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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 01.05.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-05-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191005013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19100501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19100501
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-05
- Tag 1910-05-01
-
Monat
1910-05
-
Jahr
1910
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»e-ugö-Prei» , kräa»r »n« krxd«««» t t»l tmu« «bracht: Och ch monatl., 1 InLttttrl. »rt ai>I«mftUtaI« »Mäe-ellea «d,ed»lt: 7> ch , lütt virrrrlILbrl. Lurch dt» Po»! taaarbald L»uy<dland« uu» brr »rulchm »olavten dterutjüdrl «.«» achaatl. aublchl. Poftbrsiellaeld. strrarr m velgien, Dänamark, d«a Donaustaatrn, Italir», Larembarg, Mrd«land«.^»r» »rgru. Orslerrrich - Ung-m. -täUaUb, kchivrdrn, Schwei» u. Spanien. I» alea übrigen Staaten nur dirrtt durch bi» «elchLitlllelle «« vlatte» «HSttitt. Da« Leivzige» lageblan erlcheini liual iL-lich, Sann- » geirrt«» nur margent. Adonne > «»t-Annadm«. Luauftusplatz 8, bei linieren Drägern, Filialen, Spediteuren upd Snnahinrstellen, iowi« Postämtern und Briefträgern »tngelverraullPret« »er Morgen» «»-ab» 1Ü der rideirdousgab« » ch» «edaktton und »rschäNälrLer Johanni«,aste L. gernlvrechrrt l«SSL >«683. )«8S4. NWgrrTllgMaü Ha«delszeittt«g. Amtsblatt des Rates «nd des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Lszeigeu-Preit Ke Ich»»»»» au« Letvgi, und Umgeduu« dt» -geipaltene b0 nun br»N» Priit,eil, 2L dt» 74 nun breit» «ellame^tl» > lwu antwärt« M ch, «eNamen 1.20 Juserate von Bebärden >» amtlich«» Deil di« 74 nun brrit» Vetitzeil» -U) 4^ >«schäft»an^iarn mit P agvortchritteu au» tu »er Sdendautaad« im Prrije erhöht. Siabatt aach Laris. Beilagegedstbr L uk p. Dauiend exkl. Postgebühr. Fest erteilte «usrräg» känaen mcht ,ur44- gezogen werden, gür da« iirfchetne» an beftumiltrn Tagen und Plätzen wird lein» Suranti« übernommen. S»zeigen- ünnähme, Augustulplatz 8, b«t sämtlichen Filialen u. allen Annoncen, «trpeditionen de» Ja» und Sutlande«. Vanpt-Filiale verNu: Curl Lnnckrr. Herzoql. vnhr. Hofbuch» Handlung, Lützowstiabe >0. lDelephon VI. -ltr. «M3). Haupt-Stlialr Lre«den: Seestrabe 1 iDelephon «621). Nr. IIS Sonins,, ürn 1. Mai ISIS 104. Jahrgang. Das Wichtigste. * Der Reichstag erledigte am Sonnabend die zweite Lesung des Entwurfs über die Aufstands- aufgaben in Südwestafrika. In der De batte kam es wiederum zu einem Rededuell Erzberger — Dernburg. fS. Reichstagsber.) ' * Der Vorstand des Deutschen Städte tages beschloß, eine Eingabe an den Reichstag zu richten, worin er die Wertzuwachssteuer als Reichssteuer für zurzeit ungeeignet erklärte. lS. Dtschs. R.) * Die wiederholte Abstimmung des preußischen Herrenhauses über die Wahl rechtsvorlage findet, wie man vermutet, am 25. oder 27. Mai statt. * Der englische Gesetzentwurf über die Ein schränkung des Vetorechts der Lords ist jetzt veröffentlicht worden. (S. Ausl.) * Nach türkischen Meldungen hat sich in Ober albanien plötzlich ein großer Umschwung voll zogen und ein großer Teil der Albanesen sich unterworfen. fS. Ausl.) * Gestern nachmittag wurde in Berlin in den Ausstellungshallen am Lehrter Bahnhof die Große Berliner Kunstausstellung eröffnet. Nach einleitenden Worten des Ausstellungspräsidenten Professor Friedrich Kallmorgen sprach als Vertreter des Kultusministers Unterstaatsj«7-:etär Wever. lS. Feuill.) Der erste Mai. Der 1. Mai, den das agitatorische Bedürfnis der Sozialdemokratie in nicht ungeschickter Spekulation auf sagenhafte Ueberlieferung und Frühlingssenti mentalität für das Klassenfest gekürt hat, erhält dieses Jahr eine besondere