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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.05.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-05-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100514027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910051402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910051402
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-05
- Tag 1910-05-14
-
Monat
1910-05
-
Jahr
1910
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BeznqS.PrnS 5" LrlPGlg «» vowr» durch »»)«, träg» und krxLlleure 2 mal »Sqlich ins Luu« Ebrach«: UO ch mouatl., L.7V dirriiltLhrl. Bei unser» Nüiale» u. Sn. uahmrstellrn »bgeholt: 7S mvuatU. »F» »««eiirbiu D»rch di« Vos»; »noerlMld Druüchland« und der deutsche» Kolonien vierrrlitdrl. S.»0 mo»atl. auälchl. Puftdestellarld. ferner >n Belgien, Dänemark, den Donautzaaten, Italien, Luxemburg, Niederlande, Nor wegen. Les! erreich-Ungarn, Rußland, Schweden, Schwel, «. Spanten. In allen üdrigen Staaten nur direkt durch dt« Seschästtliell» de« Blatte« erhältlich. Da« Leipziger Dageblan erschein, 2 »al täglich. Sonn- ». yeterlag« nur morgen«. Avonnrn.enr-Annadm«: Auguftusplatz 8, del unseren Drägern, »Filialen, Spediteur.» und Annahmestellen, sowie Postämter» n»d Bries träger». »tn,.l».rkL»s«prel« der Vtorgen» «uSgab« 1ü H, der Abcndauägab« » Sirdaktton und Sekchäftäftrll« Johannirgaste 8. isernchrecher: 14682, 14683, 14684. Abend-Ausgabe. MpMerTaMM Handelszeitnnft. Amtsvlatt Les Rates und -es Nokizeiamtes Ser Stadt Leipzig. ÄnzeiqcN'PrciS sstr Auserate au« Leipzig und Umgebung dl» Sgeivaltene so WM breit« Petitz«n« 25 dl« 74 wt» breit« Neklame^ll« l »o» »»«wärt« 30 äs, Reklamen 1.20 Inserate von Bebbrden 'm amtlichen DeU dl, 74 mm brrtte Petltzell« 40 «eschtstranzrigen mit P'ahvorlchnsten und in der Ldendautgad« im Preise erhöht. Radau nach Taris. Beilagegedsthr L p. Lausend exkl. Postgebühr. gefteNeUt« Lusträge können nicht zurück gezogen werden. Für da« Erscheinen an bestimm»» Lagen und Plästen wird kein, Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme > Bugustll«pl»tz 8, del sämtlichen Filiale» u. allen Annoncen« Slpedülonen de« Ja» und üluilande«. Vanpt-Filiale BerNu: Tart Luucker, Herzog!. Vahr. Hosbuch» Handlung, L <vorost>aße IL (Telephon VI, Nr. 4M3). Haupt-Siliale Dresden: S«itrasze 1 (Telephon 4621). Nr. 132 Sonnsbenü, üen >4. Mai ISIS 104. Istlsrgsng. politische Nschrichten. Zum Austritt des Landtagsabgeordneten Merkel aus der nationalliberalen Fraktion schreibt die parteioffiziöse „Sachs. Natl.-Korr.": „Ueber den Austritt des Herrn Abgeordneten Merkel aus der nationalliberalen Landtagssraktion verbreitet die Presse Mitteilungen, die zwar auf per sönlichen Aeußerungen beruhen, aber kaum ein siche res Urteil über die Beweggründe zulassen. Herr Stadtrat Merkel hat selbst betont, daß er aus der Fraktion, nicht aber aus der Partei ausscheide. Es handelt sich um Meinungsverschiedenheiten über das sachliche und taktische Verhalten der Fraktion, also um einen Fall, wie er wohl schon in jeder Fraktion eingetreten ist. Herr Stadtrat Merkel war dadurch, das; er sowohl ein Reichstagsmandat wie ein Land tagsmandat zu versehen hatte, ganz außerordentlich belastet. Wenn nun in einigen Blättern gesagr wird, Herr Stadtrat Merkel sei in der Zweiten Kammer nicht zur Geltung gekommen, so ist es doch Tatsache, dasi er bei fast allen wichtigeren Fragen gesprochen und seine Ansichten temperamentvoll vertreten hat. Wenn weiter gesagt wird, über eine Reihe von An trägen, die er der Fraktion vorgelegt habe, sei nicht verhandelt worden, so hängt das ganz gewiß mit der unleidlichen Ueberlastung zusammen, unter der, zum Teil durch die Schuld