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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.05.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-05-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100504010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910050401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910050401
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-05
- Tag 1910-05-04
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Monat
1910-05
-
Jahr
1910
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Nr. 122. 104. Iskryrmy. celpzlger Tayedisn. Zustande im Reichsamt de» Innern ein eigenartiges Licht wirft. Nach Ausdruck der 12000 Mark-Affäre am 21. Ok tober 1900 begab sich der Abteilungsdirektor von Woedtke zu Posadowsky und sagte: „Ich verstehe nicht, warum mir der Besuch des Bundesratstisches im Reichstage verboten worden ist. Ich habe in der ganzen Angelegenheit nur meine Pflicht erfüllt und bin genau den Befehlen Eurer Erzellenz nachge kommen. Nicht ich, sondern Eure Exzellenz haben die Idee gehabt, den Zentralverband deutscher In dustrieller um die 12000 Mark anzugehen." Graf Posadowsky erwiderte: „Mein lieber Herr von Woedtke, Sie haben ganz recht, aber wenn ich öffentlich zu geben würde, dasz ich selbst die Anweisung gegeben habe, die 12li00 Mark von dem Zentra'.verband zu erbitten, und daß Sie nur meiner Anweisung ent sprochen Haden, so müszte ich doch selbst meinen Abschied einreichen." Sehr scharf wendet sich Martin gegen l cn G-bc'm- rat Hammann, dessen Beseitigung er wünscht. ! -l n. der Hammann protegiert, hat dem Kaiser acst >. dasz Hammann infolge der Daily Telegraph Ast c sich von dem Fürsten Bülow abgewandt habe. Der Staatssekretär von Schön will Hammann eine andere Stellung geben. Aber der Reichskanzler hält Herrn Hammann die Stange. Martin nennt Hammann den Gcneralstabschef der Novemberrevolution und zeigt seine Schuld an der Daily Telegraph-Affäre. Deutsches Reich. Leipzig, 4. Mai. * Der konservative Abgeordnete Sieber-Liebau, der Vertreter des 44. ländlichen Wahlkreises (Plauen- Auerbach), Mitglied der Rechenschaftsdeputation, der am Dienstag nachmittag in der Sitzung der Zweiten Kammer nach zum Thema Bahnbau Theuma- Plauen gesprochen hatte, erlitt im Landlagsgebäude kurz nach Beendigung seiner Rede einen Schlag-, ansall in einem Deputationszimmer. Es wurde sofort ärztliche Hilfe herbeigeholt und dem Er krankten eine Kampfereinspritzung gemacht Alsdann wurde er in seine Wohnung übergeführt, und dort ist er gegen 7 Uhr gestorben. Die Sitzung der Kammer wurde nach Bekanntgabe des Todes des Abgeordneten Sieber zum Zeichen der Trauer abgebrochen, nachdem Präsident Dr. Bogel dem Ver blichenen einige warme Worte des Nachrufs ge widmet hatte. Sieber gehörte dem Landtag erst seit vorigem Herbste an. * Der Kamps im Baugewerbe in Leipzig. Der Arbeitgeberverband für das Baugewerbe zu Leip- zi g und Umgebung hielt am Dienstagvormittag eine Borstandssitzung ab. Aus dem Bericht geht hervor, das; Aenderungen in der Situation der Aussperrung nicht zu verzeichnen sind. Die Materialsperre soll fast überall sehr gut eingehallen werden. Die Kalk brennereien haben auch den Beschluß gefaßt, den Bau arbeitgeberverband zu unterstützen. Sie werden während des Kampfes nichts auf die Bauten liefern. » 60 englische Arbeiter trafen am Montag in Dresden zur Information