Bedeutung. Er fing in den Vorjahren bereits an, langweilig zu werden, und die Vorsicht der Gewerkschaften, die an Unterstützungen der durch eine erzwungene Maifeier stellungslos Ge wordenen keine Freude gewinnen konnten, hatte dafür gesorgt, daß die früheren Eewaltfeiern so ziem lich aus der Mode gekommen waren. Parole war: daß überall dort gefeiert wurde, wo es ohne wirt schaftlichen Kampf möglich war. Heuer hat der 1. Mai den Genossen den Gefallen getan, auf einen Sonntag zu fallen, so daß für die weitaus größte Zahl der Festgäste wirtschaftliche Hindernisse nicht vorhanden sind, und so wird dieser 1. Mai der Sozialdemo kratie eine billige Riesendemonstration ermöglichen. Man wird also das Vergnügen haben, Millionen glücklicherweise meist wohlgenährter und ordentlich gekleideter deutscher Staatsangehöriger mit nicht un erheblichen persönlichen Kosten ein wohlorganifiettes, auch auf alle leiblichen Bedürfnisse zugeschnittenes Fest feiern zu sehen, bei dem diesen Leuten das hehre Evangelium der Verelendung der Massen durch das Kapital gepredigt werden wird. Das Besondere an der diesjährigen Maifeier liegt aber noch im wesentlichen darin, daß der Tag in eine ganze, große Demon strationsperiode hineinfällt und so von selbst den Tharakter dieser Demonstration annimmt. Die preußischen Wählermassen find in die Wahl rechtsbewegung mit dem Vorwärtsdrang eingetreten, der an sich das Zeichen einer gesunden Rasse bedeutet. Als wichtigstes Einzelergebnis dieser Bewegung für die Sozialdemokratie ist die Eroberung der Plätze von Berlin durch die Genossen zu verzeichnen. Das nichtpreußtsche Volk hat durchweg die Bedeutung de« preußischen Wahlrechts für die Reichspolittk be griffen, und daher einen bislang ungewohnten An teil an dem Geschick des größten deutschen Bundes staates genommen, so daß durchweg im Deutschen Reiche dieser 1. Mai als preußischer Wahlrecht», demonstrationstag gelten soll und kann. Zn dem offiziellen Aufruf zur Wahlrechts-Matfeier, den die gesamte sozialdemokratische Presse Deutschlands dieser Tage pnr ovävü äs Lorliu abgedruckt hat, heißt es: Der 1. Mat gelte dem Kampf zur Eroberung de» allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahl» recht». Zu diesem Kampf solle sich dar oerehrliche Proletariat rüsten, «nd dann wird in dem üblichen üblen Stil scharf gemacht: „Die Söhne und Brüder der Rechtlosen sollen die Wahlrecht»forderungen ihrer DSter »nd Brüder in einem Blutbad« ersticken." Und al» Gegenstück erklingt natürlich da» Lied vom edlen Genossentum, die Arbeiterklasse wird al» haupt träger der modernen Kultur- gefeiert. Gin Nein wenig schämt man sich ob dieser systematischen Lin, schmeichelung von Gliedern unsere« Volke«, di« sicher tüchtig und nützlich sind, deren planmäßige Sinne«. Verwirrung aber Mitleid mit den Opfern düeser Demagogie einslößen muß. Wir wollen nicht so un gemütlich sein, an den Eprachkenntnissen der aufrufen den Führer der Hauptkulturträger Kritik zu üben, zur Argumentation für die Kulturlosigkeit der Herren. (Daß nicht ein „Alp", sondern ein „Alb" auf Deutsch land lastet, wenn nun einmal etwas lasten muß, weiß freilich schon jeder Quartaner.) Aber es ist viel- lrickit die grüße Erkenntnis unserer Zeit gewesen, daß sie als Hauptmerkmal aller Kultur die Wahrhaftig keit heransgefunden hat. Wie auf der Echtheit des Materials und der Ehrlichkeit der Produktion auf künstlerischem Gebiete eine Gesundung erfolgt und eine ganze neue Epoche aufgebaut worden ist, so ist echte Kultur ohn-Ehrlichkeit nicht zu denken. Und gerade das schmerzt an dieser grog-m Volksbewegung, daß sie an den ollerwichtigsten Punkten unaufrichtig ist. Der Gegner wird herabgesetzt und der Genosse gefeierr, auch wenn man es