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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.01.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-01-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191001276
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19100127
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19100127
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-01
- Tag 1910-01-27
-
Monat
1910-01
-
Jahr
1910
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Rr. 26. 164. Jahrg. Leiv;iqer Tageblatt. Weise verteilt erhoben werde», während bisher nur Abgaben an den Schleusen erhoben worden seien, was besonder- die Anwohner des OberlauieS der Ströme und insbesondere der deutschen Miiteltänder betroffen hätte. Sodann aber plane Bayer» eine Kanalisierung des Main« di» Bamberg. Der Antrag Preußens sei äußerst weil- sichtig und von größter tultureller Bedeutung sür das deutsche Ge meinwohl. Er bedeute einen starten Schutz gegen den Partiku- lariSmuS. Die wirtsckastliche Bedeutung der Vorlage sür Meiningen mag richt g fern; in bezug aus deren rechlliche Würdigung aber befindet sich Minister ron Zille «ehr im Irrium, wie im sächsischen Randlage wieder holt festgestelll wordeu ist. Das übevschrveimnte Lares. Die furchtbare Hochwasserkatasrrophc, die über die französische Hauptstadt hcreingcbrocheu ist, bat noch nicht an Gewalt verloren, Fm Gegenteil: eS wird heute gemeldet, daß die Situation — auch in der Provinz — sich immer bedenklicher gestaltet, folgende neueste De peschen berichten über das Unglück: Die Lage wird imrner bedrohlicher. Die Situation hat sich über Nacht noch kritischer gestaltet. Die Seine ist fortwährend im Steigen begrisse» und h a t neue Stadtteile sowie eine weitere Anzahl von Straßen überschwemmt. Ununterbrochen lausen von allen Seiten Hiobsposte » ein. Das Hydrometrische Institut und die Meteorologische Anstalt geben ein Bulletin aus, das besagt, daß heute der kritische Tag für Paris sei. Das Steigen der Seine werde in der Nachtvon Mittwoch ,u Donnerstag seinen Höhepunkt erreichen. Man glaubt, daß die Seine diesmal den Wusjerstand vom Jahre IE nicht nur erreichen, sondern noch um 25 Zentimeter übersteigen werde. -- Die Depntiertcukammer und die deutsche Botschaft haben bis gestern abend nahezu 2s/2 Meter Gasser in den Keller» gehabt. Es ist bisher nicht gelungen, das Wasser anszupumpcn. Die Kammer jetzt bei Gas und Petroleum die Budgetdebatte fort. Die deutsche Botschaft hofft, den Empfang anläßlich des Kaisers Geburtstag doch abhaltea zu können. LLertere Hnovsposteo. Paris, 26. Januar. (Telegramm.) Angesichts der kritischen Lage besteht im Ministerium des Innern ein permanenter Ueber- w a a> u n g s d i e n st, desgleichen in der Polizeipräseklur^ um bei der geringsten Gefahr die notwendigen Maßnahmen zu vertilgen. Tele gramme, welche in letzter Stunde eingelroijen sind, kündige» ein Steigen der Seine um 16 Zentimeter und bei Mclon ein Steigen der Marne um ist Zentimeter au. Am meisten in M l t l e i d e n l ch a s t gezogen ist die Automobilindustric, die ihre Werkstätten an den llicrii oer Seine hat. Außer dem teilweisen Fehlen von Gas und elektrischem Licht rroht nunmehr auch ein Mangel an Petroleum. Tie PctrvleumüepotS stehen unter Wasser und können nicht geschützt werden. Die Zusuhr von Petroleum auf dem Wasserwege ist unmög lich. Man will versuchen, Petroleum aus dem Landwege zu befördern. Ter italienische Lautenmrnisler Nudln» hat dem französischen Bauten- minisler Millerand in einem Telegramm das Mitgefühl Jtniicns ausgesprochen. Tic Zeitungen nennen das Hochwasser ein nationales Unglück, dosten Folgen aozuschätzen noch