über deutsche Arbeits- und Arbciterverhältnisse ein. * Die Ortsgruppe Leipzig des Bundes Deutscher Bodenreform» hat an den Reichstag telegraphisch die Bitte um Annahme des Gesetzes über die Reichswert- uwachssteuer gerichtet, da ein Hinausschieben den finanziellen und sozialen Erfolg auf Jahrzehnte hinaus vereiteln würde. * Der Kaiser gegen das übermäßige Trinken der Studenten Bei der letzten Anwesenheit auf der Hohkönigsburg sprach der Kaiser u. a. den Sohn des Wiederherstellcrs der Burg, des Baurats Bodo Eb Hardt, an, der kürzlich in das Freiburger Korps „Rheuania" eingcsprungen ist Der Kaiser zog. nab dem „B. L", den jungen Studenten in ein Gespräch und äußerte sich dabei gegen das übermäßige Trinken in den deutschen Stubenten- treisen, namentlich in den Korps. Er kritisierte diese Unsitte mit scharfen Ausdrücken. Durch das Trinken geraten — so sprach sich der Monarch aus — Bolt und Studenten in Nachteil gegen die Ausländer, namentlich gegen Engländer und Amerikaner, die in folge vernünftigerer Trinksitten später im Kampje des Lebens den an sie herantrctenden Gefahren weit größeren Widerstand entgegensetzen können. Auch in bezug auf den Aufenthalt in den Trop.n und Uebersee sei der große Allobolgcnuß äußerst schädlich. * König Wilhelm II. von Württemberg ist, nach einer Meldung des „Berl. Tgbl.", seit mehreren Tagen leicht erkrankt. Infolgedessen sind die Kaiserparaden in Stuttgart und Ulm abgesagt worden. * Prinz Eitel Friedrich und Schloß Brühl. Durch die Presse geht eine Meldung des Brühler Blattes, wonach zu erwarten sei, daß demnächst ein Prinz des königlichen Hauses, und zwar voraussichtlich Prinz Eitel Fritz mit Gemahlin und Hofstaat, nach Schloß Brühl übersiedeln werde, zu welchem Zweck die In standsetzung des Schloßes betrieben werde. Hierzu erfährt die „Ins." im Ministerium des Königlichen Haukes folgendes: Bon der Absicht, daß Prinz Eitel Friedrich und Gemahlin Schloß Brühl als Wobnsitz zugewiesen erhalten würden, ist nicht das geringste bekannt. Im übrigen werden die Renovierungs arbeiten im Schlosse zu dem Zwecke betrieben, dieses bemerkenswerte Denkmal aus der Rokokozeit zu er halten An der Restaurierung wird seit zirka einem Jahre bereits gearbeitet, und im ganzen rechnet man damit, daß die Arbeiten drei Jahre dauern werden. Hieraus ergibt sich zur Genüge, daß man das Schloß vorläufig nicht einem königlichen Prinzen als Aufent haltsort anwciscn kann. * Der i. licnische Minister der Auswärtigen An- oelegcuheiten Marquis di San Giuliano wird, ent gegen früheren Meldungen, nun doch, der „Nordd. Allg. Ztg." zufolge, Ende dieses Monats in Berlin eintreffcn, um sich dem Kaiser vorzustellen, um den Besuch des Reichskanzlers v. Bethmann Hcllweg in Rom zu erwidern. * Die Budgetkemmission des Reichstages hat am Dienstag den in erster Lesung beschlossenen, von der Regierung bekämpften 8 9a des Kolon Lal l'eamtengesetzes durch folgende Bestimmungen verschärft: Sind in den Personalakten Vorkommnisse eingetragen, die den Beamten nachteilig sind, so kann eine Entscheidung hierauf nur gegründet werden, nachdem dem Beamten Gelegenheit zur Acußerung gegeben worden ist. * Die Neichstagskommission für das Zuwachs- steuergcsetz stellte in zweiter Lesung die Bestrmmung der Regierungsvorlage wieder her, wonach die Steuer beim Erwerbe durch Deszendenten und Adop tivkinder nicht erhoben wird. * Der Vertrag mit der