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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.01.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-01-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191001276
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19100127
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19100127
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-01
- Tag 1910-01-27
-
Monat
1910-01
-
Jahr
1910
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Donnerstag, 27 Januar 191». Kammrrherr 9. Schönberg kitt für die Minderheit der Depu tation ein. Bischof Dr. Schäfer stellt einen im DeputationSbericht enthaltenen Irrtum dogmatischer Art richtig, worauf nach einem lurzen Schlußwort Dr. KacublerS vom Oberbürgermeister Ketl-Zwickau namentliche Abstimmung beantragt wird. In dieser wird der Teputationsantrag auf Perlegun« des Festes gegen 15 Stimmen angenommen. Der unter Punkt 3 durch Kommerzienrat Voesch-Königstein erstattete Bericht der dritten Deputation za den Kav. 58, Armenkraakenpflege, und 59, Akademie für gra phische Künste zu Leipzig usw. erledigt sich okne Debatte. Einstimmig iverdeu die vorgekommcnen Etatüberschreitungen genehmigt, wie dies bereits in der Zweiten Kammer geschehen ist. Unter Punkt 4—7 berichtet sirr die zweite Deputation Dr. v. Wächter über einige Etsenbahnangelegenheiten. Seine Anträge Lecken sich mit Beschlüssen der Zweiten Kammer und finden die Billigung des Hauses. Es werden demgemäß der Regierung ;ur Kenntnis nahme überwiesen die Petition des Eemeinderals zu Waschleithe um Erbauung einer Eisenbahn von Grünstäbtel über Elterlein nach Geyer und die Petition des Gem-inbevorstandes Richter uno Genossen in Rieberschöua um Erbauung einer schmalspurigen Eisenbahn von Klingenberg nach Dittmanns dorf. Auf sich beruhen blieben die Petition des Gememderats zu Satzung um Erbauung einer normallpurigen Estenbahu von Reitzenhain nach Satzung uns die Petition des GemeinberatS zu Sosa um AenLerung des StationSnamens Blauenthal in Blauenthal-Sosa. Nächne Sitzung Donnerstag, den 3. Februar, 12 Uhr. — Tagesordnung: Kultusetat, Rechenjchastsjachen und Petitionen. Zweite Kammer. 28. öffentliche Sitzung. (Unber. Nachdruck verboten.! k. Dresden, 26. Januar, Präsident Dr. Pogel eröffnet die Sitzung Les mäßig besetzten Hau'es uni 10 Uhr 5 Min. Die Tribünen sind stark besucht. Am Regierungstijche: Kommissare, Kultusminister Dr. Beck. Lelretär Anders verliest die Registrandeneingänge. Abg. Dr. Hähnel berichtet vor Antritt in die Tagesordnung, daß die 5. Abteilung die Wahlen der Abgg. Dr. Loebner (NatlZ Rentjch (Kons.) und Dr. Steche (Null.) für gültig erklärt habe. Ta leiu Wtverwruch aus dem Hause erfolgt, bewendet es bei dieser Anzeige. Präsident Dr. Vogel: Es sei zur Kenntnis des Direktoriums gekommen, oaß am Schluffe der gestrigen Sitzung vom Abg. Traber mit Bezug auf eine persönliche Bemerkung des Abg. Günther ein unparlamentarischer Zwischenruf („Flegelhaft!" D. Red.) erfolgt sei. Abg. Trüber habe gestern nach der Sitzung selbst darauf Bezug genommen und sich bereit erklärt, den Znruf sofort zurückzunehmen. DaS sei auch tatsächlich erfolgt. Damit sei die Angelegenheit erledigt. Auf der Tagesordnung, in die man alsdann eintritt, steht unter Punkt 1 der