der Regierung, die Kammer und alle Fraktionen in der letzten Zeit zu leiden hatten. Jede Fraktion hat auf eine mehr oder minder große Zahl von Anträgen verzichten müssen. Es wird wenige Abgeordnete geben, die nicht un erledigte Wünsche in ihrer Mappe mit nach Hause zu tragen hätten. Von seiten der nationalliberalen Fraktion, ja sogar vom Präsidium der Kammer, ist bekanntlich gegen den vorzeitigen Abbruch der Ar beiten Einspruch erhoben worden. Richtig ist, daß die Fraktion bei einzelnen Abstimmungen, so z. B. über die Orden und Gesandtschaften, seinen mehr radikalen Absichten nicht beipflichten konnte. Aber bei diesen Entscheidungen handelte es sich nicht um Parteifragen von außerordentlichem Belang. Es ist ganz unmöglich, eine Fraktion in jedem einzelnen Fall auf einen Ton zu stimmen, zumal dann nicht, wenn starke individualistische Anschauungen, wie sie Herr Merkel zu vertreten pflegte, vorhanden sind. Die Angriffe, die einige Blätter unter Berufung auf Herrn Stadtrat Merkel gegen die Fraktion richteten, wird diese nicht unerwidert lasten. Die große Mehr heit der Fraktion ist in der Abweisung dieser An griffe vollkommen einig, und wir hoffen, daß der be dauerliche, aus persönlichen Verstimmungen hervor gegangene Zwiespalt überwunden wird und Weite rungen vermieden werden." Zur Landtagsersatzwahl in Plauen—Land. Wie die „Neue Vogtl. Ztg." meldet, wurde am Freitag in einer Versammlung der Vertrauens männer der nationalliberalen Partei einmütig be schloßen, zur Ersatzwahl des 44. ländlichen Wahl kreises einen nationalliberalen Kandi daten aufzustellen. Der Hansabund hat beschloßen, zur Wiederkehr des ersten Erün- dungstages am 12. Juni Festsitzungen tn allen Zweigverbänden im Deutschen Reiche abzuhalten, bei denen der Jahresbericht vorgelegt werden wird. Die Mitgliederzahl des Hansabundes an direkten Mitgliedern und an solchen durch die angeschloßenen Verbände beträgt nach überschläg licher Berechnung im ganzen weit über eine Million. In den letzten drei Tagen sind durch schnittlich je 1200 Personen neu eingetteten.. vor üer Verletzung König Güusrüs. Die Aufbahrung der Leiche. London, 14. Mai. (Tel.) Dem Wunsche der Königin-Witwe entsprechend, ist die Versiegelung oes Sarges, die gestern abend stattfinden sollte, wie die Aufbahrung im Thronsaal, zu der von heute ab bevorzugte Persönlichkeiten Zutritt erhalten, verschoben worden. Für die Aufbahrung im Thronsaal wurde der Thron von seinem Platze entfernt und unter seinem karmoisin- roten, von der Krone überragten Baldachin ein Altar errichtet; dieser ist von einem weißen, mit Gold besetztem Tuche bedeckt und von Kandelabern und einer Maße weißer Blumen verschwenderisch um geben. Vor dem Altar steht der mit Purpur bedeckte Katafalk; an seinen vier Ecken stehen riesige, mit großen Lichtern besteckte Kandelaber, an dem vom Altar am weitesten entfernten Ende des Katafalks befinden sich zwei Eebetstühle. Sobald der Sarg auf den Katafalk gestellt wird, wird er mit einem Bahrtuch bedeckt, und Krone, Zepter und die andern königlichen Embleme werden auf dem Sarge ruhen. Gardegrenadiere werden um den Katafalk Wache halten. Die chinesische Sondermisfion unter Führung des Prinzen Tsat - Tsao wird am Mittwoch früh in London eintreffen, um den Kaiser von China bei den Beisetzungsfeierlichkeiten zu ver treten. Vorbereitungen zur Beisetzung. Da die Straßen, durch die der königliche Leichen zug sich bewegen wird, nunmehr bekannt sind, hat man gestern mit der Errichtung kolossaler Tribünen an den Straßenecken und auf den Plätzen begonnen, an denen der Leichenzug vorüber kommt. JmHydepark wird, wie bereits kurz be richtet, ein großes Militärlager errichtet, denn die in London befindlichen Kasernen