Kolonialgesellschast von Devtsch-Südwrstasrika ist, wie ein Berliner Blatt be richtet, am Dienstagvormittag im Reichskolonialamt unterzeichnet worden. Die „Köln. Ztg." berichtet dazu, daß das Vorgehen des Staatssekretärs im Interesse der Reichsautorität dankbar zu begrüßen sei, um der kolonialfemdlichen Cligue im Reichstage ent schieden entgegenzutreten. * Friedberg-Büdingen. Ueber den Verlaus der Vertretervcrsammlung der nationalliberalen Partei des Wahlkreises Friedberg-Büdingen berichtet die „Köln. Ztg." ncch, daß die Partes als Kandidaten den Mühlenbesitzer Smutt in Bruchenbrücken, sowie den Pfarrer Vogt in Bad Nauheim ins Auge gefaßt hatte. Diese lehnten aber bestimmt ab. Aus der Mitte der Versammlung wurde einer Kandidatur des Universitälsprosessors v. C a l k e r - Straßburg sehr warm das Wort geredet, schließlich einigte man sich dahin, einer neuuglicdrigen Kommission die Kandidatenirage zur Erledigung zu überweisen. Auf Vorschlag des Ncichstagsabgeordneten Fuhr en a n n wurde folgende Entschließung einstimmig an genommen: „Die nationallivcrale Vertrcterversamm- lung der nationalliberalen Partei des Reichstags wahlkreises Friedberg-Büdingen gibt einer zu wählenden Kommission den Auftrag, einen national liberalen Kandidaten vorzuschlagen, der im Falle seiner Wahl sich der nationalliberalen Reichsrugs- zrnktion uuzuschließen hat. Die Kommission ^al sich mit den übrrgen politischen Organisationen des Wahl kreises, -sowie mit der Wahlkreisorgani- sation des Bundes der Landwirte (!) in Verbindung zu setzen, um die Zustimmung aller bür gerlichen Parteien zu der nationallibcralen Kan didatur hcrbeizuführen." » Kennemanno Vermächtnis. In dem nunmehr eröffneten Testament des am 12. ö. M. verstorbenen Mitbegründers des Deutschen Ostmarkenvereins Kenncmann ist nicht, wie cs erst hieß, der Staat als Erbe der Kenncmannschen Hinterlassenschaft eingesetzt worden. Kennemann hat die Güter vielmehr seiner einzigen Tochter vermacht. » Hauptvrrband deutsch» Flottenverein« im Aus land«. Unter dem Vorsitz des Großadmirals von Köster hielt am Dienstag der Hauptverband deut scher Flottenvcreine im Auslande im Reichstags- gebäude zu Berlin seine diesjährige Mitgliederver sammlung ab. Der Verband umfaßt zurzeit 146 Flottenvcreine und 947 Einzelmitglieder in allen Teilen der Erde Er kann auf das Flußkanonenboot „Vaterland" und die Wetterwarte in Tsingtau als die bisherigen Ergebnisse der freiwilligen Selbst besteuerung der Ausländsdeutschen Hinweisen und be sitzt zurzeit wiederum ein Vermögen von rund 140 900 Mark. Als wichtigstes Ergebnis der diesjährigen Versammlung ist der Beschluß zu verzeichnen, den Vereinen in erhöhtem Maße geeignetes Be lehrungsmaterial und sonstige Drucksachen zugängig zu machen, um so dem nunmehr seit zwölf Jahren tätigen Verbände einen weiteren Zuwachs von Mitgliedern zuzuführen. * Der Antiultramontane Reichsverband hält am Sonntag, den 22. Mai, vormittags 10 Uhr, im Hotel „Kaiseryof" in Eifenach seine 4. Tagung ab. Auf der Tagesordnung flehen Znwahlen, Berichte, Satzungsänderungen, Neuwahlen. * Das Verbot der Mainmziige vor dem preußischen Abgcordnetenhause. Das Abgeordnetenhaus setzte am Dienstag die dritte Lesung des Etats beim Etat des Ministeriums des Innern ^ort. Auf die Ausführungen des Abg Hirsch (Soz.), der das Verbot der Maiumzüge als ungesetzlich bezeichnete und auf den heute im „Vorwärts" veröffentlichten