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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.03.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-03-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100302012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910030201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910030201
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-03
- Tag 1910-03-02
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Monat
1910-03
-
Jahr
1910
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4. Vellage. Mittwoch, 2. M8rz 1910. Leipziger Tageblatt. Nr. 60. 104. Jahrgang. Gerichtslaal. Reichsgericht. rr. Leipzig, 28. Februar. Das gesülchte Abgangszeugnis — ein Legiti mationspapier im Sinne des 8 363 des StGB. Das Landgericht Kalmar i. E. hat am 20. Oktober v. I. den Geschäftsagenten Georg H. und dessen Sohn gleichen Namens wegen Urkunden fälschung nach 8 267 des StGB, zu einer Woche bzw. 3 Tagen Gefängnis verurteilt. H. jun. war mit einer schlechten Zensur vom Lyzeum in Kalmar ab gegangen. war eine Zeitlang Kaufmann und wollte dann Lehrer werden. Er meldete sich beim Ober schulrat schriftlich an und legte sein Abgangszeugnis dei, das durch eine Reihe Korrekturen bedeutend ver bessert worden war. Angeblich sind diese Verände rungen scherzweise von zwei friiheren Mitschülern des jungen Mannes vorgenommen worden als er ab gegangen war, in der Meinung, daß das Zeugnis doch nicht mehr verwendet werden würde. Auch der Vater hat gewußt, daß das Zeugnis gefälscht war. Das Gericht hat das Zeugnis als eine öffentliche Urkunde angesehen und festgestellt, daß Vater und Sohn in Kenntnis von der Fälschung davon zum Zwecke der Täuschung Gebrauch gemacht haben. — Auf die Revision der Angeklagten hob das Reichsgericht das Urteil auf und sprach beide An geklagten frei. Es wurde angenommen, daß das Zeugnis zwar eine öffentliche Urkunde sei, daß aber die Angeklagten durch ihre Handlung nicht ein kon kretes Recht des Staates oder sonst einer öffentlichen Persönlichkeit verletzt, auch nicht ein besonderes kon kretes Recht vorgespiegelt haben. Cie hätten ledig lich eine günstigere Stimmung für H. jun. Hervor rufen wollen. Darin könne man wohl eine Hand lungsweise im Sinne des 8 363 zum Zwecke des besse ren Fortkommens erblicken. Königlich«« Landgericht. ; Leipzig, 1. März. Herausforderung zum Zweikampf. Wegen Ver gehens gegen den 8 201 des Reichsstrafgesetzbuches batte sich der Realschuloberlehrer Professor Dr. Arno Kramer vor der dritten Strafkammer des Land gerichts zu verantworten. Am 30. Dezember 1908 hat er den Zahnarzt Dr. Claus Liebert wegen Be leidigung zum Zweikampf auf Säbel ohne Binden und Bandagen gefordert, die Forderung ist aber von seinem Gegner abgelehnt worden. Vor Eintritt in die Verhandlung beantragte der Vertreter der Staatsanwaltschaft Assessor Dr. Strohal, die Oeffent- lichkeit während der Dauer der Sitzung auszu schließen. der Angeklagte sei von Dr. Lrebert in seiner Offiziersehre angegriffen worden, und er, der Vertreter der Anklagebehörde, besorge bei öffent licher Verhandlung eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung. Professor Dr. Kramer schloß sich diesem Anträge an, das Gericht lehnte nach viertelstündiger Verhandlung den Antrag indessen ab. Die Ver anlassung zu der Herausforderung ist ein Renkontre zwischen Professor Kramer und Dr. Liebert, das im Juli 1907 in der Petersstraße stattgefunden hat. Dr. Liebert hatte den Professor Kramer gegrüßt, der