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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.03.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100303015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910030301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910030301
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
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Jahr
1910
-
Monat
1910-03
- Tag 1910-03-03
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Monat
1910-03
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Jahr
1910
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Amtlicher Teil. Steuenulchlag zur Deckung ües Kni- wanües üer Sanüelskammer. Die Handelskammer hat beschlossen, zur Deckung ihres Bedarfs im laufenden Jahre 1910 einen Steuer zuschlag von 4 Pfennigen auf jede Mark desjenigen Steuersatzes erheben zu lassen, welcher nach der in 8 12 des Einkommensteuergesetzes enthaltenen Tafel auf das in Spalte 6 des Einkommensteuer-Katasters eingestellte Einkommen jedes Beitragspflichtigen ent fällt. Dieser Zuschlag wird hiermit für den zweiten, zum 30. September d. I. anstehenden Hebetermin auf diejenigen Handel- und Gewerbetreibenden unseres Bezirks (Stadt und Amtshauptmannschast Leipzigs ausgeschrieben, die in Spalte st des Einkommensteuer- Katasters (Einkommen aus Handel, Gewerbe usw.s mit mehr als 3100 eingestellt und der Handels kammer zugehörig sind. Leipzig, am 2. März 1910. Die Handelskammer. Zweiniaer, Dr. jur. Wendtland, Vorsitzender. Syndikus. Die unter den Pferden der Firma Berger L Petzold in Leipzig, Sophienstraße 62, ausgebrochene Influenza ist erloschen. Leipzig, den 2. März 1910. Ges.-^.. 1.200. »SI» Der Rat der Stadt Leipzig. Heute Donnerstag, den 3. März 1910, von 9 Uhr vorm. ab Fortsetzung der Auktion in Horbachs Konkurs (Reue« Theater-Tafö). Hauptsächlich gelangen zur Versteigerung: Garten tische u. Stähle, Titeln u. Tische nebst Stühlen aus dem Restaurant, Sofa», Bettstellen, Federbetten und Kleiderschränke, Eseuwände und Lorbeerbäume, Mobiliar und Geschirr der Kaffeeküche, Terraffen- Bierapparat. »»rn» Herr»«»« Lokalrichter Kus üen übrigen Amtsblättern. In das Eüterrechtsregister ist eingetragen worden: Die Verwaltung und Nutznießung des Kaufmanns Gustav Alfred Hans in Leipzig an dem Vermögen seiner Ehefrau Anna Ottilie Ida verw. gewes. Thö- mel geb. Springstein ist durch Ehevertrag vom 27. Januar ausgeschlossen worden. — Die Verwal tung und Nutznießung des Bäckers Hermann Karl Riedel in L.-Reudnitz an dem Vermögen seiner Ehe frau Anna Alma geb. Siißkind ist durch Ehevertrag vom 25. Februar ausgeschlossen worden. — Die Ver waltung und Nutznießung des Generalagenten Richard Oskar Hermann Franke in Oetzsch an dem Vermögen seiner Ehefrau Anna Ida Klara geb. Ritter ist durch Ehevertrag vom 24. Februar aus geschlossen worden. Aus Leipzig mü llmyegenü. Leipzig, 3. März. Der Leipziger Stsütbriek. Das älteste Schriftstück des Leipziger Rats archivs ist eine Urkunde, die Markgraf Otto von Meißen (Otto der Reiche) der Stadt Leipzig aus stellen ließ und die gewöhnlich der Stadtbrief ge nannt wird. Sie ist nicht datiert, muß aber, wie Wustmann in seiner Geschichte Leipzigs anführt, zwischen 1156 und 1170 ausgestellt sein, denn Mark graf Otto kam 1156 zur Regierung und am Schluß ist als erster Zeuge Bischof Johann von Merseburg ge nannt, der 1170 starb. Für gewöhnlich wird an genommen, daß die Ausstellung der Urkunde in der ersten Zeit der Regierung des Markgrafen Otto, etwa um das Jahr 1160 erfolgte. Danach würde Leipzig in diesem Jahre