Erlaß hinwies, wonach der Minister ein generelles Umzugsverbot erließ, erwiderte der Minister des Innern v. Moitke: Wie mein Erlaß vom April über die Umzüge und die Versammlungen unter freiem Himmel in den „Vorwärts" gelangte, weiß ich nicht. Die allgemeine Rechtslage ist aber sehr einfach. Derartige Veranstaltungen können nicht unter allen Umständen verboten werden, wohl aber kann ich den mir unterstellten Polizeibehörden all gemeine Grundsätze und Direktiven für die Beurteilung der Fragen der öffentlichen Sicherheit geben. Das ist meine Pflicht gegenüber einer Be wegung, welche Vie Staatsordnung untergraben will. In einer Zeitung stand, man wolle bei dem Kampf gegen die Wahlrcchtsvorlage auf Frieden und Gesetzlichkeit verzichten. (Hört, hört, rechts.) Das grenzt an Hochverrat. Wenn daher öffent liche Versammlungen, oie mit der öffentlichen Sicher heit unvereinbar sind, nicht genehmigt werden, so ist das durchaus gesetzlich. Ich bin mich meiner Ver antwortung voll bewußt und werde meine Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen auch fernerhin tun. (Lebhafter Beifall. Zischen bei den Sozialdemokra ten.) Als später der Abg. Liebknecht (Soz.) dem Minister bei der Auslegung des Vereinsgesetzes Doppelzüngigkeit vorwarf, erhielt er einen Ordnungs ruf. Darauf wurde der Etat des Ministeriums des Innern bewilligt. * „Und nochmals: Unannehmbar!" Die „Ger mania" schreibt unter dieser Ueberschrift u. a.: „Wir haben bis jetzt noch kein Mitglied der Zen- trumsfraltion angetroffen, das nicht der allgemeinen Auffassung „unannehmbar" Aus druck gegeben hätte. Dies festzustellen und das „un annehmbar" nochmals mit allem Nachdruck zu be tonen, halten wir für unsere Pflicht, damit weder bei der Regierung, noch bei den anderen Parteien, am allerwenigsten aber in den Kreisen der Zentrums wähler eine falsche Auffassung über die Stellung nahme des Zentrums Platz greifen oder weitere Ver breitung finden kann. * Angcstellteufordcrungen. Der Handlungsge hilfenverband für Mitteldeutschland, der Hessen- Nassan, Waldeck und das Großherzogtum Hessen um faßt, hat eine Resolution einstimmig angenommen, die Rei.hsregierung zu ersuchen, noch vor Ablauf der gegenwärtigen Periode einen Gesetzentwurf mit einer Reihe von Forderungen der Angestellten vor zulegen. Zu den Forderungen gehört: Verbot der Sonntagsarbeit, Festlegung einer täglichen Arbeits zeit von höchstens 9 Stunden für männliche Gehilf.-n and Lehrlinge über 18 Jahre und von 8 Stunden für die weiblichen Angestellten, sowie die jüngeren männ lichen Kräfte: Einführung einer Mittagspause von mindestens 2 Stunden bei geteilter und mindestens einer halben Stunde dri englischer Arbeitszeit. Gc- schäftsschluß spätestens um 7 Uhr bei geteilter und um ü Uhr bei ungeteilter Arbeitszeit. * Nene Ausschreitungen der Berliner Gerüstbauer. In Berlin vergeht kaum ein Tag, an dem nicht Aus- schreilungcn der streikenden Gerüstbauer gegenüber den Arbeitswilligen vorkommen. Am Montagabend kam es in der Hasenhaide zu Ausschreitungen. Nach 9 Uhr abends wurden im Garten der „Neuen Welt" 18 arbeitswillige Eerüstarbeiter von Streikenden, deren Zahl aus 200 geschätzt wird, angegriffen und mit Steinen beworfen. Polizei eilte herbei und zer streute die Streikenden. Die Arbeitswilligen wurden in der Nacht mit Automobildroschken nach ihrer Wohnung gebracht. * Neue Arbeiterkämpfe in Hamburg. Im Ham