unmöglich sei, das aber an Ausdehnung alles feit zwei oder drei Menschenaltern Tagewejene weit überliesse. Tres sieht w»e eine grobe llebertrcibung aus, wenn man in die Gesichter der Schaulustigen blickt, die dem tollen Treiben des Flusses zusehen. Man gewahrt nichts als lachende, heilere Mienen, nichts als Scherze und faule Witze. Die kleinen Midinetten und die jungen Handiungs- veflissenen schwänzen massenhaft das Geschäft, um das Wachsen der Seine zu beobachten. Mütter führen ihre Kinder spazieren, um ihnen cur Schauspiel zu zeigen, das sie vielleicht nie wieder sehen werden, und . eben eleganten Damen und vornehm aussehenden Herren im korrekten Zylinder und tadellosen Pelzmantel gewahrt man unzählige zerlumpte Gestalten, die oaö Betteln, Stehlen und Zigarrenstummelsammeln über dem interessanten Schauspiel vergessen zu haben scheinen. Wie aus den mehr oder weniger überschwemmten Kanalisationsröhren ganze Heere von Ratten heroorgestürzt sind und sich ins trockene geflüchtet haben, io machen auch die Apachen scharenweise mobil, um als Leichenfledderer und Häuferplünderer Geschäfte zu machen. Rudelweise treten sie in den entlegeneren Stadt teilen, vor allem aber in der völlig unter Wasser stehenden Bannmeile auf. so daß die Polizei zu ihrer Vertreibung nicht mehr genügt, und gestern mußte 'vgar Kavallerie requiriert werden, die regelrechte Attacken gegen sie aussuhrte. Auch ihnen gegenüber denkt man nicht an eine gründliche Unschädlichmachung, sondern nur an momentane Vertreibung. Lcdaeesall. Paris, 26. Januar. (Telegramm.) Nach kalter Nacht begann es beute früh um 6^/2 Uhr zu schneien. Am Vormittag fiel der Schnee in dichten Flocken, blieb aber nicht lange liegen. TaS Wasser steigt immer noch und richtet im 12. und 13. Aroudissemcnt sowie aus dem Place Maubcrt am Pont Neus, aus der Place de la Concorde und in Passy großen Schaden an. Ter Jnvalidenbahnhos ist überschwemmt, ebenso ->ic Strecke der Untergrundbahn unter der Place de la Concorde. Nach tiuer Mitteilung der Orlvans-Eisenbahngesellichaft ist der Betrieb in- 'vlsic des Hochwassers vollständig eingestellt worden. Aus der Provinz lluicu immer weitere Hiobsposten ein. In Macon mußte die Be- vilternng vor dem Hochwasser der Saone die Häuser räumen. Die Um gebung von La Bresse ist von jedem Verkehr abgeschnitten. In Pcrdun stürzten 11 Häuser ein: rn Meaux find mehrere Straßen und die Husarcnkaserne überflutet worden. Bei St. Just durchbrach der Kanal von Troyes den Damm. Nähere Nachrichten fehlen. Mehrere Familien von Gutspächtern wurden von den fluten überrascht. In Eharenton hält das Steigen der Marne an. 4ÜÜV Per sonen müssen noch ihre Wohnungen räumen. In Lille herrschen hef- Ugc Stürme. Im Arrondissement Hazebrouck sind Kanäle uns -tüsie über ihre Ufer getreten. Im Norden vom Pas de Calais ist jeder Verkehr unterbrochen. In Souvigny sur Orge nimmt aas Hochwasser noch immer in beunruhigendem Maße zu. Das Elend ist groß. Aller Handel and Wandel stockt. In Sterzay ist die Lage lehr ernst. In Co ns la ns sind vierzehn Häuser etngestürzt. Aus Bordeaux wird das Anwachsen der Flüsse Gers, Choren: und A d 0 u r gemeldet. In Derdogne hat der Sturm mehrere Dächer abgehoben. Dammbruch de- -kbone«Marne«< anal- Paris, 2K. Januar. sTelegramm.) Ans Epernay kommt die Meldung, daß der Rhone-Marne-Kanal bei Saint Jnot in der Nähe von Speraah infolge de» Hochwassers seinen Damm durchbrochen »nd do- Land weit überschwemmt ha». Tie Bewohner der Umgegend befinden sich in großer Ausregung und b e. fürchten eine Sntnstrophe. Die Lage ist äußerst ernst. Der Unterpräsekt von Epernay hat sich sofort an die Unglücks- stelle bcgeben, »« Unordnungen znr Verhütung