letztere nahm von dem Gruße keine Notiz und nun stellte ihn Dr. Liebert zur Rede, wobei er sich schwer beleidigender Wendungen bediente. Professor Kramer erwiderte, daß er auf der Straße nicht für Dr. Liebert zu sprechen sei, und ging weiter. Dr. Liebert hat darauf an den Bezirkskommandeur ein Schreiben gerichtet, das Beleidigungen enthielt. Professor Kramer klagte gegen Dr. Liebert wegen Beleidigung, nachdem der Bezirkskommandeur und das Ehrengericht ihn dazu aufgefordert hatten. Vom Schöffengerichte wurde Dr. Liebert zu einer Geld strafe von 300 ./6 verurteilt. Die „Leipziger Volks zeitung" begleitete ihren Bericht über diese Verhand lung mit einigen Bemerkungen, die den Professor Kramer veranlaßten, den verantwortlichen Redakteur Müller auf Pistolen zu fordern. Natürlich lehnte Müller ab und Professor Kramer wurde vom Land gericht im vergangenen Sommer zu zwei Tagen Festungshaft verurteilt, die im Gnadenwege in erne Geldstrafe von 20 umgewandelt worden ist. Wegen der an Dr. Liebert gerichteten Herausforderung wurde Professor Kramer heute zu der geringsten zu lässigen Strafe, zu einem Tage Festungshaft, verurteilt. Gras Pfeil vor dem Kriegsgericht. (Forts.) Zn der weiteren Sitzung wurde eine Frau Krahl aus Berlin vernommen, die 1903 bis 1904 Kindermädchen in der gräflichen Familie war. Sie hat am Tage ihres Dienstaustrittes etwa eine halbe Stunde vor Abgang ihres Zuges dem Angeklagten Graf Pfeil eine eidesstattliche Versicherung ausstellen müssen, in der es unter anderem heißt: „Frau Gräfin kam nicht viel ins Kinderzimmer. Auf dem Kirchhof bei der Beerdigung des kleinen Dalerian weinte das Kinder mädchen Keebe um das Kind und sagte, mir ist die Sache näher gegangen wie der Frau Gräfin." — Die Zeugin gibt heute an, daß diese eidesstattliche Ver sicherung nicht richtig sei, da die Kinder nur ge züchtigt worden seien, wenn sie es verdient hätten. Sie habe nicht gewußt, daß der Graf damals eine eidesstattliche Versicherung von ihr forderte, sie habe vielmehr gedacht, es sei ein „privates Papier", das sie dem Grafen geben mußte. Sie habe auch nie gewußt, welchen Zwecken es dienen sollte. Der Bursche Zensen habe im gräflichen Hause unum schränkt geherrscht, und alles habe sich ihm gefügt. Auf ihre, der Zeugin Frage, weshalb Zensen vor allem gegen die Gräfin so eingenommen sei, habe dieser erklärt, nur so könne er seine Macht im Hause ausrechterhalten. Eines Tages sei der Zensen ganz freudig erregt in die Küche gekommen und habe gesagt, jetzt habe er seine Genugtuung, die Gräfin habe eine Ohrfeige bekommen. — In Zauer sei es Stadtgespräch gewesen, daß der Graf die Gräfin miß handelt habe und daß er eines Tages ihre Haare um seine Hand gewickelt, sie durchs Zimmer geschleift und geschlagen habe. Als sie schließlich davon gegangen sei, habe der Bursche Zensen höhnisch ge rufen: Ha, das Vöglein ist ausgeflogen! — Es wird festgestellt daß die Zeugin infolge Krank heit und Not geistig und körperlich dermaßen gelitten hat, daß damit ihre nur ganz primi tiven Aussagen einigermaßen erklärt erscheinen. — Auf eine Anzahl weiterer Zeugen, die der Angeklagte zu seiner Entlastung hatte laden lassen, wird ver zichtet. — Die folgende Zeugin Frau Krankenhaus inspektor Adolfs (Berlin) war 1899—1900 Köchin im gräflichen Hause in Hagenau. Zu Beginn ihres Dienstes befand sich Graf Pfeil im Sanatorium Weißer Hirsch bet Dresden. Bald danach sei der kleine Stanislaus geboren. Es sei zu Streitigkeiten zwischen den Eheleuten gekommen. Die Frau Ge heime