das 750 jährige Stadtjubi läum begehen können, wenn jene Urkunde als ein wirklicher Stadtbrief in dem Sinne anzusehen wäre, daß es sich um die Begründung einer Stadt oder um die Erhebung eines bisherigen Fleckens zur Stadt gehandelt hätte. Allein das ist nicht anzunehmen. Zunächst ist zu bemerken, daß schon der Chronist Bischof Thietmar von Merseburg (Bischof von 1009—1018) von unserem Leipzig als einer Stadt („ru-ks") spricht. Weiter wird Leipzig in einer Urkunde aus dem Jahre 1050 als „Burgward" bezeichnet. Aber auch andere Anzeichen sprechen dafür, daß ein für damalige Zeiten schon recht lebhafter Handelsverkehr über unsere Stadt sich bewegte, und wenn man auch nicht, wie einige es ge tan haben, gleich von 5000 Einwohnern spricht, die Leipzig im 12. Jahrhundert schon gezählt haben soll, so kann doch darüber kein Zweifel obwalten, daß es über den Begriff eines Dorfes oder auch Fleckens zur Regierungszeit des Markgrafen Otto längst hinaus- gewachlen war. Was den Inhalt des Stadtbriefes betrifft, so sei hier nur erwähnt, daß den Bürgern vom Markgrafen Otto eine ganze Reihe von Zusagen gemacht wurden in betreff der Verschonung von Leistungen, der Zu eignung von Nutzungen, der Abhaltung von Märkten (innerhalb einer Meile Weges sollte kein der Stadt nachteiliger Markt abgehalten werden) usw. Sodann wird aber in der Urkunde festgesetzt, wie weit sich das Weichbild der Stadt erstrecken solle, und zwar werden für die vier Weichbildzeichen folgende Plätze bestimmt: das erste solle mitten in der Elster stehen, das zweite mitten in der Parthe, das dritte an dem Steine, der beim Galgen liege, das vierte jenseits der Grube, wo die Steine gegraben würden. Gemeint sind: im Westen die Elsterbrücke bei Lindenau, im Norden die Parthenbrucke am Eerbertor, im Osten der ehemalige Galgen, etwa am heutigen Gerichtsweg, und im Süden ein Ort „jenseits der Steingrube" (am Kauz), also vielleicht in der Nähe des Zeitzer Tores. Später sind die Weichbildgrenzen mehrfach berichtigt und erweitert worden, so nament lich in einer Verordnung des Herzogs Georg vom Jahre 1504. Die äußere Beschaffenheit des Stadtbriefes wird von Wustmann genau beschrieben. Danach ist die Ur kunde auf ein Pergament geschrieben worden, das aus einem Buch in Oktavformat herausgeschnitten ist. Das Blatt war auf beiden Seiten mit Linien ver sehen, die der Schreiber (Walter von Meißen, der Kaplan des Markgrafen) wegkratzte, ehe er das Blatt beschrieb. Er dachte jedenfalls mit dieser Seite ohne Einhaltung von Linien auszukommen, aber obwohl er mit starken Abkürzungen schrieb, mußte er doch die zweite Seite benutzen. Hier ließ er die Linien stehen. Es ist das der beste Beweis dafür, daß das Schrift stück wohl ziemlich unvermittelt und plötzlich, wahr- jcheinlich bei einer zufälligen Anwesenheit des Mark grafen in Leipzig, entstanden ist. Das Reitersicgel des Markgrafen ist in der Weise befestigt, daß an dem unteren Rande des Pergamentblattes von der Mitte aus zwei dünne Streifen abgeschnitten und in das Siegel eingefügt sind. Außerdem hängt es ver kehrt: die Pferdebeine stehen nach oben. Auch das spricht für eine gewisse Hast bei der Anfertigung der Urkunde. Daß trotzdem die Urkunde echt ist. steht außer Zweifel. Jeder Geschichtsfreund wird daher be dauern, daß man damals in der Eile nicht eine Zeit bestimmung hinzufügte. Aber auch so bleibt diese Ur kunde nicht nur das älteste, sondern auch eins der wichtigsten Schriftstücke, die unser Ratsarchiv für alle Zeiten birgt. * Ratsbeschliisse. In der gestrigen Plenarsitzung genehmigte der Rat unter Vorbehalt der