größeren Unheils zu treffen. Urberall Unwetter. Luch us der Schweiz, »ui den Alpenländern, au- England, Ruß- land, Amcrika. kommen neue Meldungen über Wasserkatastrophcn. Wir erhalten folgende Telegramme: Hochwasser, Schneefall, Lawine» i» der Schwei; und in de» -iterreichitchen Aipentüinder». Genf, 26 Januar. sTelegramm.) Die Schweiz hatte weiter unter Ueberschwemmung und Lawinen zn leiden. Der Eisenbahn- vrrkehr ist gestört. Mehrere Seen sind in» Steige» begriffen. Infolge des hohen Wafserftande- fnnktioniere» die Schleuseuanlage» nicht »ehr. Mn» befürchtet etne Sntnstrn-He. Wien, 26. Januar. sTelegramm.) Nach Meldungen aus der Pro vinz Hal der gestrige kolossale Schneefall stellenweise den Bahnverkehr gestört. In den Alpenläudern sind die Ansiedlungen durch La- wincnstürze fortdauernd gefährdet. Der Wien—Nizzaer Expreß- zug erlitt, wie aus Wiener Neustadt gemeldet wird, fünf Stunden Ver spätung, da er im Schnee stecken blieb. Heute hat der Schneefall nach gelassen. Schwere Stürme im Aermclkanal. Loudon, 26. Januar. (Tel.) Wegen der schweren Stürme ist der Schiffsverkehr aus dem Kanal unterbrochen: über 200 Passagiere warten in Dover aus die Neberfahrt, darunter der Herzog von Westminster und der Erzbischof Canterbury. Aus hoher Lee, 70 Kilometer von Flambvrouah, wurde ein Dampfer gesichtet, der Notsignale abgab. Im Norden sind gewaltige Schncemassen niedergegangen. Zahlreiche Züge bleiben stecken. Furchtbare Kä te tu Petersburg. — Wölfe in der Stadt. Petersburg, 26. Januar. (Tel.) Hier herrscht eine furchtbare Kälte, so daß Wölfe sich, von Hunger getrieben, bis in die Straßen der Stadt wagen, wo sie mit Keule» totgeschlagen werden. Unwetrer in Washington. Paris, 26. Januar. (Tel.) Der „New Porker Herald" meldet aus Washington: Ein Unwetter brach gestern nachmittag über dem Haren aus und zerstörte einen Teil der Kais. Der Schaden, der vor- ) aussichtlich sehr bedeutend ist, ist zurzeit noch nickt zu übersehen. Bäume wurden durch den Sturm entwurzelt. Die im Hafen befind lichen Schiffe sind gefährdet. Es war den fahrplanmäßig aussabrenden Dampfern nicht möglich, den Hafen zu verlassen. Ter Sturm hält noch immer mit großer Stärke an. Dentscber Reich. Leipzig, 27 Januar. * Der König von Sachsen wird am 7. Februar eine Sondcrgesandt- 'chaft des Königs der Belgier zur Notifizierung des Ablebens König Leopolds ll. und der Thronbesteigung des Königs Albert in Audienz empfangen. Die Mission wird bestehen aus Zercmomenmeister a. D. Graf L Assche, Grasen Bonsies und dem Leutnant im 3. Aitillcrieregi- ment Grasen dc Lannoy. * Der Reform der sächsische» Fortbildungsschulen, die in Aussicht steht, wendet das Handwerk und Gewerbe die größte Aufmerksamkeit zu. Dies kommt in den Beratungen und den Lchrislen der gesetzlich eingerichteten und freiwilligen Organisationen dieser Bevvlkerungs- kreise^ fortgesetzt zum Ausdruck. Unter anderem hat sich neuerdings der Sächsische Jnnungsverband mit der Angelegenheit befaßt und ins besondere zu der Frage „Mersterlehre oder Lehrwerkstatt nach Münch ner Muster" Stellung genommen. Die Beratungen haben zur ein stimmigen Ablehnung der von Theoretikern warm empfohlenen Ein führung der Lehrwerkstätten auch in Sachsen geführt. Tie im Jahr buche des Jnnungsverbandcs enthaltene diesbezügliche Resolution spricht sich zunächst dahin aus, daß die Meisterlehre nach wie vor die geeignetste Stätte zur praktischen Ausbildung der Handwerkslehrlinge ist, und fährt danach fort: „Die Erziehung des Handwerkslehrlings aus dem praktischen Gebiete muß dem Meister in der Werkstatt oder auf dem Werkplatze Vorbehalten bleiben. Die Lehrwerkstatt ist nicht geeignet, die Mcisterlehre zu