burger Hafen drohen neue Arbeiterkämpfe. Die organisierten Schauerleute von Hamburg und Altona beschloßen, in eine Lohnbewegung einzütreten. Ihre Hauptforderungen sind Abschaffung der Nachtarbeit und erhöhte Löhne Leipziger Dpernkeltlpiele. II. Leipzig, 4. Mai. Das Mitleidsbedürfnis einer riesengroßen Frauen seele auf seine Werse zu schildern, unternahm Beethoven in der Oper „Fidelio". Und nicht zu fällig erklingt im zweiten Finale das: „Wer ein holdes Weid errungen, stimm' in unsern Jubel ein." Es stellt die ideelle Verbindung her mit Schillers Ode an die Freude und Beethovens neunter Sin fonie. Und am Schlüße der großen Kerkerszene er scheint Beethoven als der gewaltige Ucbergeistige, ven sein Genius aus allem Realen hinausoränat. Lconorcns und Florestans Sprache ist hier völlig 6e- sreit von jeglicher Spur auch des geringsten Erden restes. Das Gefühl der Schwere scheint aufgehoben. Es reicht schon hinein in das geheimnisvolle Reich des Metaphysischen, bereitet sich zu einem Festtag der Seelen, wo bisher verborgene Lebenskräfte dem Bewußtsein offenbar werden, wo das wahrhaft Schöne die Seele, alles Raumgefühls entäußernd, in visionärer Ekstase zur höchsten Höhe erhebt, um im reinen Aether endlich ihre eigentliche Heimat zu er kennen. An Stelle der äußeren, körperlichen Hand lung tritt die innere, psychologische — und eben hier wieder finden sich ideelle Berührungspunkte zwischen Beethoven und Wagner, zwischen „Fidelio" und „Tristan und Isolde . zwischen Klafft' und Neu romantik . . . Kein Geringerer als F e l i x M o t t l war gestern der Führer in dem Bereiche des Ideals, der Musa- getes, dem alle mit Hingebung folgten. Ein wahrer Generaldirektor im (üeiste! Nach Bülows Tode ist Mottl vielleicht der bedeutendste Interpret der Beerhooenschen Orchestermusik. Die Auslegung, die durch ihn der 2. Leonoren-Ouvertüre (man gab nur diese, und zwar gerechterweise gleich zu Beginn) zu teil ward, bekundete die Sprache, Erkenntnis und Be tätigung eines wahrhaft großen Künstlers. Es ist Mottls Geheimnis, dem Kunstobjekt seinen eigenen geistigen Glanz zu verleihen, ohne ihm auch nur das Geringste von seiner Originalität zu nehmen. Und daher kommt es, daß der Dirigent durchaus zurück tritt, die Auffaßung sich in die vollendete Tat um setzt, alle Manier und Virtuosität weqfällt und das Kunstwerk jene musikalisch-geistige Wiedergeburt er fährt. die es dem Empfangenden und Genießenden erst als ein erhabenes künstlerisches Ganzes erkennen läßt. Aus alledem allein erklärt sich auch Mottls aufraffende, zusammenfaßende und cmporhebenve Kraft den Massen des Orchesters, der Chöre und Solisten gegenüber, die zwingende Gewalt, die sie diesem seinen eigenen Willen gefügig und untertan macht. Daß gestern einzelne Unebenheiten offenbar wurden, braucht deshalb nicht verschwiegen zu wer den. Sie sind, trotz fleißiger Vorproben, in Anbe tracht der stattgehabten einzigen Generalprobe be greiflich und darum auch entschuldbar. Jedenfalls spielte das Orchester gestern prachtvoll, zeichneten sich die Chöre und Ensembles durch Klangfülle und indi viduelle Belebung aus. Berlin und Dresden stellten gestern eine Reihe angesehener und vortrefflicher Künstler. So war der Rocco des Herrn Knüpfer-Berlin eine prächtige, dem Leben abgesehene Gestalt, weniger durch Ernst, Griesgram und Strenge, als Freundlichkeit und Güte charakterisiert. Der ausgezeichnet