Bericht der Finanzdeputation zum Etatiapitel 5. Hofavotheke. Der Berichterstatter ist Abg. Wappler-Leip zig Mail.). Er beantragt bei diesem Kapitel, nach der Borlage die Einnahmen mit 33 102 zu genehmigen, die Ausgaben mit 1400 ./L zu bewilligen. Einstimmig tritt inan diesem Anträge bei. llnier Punkt 2 stellt Abg. Keimling-Leipzig (Soz.) als Berichterstatter derselben Deputation den Antrag bei Kap. 69, Statistisches Landesamt, nach dec Borkige die Einnahmen mit 15 510 zu genehmigen, die Ausgaben mit 28l 576 .X zu dcwiUiaen. Abg. Günther-Plauen i. B. (Freis.): Wie ihm mitgeteilt worden fei, Hütten die Regierungsblätter eine Mitteilung veröffentlicht, wonach das vom Minister Les Innern bei der Fleischteuerungsinterpellation vom 2. Dezember benutzte Material lediglich amtlichen Ursprungs sei. Er bitte nm Angabe des Wortlauts der Mitteilung des Statistischen Landesamts an Las Ministerium de- Innern in vieler Sache. Geh. Rat Dr. Roscher: Das Material sei, insoweit es sich nicht auf Be- obachiungen beziehe, Lte jeder im täglichen Leben machen könne, durchaus amtlichen Ursprungs und dem Ministerium teils Lurch das Statistische Landesamt. teils durch Vermittlung anderer Aemter zugegangen. Abg. Gunther: Die Veröffentlichung in den Regierungsblättern treffe nicht den Kern der Sache. Er habe nicht das amtliche Material bemängelt, sondern angesragt, ob etwa das Material aus dem Agitationsarsenal Les Bundes der Landwirte stamme, was er selbst allerdings nicht für möglich halte. Geh. Rat Dr. Roscher: Die Regierung habe in dieser Angelegenheit vom Bunde der Landwirte weder etwas erbeten noch erhalten. Tas Kapitel wird dann nach dem Deputalionsantrag bewilligt. Unter Punkt 3b—6 stehen verschiedene von den Abgg. Wunderlich (Kons.), Beda (Natl., Zimmer lSoz.) und Schreiber ^Mittelst.) erstattete Berichte dec Rechens chastsbeputation auf der Tagesordnung. Die hierbei gestellten 'Anträge lauten sämtlich auf nachträgliche Genehmigung der vorgekommeuen EtatSüberlchreitungeu. Es handelt sich um die Kapitel 63. Landwirtschaftliche Versuchsstation Möckern, 64—66, Gewerbe- und Tampfkeffelanssicht, Berich tigung von Wasserläufen, Eichämter, 99, Taubstummenanstalten, 73—76, Finanz ministerium. Staatstchuldenverwallung, Großer Garten zu Dresden, Forstaka« dtmic Tharandt. Bei Kap. 76 bemängelt Abg. Fraßdorf-Dresden (Soz.) die Ausgabe von 1400 .*! für Be- ichassunq einer Amtskette für Leu Rektor der Forstakademie Tharandt. Er glaube im Sinne der Rechenschast-Zdeputation zu handeln, wenn er die Regierung ersuche, in Zukunft für solche Tinge keine Gelder mehr in Len Etat einzuslellrn. Eine Ablehnung der Summe wollten seine freunde allerdings nicht beantragen. Abg. Günther ist ebenfalls erstaunt über diese Ausgabe, die lediglich Aeusterlilikeit^n oiene. Geh Rat Wahle: Die Amtskette hänge innig mit dem Wahlrektorat zu sammen, dies sei bei allen deutschen Akademien eingeführt, und die Amts- telte >ei das äußere Zeichen des gewählten Rektors. Man habe die For> akademie nickt geringer emschätzen können, als andere Akademien. Tie Tharandter AmiSkette sei die billigste (hört! hört!), die der Dresdner Technischen Hocklckule koue 5000 bört! hört!). Er bitte um Nackbewtlligung. Abg. Laltghan'mrr-Ehcmnitz Nall. : Die Art der Begründung habe die Mißstimmung