Hofbaurat Heim, die Mutter der Gräfin, die zur Pflege des Kindes nach Hagenau gekommen war, sei zwei oder drei Tage nach der Entbindung zu ihr ,n die Küche gestürzt mit dem Rufe: Ach, helfen Sie mir doch, er bringt sich um. Hinter der Frau Ge heimrat sei Graf Pfeil gekommen, habe sie an dem Arm gepackt uno gerufen: Hinaus! Das Mädchen steht in meinen Diensten. Der Graf habe aber die Frau Geheimrat hinausgedrängt. Auf ihren Wunsch habe sie, die Zeugin, die Frau Geheimrat nach oben begleitet, im Fremdenzimmer eingeschloffen und den SchlMel zur Tür eingesteckt. — Der Sachverständige bn. Svornberger lPosen) fragt die Zeugin, ob wohl bei der Affäre mit der Frau Geheimrat Heim auch ein Revolver oder eine Pistole eine Rolle gespielt habe. — Die Zeugin weiß das nicht, dagegen erinnert sie sich, den Vorfall mit er lebt zu haben, den der Zeuge Kaselitz bekundete und bei welchem der Graf nach seinem Degen verlangte und die Gräfin lchrseigtc. In ihrer eidesstattlichen Versicherung an Grägcr heißt es dann noch, daß die Gräfin einmal kurz vor einem Kasinoball vor ihrem Mann in die oberen Räume geflüchtet sei. Bon anderen Leuten fei ihr mitgeteilt worden, daß der Graf die Gräfin furchtbar geschlagen habe. — Auch diese Zeugin wird vereidigt: der Vorsitz, nde bemerkt ihr, daß es ihm ein besonderes Vergnügen gewesen sei. — Das Kindermädchen Keebe, daß die Kinder Stanislaus und Hella und später auch den kleinen Valerian pflegte, bekundet ebenfalls, das die Gräfin Pfeil eine sorgsame und liebevolle Mutter ge wesen sei. 8. Zittau, 1. März. Beleidigende Erabsteininschrist. Ein eigenartiger Beleidiaunasprozcß zwischen geschiedenen Ehegatten beschäftigte das Schöffengericht zu Groß- --- Erfurt, 1. März. Beleidigung des Bürgermeisters. Die hiesige Strafkammer verurteilte den Kaufmann Mößgen wegen Beleidigung des Oberbürger meisters Trenkmann in Mühlhausen i. Thür, zu 4 M o n a t e n E ef ä n gn i s. * Wien, 1. März. (Drahtnachricht.) Verworfene Nichtigkeitsbeschwerde. Der öster reichische Staatsangehörige Hammerschmidt hatte in einem Walde bei Plauen eine Witwe er schlagen und beraubt und wurde in Weinberge bei Prag verhaftet und als österreichischer Staats- angehörrger vor das Prager Schwurgericht gestellt, von dem er wegen Raubmordes zum Tode durch den Strang verurteilt wurde. Die Nichtig keitsbeschwerde des Angeklagten, die sich darauf stützte, daß die Klage auf Totschlag gestellt worden sei — er behauptete, die Frau in einem Streit er schlagen zu haben — wurde vom Kassationshof verworfen. 2 mal täglich! 2 mal täglich! Bezugspreis - wie bisher Sv Pf. monatlich frei Haus (abgelM 75 Pf.) 2 mal täglich! 2 mal täglich! - -i- Annahme von Inseraten und Abonnements für das Leipziger Tageblatt in unserer Geschäftsstelle Arrgustrrsplatz 8 (Ecke Johannis gasse) sowie in nachfolgenden Filialen: a. Innere Staüt: Bayersche Straße 4» . Beethovenstraße 21 . . Blücherstraße 45 . . . Brühl 47 Frankfurter Straße 31 Gerberstraße 8. . . . Katharinenstraße 14 . Löhrstraße 15 ... . Nürnberger Straße 40 Ranstädter Steinweg 5 Ritterstraße 4 . . . Schützenstraße 5 . . Südplatz 7 . . . . Windmuhlenstr. 