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Dezogs-Prei- kr Lstvsia »»» tjororu durch uxtrr, lrtarr »i>» Spedueure imal täglich n>« H»u« Ebrach:: V0 monoll.. L.70^k »iertelithri Bei unler» Niliale» ». Ta» aatzmeilelle» »diieiiolk: 7« mmratU, l.tL o>eet«ii»drl. Lurch dt« chok. wnuduld Deuiildiano« on» de, d«»ttch«» Kolonie» vierirlltdrl 8.«» mouitl. l.20 >ch ausichl. Poftdesiellaeld. innrer >n Belgien, Ltnemark, den Donaullaateu, Jioliea. liuremdurg, lXlederland«, Nor wegen, Oenerrrich - Ungarn. -tuttaad, Schweden, Schwei, u. Spanien In alle» übrigen Staaten nur direkt durch dl» cheichälttilelle »es Blatte« erdülllich. La« Lew,igei Lagedian ericheini 2 mal ttgllch. Sonn- ». Fer riaad nur morgens, ildonne i enl-Lnnadme. slugustusplatz 8, tei unteren Trüg er». >zt!talea. Spediteuren und »nnadmestellen, iowie PvslLmrrrn urtv Brieltrtgern rtngelpecraulevr««» der Bi argen« lusgabe lv 2-, der ridenduusgade ll ch» Sirdaktton und Gelchaftskelle« Johannlegasje d. Sernlvrrcher! I46SL l48Ul. t4«L Abend-Ausgabe. Nipriger TligMaü Handelszeitnng. Ämtsbkatt Les Rates und des Rolizeiarntes der Ltadt Lewzig. Anzeigen-Preis >sr Inserate au« Le>v,ig und Umgebung di, «gespaltene SO mm breit« Petit,eil« 2b dt» 7« Mi» breit« «eklamegetl» I »an auiwän» bv bieklamen l.Äi Inserate van Bebbrden 'M amlllchen Lei! dt» 74 nun breit» Petit,eil« 40 -V cheschäjitnn^igen mit P agvorschriste» und tu der Abendausgabe im Preise erhöht. Nadal! nach taril. Beilagegedühr b p. lausen» «itl. Postgebühr. Fell erteilte «uttrilge können nicht ,urülk- ge,ogen werden. Für da» Erscheinen an vettlmmten lagen un» PsLhen wird keine Garantie übernommen. Antigen-Annahme! Auguskusplatz bi, dee sämtlichen Filiale» u. allen «nnoncen- strpeditionen de« In» und lllurianoe«. »anvt»-tllale verlln: Aarl Diiniker. Heriagl. Bayr. Hosbuch- handlung, Lützowsilade 10. tle.ephan Vl.. Nr. 4ONY. Haupt-Filiale Dresden: Seeitrahe », l ilelephon 462l-. Nr. 144. /reim,. »en 27. Msi lSlo. 104. Jahrgang. palltilkhe Nachrichten. Vie wslilrechtsvorlsge im vreuWihen Nbgeorünetenlisule. o. Berlin. 27. Mai. (Priv.-Tel.) Die Beratung der Wahlrechtsvorlage wurde durch eine kurze Er klärung des Ministerpräsidenten von Bethmann Hollweg eingeleitet, die folgenden Inhalt hatte: Der konservative Antrag, die Steuer- drittelungsbezirke wieder zu verkleinern, ist von der Regierung bereits im Herrenhause abgewiesen worden; die Staatsregierung bleibt bei ihrer Stellung bestehen. sBravo links.) Der nationalliberale Antrag, gleichzeitig mit der geheimen Wahl die direkte Wahl ein- zuführen, kann von der Regierung ebenfalls nicht angenommen werden. Wenn eine Mehrheit des Hauses sich auf einen Boden stellt, der von den Beschlüssen des Herrenhauses weit abliegt, ist kein Ausweg gegeben, mit der Vorlage zu einem positiven Ergebnis zu gelangen. (Bewegung.) Abg. v. Heqdebrand sKons.) erklärte, das; die Konservativen gegen den Antrag des Zen trums stimmen werden, die Abgeordnctenhausbe- schlüsse in allen Punkten wiederherzustellen, und eben so gegen die nationalliberalen Anträge. Der konservative Parteiführer griff dann die Regie rung wegen ihrer Stellungnahme an. Nach ihrem Auftreten im Herrenhause habe man nicht denken können, das; sie auf einem Punkt so schroff bestehen würde. Für die konservative Partei gebe es eine Grenze im Entgegenkommen, die eigene Ueber- zeugung. Der Ministerpräsident v. Bethmann Hollweg er widerte sofort und wies darauf hin, daß schon im Herrenhause die Regierung zu erkennen gegeben habe, sie wolle zwar das Prinzip der Verbindung von ge heimer und indirekter