im Hauie nur verschärft. Wenn man Len Wert einer Akademie nach einer AmtSkette bemesse, so müsse es um die Akademie sehr schleckt bestellt sein. Wolle der Rektor die Kette nicht selbst bezahlen, so möge er darauf verzichten. Aber wie groß sei gestern der Jammer über Geld mangel gewesen, als es sich um einen großen Staatszweck gehandelt habe. DaS Haus werde sich jedenfalls merken. Laß die Regierung kür Aeußerlichkeiten Geld habe. Abg. 4» ünther äußert sich in ähnlichem Liune. Die Hochschule zu Tharandt genieße ausgezeichneten Rus, den sie ohne Amtskette errungen habe. Man möge Loch erwägen, ob nicht die Amtsketten zu Leipzig und Dresden verkauft werden könnten, um mit solchen Aeußerlichkeiten aufzuräumeu. Geh. Rat Wahle verteidigt nochmals die Anschaffung. Den Wert der Akademie nach der Amtskette zu bemessen, sei ibm nicht eingefallen. 'Abg. Opitz Koni.) verweist 'aus das Beispiel anderer Staaten, wie Frank reich, und die Beiipiele kommunaler Korvorationen, wo gleichfalls Amts ketten getragen wurden. Er meine, die Nachbewilligung werde wohl von seilen einer Freunde einstimmig erfolgen. Abg. Langhammer Natl.): Ter Vorredner habe mit seinen Ausführungen die Sache nicht verbessert. Seine Freunde erwarteten, daß in Zukunft solche Forderungen in den Etat eingestellt würden, dann würde seine Fraktion dagegen stimmen. Heut« wollten sie den Betrag nachträglich bewilligen. Abg. Fratzdorf (Soz.): Dir Ausgabe von 1400 .Kl sei ihm zu groß für diesen Zweck er werde dagegen stimmen und balle sich durch seine Abstimmung in der RechenschastSdeputation nicht sür gebunden. Dir Haltung des Abg. Lanabammer und »einer Freunde Hobe ihn erfreut. Nach kurzer weiterer Aussprache, in der Abg. Schwager-Zittau iFreis.) mitteilt, daß er bereits in der Deputation gegen die Bewilligung gesprochen labe, werden die übrigen Na ckfordrrungen einstimmig bewilligt, lieber Tit. l6 des Kap. 76, der die Forderung sür die Amtskette enthält, findet gesonderte Abstimmung statt. Die Nachbewilligung wird gegen dir Sozial demokraten und die Freisinnigen ausgesprochen. Zu Punkt 7 erstattet den Bericht der Fiuanzveputation L Abg. Wittig-Rabenau lKoni.) und beantragt, nach der Vorlage die unter Tit. 8 deS außerordentlichen Etats zum viergletiigen Ausbau der Linie Bodenbach —Dresden zwischen Mügeln und Dresden und zur Beschaffung des Grund und Boden- sür den virrgleisigrn Ausbau brr Strecke Pirna—Mügeln 6. Rate) eingestellten 821 000 ^l zu bewilligen. Leipzig« Tageblatt.Nr. LS. 1V4 Zahrg Debatte!»- erfolgt dies. Unter Punkt 8 endlich beantragt für dieselbe Devutatio» Abg. Knobloch-Radeberg (Freikous.), die im außerordentlichen Etat unter Tit. 25 zur Erweiterung der Hoiztränkanstalt Wülknitz geforderten 221000 zu bewilligen. Auch Lies geschieht ohne Debatte. Nächste Sitzung: Montag, 31. Januar: '/«II Uhr. Tagesordnung: Eisen- bahudekrrt und andere Eisrnbahnsacheu, sowie Petitionen. Gerichtrsaal. rrSttigNehe» Schwurgericht. ! Leipzig, 26. Januar. Mordversuch und Beihilfe dazu. Unter der Anklage, auf das Dienst mädchen Martha Schmidt in ScifertShain am Abend des 25. Ium v. I. einen Mordanschlag verübt zu haben, hatte sich der 23jährige Dienstknecht Hermann Mar Rqeppa, genannt Kästner, aus Leipzig vor den Ge schworenen zu verantworten; der 21jährige Dienstknecht