zu nennen. Diese gelehrte Tätigkeit hatte einen Umschwung auch noch anderer Art vorbereitet. Der ost etwas ungefüge Charakter früherer Zeiten hatte sich zu höfischer Galanterie verfeinert. Das „Kokinschu" steht im Zeichen des Minnesanges, der auch hier als Hauptthemen Lenz und Liebe hat. Der Form nach ist hier das „Monjoschu" weit übertroffen und über Haupt eine „klassische" Poesie gegeben, gegen die erst die Neuerer von 1880 ernstlich anstürmten. Die In dividualitäten heben sich jetzt nicht mehr so scharf von einander ab, was in den weiterhin bis 1439 noch fol genden zwanzig ähnlichen offiziellen Anthologien immer deutlicher wird, aber noch merkt man ihre An zeichen. Der um seiner Schönheit willen sprichwört lich gewordene Narihira (825—880). den — er war selbst Kaiserenkel — die Liebe zu einer Kaiserin vom Hofe in den damals noch wilden Westen verbannt werden ließ, ist ein Weltschmerzler: Trügen auf Erden Die Kirschenbäume gar nicht Den schimmernden Blust, Brauchte nimmer das Herz sich Im Frühling zu betrüben. (O. H.) Hendscho (815—890), der nach dem Tode seines Kaisers aus Gram Buddhist und Mönch wurde und als Bischof starb, schrieb neben manchen schönen Ver sen ein berühmtes Gedicht, darin er den Lotus, dieses Symbol der Reinheit im Buddhismus, des Truges zeiht, weil er einen Tautropfen aus seiner Blüte für einen Edelstein halten mußte. Die japanische Lyrik der Folgezeit gefiel sich in Spielereien, die denen unserer Meistersänger zu ver gleichen sind; wichtig ist nur die Verkürzung des Tanka zum Haikai, das aus leinen ersten drei Zeilen, sonach aus siebzehn Silben, besteht und unserem Epi gramm entspricht. Basckw (1644—94) pflegte es vor allem und ward so der japanische Logau. Man be achte auch hier die Gleichzeitigkeit. Das Haikai kleidet einen hübschen kleinen Gedanken, ein zartes kleines Gefühl in ernc gut pointierende Form — das ist alles So dichtet Bascho auf ein qrasüoerwachsenes Schlachtfeld: O du Sommergras! So vielen tapfern Kriegern Stätte des Träumens! (Karl Florenz.»