Zustimmung der Stadtverordneten verschiedene Grundstücksan- und -Verkäufe, die Einführung von Kontroll- Registrierkassen bei der Schulkasse und beim Steueramt, die Bewilligung einer Beihilfe von 300 ./e an den Männerturnverein Möckern, die Ausführung von Klempner-, Dachdecker und Zimmerarbeiten im Grundstück Alexander- straße Nr. 35—37, die Erneuerung des Holz zementdaches auf dem ehemaligen Schulhaus in Möckern mit 660-/; Kosten, die baupolizeiliche Fest stellung der Fluchten der Erimmaischen Straße zu Leipzig-Probstheida, die Abänderung zum Bebau ungsplan Leipzig-Connewitz—Süd und den Aus bau von Strecken der Gottschallstraße, sowie der Straßen 39 und 40 in Leipzig - Gohlis mit 37 615,62 Mark Kosten. Bei der von den Stadtverordneten beschlossenen Herabsetzung der Pos. 7 und 8 in Konto 8 „Schleusen" wurde Beruhigung gefaßt. Weiter erklärte man sich damit einverstanden, daß als Zeitpunkt für das Inkrafttreten der Bekanntmachung über den Anschluß von Badewannen, Abtrittsbecken, Wasch- und Spülgefäßen an die städtische Wasserleitung auf die am 1. Januar 1910 eingemeindeten Vororte der 1. Juli 1910 bestimmt wird. — Antragsgemäß vergeben wurden die Herstellung von Schleusen, die Dachdeckerarbeiten für das Krankenhaus St. Georg, die Herstellung der Eisenbetondecke für die Urnenhalle an dem Südfriedhof, die Lieferung des Bedarfs an Fußbodenöl für die städtischen Schulen im Jahre 1910. * llniveriitätsnachrichten. Der Privatdozent für römisches Recht an der Leipziger Universität Dr. Eger wurde zum Ordinarius an der Universität Basel gewählt. * Fürstliche Gäste. Erbprinzessin Reuß-Eera, Prinzestin Feodora — Prinz Heinrich XXXIX. und Fürst Reuß-Köstritz trafen gestern in Leipzig ein und stiegen im Hotel „Der Karserhof" ab. -t Schulnachrichten. In der IV. Realschule zu L.-Lindenau fand am 28. Februar und 1. März unter dem Vorsitz des vom Kultusministerium zum König!. Kommissar ernannten Direktors der Anstalt Pro fessor Dr. Eutjahr die Abiturienprüfung statt. Die auf Grund der schriftlichen Arbeiten zugelassenen 36 Schüler der Klassen la und lk bestanden sämtlich. Es erhielten in den Wissenschaften 2: t>-, 7: II, 11 :11b, 12 : Illa und 4 : Ili. In den Sitten erhielt 1 die Ha und 2 die 1b, die übrigen 33 die 1. Die feierliche Entlassung der Abiturienten findet Sonn abend, den 5. MärL, statt. * Titelwesen. Der König hat dem Inhaber der Firma Carl Friedrich Weber jr. in Leipzig, Kauf mann und Zigarrenfabrikant Carl Friedrich Hermann Ernst Georg Weber, das Prädikat „Hoflieferant Seiner Majestät des Königs" verliehen. -e- Preisausschreiben. Die Sächsische Landesstelle für Kunstgewerbe schreibt soeben mit Unterstützung des Kgl. Ministeriums des Innern und des Evange lischen Landcskonsistoriums zwei Wettbewerbe für Ergänzung der alten Altäre zu Höckendorf und Dippoldiswalde aus. Es soll damit die Wiederaufnahme der in Sachsen im 15. Jahrhundert blühenden, farbig behandelten Schnitzerei angeregt werden. Am Wettbewerbe dürfen sich in Sachsen lebende oder aus Sachsen gebürtige Künstler und Kunstgewerbler beteiligen. Die beiden Preise be stehen im Uebertragen des Auftrags für Ausführung der Skizzen, und zwar für den Aufbau auf dem Höckendorfer Altar 2000 ./L und für die Erzänzung des Dippoldiswaldaer Altars 2000 ,/L * Oberwachtmeister Lemnitz's. Im besten Mannes alter starb in vergangener Nacht am Herzschlage Herr Oberwachtmeister Johannes Lemnitz. Vor stand der 24. Polizeibezirkswache (L.