Karl Wilhelm Schmidt aus Altchemnitz wurde beschuldigt, seinem Freunde bei dieser Tat dadurch Beihilfe geleistet zu haben, datz er den zu der Lat benützten Revolver in Colbitz einkaufte, auch Munition dazu besorgte, die Waffe lud und sie Rzeppa übergab. Beide Angeklagte sind bisher noch nicht bestraft und beide scheinen sparsame Leute zu sein, denn sie besitzen Ersparnisse von je einigen hundert Mark. Die Mutter des Angeklagten Rzeppa ist seit neun Jahren unheilbar geisteskrank, sic befindet sich in der Heilanstalt Düsen. Sic rächte ihren Sohn in die Ehe mit, als sie den Arbeiter Kästner beirmete. Die Behandlung, die sie ihrem Kinde angedeihen ließ, war eine derartige, daß der Junge im Jahre 1899 ihr wcggenommen uird in Für sorgeerziehung gegeben wurde. Ter Angeklagte Rzeppa, der mit dem Dienstmädchen ein Liebesverhältnis batte, erklärte, das; er seinem Freunde Schmidt von der Angelegenheit, daß die Martha ihn als Vater ihres Kindes in Anspruch nehmen wolle, Mitteilung gemacht habe; darauf habe Sckmidt gemeint: „Wenn ich an deiner Stelle wäre, dann täte ich Las Mädchen erschießen." Dieser Rat habe ihm eingeleucbtet, und sie hätten dann zusammen den Revolver und die Patronen gekauft. An dem be treffenden Abende habe Schmidt gesagt, heute passe es ganz gut; er, Rzevpa, Labe aber keinen rechten Mut gehabt, und Schmidt gefragt, ob er nicht lieber schießen wollte. Schmidt habe ihm geantwortet, warum nicht, ihm komme es nicht darauf an. Aber da er sich die Tat einmal vorgenommen gehabt habe, so habe er nicht feige erscheinen wollen, und am Abend seien sie daun hinter LaS Gehöft gegangen, wo die Schmidt diente. DaS Mädchen sei in ihrer Kammer gewesen und habe sich vor ibnen nicht scheu lassen wollen. Nun babe er seinen Revolver gezogen und habe durch das Fenster l'indurchgeschosscn; die Sckmidt sei auf den Schuß bin zu Boden gestürzt, und er sei daun mit seinem Freunde davougelausen. Während Rzeppa dem Untersuchungsrichter gegenüber zugestanden hat. Laß er das Mädchen habe erschießen wollen, bestraftet er heute in der Verhandlung diese Absicht. Er hat mit der Sckmidt längere Zeit das Liebesverhältnis unterhalten, daS nicht ohne Folgen geblieben ist; er selbst hat die Beziehungen abgebrochen, als die Schmidt nicht sagen wollte, wieviel Geld sie auf der Sparkasse habe; dann hat er sich mit einem anderen Mädchen eingelassen. Als Rzeppa nach der Schmidt schoß, ist der Revolver zuerst nicht losgcgangen; da soll ihn sein Freund animiert haben, noch einmal abzudrücken, was Rzepva denn auch getan hat. Glücklicherweise bat der Schuß keinen großen Schaden ange richtet, daS Mädchen ist nur an der Schulter unerheblich verletzt worden. Der Angeklagte Schmidr gibt zu, daß er mit Rzeppa zusammen nach Colditz gefahren ist, wo er im Auftrage Rzeppas den Revolver kaufte; als der Waffenhändler Z. nach dem Zwecke der Anschaffung fragte, hat Schmidt geantwortet, er sei bestohlen worden, und wolle den Revolver zum eigenen Schuhe haben. Schmidt hat genau gewußt, daß Rzeppa die Waffe benutzen wollte, um seine ehemalige Geliebte zu erschießen; er leugnet aber, daß er den Plan in Anregung gebracht habe. Ter Schwere seiner .Hand lungsweise sei er sich nicht bewußt gewesen, an die Folgen habe er überhaupt i nicht gedacht. Der Angeklagte Rzeppa