bieten bei weitem nicht Raum genug für die aus der Provinz nach London kommandierten Truppen. Mehrere Regimenter werden außerdem in Baracken untergebracht werden müssen. An 13 000 Mann Reitertruppen werden für die Absperrung sorgen. Ganze Wagen voll Kränze treffen fort gesetzt aus allen Teilen Europas ein, und zahlreich sind die Blumenspenden, die aus England und den englischen Kolonien in den letzten Tagen in London eintreffen, trotzdem diese bei dem Leichenzug nicht mitgeführt werden. Ein Damenkomitee, an deßen Spitze sich die Gemahlinnen einiger Minister und Lords befinden, hat sich gebildet, um die Aus schmückung der Straßen zu organisieren. Vlumentore Überspannen die Straßenkreuzungen und kilometerlange Girlanden ziehen sich von Haus zu Haus. Um Zwischenfälle, wie sie sich bei der Beisetzung der Königin Viktoria in Windsor ereigneten, zu ver meiden, werden die Pferde, die vor den Leichen wagen gespannt werden, sowie auch die Pferde des Gefolges besonders trainiert. Diese werden eine Stunde vor der Feierlichkeit nochmals beritten gemacht werden. Erweiterung des Kommunalwahlrechts der norwegischen Frauen. Christiania, 14. Mai. (Tel.) Das Odelsthing nahm mit 71 gegen 10 Stimmen einen Antrag an, betref fend die Erweiterung des jetzt bestehenden kommunalen Wahlrechts für Frauen zum allgemeinen kommunalen Wahlrecht für Frauen. Durch die Erweiterung des Wahlrechts wird die Zahl der wahlberechtigten Frauen um über 200 000 erhöht. Republikanische Kundgebung in Madrid. Madrid, 14. Mai. (Tel.) Am Sonntag ist für Madrid eine große republikanische Kundgebung geplant, um den Sieg der republikanischen Partei bei den Wahlen in Madrid zu feiern. Zur Kretafrage. Paris, 14. Mai. (Tel.) Wie im hiesigen Ministe rium des Aeußern versichert wird, wird der türkische Minister des Aeußern Rifat Pascha seinen Aufenthalt in Paris und London dazu benutzen, um mit der englischen und französischen Regierung wegen der Kretafrage in Unterhandlungen zu treten. Ta-eschranik. Brandstiftung. Stettin, 14. Mai. (Tel.) Im Dorfe Alt- Sarnow in der Nähe von Stettin brach gestern Feuer aus, das infolge des heftigen Sturmes mit rasender Schnelligkeit um sich griff. In kurzer Zeit brannten sieben Gehöfte mit 16 Gebäu den nieder. Es liegt Brandstiftung vor. Vergiftung von Kindern. Schweidnitz, 14. Mai. (Tel.) Im Dorfe Michels- dorf erkrankten acht Kinder nach dem Genuß von Pillen, die sie beim Spielen gefunden hatten. Ein Kind starb bereits, die übrigen schweben in Lebensgefahr. Die Untersuchung ergab Arsenik vergiftung durch Mäusepillen. Raubmord. o. Breslau, 14 Mai. (Priv.-Tel.) Der Privatier Weiß wurde gestern abend in seiner Wohnung er mordet und beraubt aufgefunden. Als Täter wurden heute der Arbeiter Schipkc und deßen Braut verhaftet, die sich durch Raubmord Geld mittel zur Heirat verschaffen wollten. Ein Unfall Loubets. Paris, 14. Mai. (Tel.) Der ehemalige Präsi dent Loubet wurde gestern von einem Auto mobil zu Boden geworfen, als er beim lleberschreiten der Straße einem anderen Wagen ausweichen wollte; er trug aber nur eine leichte Wunde an der Hand davon. Schwester Candide. Paris, 14. Mai. (Tel.) Mehreren Blättern zu folge wurde infolge der Anzeige eines hiesigen Juweliers gegen die bekannte Gründerin und Leiterin des Tuberkulose-Sana toriums in Ormesson, Schwester Can dide, eine gerichtliche Untersuchung ein geleitet. Schwester Candide soll, um den Bestand ihres Sanatoriums zu ermöglichen, versucht haben, Geld auf die verschiedenste Weise aufzubringen; u. a. soll sie von einem Juwelier Edelsteine im Werte von 800 000 Franken zum Verkauf übernommen haben. Da sie aber weder das Geld, noch die Edel steine rechtzeitig zurückerstattete, strengte der Juwe