ersetzen, weil dem Lehrlinge die Vorgänge im praktischen Betriebe des Meisters und deren Er lernung zu seiner Erziehung zum Gesellen unbedingt notwendig sind. Auf dem Gebiete der Theorie soll die von Fachmännern geleitete Fach schule die Meisterlehre ergänzen. Bei Festsetzung der Unterrichtszeit ist Rücklicht aus die Verhältnisse im Gewerbe zu nehmen und die Zeit der praktischen Ausbildung der Lehrlinge so wenig als möglich ->u be- schränken. In der Begründung der Entschließung, die zur Kenntnis der Negierung sowie der Gewerbekammern gebracht worden ist, heißt es u. a., daß die Fortbildungsschule aus dem richtig»» Wege geht, wenn sie sich aus den Standpunkt stellt, daS in der Werkstatt Gelernte zu veredeln, zu vertiefen, bzw. künstlerisch zu gestalten und den Blick der Schüler für das praktische Leben zu erweitern. Auch der letzte sächsische Gemeindetag ncicste nach einem Referate des Stadtschulrates Dr. Lyon- Dresden dieser Meinung zu. * * Zum Geburtstag SeS Kaisers ist ferner in Berlin am Mittwoch um 5 Uhr nackmiuags aus vcm Anhalter Bihnbos der König von Täcksen mit Ge olge cinaetrosfen. Der Kaffer empfing den König am Bahnhof unv geleitete ibn im Automobil, das die kaiserliche unv die königlich fächsiiche Standarte führte, nach rem Schloß, wo der König in den polnischen Kammern Wohnung nahm. Aus rem Bahnsteig waren auch der sächsische Gesandte unv der Gouverneur von Berlin, General von Kessel, anwesend. * Zum Befinden des Reichstagspräsidcntcn. Nachdem der Zustand des erkrankten Rcichstagspräsidenten in den letzten Tagen sich wieder verschlimmert halte, ist seit Dienstag eine Besserung eingetreten. Immerhin dürsten noch mindestens 14 Tage vergehen, ehe Graf Stol berg daran denken kann, die Präsidialgeschäske voll zu übernehmen. — Auch die Kaiserin ließ sich in den letzten Tagen nach dem Befinden des Erkrankten erkundigen. * Tie vusgrtkommisfion des Reichstages erledigte am Mittwoch das Extraordinarium res ElaiS sür Lüvwestasrika. Im Orvi- narium wurde gemäß den Bauchlagen der Subkommission eine Ver kleinerung des VerwaltungSa pparate S beschlossen durch Streichung von 1 Zahlmeister und 8 Unterzahlmeistem. Im weiteren Teile ihrer Sitzung verhandelte di- Buvgeitonimffsion vertraulich über dn neuen Vertrag d«S FiSkuS mit der Deutschen Koto- nialge'el! schäft. * Deutsche Gelehrte für Finnlands Recht. Gegen die russische Ver- gewalrigungspolitik gegen Finnland veröffentlichen deutsche, öster- rcicküchr und schweizerische Gelehrte einen Protest, der unzweifelhaft starken Widerhall in der Lefsenllichkeir finden und den russischen Macht habern ihr Neckt und Humanität schändendes Verfahren im Urteil oer deutschen Intelligenz zeigen wird. Die Unterzeichner der sehr ent schieden gefaßten Erklärung sprechen u. a. folgendes aus: 1) Nach fast einmütigem Urteil der angesehensten Rechtsgelehrten aller Kulturvölker erkannte Kaiser Alexander I. im Jahre 1809 bei der Vereinigung Finnlands mit Rußland Finnland die Stellung eines vom russischen Staat sich unterscheidenden Staates zu. Tie Zer störung oder auch nur Beeinträchtigung dieser politischen Selbständig keit Finnlands würde einen Bruch feierlich gegebener Ver sickerungen und die Aufhebung der durch mehrere Menschen alter als unantastbar anerkannten Rechtsordnung bedeuten. 2> Wir würden den bei dem Verlust der politischen Selbständigkeit unvermeidlichen Zusammenbruch der eigentüm lich f i n n l ä n d i s ch e n Kultur tief beklagen, da diese unter harten Mühen und aus eigener Kraft errungene Kultur ein sehr schätzbares Glied des gesamten modernen Kulturlebens bildet. 