schöne Daß des kunstgeübten Sängers kam stets zu wertckollster Geltung. Herrn H o f s m a n n s - Berlin Don Pi zarro erinnerte nicht selten an jenen Otto Schelpers. Dix scharfen deklamatorischen Akzente, das bestimmte, durchaus schablonenfremve Spiel uno die energische Behandlung des Dialogs ließen des Künstlers Ge samtleistung als eine des Festspiels würdige beur teilen. Mit ihren Berliner Kollegen vermochte leider Frau Plaichinaer ganz und gar nicht Schritt);» halten. Ihr Fidelio hob sich darstellerisch kaum über eine gewiße, durch Notwendigkeit gebotene Linie hinweg, zeigte ein Maßhalten, oas eng ver wandt war mit allem Konventionellen, und verriet auch im gesanglichen Teile unverkennbares Nach laßen stimmlicher Potenz. Man kam dieser Gestalt gegenüber kaum je einmal in den Zustand jener be glückenden Illusion, die das Theater und Theatra lische total vergeßen macht. War die Künstlerin in disponiert? Im ersten Akte schien'« einmal der Fall, im folgenden bot die Sängerin dann immerhin einige bedeutendere Momente. Eine fein« Marcel- line war Frau Nast - Dresden. Ohne den Soubretten ton gar zu vernehmlich anklingen zu laßen, gab die auch als Sängerin so hervorragende Künstlerin doch eine lebenswahre Figur. Ziemlich abseits hingegen stand Herr Rüdiger-Dresden. Sein Iaquino sang ordentlich, war jedoch als Gegenspieler de« hübschen Töchterleins Meister Roccos reichlich in different, obwohl er immer nur von Liebe schwatzt. Ueber alle Maßen trefflich hingegen war gestern „unser Iaquino . nämlich Herr Urlus, der als Sänger wie Schauspieler den oben Genannten schärfste Konkurrenz machte und dem Florestan wie früher seine herrlichsten Töne lieh. Mit gleicher Auszeich nung sei auch Herr Käse genannt, der den ministe riellen Monolog mit ebensoviel Würde als tonlicher Schönheit vermittelte. In dem Chor der Gefangenen taten sich die Herren Schrotb und Lüppertz mit künstlerischem Erfolge als Solisten hervor. Herrn Dr. Loewenfelds Regie verdiente gestern neues Lob, ebenso einige Abänderungen, die, wenn auch nur geringfügiger Art, doch den betreffenden szeni schen Bildern zugute kamen. Nach der Vorstellung erhob sich ein wahrer Beifallstumult, während deßen langer Andauer ein jeglicher seinen Lieblings künstler vor die Rampe rief, so daß die ausgezeich neten Thespisjüngcr und -jüngerinnen samt Diri genten und Regisseur in Versuchung gerieten, die Bühne als eine Art Wandelbahn zu betrachten. Un ermüdliche Deifallslust und freundlicher Künstlerdank dielten also einen edlen Wettstreit miteinander ab, deßen definitives Ende abzuwarten aber dem Chro nisten infolge jäh erwachenden Schreib- und Ar beitseifers die reinste Unmöglichkeit schien. Istixon 8opmitr. vjürnstjerue Sjürnsan von Gerhart Sauptmsnn. Im „Berliner Tageblatt" veröffentlicht Gerhart Hauptmann soeben ein Huldigungsgedicht auf Björnstjerne Björnson, das folgendermaßen lautet: Ein Morgen, scharf und rein die kalte Luft. Das Weiß de« Schwans beschämend und die Brüste von Schildjungfrauen, liegt die Nordlandsflucht der Niesengipfel meiner Heimat. Fern zu höh'ren Nordlandshöhen schweifend, fliegt mein morgenfrischer Geist und trinkt das Licht, das stahlige, der Berge. Sei gegrüßt, du Toter! Sei gegrüßt, du großer Toter! Björnstjerne Björnson, Toter, sei gegrüßt! Ihr weißen Schneegebirge, überströmt vom Glanz des tageslutenden Gestirns, gleicht einem Sarkophag aus Silber! Nein. Gräbern