-Connewitz>. Der Verstorbene hat sich namentlich durch die Zucht von Polizeihunden einen Namen gemacht. Er hatte noch um Mitternacht einen Patrouillengang unternommen und die Posten kontrolliert. Als er von diesem Rundgang zurückgekehrt war, befiel ihn ein plötzliches Unwohlsein, das nach kurzer Zeit infolge Herzlähmung zum Tode führte. * 25jährige Jubelfeier des Turnvereins der Süd vorstadt. Am Montag vereinigten sich die Mitglieder des Vereins sowie zahlreiche Gäste zu einem Fest- ball im Saale des Hotels „Stadt Nürnberg". Nach einigen einleitenden Musikstücken erfreute der lOjäh- rige Violinvirtuose Andreas Weißgerber durch den Vortrag von Schuberts „Ave Maria" und Nachez' „Zigeunertanz". Als feinsinniger Musiker und Komponist bot Herr Fritz Uhlig Klavier vorträge. (Liszts Ungarische Rhapsodie Nr. 11 und eine eigene Komposition, II. Legende, Op. 12). Die Vortragenden fanden reichen Beifall und der Abend verlief in einer der Bedeutung des Festes würdigen Weise. — Anläßlich des Jubelfestes sand am Sonn tag in der Turnhalle des Vereins in der Moltkestraße ein Schauturnen statt. Die geräumige Halle war überfüllt, so daß bald nach Beginn noch recht vielen Besuchern der Eintritt nicht mehr gestattet werden konnte. Als die 137 Turner aufmarschiert waren, hielt Oberturnlehrer Auerbach eine An sprache. in der er zur Pflege des Turnens und des Sportes zum Wohle des Vaterlandes ermahnte. Die turnerischen Vorführungen zeigten Glanzleistungen sowohl in der Gesamtheit als besonders in Einzel übungen. Turnwart Stranz leitete die Frei übungen der Turner und Turnerinnen mustergültig. Auch das Geräteturnen und Fechten fand reichen Bei fall. Den Glanzpunkt des Schauturnens bildete das Reckturnen der Vorturnerschaft. Hatte man sie schon am Vorabend während des Kommerses in ihren Hebungen am Barren bewundern müßen, so waren ihre Leistungen am Reck geradezu phänomenal. Spiele der Jugendabteilung bildeten den Schluß der Ver anstaltung, und dabei kam auch der Humor zu seiner Geltung. — Aus Anlaß des Jubiläums wurden den Vereinsgründern Dölling, Ebner und Kanz- l e r Diplome überreicht, den Jubilaren Silbersträuß chen. Es sind dies die Herren: Direktor Louis Brehme, Bureauvorstand August Dölling, Privat mann Carl Ebner, Kommissionsrat Ernst Guhr, Privatmann Moritz Kanzler. Prokurist Moritz Al bert. Uhrmacher Theodor Strohmann, Kaufmann Carl Strampfer, Obersekretär Hermann Krebs, Kauf mann Robert Erahl, Landgerichtssekretär Ernst Fischer, Kaufmann Carl Leuthier, Privatmann Max Busch, Schuldirektor Otto Behrends, Privatsekretär Ernst Schubert. Privatmann R. M. Nau- Hardt, Turnlehrer Hugo Rothe - Kretzschmar, Privatmann Richard Gottweiß. Privatmann Alfred Bendir, Fabrikbesitzer H. Leistner, Kaufmann Bruno Littmann, Kaufmann Kurt Graichen. * Kristallpalast-Variete. Das muß man sagen: Direktor Siegmund Kohn hat es verstanden, sich ein Meßprogramm zusammenzustellen, das wirklich das Prädikat „erstklassig" verdient. Und entgegen der sonst üblichen Nummernfolge, die eine Steigerung der Sensationen und Attraktionen brachten, setzt dieses Meßprogramm sofort mit einer Zugkraft ein, hält sich bis zum Schluß auf bestmöglicher Höhe und bringt uns als letzte Nummer eine Szene, die direkt gegen alles Vorausgegangene abfüllt, so sehr abfällt, daß sich bei der erstmaligen Aufführung am Diens tag recht kräftiges Zischen und Pfeifen bemerkbar machte. Entschieden: Die letzte Nummer „Chichi- nette", eine Pariser Szene, degoutiert in ihrer ge radezu robusten, jeder Zartheit baren Sinnlichkeit. Man sollte die Nummer ganz streichen, das sonst so vorzügliche Programm würde dadurch nur noch mehr gewinnen. Grete Sommerfeld, die zuerst auf tritt, zeigt sich, wie schon gesagt, als