besser weiß. Wenn die Sozial demokratie einen Ausstand beschließt, so ist das „ein glorreicher Kampf für die höchsten Ziele", wenn aber die Unternehmer aussperren, so werden „die Pro letarier auf die Straße geworfen, um sie der Willkür gefügig zu machen". Daß eine Mensur nur mit gntcn und gleichen Waffen ausgesuchten werden soll, ist also noch nicht in den Ehrenkodex der So zialdemokratie ausgenommen worden. . Nicht um Feste zu feiern, um den Kampf zu er neuern". rufen die poetisch veranlagten Manager die sozialdemokratischen Massen auf. Wir leben der Hoffnung, oap oas nicht so ganz wörtlich genommen werden wird, daß vielmehr die Genossen mit ihren Damen nach dem anregenden Spaziergang in ihren Festlekalcu oas Materielle nicht gar zu gröblich ver nachlässigen werden, daß sich, nachdem die Strapazen des Festvortrages mit dem obligaten Hoch auf die internationale, völkerbefreiende Sozialdemokratie glücklich überstanden sind, doch der gesunde Sinn für das reale Gegenwärtige geltend machen und ein harm los lustiger Volksfest sich entwickeln wird. Die deutsche Gemütlichkeit ist selbst durch die Künste der gewerbsmäßigen Volksseelenkvche nicht aus der Welt zu schaffen. Gar so schlecht geht es ja dem deutschen Arbe rer doch nicht, daß er nur mit geballter Faust einherzugehen Ursache hätte, und alles in allem hat gerade in letzter Zeit eine sozial freiere Denkweise nicht sowohl bei der bürgerlichen Bevölkerung als bei den Behörden Platz gegriffen, und vielerorts wird beuer das Demonstrieren durch Umzüge erlaubt sein jund hon dadurch einem Teil seiner Bedeutung ent kleiden werden), wo man es früher verboten hat. Die Ungleichmäßigkeit der polizeilichen Stellungnahme ist freilich böse und nicht gerade erbaulich, denn es ist nicht einzusehen, weshalb an manchen Orten etwas so schrecklich gefährlich sein soll, was an anderen, was sogar in Wiesbaden während der Anwesenheit des Kaisers als harmlos gestattet wird. Und noch weni ger erhebend ist die Kunde, daß die Behörden an manchen Orten schwanken wie das Rohr im Winde, den Umzug gestatten, verbieten und wieder gestatten. Denn dieser Mangel an Konsequenz und klarer Er kenntnis kann wirklich das Ansehen der staatlichen Institutionen nicht erhöhen. Für uns in Leipzig wird die Maifeier sich voraus sichtlich und hoffentlich in den üblichen nicht unver gnüglichen Bahnen abspielen, denn die Feier mit dem großen Festzug hat hier bereits einen gewissen tradi tionellen Tharakter, der zur Ordnung und Beruhi gung erheblich beiträgt. Wir sind nicht parteiisch ge nug, um den großen Mengen unseres arbeitsamen Volkes nach Abzug des demagogischen Elementes die Sonntagserholung und das Vergnügen zu mißgönnen, wünschen sogar, daß ein hübsch wärmender Sonnen schein den Genossen da» Fest verkläre und verschöne, auf daß friedlichere und versöhnlichere Gefühle in ihre rauhen Busen einziehen mögen, hauptsächlich aber auch, damit das Ende vom Liede keine Verschnupfung sei, die länger anhalten kann, als der Rausch des Festes. Zum Sampl lm Baugewerbe. Folgende Zusammenstellung der in den einzelnen Verbänden des Deutschen Arbeitgeberbundes für das Baugewerbe entlassenen Bauarbeiter wird vom Bau- arbeitaeberverband veröffentlicht: 1. Ostpreußischer Bezirksverband in Kö nigsberg 2700 2. Westpreußischer Landesverband in Danzig 5600 3. Arbeitgeverbund für die Provinz Posen in Posen 4300 4. Schlesischer Provinzialverband für das Baugewerbe in Breslau 12200 5. Bezirrsarbeitgeberverband für Pommern in Stettin 2 200 6. Bezirkaverband für Neuoorpommern in Stralsund 250 7. Mecklenburgischer verband in Rostock 4 800 8. Arbeitgeberverband Unterelbe in Kiel 5000 S. Rordwestdeutscher verband in Hannover 13 300 10. Bezirksverband Unterweser und