wurde des versuchten Totschlags, Schmidt der Beihilfe dazu für schuldig befunden; bei dem ersteren wurde die Frage nach mildernden Umständen verneint, bei dem letzteren bejaht. Das Urteil lautete gegen Rzeppa auf 2 Jahre 6 Monate Zucht'oans und 5 Jabre Ehrenrechtsverluft, gegen Schmidt auf 9 Monate Gefäng nis und 2 Jahre Ehrenrechtsverluft. rrSnigliehes SchS-fengericbt. Der Veanr enkonflikt in der Leipziger Ortskrankenkaffe. ! Leipzig, 26. Januar. Wie wir schvn mitgetcilt Haden, hat der Privatkläger Pollender durch seine Beleidigungsklage nur eine teilweise Verurteilung der Be klagten erreicht, Chefredakteur Dr. Grautoff zahlt 30 .lt, Chefredakteur Steinsdorff 10 .lt Geldstrafe und Redakteur Robolsky wurde kostenlos sreigesprochen. Aus der Begründung des Urteils teilen wir das Folgende mit: Das Schöffengericht hat cs nicht sür erwiesen angesehen, daß der Privatkläger und die sozialdemokratische Vorstandsmchrheit der Leipziger Ortskrankenkasse den Beamtenausschuß lediglich aus Partcirückfichtcn aufgelöst hätten; diese Behauptung enthalte eine Be leidigung, ebenso die Behauptung, auch darin offenbare sich der sozial demokratische Pferdefuß der Kasse, daß deren Angestellten die Teilnahme an Negimentsjubiläen untersagt werde, und daß bei Berechnung der für die Urlaubsdouer maßgebenden Dienstzeit die vor der Ableistung der Militärpflicht im Dienste der Kasse verbrachte Zeit außer Betracht ge- lassen werde. Verurteilung erfolgte dann noch wegen der Unterstellung, daß ein ohne Vorwissen des Klägers als Kontrolleur angestellter Kricgervereinler bearbeitet worden sei, um ibn zu einem Wechsel seiner politischen Gesinnung zu veranlassen, und daß ein Vorstandsmitglied unter den Beamten Abonnenten für die „Leipziger Volkszeitung" ge sammelt habe. Die Verweigerung des Urlaubs zu Negimentsjubiläen sei nicht allgemein geschehen, ebenso habe die erwähnte Berechnung des Urlaubes nur zwei oder drei Beamte betroffen. Die Beeinflussung des Kricgervereinlers habe vor dessen Anstellung stattgesundcn, und ebenso Hobe das Vorstandsmitglied Kießling den Beamten vor dessen Anstellung ;u werben gesucht. Der Ausdruck sozialdemokratischer Cliqucnbctrieb sei beleidigend. — Dagegen habe das Schöffengericht für erwi eien erachtet, daß es bei den vom Kasscnvorstande angeordneten Prüfungen an jeder Garantie dafür fehle, daß dieselben in neutraler und unpar teiischer Art und Weise gehandhabt werden, und daß diese Garantie un bedingt nötig sei, solange die Krankenkassen unter sozialdemokratischer Verwaltung im Fahrwasser der Partcipolitik gehalten werden. Er wiesen sei ferner, daß bei der Anstellung von Beamten die politische Ge sinnung eine Nolle spiele: die Krankenkontrollcure werden mit Vorliebe den sozialdemokratischen Parteigängern entnommen. Als Bernsskon- trolleure werden mit Vorliebe Genossen angcstellt: notorische Streik führer ohne berufliche Vorbildung haben Anstellung im Dienste der Kasse gefunden, und die Verquickung von Verwaltung und sozialdemo kratischer Parteipolitik habe auch in der Leipziger Ortskrankenkasse bereits zu ernsten Mißständen geführt. Der Mordpro;eff qeqen Janina Borowska. (Fortsetzung.) Krakau, 25. Januar. Die Borowska wurde heute früh gegen 9 Uhr in den Gerichtssaal ge bracht. Gestern ließ sie in später Nachtstunde