3s Wir können nicht denken, daß die russische Gesellschaft und daß namentlich die gesetzlichen Vertreter deS russi schen Vorkes den inneren Aufbau des politischen Lebens ihres Vaterlandes damit beginnen werden, daß sie zu einem offenkun- di gen Nerfassungsbruch und damit zugleich znr politischen und geistigen Vernichtung eines tüchtigen und stets loyalen Volkes ihre Hand bieten. Diese Kundgebung ist unterzeichnet von Männern der Wissenschaft in Verlin, München, Heidelberg, Göttingen, Jena, Breslau, Würzburg, Freiburg i. B., Weimar. Wien, Graz und Genf. ÄuS Leipzi g finden sich unter den Unterzeichnern folgende Nomen: Prof. Dr. Ludwig Beer, Pros. Dr. Karl Binding, Pros. Dr. Carl Chun, Prof. Dr. Max Klinger, Prost Dr. Lamprecht, Prof. Dr. Auaust Leskien, Prof. Dr. Otto Mayer, Pros. Dr. Mar Reger, Prof. Dr. Eduard SicverS, Prof. Dr. Rudolph S 0 b m, Prof. Dr. Johannes V 01kelt, Pros. Dr. Wach, Prof. Dr. D. W u n d t. * Zn den deutsch-amerikanischen Handelsbeziehungen. Nach einer Wastnngtoner Meldung neigt das amerikanische Staatsdepartement jetzt bei den handelspolitischen Verhandlungen mit Deutschland zu einem Kom promiß. Alle Streitigkeiten wegen des auSgeschlachteten Fleisches und der Fleischproduktian, heiß: eS, sind bereits beseitigt, und nur die Ara e wegen der Zulassung lebenden Viehes ist noch zu lösen. Die eine New Yorker Depesche der ,Times" hervorhebt, wird ein Tarifkrieg von d m amerikanischen Volke nicht mit Gleichmut ausgenommen Man empfindet eS als sonderbar, daß die Washingtoner Regierung auf der einen Seite die „Fleischpacker" gerichtlich zu verfolgen drohe, gleichzeitig aber ihre Manipulationen im Inland« durch die Deutschland gegenüber einge- fchlagene Politik erleichtern wolle. Donnerstag, 27. Januar 1SK . * Parlamentarische Nachrichten. Eine mit 7119 Unterschriften be deckte Petition, in der hannoversche Grundbesitzer gegen das geplante Neickskaligesetz protestieren, ist dem Reichslaa zugegangen. — Dem Bundesrat ist der Entwurf eines Gesetzes über die K 0 ntrSilc des Reichs Haus Halts zugegangen. Es handelt sich um Verein sachungen aus dem Gebiete der Nechnungsprüsung. * Der Herzogregent von Braunschweig und seine Gemahlin sind in Bangkok, der Hauptstadt SiamS, eingetroffen. Der Körrig ge denkt zu Ehren seiner Gäste große Festlichkeiten zu veranstalten. * Die Pensiousversicherung der Privatbeamteu und die rheiuisch- westsälijchc Großindustrie. Eine eigentümliche Mitteilung durchläuft die Blätter. Die rheinisch-westfälische Großindustrie soll angeblich gegen die geplante staatliche Versicherung der Privatbeamteu rebellieren und erklären, sie würde die bisherige Weihnachtsgratifikation an ihre Angestellten nicht weiter zahlen, wenn sie zu Beiträgen für die staatliche Versicherung gezwungen sein sollte. Aus diese Weise würden die Privatangestellten dann nach Meinung der genannten Großindustriellen zu alleinigen Kostenträgern der Versiche rung gemacht werden. Man weiß gegenwärtig noch'nicht, wen man sür diese unglaubliche Kundgebung verantwortlich machen soll. Tie Zeitungen, die sie wiedergcben, weisen nickt daraus hin, von wem ihnen diese Zuschrift zugegangen ist. Jedenfalls muß aber betont werden, daß die darin zum Ausdruck kommende Auffassung durchaus nicht die jenige weiter Jndustriekreise ist. In der Anerkennung des Prinzips der staatlichen Pensionsversichcrung sind die führenden Verbände der deutschen Industrie diesmal vollständig einig. Ter Bund der In dustriellen, der Zentralvcrband Deutscher Industrieller und der Deutsche Handclstag haben sich für das Prinzip der staat lichen Pensionsversicherung erklärt. Bemerkenswert ist es besonders, daß der Zentralverband Deutscher Industrieller noch nach den letzten Neichstogsverhandlungen durch die „Deutsche