Emsge- biet in Bremen 2860 11. Bezirkrv«rband für die Niederlausttz in Cottbus 900 12. Vettrksuerband i» Käni«reich Sachs« in Dreetz« 28MV 13. Bezirksverband für Thüringen in Eisenach 6100 14. Bezirkaverband für di« Prov. Sachs« in -alle -. S. »G» 15. Landesverband Braunschweig in Braun ¬ schweig 2 200 16. Mitteldeutscher Verband in Frank ¬ furt a. M. 13 200 17. Arbeitgeberbund für das rhein. - westf. Industriegebiet in Essen (Ruhr) 23 500 18. Arbeitgeberverband für die Rheinprovinz in Düsseldorf 8500 19. Bergischer Schutzverband in Barmen 3100 20. Arbeitgeberverband im Saargebiet in Saarbrücken 1500 21. Pfälzischer Kreisverband in Kaisers ¬ lautern 1000 22. Nordbayerischer Bezirksoerband in Nürn ¬ berg 8600 23. Südbayerischer Bezirksverband in München 11000 24. Arbeitgeberbund für Württemberg in Stuttgart 4100 25. Arbeitgeberbund für Baden in Freiburg 2850 26. Arbeitgeberbund für Elsaß-Lothringen in Straßburg 6 000 27. Einzelne Ortsverbände: Magdeburg 1700, Lübeck 900, Brandenburg 500, Senften berg 600, verschiedene andere 1250 4950 Zusammen: 186 700 Weiter schreibt der Verband: „An vielen Orten, speziell in Süddeutschland, ist die Zahl der Beschäftigungslosen erheblich größer als die der Entlassenen und zwar in der Hauptsache aus drei Gründen. Fürs erste liegt vielfach die Bau tätigkeit sehr darnieder, dann wurde angesichts des seit längerem in sicherer Aussicht stehenden Kampfes mit dem Beginn von projektierten Bauten zurück gehalten, und endlich tonnten infolge der äußerst günstigen Witterungsverhältnisse im letzten Winter die meisten Bauten schon bis Ende März vollendet werden. Sicheren Mitteilungen gemäß ist die Zahl der Entlassenen in stetem Wachsen begriffen, so daß binnen kurzem die Zahl von 200000 erreicht werden wird." Die erste Dache üer Brüsseler Weltausstellung. (Von unsere n Brüsseler o-Korrcspondenten.) Brüssel, 29. April. Zurzeit grassiert in Brüssel eine neue Epidemie. Es ist das der Oatarrstus expositüorralis. Wer näm- lich jetzt den windgepeitschten Ausstellungsplatz be sucht, der muß die Atmungsorgane eines alten See bären und an Moorbäder gewöhnte Pedale haben. Die Ausstellungsleitung hätte dafür Sorge tragen sollen, daß die inneren Verkehrsmittel auf der Expo sitionsfläche — es sind Rundtrambahn, Rollsessel und Sänften in Aussicht genommen — mit dem Tage der Eröffnung betriebsfertig gewesen wären. Da muß ich den König bewundern, der gestern zum dritten Male in einer Woche den Ausstellungs platz besuchte. Diesmal galt es dem großen Wunder mann Teddy, den ein hiesiges Blatt nicht übel den amerikanischen Willy nennt, dem „ersten Bürger einer edlen und großen Nation" — so hat ihn der Fest redner Carton de Wiart bezeichnet — die Empfangs ehren zu erweisen. Wiederum diente die „Salle des Fötes" als Festraum. Durch einen hübschen Zug ent fesselte der König begeisterte Ovationsstürme. Er nahm nämlich nicht auf der königlichen Tribüne Platz, sondern setzte sich mitten unter die Zuschauer. Als dann de Wiart in seiner Rede den schönen Satz aussprach: „An seinen Königen ehrt Belgien sich selbst und seine Könige halten es für genug Ehre, in erster Linie belgische Bürger zu sein", da wollten die Bei- fallsbezeugungen kein Ende nehmen. Leider ging der größte Teil der Rede durch das skandalöse Betragen des anwesenden Damenpublikums verloren. Die vorderen Reihen der Zuschauer hatten sich nämlich bei der Ankunft des Königs erhoben und blieben stehen. Das auf den Hinterreihen befindliche schönere Ge- chlecht verlangte kategorisch, daß die Stehenden sich etzen sollten und als diesem Verlangen nicht ent- prochen wurde, arteten die holden Engelsstimmen trotz der Anwesenheit des Königs und der Beschwich tigungsversuche hoher Würdenträger