Wahl annehmen, müsse aber in bezug auf Einzelheiten Bedingungen stellen; dazu hätten die Kulturträger und die Drittelung gehört. Auch für die Regierung gebe es eine Grenze des Entgegenkommens, sie könne non der einmal eingenommenen Position und von ihrer Ueberzeugung nicht abgehen. Darauf legten die Abgg. Herold (Ztr.) und Friedberg (Natl.) den Standpunkt ihrer Fraktionen dar und begründeten deren Anträge. Falls eine positive Beschlußfassung im konservativ klerikalen Sinne zustandekommt, wird nach den wie derholten Erklärungen des Ministerpräsidenten die Regierung die Vorlage zurückziehen. Im gegenwär tigen Augenblick ist es aber noch nicht sicher, ob Zen trum und Konservative eine Mehrheit für ihre Wünsche haben, weil ein Teil der Konservativen überhaupt keine Reform will und daher nicht mit stimmen dürfte. In diesem Falle müßte auch noch I über die Herrenhausbeschlüsse abgestimmt werden, von denen es sicher ist, daß sie abgelehnt werden, und es würde dann schon durch die Abstimmung des Ab geordnetenhauses die ganze Vorlage erledigt sein. — Die Sitzung dauert fort. Eine außerordentliche sächsische Gewerbekammer konferenz. findet heute Freitag in Freiberg statt. Daran nehmen die Vorsitzenden und die Snndici der säch sischen Ecwerbekammern teil. Den wichtigsten Punkt der Beratungen wird ein vom Ministerium geforder tes Gutachten über das von der Sächsischen Mit telstandsvereinigung mit staatlicher Unterstützung zu errichtende Submissionsamt bilden. Bericht hierzu erstattet die Gewerbekammer Leipzig. Wei ter soll beraten werden über die Auslegung des H 133 der Gewerbeordnung. Die Verhandlungen werden geheim geführt. Die Einigungsvcrhandlungen für das Bau gewerbe. beginnen heute vormittag im Reichstagsgebäude zu Berlin. In Kiel haben die ausgespcrrten Arbeiter eine eigene Vaumaterialienhandlitng eröffnet. Zum Besuch Kaiser Wilhelms in Wien. Wien, 27. Mai. (Tel.) Ueber den bevorstehen den Besuch Kaiser Wilhelms in Wien berichtet die „N. Fr. Pr." von wohlinformierter Seite, es sei un richtig, daß Kaiser Wilhelm zum Geburtstag Kaiser Franz Josefs in Wien eintrisft. Er wird seine Gratulation nachträglich ausführen. Kaiser Wilhelm begibt sichnachSchlußderdeutschen Kaisermanöver zum Besuch des Erzherzogs Ferdinand und wird oabsi auf der Hin- und Rück reise ein oder zwei Tage in Schönbrunn ver bringen. Informationsbesuch englischer Stadtvertreter. Berlin, 27. Mai. (Tel.) Gestern abend traf der Lordmayor von Birmingham in Beglei tung von sechs Mitgliedern des Stadt rates hier ein. Die Herren teilten mit, in Bir mingham seien große Eingemeindungspro bleme zu lösen, und sie wollten deshalb in Berlin und anderen deutschen Städten sich umsehen. Dabei wollten sie auch Fragen der Bauordnung studie ren und hofften, Material in der Stadtebauausstel- lung zu finden. Vom Streikschauplatz in Merq für Oise. Paris, 27. Mai. (Tel.) Streikende Stein - bruchsarbeiter in Mery sur Oise zer schnitten 13 Telegraphen- und Tele phondrähte und verdarben die Eisenbahnsignale. Streckenwärter besserten unter dem Schuhe von Gen darmen den Schaden aus. Ium Untergan- üer „plumSle". Nachrichten über den Untergang des französischen Unterseebootes „Pluviöse" laufen fortgesetzt weiter ein. Trotz angestrengter Versuche, durch Taucher Klarheit darüber zu erlangen, ob von den Insassen der gesunkenen „Pluviöse" einzelne noch am Leben sind, war es bisher nicht möglich, in die Nähe des Unterseebootes zu kommen. Man glaubt kaum, vor Sonnabend früh das Boot heben zu können. Die fran zösischen Marinebehörden bemühen sich jedoch, die Hebung zu