den Gerichtsarzt Dr. Smo - larski rufen und bat ihn, beim Vorsitzenden eine zweitägige Unter brechung der Verhandlung zu erwirken, da sie sich ganz erschöpft fühle. Der Arzt verabreichte ihr stärkende Mittel und legte ihr nahe, keine Unter brechung der Verhandlung zu begehren, da es in ihrem eigenen Interesse sei, daß der Prozeß zum Schluffe gelange. Die Angeklagte beruhigte sich dann und stimmte dem Vorschlag des Arztes zu. Heute früh wurde der Angeklagten vor der Verhandlung noch eine Koffein-Einspritzung gemacht. — Der Verteidiger Dr. v. S z a l a y hatte am Abend vorhereinenDrohbrief erhalten, in welchem der Schreiber ihm mitteilt, daß er von der Kampf partei des Königreiches Polen entsendet worden sei, um nach Schluß der Verhandlung mit Dr. v. Szalay abzurechnen. In dem Briefe erklärt dec Schreiber, Dr. v. Szalay hätte sich einer solchen Person nicht annehnnn sollen; es hätte sich überhaupt kein Mensch finden sollen, der eine solch- Person verteidigt. Er solle alle Angelegenheiten seiner Kanzlei erledigen und mit dem Leben abschließen, denn nach Schluß der Ver handlung werde der Schreiber an ihm da» Todesurteil vollziehen. Dr. von Szalay wendete sich an den Polizeipräsidenten, teilte ihm den Inhalt des Briefes mit und ersuchte ihn, Schutzmatzregeln für sein« Person zu treffen. — An tem Gerichtsgebäude wurde eine Kundmachung angeheftet, wonaw Aufnahmen mittels photographischer Apparate rm Gerichtssaale, wie sie wiederholt vorgenommen wmcken sind, strengsten» untersagt werden. — Zu Beginn der Verhandlung kam es zu einer erregten Szene zwischen der An geklagten und dem Vorsitzenden. Als der Vorsitzende das BeweiSverfa''reu sortsetzen wollte, bemerkte man, datz die Angeklagte eifrig auf ibren Bei- leidiger einsprach, der sichtlich bemüht war, sie zu beruhigen. Aus dem leidenschaftlichen Gespräch der Borowska mit ihrem Verteidiger ging hervor, datz es sich um den Drohbrief handelte, den Dr. v. Szalay erhalten hat. — Präsident: Ich erwähne nichts von allen den Drohungen, die mir in Briefen und Telegrammen täglich zugekommen find. Was zu geschehen hat, soll geschehen. — Als der Präsident darauf aus dem Untersuchungsprotokolt Aussagen der Angeklagten über ihr persönliches Verhältnis zu Dr. Lewieti vorlesen wollte, »oelche den in der Verhandlung gemachten Aussagen wider- sprechen, geriet die Borowska in neuerliche Erregung, die sich immer mehr steigerte. Sie schrie: „Der Präsident bringt nur vor, was gegen mich spricht. Er leitet die Verhandlung wie ein S t a'a t S a n w a l t. während sich der Staatsanwalt nur gegenüber wie ein Mensch benimmt. — Allen Beschwichtigungsversuchen des Verteidigers zürn Trohe schlägt die Borowska mit der Hand wütend auf den Tisch. — Präsident (zu den Geschworenen): Ta sehen Siel Und das ist eine Person, die als eine Sterbende bezeichnet wird. — Verteidiger: „Es ist eine hysterische Person." Er stellt den Antrag, mit Rücksicht auf den Zustand der Ange klagten, die Verhandlung auf zwei Tage zu unterbrechen. — Tie Ange klagte protestiert schreiend gegen diesen Antrag. Schließlich fuhr der Präsident in der Verlesung des Untersuchungsprotokolls fort. — Unter den bereits vernommenen Zeugen befindet sich auch die Gräfifn Regina T ySz k i e w ie z, die als Braut des Ermordeten galt. Die Zevgia ist eine auffallend elegante und stattliche Erscheinung. Jbr Gatte, Graf Tyszkieivicz, machte vor fünf Jahren einen Ausflug inS Gebirge, von wo er nicht mehr znrückkehrte. Mehrere Monate nach seinem Verschwinden fand man seine Leiche im Walde. Die Todesursache wurde nicht aufgeklärt. Gräfin Tvszkicwicz betreibt gegenwärtig eine Agentur in Warsctxm. Berlin. 