lier Klage an. Schwester Candide erklärte einem Berichterstatter, ste sei lediglich das Opfer widriger Verhältnisse und habe selbstverständlich nicht die geringste Veruntreuung verübt. Schwere llnglückssälle. London, 14. Mai. (Tel.) Ein Zug der Great Western Eisenbahn überfuhr gestern zwischen Wstt- burne Park und Acton in der Nähe von London vier Streckenarbeiter. Diese waren sofort t o t. Die Arbeiter hatten Anweisung erhalten, einen von London kommenden Zug passieren zu lassen; da. bei übersahen sie das Herannahen eines andern nach London fahrenden Zuges, der mit großer Schnellig keit heranbrauste. — Kurze Zeit später wurde auf der Great Northern-Bahn in der Nähe des Kingsgroß- Bahnhofes ein Arbeiter von einer Maschine über fahren und getötet, ein anderer schwer verletzt. Das Grubenunglück von Whitehaven. Whitehaven, 14. Mai. (Tel.) Die vier Mann, die mit dem Teukerley-Rettungsapparat in die Grube stiegen, um einen letzten Rettungsversuch zu machen, kehrten in früher Morgenstunde ohne Erfolg zurück. Zwei von ihnen hatten sich bemüht, den dichten Qualm zu durchdringen, doch die furchtbare Hitze trieb sie zurück. Erdbeben in Zentralamerika. New York, 14. Mai. (Tel.) Die Seismographen in der ganzen Union registrierten gestern heftige, zwei Stunden andauernde Erdbeben, deren Mittelpunkt wahrscheinlich Zentralamerika ist. Depeschen aus Port Simon besagen, daß die tele graphischen Verbindungen nach dem Innern des Landes seit gestern früh unterbrochen sind. Theoitor Kirchner. Don Anna Morsch. Die Renaißance-Bewegung, die sich in unserem heutigen Musikleben geltend macht, entspringt im wesentlichen dem Musikschaffen des Tages selbst. Während das künstlerisch veranlagte Laienpublikum aus seinem gesunden Empfinden heraus sicheinerseits dem breitfließenden Strome der trivialen Maßenpro duktion fernhält, steht es anderseits dem Schaffen unserer ernsten modernen Musiker zum großen Teil rat- und verständnislos gegenüber. Das intime Empfinden sucht in dem Chaos der auf das Gehör einstürmenden Tonwogen mit ihren grellen Disso nanzen vergebens nach Befriedigung für Herz und Gemüt; es fehlt jegliche Brücke zwischen der Musik des Konzertsaales und der des Hauses. Dem Suchen und Sehnen schien die vertiefte musikgeschichtliche Forschung der letzten Dezennien Erfüllung zu bringen durch Wiederbelebung einer Reihe von Schöpfungen aus einer Zeit vor unserer klassischen Meisterperiode, aber — verhehlen wir uns es nicht, so originell und fesselnd auch das meiste ist, was aus jener frühen Epoche zu uns herübertönt — das häusliche Musik bedürfnis findet sein Genügen nicht dabei! Wir be wundern diese kunstvollen Gebilde der Altmeister, gleich wie wir bei einem Gange durch das Museum voller Ehrfurcht vor der ingeniösen Technik der älte ren bildenden Künstler stehen, wir staunen sie an, je doch zum Schmuck unseres Heims wählen wir sik nicht. Wir fordern heut von der Kunst das Persön liche, sie soll zu uns sprechen, unser Seelenleben er greifen, nicht bloß durch meisterhaft formalen Auf bau unseren Verstand anregen. Seit die Romantik das Musikschaffen durchflutete, die Schöpfungen der Ausfluß subjektiven Empfindens wurden, hat sich unser Verhältnis zur Kunst gewandelt, sie ist ein Stück unseres Lebens, unseres Herzens geworden, und zu diesem Miterleben versagt die alte Kunst mit ihren naiven Schöpfungen. Aber, wie schon erwähnt, versagt auch in den meisten Fällen das, was die Künstler unserer heutigen Tage produzieren, wenig stens für den internen häuslichen Kreis! In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhundert», als sich in unserer Musik der gewaltige Umschwung im musikdramatischen Schaffen vollzog, lebten und wirkten eine ganze Reihe