beschleunigen. Folgende Depeschen liegen vor und dienen zur Ergänzung der Mitteilungen im heutigen Morgenblatte: Paris, 27. Mai. (Tel.) Das Marineministerium hat aus Calais über den Unfall des Unterseebootes „Pluviöse" folgende Einzelheiten über die Katastrophe erhalten: Die Unterseeboote „Nentöse" und „P l u- viüse" manöoerierten auf offener See. Die „Plu viöse" nahm Tauchversuche vor, als plötzlich der Dampfer „Pas de Calais" erschien. Der Dampfer stoppte, sobald er der „Pluviöse" ansichtig wurde, auch gab er Gegendampf, aber es war bereits zu spät, die Katastrophe schon ge schehen. Es war um 1 Uhr 13 Min. mittags. Als das Unterseeboot verschwunden war, kehrten die „Ventöse" und der Dampfer „Pas de Calais" in den Hafen zurück, um Unterstützung zu holen. An Bord der „Pluviöse" befanden sich 27 Mann, darunter zwei Offiziere und der Kommandeur der U n t e r s e e st a t i o n. Man glaubt, daß alle In sassen umkommen, wenn nicht rechtzeitig Hilfe ein trifft. Der Unterpräfekt von Cherbourg ist mit dem Torpedoboot „Harpon" und dem Schleppdampfer „Giraffe" an der Unfall stelle eingetroffen. Heute früh ist der Dampfer „Loioet" mit umfassendem Rettungs- material angekommen. Die Witterung ist sehr günstig. Ein Torpedoboot befindet sich an der Unfall stelle, doch war es bisher unmöglich, mit dem gesunkenen Schiffe in Verbindung zu treten und festzustellen, ob die Mannschaft noch am Leben ist. Vergebliche Taucherversuche. Calais, 27. Mai. (Tel.) Gestern abend um 5 Uhr 30 Min. begab sich das Unterseeboot „Ven- täse" an die Unfall st eile. Zwei Taucher ließen sich vergeblich in die Tiefe. Nach zwei Stunden kehrte das Boot in den Hafen zurück und be richtete, daß es unmöglich sei, mit der „Pluviöse" eine Verbindung aufzunehmen und in Erfahrung zu bringen, ob die Besatzung noch am Leben sei. Es sei eine sehr starke Strömung unter Wasser vor handen. Es bestätigt sich, daß sich an Bord der „Pluviöse" 27 Mann befanden, darunter zwei Offi ziere und Kommandant Prat von der Unterseestation in Calais. Die „Pluviöse" war um 12 Uhr 30 Min. zu einer Uebungsfahrt ausgelaufen und tauchte um 2 Uhr unter. Als sich das Boot unter Wasser befand, wurde es von dem Dampfer „Pas de Calais" ange rannt. Während 10 Minuten ragte der vordere Teil der „Pluviöse" drei Meter aus dem Wasser hervor. Dann verschwand das Boot ganz. Nach der Havarie des Dampfers zu schließen, war der Zusammen- stoß außerordentlich heftig. Die „Plu viäse" muß durchbohrt worden sein. Paris, 27. Mai. (Tel.) Ueber den Untergang des Unterseebootes „Pluviöse" wird aus Calais von heute Morgen gemeldet: Den Tauchern ist es bisher noch nicht gelungen, das gesunkene Unterseeboot zu ereichen. Die erforder lichen Rettungsvorrichtungen werden erst heute nach mittag aus Cherbourg cintreffen. Dann wird der Versuch gemacht werden, die „Pluviöse" mit Hebe ketten zu befestigen; aber bestenfalls wird es erst morgen früh möglich sein, sie a n d i e M e e r e s- oberflächezu bringen. Calais, 27. Mai. (Tel.) Der Marine- m i n i st e r ist in Begleitung des Unterslaatssekretärs Chöron hier eingetroffen und begab sich zu Schiff an die U n f a l l st e l l e. Seit 4 Uhr früh werden neue Tauchoersuche unternommen, da die unterseeische Strömung nachgelassen Ho t und das Meer weniger be lebt ist. Berichte von Augenzeugen. Calais, 27. Mai. (Tel.) Ein Passagier des Post dampfers „Pas de Calais" erzählte einem Berichter statter, der Kapitän des Dampfers ließ sofort nack dem Zusammenstoß ein Rettungsboot mli 7 Matrosen ins Meer. Dieses fuhr an den aus dem Wasser hervorragenden Rumpf der „Plu viöse" heran und führte mit Rudern kräftig» Schläge gegen die Wand des Unterseeboots um Lebenszeichen von der Mannschaft zu erhalten Aber es erfolgte keine Antwort. Dle Mann schäft des Unterseebootes, von dem nur ein Drittel des rückwärtigen Teiles zu sehen war, dürfte ent weder durch den heftigen Zusammenstoß betäubt oder nachdemvorderenTeil geschleudert porden sein. Einige Minuten später sahen wir das Rettungsboot sich von der „Pluviöse" entfernen, die nunmehr langsam verschwand. Es war ein entsetz licher, atemraubender Augenblick. Ein anderer Passagier erzählte nach seiner An kunft in London: Ich habe ein großes Quan tum Naphtha auf dem Wasser schwimmen sehen. Das Unterseeboot kam aus dem Wasser mit der Spitze heraus in einem Winkel von 33 Grad. Das Boot muß schwere Beschädi gungen erlitten haben, denn ich sah auch Holz stücke auf dem Wasser schwimmen. Personen habe ich nicht bemerkt und auch keinen Schrei gehört. Die Passagiere des Dampfers „Pas de Calais" be fanden sich in furchtbarer Aufregung, da der Unfall ganz unerwartet kam. Der Eindruck des Unglücks. London, 27. Mai. (Tel.) Der Kapitän des Dampfers „Empreß", der die Passagiere des Dampfers „Pas de Calais" nach dem Unfall auf nahm, erklärte, daß die Wege, die von den Dampfern der Linie Calais—Dover benutzt werden, genau vorgeschrieben sind, die auch den Offi zieren der Marine bekannt sein müßten. Es liege daher wahrscheinlich ein Irrtum des Offiziers des u ntergegangenen Unterseebootes vor. An Bord des Dampfers „Empreß" wurde wäh rend der Ueberfahrt eine Eeldsammlung zu- Napoleon als Julluph Paschs. „Har Napoleon gelebt?" hat ein Buch zum Titel, oas der bestens bekannte Napoleonforscher F. Ni. Kircheisen soeben im Verlag von Robert Lutz in Stuttgart hat erscheinen lasten. (Broschiert 3 ^t, ge bunden 4,25 ^i.) Es bildet den ersten Band einer „Bibliothek des Absonderlichen", herausgegeben von H. H. Ewers und H. Conrad. Zur Unterhaltung unserer Leser geben wir hier einen Abschnitt wieder aus der satirischen Mysti fikation: „Napoleon als Zussuph Pascha", von einem Deutschen namens Schaden. Um seinem entschiedenen Günstling die seltenste Auszeichnung angedeihen zu lasten, führte der zweite Mahmud denselben in sein großherrliches Serail. Dort angekommen sprach der Eroßsultan: „Zussuph, ich werde dich jetzt mit einer meiner Odalisken be kannt machen, welche sich durch ihren glänzenden Ver stand auszeichnet. Wir nennen diese Odaliske „die weise Fatrme", und sie ist deine Landsmännin, eine geborene Französin." Auf einen Wink Mahmuds wurde unser Zussuph durch einen Eunuchen in eins der Frauengemächer geführt. Dort eingetreten erblickte er eine zwar nicht mehr junge, aber dennoch wohlgewachsene und inter essante Dame, welche sich langsam und voll edlen An standes von ibrem Diwan erhob. Zussuph und die Odaliske betrachteten sich wechsel seitig mit unverkennbarem Staunen, dann rief die weise Fatime plötzlich aus: „Wäre es möglich, Napoleon Buonaparte, Sie leben?" „Und Sie, die längst totgeglaubte Frau von Stael-Holstein, meine liebenswürdige Feindin, muß ich unter den Lebenden als Odaliske wiederfinden?" fragte dagegen Zussuph. Man nahm aus den Polstern Platz und unser Held teilte der Frau Baronin in gedrängter Kürze die Geschichte seiner Flucht aus St. Helena mit. Dieses Vertrauen des Exkaisers belohnte Frau von Stael mit dem ihrigen. „Mit wenigen Worten", sprach sie, „kann ich Ihnen das Rätsel lösen, wie ich in meine gegenwärtige entehrend« und unglückliche Lage geriet. Sie wissen, Sire, daß ich zuletzt in sehr freund schaftlichen Beziehungen