1—5 Zeitzer Straße 35 . Herr Neumeister Nochf. - Th. Peter. - Alfred König. - E. Badstübner. - Friedrich Sennewald. - H. L. Kröger Nachf. - Louis Lösche. - Ed. Hetzer. - Emil Meißner. - Georg Petzold. - Linkesche Buchhdfg. - 2ul. Schämigen. - E. F. Rüdiger. - Lours Lösche. - Volkm. Küster. Anger-Crottendorf Böhlitz-Ehrenberg Connewitz . . . Dölitz Eutritzsch . . . . Gautzsch . . . . Gohlis Leutzsch Lindenau . . . . Lößnig Lützschena. . . . Mockau Möckern . . , Nenreudnitz . . . Neuschänefeld . . Neustadt . . . . Oetzsch Paunsdorf . . . Plagwitz . . . . Probstheida . . . Reudnitz . . . . Schleußig. . Schönefeld . Sellerhausen. Stötteritz . . Stünz . . . Thonberg. . Volkmarsdorf s Wahren . . k. Vororte: Herr E. Bayers Nachf., Inh. L. Mendel, Zweinaundorfer Straße 21. - Rcinh. Becher, Zig.-Hdlg. Leipziger Str. 53. Frau Fischer, Hermannstraße 23. - Trettner. - M. Gläubig, Theresienstraße 15, I. Herr I. Wolf, Oetzscher Straße 157. - Paul Schmidt, Lüderstraße 4. - Herm. Renner, Lindenthaler Str. 6. - Alb. Lindner, Lindenau, Albertinerstr. 51. - Alb. Lindner, Albertinerstraße 51. Frau Fischer, Connewitz. Hermannstraße 23. Herr Gustav Schatz, Haifische Straße 57. Frau Abmeyer, Berthastraße 10. Herr Paul Schmidt, Gohlis, Lüderstraße 8. - Alfred Liste, Ostplatz 4. - Paul Kuck, Neustadt, Eiscnbahnstraße 1.F - Paul Kuck, Eiscnbahnstraße 1. - Carl Scheffel. Oststraße 10. - W. Klette, Scller!)., Bolksgartenstr. 8, pt. - Alb. Möbius. Zschochersche Straße 23. - Neinh. Sachse, Hauptstraße. - Görnitz, Rerchsdrogerie, Ranftsche Gaffe 7. - Wilhelm Fugmann, Marschallstraßc 1. - Otto Schmidt, Kohlgartenstraße 67. - Alfred Elfte, Ostplatz 4. - Benno Michel, Könneritzstr. 54, alte Nr. 56. Frau Abmeyer, Mockau, Berthastraße 10. Herr W. Klette, Volksgartenstraße 8. - Hermann Lange, Reitzenhainer Str. 68. - W. Klette, Sellerh., Bolksgartenstr. 8. - Hermann Lange, Reitzenhainer Str. 68. - Paul Kuck, Neustadt, Eisenbahnstraße 1. - Georg Niemann, Lonradstraße 55. » Paul Schmidt, Gohlis, Lüderstraß<8. schön au. Der Fabrikweber Otto Reinisch wurde vor einigen Jahren von seiner Ehefrau gerichtlich ge- chieden. Aus der geschiedenen Ehe stammte ein Kind, >as jetzt im siebenten Lebensjahre starb. Die Mutter ieß ihrem Kinde einen Grabstein setzen, der die In- chrift trug: „Das treue Daterherz, das du so sehn suchtsvollgesucht aufErden, soll dir im Himmel beschicken werden." — Durch diese Inschrift fühlte sich der geschiedene Ehe mann und Vater des verstorbenen Kindes beleidigt. Er wie auch andere Ortsbewohner waren der Mei nung, daß die geschiedene Frau nur einen Racheakt gegen den Vater ihres Kindes beabsichtigt habe. Die Mutter bestritt, daß sie durch die Inschrift ihren frühe ren Mann habe beleidigen oder kränken wollen; sie habe mit den Worten „Vaterherz" den „hi mm- rischen Vater" gemeint. Das Gericht war indessen anderer Ansicht und erblickte tatsächlich in der Grab inschrift eine Beleidigung. Es wurde gegen die Frau auf eine Geldstrafe von 20 sowie auf Be- seitigungdesGrabsteins erkannt. a- Görlitz, 1. März. (Privattelegr.) Der Einsturz der Görlitzer Stadthall«. (Schluß.) Der Prozeß gegen den Architekten Karl Naumann- Stuttgart und gegen den Zivilingenieur Hermann Martini-Dresden wurde heute nach sechstägiger Dauer zu Ende geführt. — Staatsanwalt Hocber beantragte nach längeren Ausführungen, den An geklagten Martini zu sechs Monaten Gefängnis zu verurteilen, den Angeklagten Naumann freizu sprechen. — Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Hesse plädierte für die Freisprechung des Angeklagten Martini, die Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Wert hauer-Berlin und Dr. Levy-Görlitz für die Frei sprechung beider Angeklagten. — Nach längerer Be ratung fällte das Gericht folgendes Urteil: Der Angeklagte Martini wurde wegen Vergehen gegen die 88 2N und 230 StGB, zu drei Mo naten Gefängnis verurteilt, der