Meister der lyrischen Kunst; feine, sinnige, poetische Naturen, die auf kleinem Son dergebiet schufen, speziell die feine, vornehme Musik des Hauses bereicherten, deren zarte Lyrik aber in dem tosenden Kampf der Geister draußen übertönt und fast unbeachtet verhallte. Heute aber, wo der Sieg des musikalischen Dramas erstritten, wo in den großen Konzersälen die musikalische Moderne ihre orchestralen Orgien feiert, ist die Sehnsucht nach einer Musik, die Herz und Gemüt befriedigt, lebendiger wie je, und da dürfte ihre Zeit gekommen sein. Zu ihnen zählt, als einer der hervorragendsten, Theo dor Kirchner. Theodor Kirchners Werke sind, wie wenige, ge eignet, den musikalischen Geschmack zu vertiefen, der häuslichen Kunst Ströme lautersten Goldes zuzufüh- ren. Durch Robert Schumann inspiriert, hingerissen von seinen poesievollen, phantastisch schwärmerischen Jugendwerken, öffnete sich dem von Idealen erfüllten jungen Künstler eine Welt neuer Ideen und Offen barungen, die zum Ausgangspunkt seines Schaffens wurden. Er fühlte in den Schumannschen Schöp fungen den Widerhall deßen, was seine innere Seele bewegte, aber bisher vergebens nach Ausdruck ge runaen hatte. So wurde die Schumannsche Jugend schaffensweise der Leitstern seines eigenen schöpfe rischen Genius, — er ist ihr treuer geblieben, als ihr Schöpfer selbst. Kirchner ist durch die Höhen und Tiefen des Lebens gewandert; — nach schöner, hoff nungsvoller Studienzeit unter Mendelssohn und Schumann, nach einem 30jährigen Wirken in der Schweiz als gefeierter Pianist. Organist und Lehrer, fand er, zurückkehrend nach Deutschland, eine andere Zeit, eine andere Lebensauffassung. Hinausgewach sen über den Schumannschen Jugendidealismüs war die Romantik mit ihrem Helldunkel einem grelleren Tageslichte gewichen und Kirchners Werke, die jetzt m reicber Zahl erschienen, fanden nur bei einer klei nen Gemeinde Beachtung: der Künstler lernte die Not des Lebens in ihrer ganzen Grausamkeit kennen. Seine Muse blieb unberührt davon, auch noch in einen letzten Werken aus hohem Greisenalter ist der rühere Idealismus lebendig, paart sich mit der Tiefe wetischen Empfindens die melodische Erfindung, die einste Kunst der Arbeit. Kirchners Gebiet ist die Kleinkunst; er ist ein Meister in der Detailarbeit und wenn fast alle seine Klavierstücke den Eindruck von Momentbildern, von Stimmunaslpiegelungen, dem Augenblicksempfinden einer künstlerischen In spiration entsprungen, Hervorrufen, so sind sie trotz dem von großer formaler Schönheit und Abrundung, voll reicher rhothmischer nnd melodischer Motive und vornehmster, klangvollster Harmonik. Ihr Grundzug offenbart Grazie, Anmut, Schalkhaftigkeit, feinsin nigen Humor, aber auch Ernst, Wehmut, Trauer; sie künden ein inniges Zusammenleben mit der Natur, mit Sagen und Märchen, mit der Freude am Volks tümlichen. Der schöpferische Quell floß ihm schier unversieglich, seine Werke haben die Zahl von 100 überschritten und der Reichtum der in ihnen aufge speicherten Poesie und vornehmen Schönheit ist be wundernswert! — Aus der großen Zahl der Werke Theodor Kirchners ließ sich eine (im Verlag von Fr. Hofmeister in Leipzig erschienene) Auslese nur im Sinne einer Einführung in die Eigenart der Kirchnerschen Schöp- fungswclt gestalten, — sie will dem Spieler den Geschmack für die hier schlummernde Schönheit wecken, ihm den Wunsch erregen, auch die übrigen Werke des innigen Meisters kennen zu lernen. Die äußere siolge der Stücke ist in aufsteigend-progreßiver Linie, oweit sich das bei Kirchner überhaupt ermöglichen ieß, gedacht; die Schwierigkeiten liegen bei ihm mehr in der Kunst des musikalischen Vortrags, als in der Ueberwachung technischer Aufgaben. Kirchners Schöpfungen