25. Januar. BcleiSigungSProzeß. Vor der 9. Strafkammer des Landgerichts I als Berufungsinstanz kam heute der Beleidigung-Prozeß zur Verhandlung, den die Herausgeberin des Romans „Tagebuch einer Verlorenen", die Schrift stellerin Margarete Böhme, gegen den Schriftsteller v. Metzsch-Schilbach angestrengt batte. Ter Beklagte war seinerzeit vom Schöffengericht Berlin-Mitte wegen Beleidigung der Klägerin zu 200 ./! Geldstrafe vermteilt worden. Tie Beleidigung wurde darin gefunden, daß der Beklagte in seiner Tätigkeit als Rezensent für eine Zeitnng die Behauptung ausgestellt hatte. Laß der in dem „Tagebuch einer Verlorenen" dargestellte Lebenslauf der „Thymian" die Lebens geschickte der Klägerin selbst wäre und daß diese mit der Romanfigur Thymian identisch wäre. — Gegen dieses Urteil legte die Klägerin Bernfnng ein. Mit Rück'icht ans die Schwere der Beleidigung hielt die Strafkammer die vom Schöffengericht verhängte Strafe für zu milde und erkannte auf 6 00 Mark Geldstrafe. Gefährliche Tangrsbrüder. Vor der 2. Strafkammer des Landgerichts ( wurde beute gegen eine Diebes- und Hehlerbande ganz gefährlicher Art ver handelt Es waren die Mitglieder eines Gesangvereins, der sich „K a - lupen" nennt, und der seinerzeit von der Kriminalpolizei als ein ivebl organisierter Einbrecherklub entlarvt worden ist. Es standen, nach dem „Berl. Tgbl.", unter Anklage der Arbeitver Heinrich Dräger also-, „Pockenherrrnann", der Arbeiter August Radunz, genannt „der schwarze August", der Arbeiter Otto Poet sch ick, genannt „der kleine Herrmann", der Schncidergesellc August Jhloff, der Möbelpolierer Otto Ja nehky, genannt „Hosenotto", der Händler Stanislaus GoszynSki, genannt „HanS", der Schlosser Karl Rehfeldt, genannt ,,-vchlosserkarl", der Friseur Franz Daume und die Prostituierte Berta Re denke. — Es waren dreißig Zeugen geladen. Ta jeder einzelne DiebstahlSfall zu er örtern war, nahm die Verhandlung eine große Ausdehnung an. Tas Urteil lautete gegen Dräger auf 3 Jahre Zuchthaus, gegen Radnnz ans 4 Jahre Zuchthaus, gegen Poetscksick auf 3 Jahre 6 Monate Zuchthaus, gegen Jhloff auf 3 Jahre Zuchthaus, gegen Rehfeldt und Gos - zynski auf je 2 Jahre Zuchthaus, gegen Daume wegen gewerbs mäßiger Hehlerei auf 2 Jahre Zuchthaus, gegen Janetzky aufl Jabr 6 Monate Gefängnis und gegen die Angeklagte Ne denke auf Frei sprechung. Sport. Wintersport. * Wetteruachrichten vom 26. Januar. Vom PSHlberg: Gute Schlittenbahn dis Annaberg, großartiger Rauhfrosi, glänzender Sonnen untergang. — Vom Fichtelberg: Ununterbrochen schwacher Nebel, gntc Schlittenbahn bis in die Täler hinab, starker anhaltender Reif, großartiger Rauhfrost. Wetterbericht aus Neuhaus a. Rwg. (Holel zur Post). Schlitten-, Sprung- und Skibahn vorzüglich, Rodelbahn sehr gut. Schneehöhe 1'/. m. Kälte 5 Grad. Kraftfahrwesen. *4* Der Leipziger Automobilklub. Der Geschäftsbericht des Leipziger Automobilklubs über das verflossene