eine brillante Operettensängerin, deren Stimme in Mittellage und Höhe gleich sieghaft den großen Raum bei erstaun lich deutlicher Textbehandlung beherrscht. Chinko ist ein sehr amüsanter Jongleur mit wirklich neuen Tricks. Dann kommt Ferry Corwey und des Lachens will während seines ganzen Auftretens kein Ende nehmen. Er nennt sich Musik-Phantast; mit Recht, denn die Bezeichnung musikalischer Clown wäre zu derb. Seine Darbietungen mrt abgestimmten Glocken, mit Gitarren, Pfeifen, die als Eartenzaun aufgebaut sind, seine grotesken Scherze mit den Wolltieren usw. usw. — man lacht, lacht bis zum Krankwerden. Nun folgt ??? Demokritos ? ? ? Was ist das? Eine Neuigkeit bringt uns der Maler: er zeichnet auf ruß geschwärzte Glasplatten reizende Karikaturen und wirft sie, durch einen Scheinwerfer vergrößert, auf die Leinwand, auf der man dem Zeichner bei seiner Kunst folgen kann. Zwei Balance-Equilibristen, Morandini Brothers, übertreffen in ihren Lei stungen noch die Japaner des vorigen Monats, was gewiß viel sagen will. Den zweiten Teil des Pro gramms eröffnet die anmutige, schick und dabei über erstaunliches Können verfügende Kunstradfahrerin Minni Kaufmann. Bejonders ihre Evolutionen auf dem Tandem sind erstaunlich. Den Clou des Abends bilden die 20 englischen Backfische, „Haley's Royal Juveniles", ein sich mit Recht „berühmt" nennendes Ensemble in seinen künstlerischen Gesangs und Tanzdarbietungen. Unter ihren 10 Nummern erregten das altenglische Hofmenuett, das Barfuß tanzquartett, der Bändertanz von Margaret Morgan und das Finale mit Dot und Spot besonderes Ent zücken, wobei die wundervolle Ausstattung dem Auge ästhetische Genüsse bietet, wie wir sie auf deutschen Varietes selten sehen. Geradezu phrenetisch war der Beifall nach dieser Nummer. Eduard Kornau ist ein Humorist mit wirklichem Humor und Witz. Seine „Variettvorstellung" und seine „Schulstunde" sind köstlich. Die letzte Nummer taugt nichts, wie schon erwähnt. Der Velograph bringt eine Bilderfolge über Wintersport in Kanada und eine groteske Diebstahlsgeschichte. Das glänzende Programm dürfte dem Kristallpalast Abend für Abend volle Häuser bringen. Deutscher Frauenbund, Ortsgruppe Leipzig. Am Mittwochnachmittag sprach Herr Dr. Rühl- m ann in der Aula der städtischen Höheren Mädchen schule über die „Neue sächsische Mädchenschul vorlage". Der Redner führte eingangs seines Vortrags aus, daß es jetzt eigentlich noch nicht an der Zeit sei, über diese Vorlage zu sprechen, da sie eben erst die Deputation der Ersten Kammer passiert habe. Aber nian müsse auch darauf achten, daß die Borlage nicht das Opfer parteipolitischer Ver schleppung würde. Sie sei von der Regierung aus der Erwägung eingebracht worden, den Töchtern der gebildeten Stände, die immer seltener Gelegenheit finden, eine Ehe einzugehen, die Möglichkeit zu geben, sich einen Beruf zu gründen. Nach dem Gesetz sollen die höheren Mädchenschulen den Knabenschulen gleichgestellt wer den. Sachsen besitze im ganzen 5 höhere Mädchen schulen, von denen Leipzig 2, Dresden 2 und Chem nitz 1 haben. Der Vortragende geht dann des näheren auf die Ausgestaltung der Schulen ein, die den Mädchen die Berechtigung zum Studium der Jurisprudenz, Medizin und Philologie gewähren sollen. Die Theologie bleibt ausgeschloffen. Weiter behandelt er dre Frage der Koedukation ausführlich, der er im allgemeinen nicht unsympathisch gegen übersteht, doch haben sich von 77 befragten Lehr korporationen nur 9 dafür ausgesprochen. Als eine Hauptforderung bezeichnet Dr. Rühlmann, daß man die Mädchen nicht ganz dem Einfluß der