in ein derar tiges Geschrei aus, daß der Festredner völlig unver ständlich blieb. Erst als Roosevelt sich erhob, trat Ruhe ein. Er hatte als Thema: ..Tim« is rnono^" gewählt und sprach beinahe eine Stunde. Was er redete, habe ich leider nicht verstanden, da er englisch sprach und ich darin über die Anfangsgründe nie hinaus gekommen bin. Zn ein paar französisch gesprochenen Eingangsworten entschuldigte er sich, daß er die fran zösische Sprache nicht hinreichend beherrschte. So be nutzte ich denn die Zeit, um mir den Mann und seine Sprechart zu betrachten. Dor allem fällt eines auf: der Mann trägt nicht den allerkleinsten Orden, das stach natürlich gegen die umgebenden belgischen Wür denträger gewaltig ab, denn erst neulich hat ein belgischer Journalist, spottend über di« Dekorations sucht seiner Landsleute, geschrieben: „Den Clou der Weltausstellung werde ein Belgier bilden, der keiner lei Orden oder Ehrenzeichen habe". Der zweite Ein druck war der einer großen Enttäuschung. Mit dem Begriff Roosevelt habe ich in Gedanken immer etwa» Ueberstarke», Hünenhaftes, Außergewöhnliche» ver bunden, und nun steht da vor mir ein eher kleiner Mann, von mittlerer Figur, an dem ich trotz ein- gehenden Studiums auch nicht das geringste Kraft strotzende oder auch nur Charakteristische erblicken kann. Vielleicht haben wenigstens seine Augen den berühmten „geborenen Herrscherblick", nur merkt man es nicht, weil er einen Zwicker trägt. Seine Sprechweise ist allerdings sehr lebhaft. Er begleitet seine Worte mit häufigen Handbewegungen und gestikuliert auch mit dem Kopf — er ist ein Lolksredner, gewohnt zu den Massen zu sprechen. Rach ihm besteigt der König die Estrade und spricht ein paar kurze Begrüßungsworte — beiden Rednern erschallt lebhafter Beifall. Zm Lauf« de. Tage« hat der König seinem Gaste, dessen Ara» und Tochter »och da« Brüsseler Rathe», gezeigt — Das Fernbleiben der Königin und die Tatsache, daß nicht der König, sondern der Bürger meister Madame Roosevelt am Arm geleitete, sollte wohl gewisse Nuancen markieren. Morgen eröffnet der unermüdliche Monarch die belgische Kolonialausstellung. Sie ist, wie ich Ihnen bereits einmal mitgeteilt habe, weit ab von der Exposition in Tervueren untergebracht. Tervueren ist das Rothenburg der belgischen Maler, ein Ort voll idyllischer Schönheit. Die Ausstellung ist im „Musöe du Congo" untergebracht, das im Volks mund bezeichnender Palais Colonial heißt. Es ist ein prachtvoller Palast, von dem Chefarchitekten des Palais de Fontainebleau, M. Eirault, erbaut, noch unter dem Regime des souveränen Kongostaates und von diesem an Belgien abgetreten. Was irgendwie Sehens- und Wissenswertes im Kongo existiert, wird hier gezeigt. Mit Unterstützung des belgischen Staates hat im vorigen Jahre eine eigene Expedition den Kongo bereist, um dort kinematographische Auf nahmen zu machen, die nunmehr vorgcführt werden. Die Ausstellung ist nur eine spezifisch belgische. Die übrigen Länder haben ihre Kolonialabteilung auf der Ausstellung selbst, ja Indien und Australien, Algier und Tunis nehmen sogar eigene selbständige Pavillons ein. Wenn ich Ihnen nun noch berichte, daß so ziemlich kein Tag ohne Festessen oder Bankett verlaufen ist, und daß die Ausstellungskasse bereits 750 000 Frcs. an Eintrittsgeldern eingenommen hat, dann habe ich alles berichtet, was zu berichten war. Am Sonntag beginnt das große Musikfest, zu dem schon 800 Gesell schaften sich angemeldet haben. Das Semeinüearrtmnüs-Seletz. Da die Gemeinden durch die Fülle und den Um fang der ihnen stetig zuwachsenden Geschäfte und Aus gaben besonders auf wirtschaftlichem Gebiete häufig genötigt sind, sich zu Zweckverbänden zusammen zuschließen, wenn sie diese Aufgaben