Jahr gibt ein erfreuliches Bild von den, Stande des heimischen AutomobilismuS, wenn auch durch das Automobil- .Haftpflichtgesetz sowie die Automobilsteuer demselben Erleichterungen nicht bereitet worden sind. Durch das bestehende Kartell der deutschen Automobil- klubs werden für da» Kraftfahrwesen Schärfen zu mäßigen und Erleichte rungen herbeiz»führen gesucht, was in manchen Fällen auch gelungen ist. Auch des Verhältnisses zu den Leipziger Behörden wird in dem Bericht ge dacht, das wohl ein befriedigendes genannt wird, wenn auch die Behandlung der Kraftwagen mit Bezug auf die Fahr geschwindigkeit etwas Strenge verrät. Die von der Behörde für das Stadt innere gewünschte Schnelligkeit von nur 15 Kilometer in der Stunde soll jedoch eingehalten werden. Der Mitgliederbestand betrug Ende 1909 3 Ehrenmitglieder und 156 Mitglieder gegen 3 und 111 Ende 1908; auch 3 Damen gehören dem Klub an. Zu betrauern ist der Tod des 2. Vor sitzenden, Kommerzienrat« Freyberg, der sich Verdienste um den Klub erworben hat. Die verschiedenen Delegiertensihungcn des Kartellausschusscs sowie Veranstaltungen befreundeter Klubs wurden regelmäßig beschickt. Tie Entnahme von Grenzüberschreitungskarten war 1909 größer als im Jahre vorher; insgesamt wurden 96 Stück an 43 Mitglieder abgegeben, wobei Karten für Oesterreich (39), Belgien (13), Holland (11), die Schweiz (1t), Frankreich und Italien (je 9), Spanien (4) in Betracht kamen. Tie eigenen sportlichen Veranstaltungen waren im vergangenen Jahre nicht sehr zadl reich, aber sonst gut gelungen. Mit dem neugegründeten Leipziger Verein für Luftschisfabrt ist der L. A.-K. in engere Beziehungen getreten, aber auch mit gleichen auswärtigen Unternehmungen, was die Beteiligung an einer von Salle ans veranstalteten kriegsmäßigen Ballonverfolgung gemeinsam mit dem Automobilklub Sachsen-Anhalt herbeigeführt hatte. Die Kassen- vcrhältnissc des Leipziger Automobilklubs können als günstige bezeichnet werden. Die Abrechnung enthält 10293,50 -F Einnahmen einschließlich 434,65 Vortrag und 5631LO «<( Ausgaben, so daß ein Bestand von 4662,30 Mark auf das neue Jahr vorqetragen werden kann. Das Klubvermögeu beträgt am JabreSschlutz 18 740,67 Mit dem neubegonnenen Jahre sind im ersten Stock des städtischen Handelshofes die eigenen Klubräunic eingerichtet worden. Der Klub hofft, sich hier weiter zu entwickeln und rechnet dabei mich auf die Förderung durch die Mitglieder. Kartellvereme und Freunde des „Autos". Zuffballsport. :/: I« Gau Nordweftsachsen, der zehn erstklassige Mannschaften le sitzt, ist der Stand gegenwärtig folgender: In der Abteilung bat der Verein für Bewegungsspiele mit 14 Punkten und einem noch ausstehenden Spiel die Führung. An zweiter Stelle befindet fick der erst I aus der zweiten Klasse aufgerückte Fußballklub „Eintracht", oer «milkst L» »oll IUM» «len v«ua»a »nt>«uSn«1er volrttubc« vor»«!«!»» „TOs.räin.s.1 HLs.Is-IOs.LLsS" int »»»!» «luoooni a«u«u V«rssh»l»r«» »o« l»«,««,» v«rnt«uui»lL I»«ru«nt«llt, u»t«r ,t»u«li»«r ILoulroll« «les «!»«»«» I-»I»or»t»rlniu, auck v«rl»t»r«t stet» »t, «tu l»«rv«»rr»L«»«l«» tttutteli«, v«trtlal«. Hur ««lit «u r»t«r bsettnuul .. ^el»t«n dil« »ul «len H»,««» ,t^»r«lin»l k ll»uptul«äerl»U«r tt«kr. Htr»ssl»er««r.
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