männlichen Lehrer entziehen dürfe, auch erklärt er die im Gesetz ausgestellte wöchentliche Stundenzahl für wissenschaft liche Fächer von 32 Stunden für viel zu hoch. Auch die Frage der weiblichen Direktoren beleuchtete der Redner. Ueber den letzteren Punkt speziell entspinnt sich in der sehr angeregten Debatte eine längere Aussprache, da die Damen für weibliche Direktoren eintraten. Dr. Rühlmann erklärt diese Frage im Schlußwort für noch nicht gelöst, aber bei einiger maßen gutem Willen auf beiden Seiten für lösbar. * Kirchliches. In den Gemeinden Wahren und Lindenthal wird nächsten Freitag, den 4. März abends 8 Uhr Pasfionsgottesdienft mit Beichte und heiligem Abendmahl abgehalten. * Sin Hotel-Verzeichni» hat der Verband rei sender Kaufleute yerausgegeben. Die in dem Verzeichnis aufgenommenen Hotels find von Mit gliedern des Berbandes empfohlen worden, und da dieselben durch ihre Tätigkeit Kenner in diesem Fache sind, so durfte das Verzeichnis ein sicherer Führer für alle sein, die viel reisen. Der Preis des Verzeichnisses beträgt 20 Pfg. * Di« militärische Platzmusik wird ausgefürht am Donnerstag, den 3. März, vom Musikkorps des In fanterieregiments „Prinz Johann Georg" Nr. 107 vor der Wohnung Sr. Exz. des Stadtkommandanten. Be ginn 11 Uhr 15 Min. vormittag. Programm: 1) Krö nungsmarsch a. d. Op. „Der Prophet" von Meyer- beer. 2) Ouvertüre z. Op. „Don Juan" von Mozart. 3> Tonbilder a. d. Musikdrama „Die Walküre" von Wagner. 4) Sicilietta von Vlon. 5) „Kind, du kannst tanzen!" Walzer von Fall. 6) Husarenritt von Spindler. * Gehilfenprüfung im Buchdruckgewerbe. Die vom Vorstand des Vereins Leipziger Buchdruckerei besitzer mit dem sächsischen Ministerium des Innern geführten Verhandlungen wegen Abnahme der Eehilfenprüfung sind nunmehr zu einem vor läufigen Abschluss gekommen. Die Gewerbekammer Leipzig hat auf Beranlassung des Ministeriums be schlossen, künftig auch Lehrlinge aus Fabrikdetrieben zur Gesellenprüfung zuzulaffen, so daß nun sämtlichen Lehrlingen der Weg zur Gehilfenvrüsung und später auch zur Meisterprüfung offen steht. * Reifeprüfung der Nikolaischule. Die Reife prüfung,' die Herr Oberstudienrat Professor Dr. Bernhard als König!. Kommissar leitete, fand gestern ihren Abschluß. Alle 28 Prüflinge bestanden. In den Sitten erhielten 25 die Zensur I, 3 Id; in den Wissenschaften 1 ld, 6 lls, 6 ll,7 IIb,5 Ille, 3 III Einem vom Kgl. Ministerium zugewiesenen Auswärtigen wurde in den Wissenschaften die Zen sur Ild zuerkannt. Als zukünftiges Studium oder Beruf haben angegeben: 2 Abiturienten Theologie, 3 Philologie, 1 Germanistik, 1 Geschichte und Theo logie, 9 Rechtswissenschaft, 1 Medizin, 3 Mathematik und Naturwissenschaften, 2 Chemie und Physik. 1 Forstwissenschaft, 2 Baufachs 2 Militär, 1 Kaus- mannstand. * Battenberg-Theater. Die Sage vom Thüringer Landgrafen Ludwig und dem Ruhlaer Schmied, die schon mehrfach dichterisch bearbeitet worden ist, hat es auch Herrn 1'r, Julius Riffert angetan und ihn zu einem einaktigen Schauspiel „Landgy/af werde hart" veranlaßt. Der Inhalt der Sage ist zu bekannt, als daß wir auf ihn näher einzug/chen brauchen. Die Gestaltung der Personen, namentlich der beiden schon genannten Hauptpersonen^ ist denr Verfasser gut gelungen. Doch fehlt der Handlung selbst, die zudem im Anfang ziemlich träge dahin schleicht, das packende Interesse. Namentlich ist die Enkelin des Schmieds etwas schwächlich geraden, und die Darstellerin, die ihre Rolle dazu noch recht back- fischartig auffaßte. trug weiter dazu bei, diese Partie fast als überflüssig erscheinen zu lassen. Was das