zu dem berühmten Herrn von Schlegel stand. Nun ist dieser Herr von Schlegel ein in der Tat sehr wackerer und ganz ausgezeichneter deutscher Gelehrter, allein diese biederen deutschen Männer können in der Freundschaft wie in der Liebe nimmermehr ein Ende finden. Herr von Schlegel langweilte mich, allein ich schätzte ihn AU sehr, als daß ich mich hätte entschließen können, ihm den Ab schied zu geben. Ich stellte mich daher krank, ließ bald darauf durch eine vertraute Kammerfrau und meinen Bedienten die Nachricht von meinem Tode verbreiten und — wie einst die Prinzessin von Braunschweig-Wolfenbüttel — statt meiner einen mit Steinen beschwerten Sarg beerdigen. Ich reiste hierauf unter fremdem Namen nach Marseille, denn eine Seereise sollte etwas Abwechse lung in die Einförmigkeit meines Lebens bringen. Das Schiff, an dessen Bord ich mich begeben halte, wurde aber unglücklicherweise von türkischen See räubern gekapert, und so gelangte ich endlich als Odaliske in den großherrlichen Harem." Napoleon: ..Trösten Sie sich, Madame! Sie werden gefunden haben, daß es sich unter diesen Türken nicht so schlimm lebt, als man in unserer jo- genannten zivilisierten Welt glaubt. Indes, um auf ein anderes Thema zu kommen — Sie haben sich, Frau Baronin, öfters stark in Ihren Schriften gegen meine Person ausgelassen. Jetzt fallen alle ehe maligen Rücksichten von selber weg. — Sprechen Sie frei: war es Ihnen mit Ihrem Tadel stets und un bedingt ernst?" Frau von Stael: „Es war, bei Gott, es war! Großes haben Sie, Sire, als Krieger und Er oberer vollbracht! Sie werden als solcher unsterblich bleiben, allein Frankreichs und der Menschheit Un glück nenne ich es, daß Sie von Haus aus ein unver besserlicher Egoist und ein rachedürstiger Mann waren. Man kann groß als Feldherr und klein, sehr klein als Mensch sein. Ein Fürst, der im Gefühl einer großen Macht allein dem Triebe seiner Leiden- chaften gehorcht und des Landes wahres Wohl den Interesten seiner eigenen Person opfert, sich über alles Völkerrecht hinwegsetzt, und dem ein Hang zur Grausamkeit beiwohnt, ist ein Tyrann! Nur seiner willkürlichen Herrscherstimme soll und muß im ganzen Lande gehorcht werden, und als Re bellen werden alle diejenigen erklärt, die nicht kalt blütig ihr Vaterland unterdrücken helfen. Gerade weil der Despot keinen Richter über sich kennt, ge horcht er für seine Person keinem Gesetz; sein ver steinertes Herz bildet sich endlich aus der Tyrannei ein System. Weit entfernt, die Schändlichkeit solcher , Handlungen zu ahnden, triumphiert er im geheimen I über die von ihm zur höchsten Potenz hinauf geschraubte Kunst, die Menschheit zu erniedrigen. — Das gräßliche Bild, Napoleon Buonaparte, es ist dein treues Ebenbild!" endete Frau von Stael ihre leidenschaftliche Rede. Zussuph hatte sich längst entfärbt. Jetzt sank er, indem er vergebens aus der verengten Brust Atem zu schöpfen strebte, ohnmächtig in seine Polster zurück. Dies gewahr werdend, erschrak die Odaliske. Sie riß heftig an der Klingeljchnur, und ein Dutzend Eunuchen stürzten ins Gemach. Auch der Sultan selbst eilte nach erhaltener Nachricht mit seinem Leib ärzte herbei, um feinem geliebten Zussuph Hilfe zu leisten. Der Leibarzt bot seine ganze Kunst auf, allein erst nach vielen Bemühungen gelang es ihm, den Patien ten wieder zum Bewußtsein zu bringen. Nachdem sich Zussuph Pascha so ziemlich wieder erholt hatte, sprach der zweite Mahmud zu ihm: „Ei, ei, deine Unterhaltung mit meiner Odaliske muß ja sehr — lebhaft gewesen sein, daß sie eine Ohn macht zur Folge hatte. Weißt du was, ich