von Hünen gleicht ihr, überdeckt vom kalten, makellosen Hermelin MMwech, 4. Msl ISIS. den ihr der englische Leser gibt: zu üb infoll nale, das seine chara stehei zwan losigt gegai erteil werk habe, und < und Antwl wurde für D r uns mor; die: Wäk erti bürg Borsi: Haus bildet rung unbek Rutzlanü. und der russische Gesetzentwurf über T Lei voll; zu e Will läng und Ian, Frar Gese! spraö Dale in Hc Bergo Der . Wie, am h< * 1 uns 1 miti) ziehu word hatte und wese. Es h mied« ihm sagt, W. j Dien das Rev Reich Stil in Mit erst, Hao sind hab. Vor bin, hat. wir) bin wie verf mich Oefs was Suslanü. /rsnkretch. * Die Streikunruhrn in Dünkirchen. Die Unruhen haben sich, wie aus Dünkirchen telegraphiert wird, am Dtenstagvormittag wiederholt. Die Aus ständigen bewarfen die Gendarmerie mit Steinen. Ein Demonstrant gab einen Revolver schuß ab durch den ein anderer verwundet wurde. Truppenverstürknngcn sind eingetroffen. Gnglsnü. * Das deutsche Gespenst. Admiral Seymour hat sich, wie der „L.-A." mitteilt, anläßlich seiner Pensionierung einem Interviewer gegenüber über die militärische Brauchbarkeit von Luft schiffen in einer Weise ausgesprochen, die für uns namentlich deshalb interessant ist, weil Admiral Seymour, anfangs Oberbefehlshaber der verbündeten Truppen ,m Ehiiiaseldzug von 1900, der Urheber detz seither geflügelt gewordenen Wortes: „Os rin ans to tfls krönt!" ist. „Eine Luftschrffslotte, wie die deutsche", bemerkte der Admiral, „kann Eng land an einem einzigen Nachmittag nie wieder gutzü machenden Schaden züfiigen. England kann Deutschland im Flottenbau mit Leichtigleit vor- auscilen, aber Deutschland kann uns über rumpeln Es gibt auf der ganzen Welt nur eine Kriegsmarine, die unverhohlen mit der englischen wetteifert, und das ist weder die japanische noch oie amerikanische, sondern einzig und allein die deutsche." Nm Schluß der Unterredung be klagte der Admiral die Erfindung und den Bau des Dreadnoughtstyps, der allein dem Aus land, besonders Deutschland die Möglichkeit gegeben habe, England im Flottenbau gleichsam von einem neuen Start aus einzuholen und womöglich zu überflügeln. Die „Daily Mail" knüpft daran oie Bemerkung daß England den, wie sie behauptet, 24 teils fertigen, teils im Bau befindlichen dernjchcn Lustkreuzcrn so gut wie nichts gegenüberzustell'n habe, und ruft ihren Landsleuten zu: „Wacht aus!" — 24 deutsche Luftschiffe! Die Furcht vor diesen muß doch furchtbar groß sein, daß die „Daily Mail" mehr als „doppelt sieht". Auch hier bewährt sich wieder der Beiname, den ihr der englische Leser gibt: „Daily Liar". der Gottheit: Firnschnee! der Verwesung Feind! Und hier, du Hüne, will ich dich bestatten. Um einen solchen Toten sollst du ringen, wie um Patroklus: Deutschland! du Achill im Schlaf! Ein solches Grab, von dir erkämpft, ist ewiges Feuer, heiliges Feuer! ist ein weißer Gottesbrand des Geistes, wo ein Volk verlosch'ne Fackeln zünden kann. Doch ist dies weiße Nieseugrab nicht dein, nur mein! Wenn Deutschlands Männer sterben, so schläft das Volk: an seinem Bette stehn die schwarzen Magier mit dem Opiat, und klanglos wird der deutsche Held vergraben — es sei denn, daß des Kaisers Rock ihn putzt, dann lösen sie Kanonen! aber, ach. es gilt dem Manne nicht, es gilt dem Rock! Was soll der Rock? Laßt uns den Mann betrauern! Ein solcher Mann! Steigt auf die Hügel, ihr Mehrer des Reichs im Arbeitskittel! Alle