Volkswirt schaftliche Korrespondenz" ausdrücklich und im Sperrdruck darauf Hin weisen ließ, daß er keineswegs zu den Gegnern der staatlichen Pensions versicherung zähle, sondern sich dafür erklärt habe. Wenn die genannte Kundgebung der rheinisch-westfälischen Großindustrie wirklich von dortigen Großindustriellen ansgckien sollte, so würden die genannten Kreise diesmal sogar in Gegnerschaft zum Zentralverband Deutscher Industrieller selbst stehen, zu dem bisher die rheinisch-westfälische Groß industrie gehörte. Da der Zentralverband gerade nach den letzten Neichstagsverhandlungen erneut erklären ließ, daß er sich gegen die Annahme verwahre, als zähle er zu den Gegnern der Penssonsversiche- rung, so darf man wobl auch annebmcn, daß er gegenüber diesen neuen Strömungen in der rheinisch-westfälischen Großindustrie den in seiner Beschlußfassung vom Jahre 1907 eingenommenen Standpunkt für die Pensionsversicherung aufrechterhalten wird. * Der diesjährige Katholikentag wird der „Germania" zufolge vom 21. bis 25. August in Augsburg stattfindcn. » Der Frage der kommunalen Arbeitslosenversicherung in Charlotten- burg ist eine umfangreiche Denkschrift gewidmet, die auf Veranlassung des Magistrats Charlottenburg auSgcarbcitet und jetzt der Ocfsentlichkeit über geben worden ist. Die Angelegenheit hat in Charlottenburg bereits eine längere Vorgerückte, deren Ergebnisse auch für andere städtische Verwal tungen ein gewisses Interesse haben. Durch Beschluß vom 12 Februar 1008 hatte die Stadtverordnetenversammlung den Magistrat ersucht, „in Er wägung zu ziehen, ob sich die Verwendung städtischer Mittel >ür die Zwecke der Arbeitslosenversicherung empfiehlt". Nach den begleitenden Verhand lungen faßte der Magistrat den Beschluß dahin auf, daß nicht c'ne bloße Meinungsäußerung, sondern eine ans breiter Grundlage ruhende, möglichst vielseitige Darlegung der in Betracht kommenden Verhältnisse gewünscht werde. Dem Beschlüsse wurde daher in der Arr entsprochen, daß der da malige Stadtrat Professor Dr. J'astrow mit der Ausarbeitung einer prinzipiellen Denkschrift und der Direktor des Städtischen Statistischen Amtes, Dr. Badtke, mit einer eingehenden Darstellung der bestehenden Einrichtungen, sowie insbesondere mit der Zusammenstellung des ein schlägigen Materials über Charlottenburg, beauftragt wurde. Tie Denk schrift, die nach allseitiger Würdigung des Für und Wider zu dem Ergeb nis kommt, die Arbeitslosenversicherung grundsätzlich als Ang'kcgenhcit der Arbeiter zu betrachten, sie aber durch städtische Zuschüsse zu fördern, und die auf Grund dessen das sogenannte „Genter System" empfiehlt, unterliegt zurzeit noch der Beratung der zuständigen Stellen. Da aber in der Konferenz der Gemeinden Groß-Berlins, die am 7.. Januar im Berliner Rathmisc statlfand, der Wunsch auSgesprorien wurde, daß die einzelnen Gemeinden sich ihr Material gegenseitig zugäng lich machen mögen, so ist die Denkschrift schon in der vorliegenden Gestalt veröffentlicht worden. * Wnhlprotest. Gegen die Wahl des freisinnigen Abgeordneten Nunzc im 12. Berliner Landtagswahlbezirk haben die Sozialdemo kraten Protest eingelegt. — Die Sozialdemokraten können eben die Niederlage des Zehn-Gebote-Hoffmann nicht verschmerze». * Die Dunggrube des Pastors. Wie Freiherr v. Wangen heim- ÄI.-Spiegcl, einer der Führer des Bundes der Landwirte, in seiner Eigen schaft als Amtsvorsteher einen Pastor „verantwortlich Verna hin", davon erzählt das „Neue Pommersche Tageblatt" ein hübsches Gcschichtcheu. Der Pastor Bethke zu Gr.