schenke dir die weise Fatime, du kannst sie morgen nach deinem Harem holen lassen." „Mohammed, bewahre mich vor diesem Weibe!" rief der Exkaiser schnell aus. — „Lieber möchte ich den Teufel als sie in meinem Haufe!" Dem zweiten Mabmud hatte die Ohnmacht seines Paschas, welche ibn rm Gemache der weisen Fatime so ganz plötzlich befallen hatte, allerlei Verdacht er regt, und da sich Zussuph am andern Tage noch sehr unpäßlich befand, stattete ihm der Groschen einen Besuch ab. Er drang so lange in ihn, bis der Ex kaiser gestand, die sogenannte weise Fatime habe ihn, als er noch Frankreichs Thron innegehabt, sehr genau gekannt und bei dem gestrigen Besuche sogleich wiedererkannt. Nach dieser Auskunft rief der Eroßsultan sofort einen seiner vertrautesten Diener ins Gemach und flüsterte ihm etwas ins Ohr, worauf sich der Diener schleunigst entfernte. Da kehrte der eben erwähnte Diener wieder ins Gemach zurück und stattete Mahmud H. einen ge heimen Rapport ab. Als der Bote sich wieder cnt- wrnt hatte, rief der Sultan lachend aus: „Denke dir, Iustuph, soeben erhalte ich au« dem Serail die Nach richt, daß eine meiner Odalisken, die wir die weise Fatime nannten, plötzlich an einem Anfalle von Eng brüstigkeit gestorben ist." * Unter falscher Flagge. Seit acht Tagen wird in Frankfurt a. M. im Albert-Schumann-Theater „Donnerwetter. Tadellos" aufgesührt. Zn den An kündigungen hieß es, daß das otück von den Mit gliedern des Metropolitantheaters ln Berlin zur Aufführung gelange. Das Metropo litantheater dementiert nun diese Meldung, in dem es darauf hinweist, daß es bereits seit 10 Zähren keine Gastspielreisen mehr unternehme. Zn der ge samten Frankfurter Presse hatte die Aufführung des Stückes eine sehr abfällige Kritik gefunden. * Olga Rappo, die kürzlich im Schauspiel haus als Gretchen gastierte, wurde von Herrn Hof rat Hartmann auf drei Zahre, vom 1. September 1910 ab, für das Schauspielhaus in Leipzig ver pflichtet. * Karl Pröll, der bekannte Schriftsteller und Dichter, feiert heute seinen 70. Geburtstag. Pröll hat sein Leben der großen Aufgabe gewidmet, bei seinen deutschen und österreichischen Stammesgenossen den Sinn sür das Deutschtum zu pflegen. Seit zwanzig Jahren gehört Karl Pröll dem Vorstanoe des Deutschen Schulvereins an. Mit Befriedigung darf er an seinem Lebensabend auf ein an Mühen, aber auch an Erfolgen reiches Dasein zurückblickcn. * Plancks wissenschaftliche Erbschaft. Es ist dem großen Rechtslehrer noch vergönnt gewesen, von der vierten Auflage seines oielbcgehrtcn Kommentars das erste Buch — allgemeiner Teil — für den Druck fertigzustellen. Die Fortsetzung dieses Werks hat Geheimrat Strohal-Leipzig übernommen, so daß das Erscheinen der gesamten Auflage für den 1. April 1912 zu erwarten ist. * Ein sozialdemokratischer Hochschulprofessor. Dr Halvdan Koht, auch in Deutschland als Mit herausgeber der „Briefe" und „Nachgelassenen Schriften" Henrik Ibsens wohlbekannt, wurde zum ordentlichen Professor für Geschichte an der Universität Christin nia ernannt. Der noch junge Gelehrte hat eine rasche und glänzende Karriere gc macht; seine Beförderung ist auch dadurch interessant, daß Professor Koht politisch der Sozialdemokratie angehört. Mit ihm zieht der erste Sozialdemokrat in den Lehrkörper der Universität ein. * Berichtigung. In den Artikel über „Karl Lamprecht^ in der heutigen Morgennummer hat sich ein Druckfehler eingcichlrchen, der hiermit berich tigt werden soll. Wie schon aus den Einleitung« warten des Aufsatzes hervorgeht, hat Lamprecht die Dozentenlaufbayn nicht 1885, sondern 188S betreten.