Angeklagte Naumann wird freigesprochen. Die Kosten des Verfahrens fallen, soweit eine Verurteilung nicht erfolgte, der Staatskaffe zur Last. Tageschnmik. Vernehmung üer /rau üokrichier. Die „B. Z. am Mittag" meldet unterm 1. März aus Wien: Gestern mittag wurde die Gattin des Oberleutnants Hofrichter, der unter der Be schuldigung des Giftmordes steht, vom Garnison gericht in Angelegenheit ihres Gatten ver nommen. Die Eerichtskommrssion war in die Wohnung der Frau Hofrichter gekommen, da man ihr mit Rücksicht auf ihren leidenden Zu stand den Weg ins Earnisongericht ersparen wollte. Die Vernehmung dauerte mehr als zwei Stunden. Frau Hofrichter gab der Unter suchungskommission gegenüber dieselben Erklärungen ab, die sie seinerzeit den Wiener Blättern zur Veröffent lichung übergeben hatte. Ihre Angaben suchen die Hofrichter schwer belastenden Indizien auf ganz harmlose Weise zu erklären. Sre gab an, daß für ihren Mann jedes Motiv zur Tat fehle, da er ihres Wissens sich dagegen gesträubt habe, nach seiner Versetzung zur Truppe nochmals in den Ge neralstab zu kommen. Hofrichtcr sei am 14. November von Linz nach Wien gereist, um seine Gattin, die bei ihrer Mutter weilte, zu besuchen. Der Besuch sei auf ausdrücklichen Wunsch der Gattin erfolgt. Hof richter sei schon um ' >7 Uhr morgens in der Wohnung seinerFrau im 9.Bezirk angekommen. Die früheAnkunft schließe es vollständig aus, daß er Zeit gehabt hätte, die Briefe mit den Eiftpillen auszugebcn, da er sonst den Stadtbahnzug versäumt hätte. Frau Hof richter suchte auch die Auffindung der kleinen Schächtelchen, die genau denen glichen, worin die Eiftpillen an die zehn Generalstäbler versandt wurden, zu erklären. Ihr Mann habe ihr versprochen, ihr ein Necessaire herzustellen. Er habe einige Tage damit verbracht, dieses Necessaire zu fabrizieren. Als ihm dies nicht gelang, habe er einige der kleinen Schachteln weggeworfen. Die übrigen seien dann von der Gerichtskommission in der Linzer Wohnung Hof richters gefunden worden. Kamps eines Offiziers mit Wilderern. Aus Diedenhofcn meldet uns ein Prioattelegramm: Auf dem Jagdgebiete des Dorfes Büdingen hatte Oberleutnant Freiherr v. Waldenfels des 4. bayrischen Infanterie-Regiments zu Metz einen Zusammenstoß mit Wilderern. Einer von ihnen gab auf den Offizier einen Schuß ab, ohne zu treffen. Der Oberleutnant erwiderte den Schuß und ver letzte den Wilderer schwer, aber nicht lebens gefährlich. Die Lage der Wunde gibt zu erkennen, daß der Getroffene den Schuß in dem Augenblick er hielt, als er im Anschlag lag. Mord. Aus Görlitz meldet ein Telegramm: Gestern früh wurden in der Nähe der städtischen Badeanstalt Blutspurcn von einer rm Wasser liegen den Leiche entdeckt. 2m Beisein der eingetroffenen Gerichtskommission wurde die Leiche einer weib lichen, etwa 20—30 Jahre alten Person aus dem Wasser gelandet. Die Leiche wies einen Schnitt auf, der vom linken Ohr bis zum Hals reichte. Die Identität der Leiche tonnte noch nicht festgestellt werden. Es liegt Mord vor. Ein rabiater Student. Aus Darmstadt wird telegraphiert: Der 28jährige Student der Pharmazie Friedrich Wilhelm Schmidt hatte am 6. Juli 1909 in einer hiesigen Wein wirtschaft ohne Grund einen Wortwechsel provoziert, dabei das Messer gezogen und verschiedene Personen verletzt. Er wurde vom Schöffengericht zu drei Monaten Gefängnis verurteilt, auf seine Berufung erhöhte die Strafkammer die Strafe auf fünf Monate Gefängnis. Eine Schauspielerin in der Nartosc gestorben. Wie ein Telegramm aus Wien