Spiel betrifft, so brachte Herr Köckerrtz den braven, derben Schmied ganz vortrefflich zur Geltung. Auch Herr Hepner war als Landgraf ein guter Partner. Den Genossen des Landgrafen, Georg von Scharfen berg, spielte Herr Raventos mit ziemlichem Ge lingen; die Reue dieses Mädchenjägers ist allerdings am Schluffe nicht reckt glaubwürdig. Der Edle von Frankenstein, der Ludwigs Vormund war und der nun seine Herrschaft einbüßen soll, wurde von Herrn Moleska sehr bärbeißig auf die Bretter gebracht. Ueber Frl. Friebel als Enkelin des Schmieds Haden wir uns schon ausgesprochen. Das Stück wurde beifällig ausgenommen, und der Verfasser konnte sich dem Publikum mehrmals zeigen. Es folgte hierauf die Erstaufführung des Björnsonschen Schauspiels „Die Neuvermählten." Den Darstellern gingen die Björnsonschen Figuren „über ihre Kraft." Am besten fand sich noch Herr Adolf in die Rolle des Amts manns, eines nordischen Grandseigneurs. Auch Frau Mila v. Hellbronn, die von Natur etwas tränenfeucht angehaucht ist, spielte einiges ganz passabel. Die übrigen Darsteller, Herr Karl Mein hard sowie die Damen Mara. Friebel und Käthe Pongs, suchten sich nach Möglichkeit mit ihren Rollen abzufinden. — Im Kunstgewerbeverein zu Leipzig sprach gestern im Vortragssaale des Erassi-Museums Herr Professor Dr. Pazaurek, Direktor des König!. Landesgewerbemuseums in Stuttgart, über „Gute n und schlechten Geschmack". ,,Oo ^ustibus non 68t stisprrtLvstura", darüber, das ist Geschmacks sache, läßt sich nicht streiten. Man kann, das erlebt man immer wieder, über ein und dieselbe Sache ver schiedenen Urteils sein. Von solchen Voraussetzungen, wie sie die Mode oder das persönliche Wesen ein geben, ist kein Wort zu verlieren, denn wir haben es nicht mit einer relativen, sondern mit einer absoluten Geschmacksrichtung zu tun. Euter Geschmack und herrschende Mode haben auch wenig miteinander gemein. Das Beste und Schönste führen unsere Museen vor, um ihre Zwecke in vorzüglicher Weise erfüllen zu können; das gibt ihnen auch das Recht, sich als ein wirksames ästhetisches Mittel zu be trachten und zum Kunstgewerbe zu erziehen, und des halb einen Sturm gegen alle kunstgewerblichen Ver irrungen zu erlassen. Im Stuttgarter Landesgewerbe museum rst eine Art Schreckenskammer, oder auch Lachkabinett, selbständig eingerichtet worden, das als eine Abteilung von Verbrechen und Vergehen gegen den guten Geschmack zu betrachten ist. Drei große Gruppen beherrschen sie. Don ihnen ist zunächst die Versündigung gegen das Material zu erwähnen. Hier tritt eine wahre Stoffmißhandlung in allerlei Trödeleien und Spielereien, in verschnittenen Brief marken, Zigarrenbändchen, Leuchtern aus Leder, gehende Uhren aus Pappendeckeln, Kaffeetaffen aus Gußeisen, Kartonnagen aus goldtauschiertem Eisen zutage, hier zeigt sich allerorts eine Künstelei, wie sie auch Virtuosen der Technik in allerhand Elfenbein schnitzereien fertigbringen. Dies bildet den Aus gangspunkt für Materialagraffen und Material surrogate. Sie untergraben die ganze Ethik des Kunstgewerbes; ja, ein ganzes Jahrhundert hat da von gelebt, das bessere Material zu imitieren. Eine zweite Gruppe besteht in der Konstruktion, zum guten Teil in Verstößen gegen die Logik. Sie druckt die Madonna und die Germania auf das Taschentuch, läßt den Harnisch zum Ofen werden, die Streitaxt zum Thermometer, und bringt mit einem Wort Dor- V Ilostst bllkgzt bvicsnvlv IchlMMligli: vürkopp, vörloka, 0pol, Sruvoar. LusstsUu»?: k>is«n»^i-sssv 12. K lUiitr. ksoMstsIog MV grstlz. ssV5tLttvt.
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