ihr armen Neichen aus den goldnen Zwingern und Höhlen! kriecht hervor! erhebt euch! ruft mit lautem Ruf nach einem solchen Mann! auf daß er lebe, io wie der, der starb, und daß sein Volk, sein König ibn verdiene. Agnetendorf im Riesengebirge. verkai Meist Reite graph Waise Frich für se soll v ausg< hielt ' ein« s heiten dem geleit und z wählt Komi Türkei. * Beseitigung der Ministerkrists. Die jung türkische Kammerpartei beschloß, ihren am Mitt woch gefaßten Beschluß, die Pensionen der Schwieger söhne des Sultans zu streichen, rückgängig zu machen. Damit ist die Gefahr einer Minister - krisis beseitigt. vereinigte Stnrtten. * Tast über die auswärtige Politik. Präsident Taft hielt am Montag in Pittsburg eine Rede, in der er die auswärtige Politik des Staats sekretärs Knox, namentlich Nicaragua gegenüber, verteidigte m»L u. a. gegen den Vorwurf der Dollardiplomatic in Schutz nahm. Die Beziehungen der Vereinigten Staaten zu Süd- und Zentralamerika seien nie freundlicher gewesen. Daß ein Krieg zwischen Peru und Dolivia vermieden worden sei. habe man Knox zu verdanken. Die Be ziehungen zwischen Peru und Ecuador seien gespannt, jedoch sei Knox bestrebt, eine ehrenvolle Lösung hcr beizuführen. Von Nicaragua würden die Vereinigten Staaten, sobald die dortige Regierung anerkannt sei, Genugtuung für die Verletzung der amerikanischen Rechte fordern. * Finnland Finnland. Aus Helsingfors wird gemeldet: Das Gutachten der Grundgesetzkommission, das wahr scheinlich am Dienstag dem Landtag zugegangen ist, fchließt mit dem Vorschlag, daß der Landtag die von ibm verlangte Begutachtung des Gesetz entwurfs über Finnland ablehnen möge. Hierzu meldet uns noch ein Privattelegramm aus Petersburg: Der Ablehnungsbeschluß des finnischen Landtags gegenüber dem finnischen Zaren manifest ist in Petersburg — da er erst durch den Generalgouverneur für Finnland dem Ministerrst zugestellt wird — noch nicht eingegangen. Inzwischen ist jedoch ein neuer Schlag der finnischen Selb ständigkeit versetzt worden. Dem Rcichsrat ist am Sonnabend eine seit langem angekündigte Vorlage des Ministerrats zugcgangen. die die „Einbeziehung der finnischen geschützten Häfen" in das Ressort des russischen Marinemnisteriums und die Errich tung von zwei Stationen der russischen Kriegsflotte in den finnischen Gewäsf.rn fordert. Züg „wa sinn »Ich an i wen zuzii zu z UN« woll läch< sich. „AS Als verb „Da ich r hina Die Beisetzung Björnson«. Unterm 3. Mai wird aus Christiania telegra phiert: Heute fand die feierliche Beisetzung Björnstjerne Björnsons statt. Außer dem König und der Königin waren anwesend Björn- fons Familie, Vertreter auswärtiger Fürsten, darunter Legationssekretär Freiherr v. Maltzahn, der den Deutschen Kaiser vertrat, die Stadt verwaltung, die Gesellschaft der Wissenschaften, Mitglieder der Regierung und des Storthings, Vertreter der norwegischen, schwedischen und dänischen Schriftstellervereine und andere. Professor Fritjof Nanfen hielt eine außerordentlich warm empfundene Gedächtnisrede. Es wurden ungezählte Kränze nieder gelegt, darunter auch solche vom Deutschen Kaiser und dem deutschen Reichskanzler. * Leipziger Stadttheater: Opernfestspirl«. Herr Hofoperndirektor Felix Mottl hat sich in liebens würdiger Weise bereit erklärt, auch am Sonnabend die musikalische Leitung von „Tristan und Isolde"
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