meldet, ist dort gestern nachmittag die bekannte Schauspielerin Blaha gestorben. Die Künstlerin sollte sich einer Operation unterziehen, ist aber aus der Narkose nicht mcbr erwacht. Vermißter Tourist. Aus Innsbruck meldet eine Depesche: Der Jurist Diedrich Bachmeister, Sohn eines Landgerichtsrats in Hamburg, wird seit dem 22. Februar in Tirol vermißt. Folgenschwere Dampferkollifion. Aus Kopen hagen wird telegraphiert: Gestern abend ereignete sich auf der hiesigen Reede dicht bei der Einfahrt zum Hafen zwischen dem ausfahrenden schwedischen Dampfer „Malmö", mit Passagieren und Ladung nach Lübeck abgehend, und dem ankommenden deut schen Dampfer „Merkur" aus Bremen ein hef tiger Zusammenstoß. Beide Schiffe liefen mit voller Kraft. Der „Merkur" rannte den schwedischen Dampfer in die Steuerbordseite und brachte ihin ein großes Leck unter der Wasserlinie bei. Auch der „Merkur" wurde schwer beschädigt. Riga — cholerafrei. Der „Reichsanzeiger" schreibt: Nachdem die Stadt Riga für cholerafrei erklärt ist, wird die Anordnung, nach der die aus dem Hafen von Riga nach einem deutschen Hafen kommenden Schiffe und ihre Insassen bis auf weiteres ärzt lich zu untersuchen sind, aufgehoben. Ein Diamantenland. Nach einer Meldung des „Daily Telegraph" aus New Port hat sich dort eine kleine Gesellschaft gebildet zur Errichtung einer Anlage zur Gewinnung von Diamanten bei Mur- freesboro (Arkansas), wo sich die Unternehmer 100 Acres diamantenhaltiges Festland sicherten. Innerhalb von drei Jahren wurden in diesem Ge biet 700 Diamanten von 1 bis kN, Karat gefunden. lleberschwemmungcn in Amerika. Aus New Pork wird telegraphiert: Nach hierher gelangten Meldungen haben Ueberschwe mm ungen, die in folge der Schneeschmelze und starker Regengüsse ein traten, in den letzten Tagen mehrere Orte in Ohio verwüstet. Der Verlust von mehreren Personen soll zu beklagen sein. Mehrere Hundert sind ohne Obdach. Viele Fabriken beabsichtigen die Arbeit einzustellen. Auch in dem nördlichen Teile des Staates New Bork sind infolge des Steigens des Hudsonflusses Ueberschwemmungen cingetrcten. * Wie man widerspenstige Ehausfeur« bändigt. Die Pariser führen bittere Klagen über die Un liebenswürdigkeit der Automobilkütschcr, die ihre Fahrgäste mit einer etwas allzu selbstbewußten Selbst Herrlichkeit tyrannisieren. Oft werden Fahrten in ab gelegenere Quartiere kurz und grob abgelehnt: der Bürger mag sehen, wie er hinkommt. Ein wirksames Abwehrmittcl gegen diesen Notstand, über den nicht nur französische Großstädte zu klagen haben, ver rät der „Figaro" seinen Lesern. Es war noch zur Zeit der Alleinherrschaft der Pferdedroschken, als die Not Mr. de Billemefsant, den Begründer des „Figaro" erfinderisch machte. Er wohnte damals in Äuteuil, und wenn er um Mitternacht das Theater verließ, mußte er es oft erleben, daß widerspenstige Rosiclenker durch keine Drohungen und durch kern Flehen zur Fahrt nach dem damals noch abgelegenen Vorort zu bewegen vermocht wurden. Da entschloß er sich zu einer anderen Taktik. Fortan trat er rasch auf den Kutscher zu, und mit kurzem, bcfehlshaberischem Tone gebot er: ,^Zum Polizeirevier Auteuil, aber etwas lebhaft!" Der Kutscher ahnte einen hohen Polizei beamten, und ohne Widerrede setzte er eilig sein Roß in Trab. Erstaunt sah er dann, wie sein Fahr gast am Polizeirevier vcrbciging und gemächlich zu Fuß nach Hause schlenderte: aber Herr von Villc- meffant kam so wenigstens glücklich nach Auteuil. . .
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