sind nicht für den Konzert saal geschossen, der Pulsschlag ihrer zarten poetischen Schönheit wird in dem wetten glänzenden Raume übertönt, das Virtuosentum findet seine Rechnung nicht bei ihnen. Sie wenden sich an die intimen Kreise, in denen abseits vom geräuschvollen Konzen treiben die Musik noch als Hüterin alles Schönen. Wahren und Edlen geliebt und verehrt wird. Hier ist ihre Stätte, und sie in diese Kreise einzuführen, ist die Aufgabe unserer Tags. Die Mitlebenden blieben dem Tondichter den Tribut für die kostbaren dargebotenen Schätze schuldig, sie ließen sie unbe achtet am Wege liegen; an uns ist es, das Versäumte nachzuholen. Wir fordern heute energisch eine mehr auf wissenschaftlicher Basis beruhende Musikbildung, wir steuern der überwuchernden technischen Ausbil dung und verlangen ein Studium, das Geist, Gemüt und Geschmack zu gleichen Potenzen erzieht. Ein wichtiger Faktor zur Erreichung dieses Zieles ist die Verwertung guter, ja bester Literatur. Kirchner hat sie uns geschaffen, seine Schöpfungen in ihrer Rein heit und poetischen Kraft bergen Bildungselemente, wie wir sie nicht oft vorfinden, sie sind prädestiniert zur künstlerischen Jugenderziehung. Möchten unsere Lehrer, vor allem unsere großen Kunstinstitute, die ja vorzugsweise zur Heranbildung der neuen Gene ration berufen sind, nicht länger mehr achtlos an ihnen vorübergehen; in ihre Hand ist es gegeben, sie zum Allgemeingut zu machen und dadurch der Kunst pflege in Haus und Heim einen Quell lauterer und echter Schönheit zu erschließen. * * Eine Erklärung Hermann Nissens. Zur Frage eines besoldeten Präsidenten der Bühnengenossen schaft schickt Hermann Nissen folgende Erklärung aus: „Der Zentralausschuß hat in Nummer 16 von Der neue Weg unter e. seiner Beschlüsse bekannt gegeben: e. Der Zentralausschuß ersucht den jetzigen Präsidenten, nach Beendigung seines hiesigen En gagements seinen Wohnsitz in Berlin beizubehaltcn, n seinem Amte und zur Verfügung der Gcnossen- chaft zu verbleiben, und bestimmt ihm bis > ur Beschlußfassung durch die Delegierten - Ver sammlung eine angemessene Entschädigung aus dem Solidaritäts- und Aktionsfonds. Nachdem ich aus verschiedenen Anzeichen ersehen, daß die beschlossene demnächstigc Zubilligung einer angemessenen Entschädigung aus dem Solidaritäts und Aktionsfonds zu Mißdeutungen Anlaß gegeben hat, so erkläre ich hiermit, daß ich der Delegiertcn- Versammlung auch in dieser Frage einzig und allein die Entscheidung vorbebalte und meinerseits vor deren Beschluß ein Eingehen auf die Entschädigungs frage ablehne. Ich danke den Kollegen vom Zentral ausschuß für ihre treue und vertrauensvolle Stellung nahme in dieser schwierigen Frage und werde mich gemäß dem Beschlüße des Zentralausschusses in meinem Amte zur Verfügung der Genossenschaft halten. Hermann Nissen, Präsident." * Neue Opern von Leoncavallo. Aus Berlin wird gemeldet: Die Oper „Maja" von Leoncavallo. die s. Zt. in Rom durchfiel, wird neu umgearbeitet im Herbst in Berlin aufgefllhrt. — Die schon lange fertige Oper Leoncavallos „Canicia Rosza" wird anläßlich der Einweihung des italienischen National denkmals, die bekanntlich vom Könige vorgenommen wird, gespielt werden. „Autor" gesucht! Es wird wohl noch die Notiz, die vor kurzer Zeit durch die Blätter ging, in Er innerung sein, daß ein Autor mittels Inserates gut bezahlte Kritiker für sein Werk suchte. Ein Pen dant hierzu sand sich dieser Tage in einer großen Berliner Tageszeitung: Autorschaft ein. bereits m. best. Erfolg ausgeführt, vierakt. Schwanks zu verkauf. Off. unt. ck. tl. 24 Berlin Postamt 37. Das wird vielleicht der beste Witz am ganzen Lustspiel sein.
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