zweckentsprechend lösen wollen, und da ferner die bestehende Gesetz gebung zur Bildung und Förderung solcher Ver bände nur ungenügend die Hand bietet. so hat die sächsische Regierung mit Dekret Nr. 23 dem jetzigen Landtage eine Vorlage zugehen lassen, die diesem Mangel abhelfen soll. Der Entwurf ist auf Antrag des Äbg. Nitzschke-Leutzsch (Rat!.) am 9. März der Beschwerde- und Petitionskommission überwiesen worden, die nunmehr durch den Abg. Dr. Rudolph- Leipzig ihren Bericht erstattet hat und bean tragt, dem Entwurf mit einigen, von der Regierung bereits akzeptierten Aenderungen die verfassungs mäßige Zustimmung zu erteilen. Die Deputation hat, wie der Bericht ergibt, be sonders folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen gehabt: 1) Ob, wie ein Deputationsmitglied anregte, cs sich nicht empfehle, statt ein besonderes Gesetz zu er lassen, die Bestimmungen der Revidierten Land- gemeindeordnung (8 89 ff.) zu erweitern. Demgegen über wies man darauf hin, daß man damit in eine Revision der Organisationsgesetzgebuna cintreten würde, die im Augenblicke untunlich )ei und die gründliche Regelung dieser Materie nur verzögern könne. Ueberdics solle durch das jetzt zu erlassende Gesetz die Gründung von Zweckverbanden aller poli tischen Gemeinden zun Teil auch mit Gemeinden anderer Art (Schul' und Kirchengemeinden) geregeli werden. 2) Man hatte die Frage zu erwägen, ob das Ge setz seh: ins einzelne mit seinen Bestimmungen gehen solle, was einer Individualisierung der Gestaltung der einzelnen Verbände je nach ihrem Zweck und Um fang Hemmnisse bereiten würde, oder ob man sich aus wenige, knappe Bestimmungen über Gründung. Wesen, Auflösung, Haftung, Rechte usw. der Ver bände beschränken solle. Zu einer prinzipiellen Klärung dieser Frage ist es nicht gekommen; faßt man jedoch das Endergebnis der Beratungen zu sammen, so ergibt sich, daß die Mehrheit der Depu tation dem im Gesetz eingeschlagenen Weg, nament lich für den Inhalt der Verbandssatzungen eine An zahl Normatiobestimmungen vorzusehcn, den Vorzug gab. Daß dies ein besonderer Vorzug des neuen Gesetzes sein wird, kann nicht behauptet werden. 3) Ebenso 'st es ein Mangel des neuen Gesetzes, daß es die Zusammensetzung der Bezirksvertretung für die Zwecke der Eemeindeverbände nicht ändert. Erne ersprießliche Tätigkeit kann in den Verbands vertretungen nur erblühen, wenn in den Gemeinde-' Vertretungen und den Bezirksvertretungen alle Schichten der Bevölkerung Sitz und Stimme haben. Die Deputation hat aber auch hier an der Ansicht festgehalten, daß das Gesetz un geeignet sei, abändernde Vorschriften über die innere und äußere Organisation der Gemeinden und sonstiger politischer Körperschaften zu erlassen, und dcß erne Verquickung mit derartigen Fragen aus die Fertig stellung des Gesetzes nur hemmend wirken müsse. 4) Einig sind sich die Deputationsmitglieder wenigstens darüber gewesen, daß das Aufjichtsrecht des Staates über die Verbände auf das aller notwendigste beschränkt werden müsse, um eine mög lichst freie und nutzbringende Entwicklung der Ver bände herbrizusühren, und daß 5) der staatliche Zwang zur Gründung non Ver bänden nur bei solchen Gemeindeaufgaben ausgeübt werden dürfe, die den Gemeinden gesetzlich ob liegen. Dankenswert ist, daß am Schlüsse des Berichts eine paragrcphenweise Nebeneinanderstcllung non Re gierungsvorlage und Dcputationsoorschlaqen gegeben worden ist, so daß man eine leichte Uebcrsicht über die vorgenommenen Aenderungen hat. Ob der Ent wurf aoer in der vorgcschlaqenen Form Gesetz wird, erscheint uns einstweilen noch zweifelhaft. Jedenfalls durfte er ncch eine lebhafte Aussprache im Plenum der Kammer zeitigen.
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