-Mellen im Kreise Saatzig erhielt auf offener Po st karte die Aufforderung, sich zu einer .verantwortlichen Vernehmung" beim Herrn Amtsvorsteher einzufinden. Obwohl er sich keines Verbrechens oder Vergehens wider die Staatsgewalt bewußt ist, beeilt er sich doch, der Aufforderung nachzukommen. Der Herr Pastor nimmt sich einen Schlitten (eS war gerade in den Tagen, als dort Schnee lagt und fährt nach Kl.-Spiegel zu dem AinlS- vorsteher Freiherr» v. Wangenheim. Da wurde nun die „verantwortliche Vernehmung" in Gang gebracht, die Personalien deS Herrn Pastors werden ausgenommen — sie sind dem Herrn AmlSvorstehcr, seinem Patron, allerdings bekannt —, aber zu einer verantwortlichen Vernehmung gehört, daß genaue Auskunft erteilt wird über W.ib, Kind und alles, waö sein ist, waö die Ehefrau für einen Mädchennamen ge führt hat, wie die Ellern heißen, wie die VermögenSverhälinijse sind, die Militärverhällnissc usw. Nachdem das alles ebenso genau zu Papier ge- bracht ist, erfährt der Pastor nun auch, w e S ha lb er zu der verantwort lichen Vernehmung vorgeladcn ist. Es ist auf Veranlassung des Burger meisterS Weiße zu Pi,ritz geschehen, um den Pastor Bethke auszuwrderm die Dunggrube auf dem Grundstück Bahuerstraße 3 in Pyritz räumen zu lassen. Pastor Bethke ist Besitzer des genannten Grundstücks und erklärt, die Räumung der Dunggrube werde vor sich gehen, sobald das Wetter die Abfuhr gestatte. Damit ist die verantwort liche Vernehmung zu Ende. Die ganze Geschichte, für deren Sachverhalt wir natürlich dem zitierten Blatte die Verantwortung überlassen müssen, schmeckt stark nach 18. Jahr hundert, und doch ist sic im Jahre des Heils 1910 geschehen. Sie bildet jedenfalls ein niedliches Dokument, das man sich merken wird. Aunlaiid. Oesterreich'Nngarru * Ein Spionage-Dementi. DaS k. k. Wiener Telegr. Korr.-Bureau verbreitet folgendes Dementi: Gegenüber Blättermeldungen von einer groß angelegten Gegenspionage der österreichisch-un garischen Kriegsverwaltung wird von amtlicher militä rischer Seite mit aller Entschiedenheit erklärt, daß alle Nachrichten vom Bestehen einer rmlitärischerseits errichteten Agentur zum Zwecke der Gegenspionage, sowie die daran geknüpften Erzählungen erfunden sind und jeder tatsächlichen Grundlage entbehren. Ebenso unrichtig sind alle Nachrichten der Zeitungen über das angebliche Anhalten eines MilitärattachKs, gelegentlich der unlängst erfolgten Verhaftung eines Militärbeamtcn wegen Spionage. — Die Meldung, daß die plötzliche Abberufung des russischen Militärattaches mit der Spionageassäre im Wiener Arsenal in Zusammenhang steht, wird hierdurch nicht dementiert! * vtne österreichtsch-rnssische Annäherung? Von belonderer Seite erhält die „Neue Freie Presse" über Meldungen von Anbahnung freundlicherer Beziehungen zwilchen Oeslerreich-Ungaru uud Rußland folgend« Mit- leilung: In den Besprechungen, die der öslerrrichisch-ungaritch« Botschafter Gras Brrckitold wircrrdolt mit JSwolSkt hatte, ist briserseitS anerkannt worden, laß dir Spannung, die aus der AnnexionSkrisr zurückgeblieben ist. mit Ruckiich» der Verhältnisse aus krm Balkan unv in ganz Eurova nicht unbedenkliche Folgen daben werd«. In dieser Auslassung zeigt sich eine Uedeiewsiimmuug zwilchen B«rchtolü, brr srlbstveriiändlich bi« Meinuaaen des Winillermm« re« Äeußeru tu Wien zu« Au-ermk bravte und I-wolSki. Di« Folge cieler Urbrrrinstimmmrg dürste sein, daß russiicherseit» dies« F»den roetler gesvonnrn und l« Laufi der Zeit oirse allgemeine Stimmung zu einer Wendung in rem gegenseiligen Verhältnis, zu einer polilischen AiiSrtnauder- setzung sich verdichten könne. Das muß jedoch der Zukunft Vorbehalten bleiben, während je-t schon sestzuüellen ist, daß sich beiderseits Geneigtheit zu einer solchen Auseinandersetzung zeigt.
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