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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.01.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-01-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191001276
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19100127
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19100127
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-01
- Tag 1910-01-27
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Monat
1910-01
-
Jahr
1910
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Nr. 2V. 164. Jahrg. Donnerstag, 27. Januar 1616 Leipziger Tageblatt. Vertreter wurde da bestritten, daß die Rechn» ngskom- misjivn überhaupt da? Recht habe, nach den Gründen für Nichtvcrausgabung eines Betrages zu fragen. (Ls handelt sich hier aber um eine grundsätzliche Frage. Tie verhältnismäßig riesigen Summen, die ui dem Schutzgebiet Kamerun für Radiergummi, Tinte usw. ausgegeben werden sind, haben die Prüfung in der Kommission passiert. Man hat uns gesagt, das ginge in den Kolonien nicht anders, es müßten davon immer gleich große Quantitäten ine Innere geschasst werden, nm nicht zu ost Karawanen auszurüsten. Es gehört das mit in die Kategorie der 500 000 Paar Strümpfe und 300 000 .Unterhosen, welche der Staatssekretär immer noch zu verkaufen hat. (Große Heiterkeit.) Tie Position der Reisekosten ist wie- derholt ganz arg überschritten worden. Diese Etatsüber- 'chreitungcn lenken wieder unsere Aufmerksamkeit aus die Notwendigkeit de; Neuordnung der Tagegelder und Reisekosten. sBeisall.s Staatssekretär Wermuth: Bei der großen Verschiedenartigkeit der in Betracht kommenden Verhältnisse sind natürlich Schwierigkeiten vor- tmnden. Aber gerade in der letzten Zeit sind di« Verhandlungen in Flnsi gekommen, und ich hoffe, daß recht bald eine Lösung erfolgen kann, die o.s ermöglicht, die Reisekosten den tatsächlichen Verhältnissen anzu- passen. Tie Sache soll tunlichst bald ihrem Abschluß entgegengeführt werden. (Zwischenruf: Tunlichst!) Abg. Erzbcrger lZtr.f: Tie Reisekostenrcgeluug ist durchaus der- alter. Wcun die Reisekosten den iatsächlichen Bedürfnissen angepaßt werden, können in Staat und Kommunen Millionen gespart werdesn. Tie Erklärung des Staatssekretärs läßt alles in der Schwebe. Wir nüffen aber unser Budgetrecht wirklich zur Geltung bringen. Tic E t a k.ä ü b e r s ch r e i r u n g c n in Kamerun sind doch höchst sonderbar. Für Formulare sind allein über 6000 .tt aus gegeben, für Löschblätter, Linienblätter über 500 F, (Große Hciterlc'st), für Federhalter und Federn 50k .il. (Erneute Heiterkeit.) Eine Ausgabe ist jedenfalls sehr dunkel: 468,75 .kl für P a p i e r u n t e r s u ch u n g! (Große. Heiterkeit.) Hier kann viel ge- wart werden, ohne daß die Maschinen re des Staates darunter Schaden leidet. . TaslHaus beschließt nach dem Kommissionsantrage. Tarnnf berichtet Abg. Ortel (Natl.) namens der Nechnungskommissivn über die Rechnung und über den Haushalt der afrikanischen Schutzgebiete für die Rechnungsjahre 1897/98, 1898. Tic Komvifssion beantragt Erteilung der Entlastung für den Reichs kanzler. , Neber die Rechnungen über den Haushalt der afrikanischen Schutzgebiete, des Schntzs'rbietcS Neu-Guinea, die Verwaltung der Karolinen usw., des Schutzgebietes Samoa 1900 referiert Abg. Ds. Gorrckc (Natl): Die Kommission beantragt unter gleich- -ciliger nachträglicher Genehmigung einer Reihe einzelner Posten die Entlastung sm erteilen. Ohne Debatte entspricht das Haus diesem Anträge. Darauf tritt das Haus in die Beratung deS MilitaretatS für ein. In der: allgemeinen Debatte beim Titel „Gehalt des Kriegs ministers" bemerkt der Abg. Haousler (Ztr.): Zur Beruhigung der Steuerzahler ist als voliiischcs Axiom hingcstellt worden, daß sich die Rüstung unseres Staates von keinem andern Staate übertreffen lasten kann. Dieser Zustand ist immer unhaltbarer geworden; da ist ein Ende mit Schrecken bester als ein Schrecken ohne Ende. Die Rüstung des einen Staates zwingt alle andern, auf dem gleichen Wege zu folgen, schließlich wird der Sieger bl-iben, dem es gelingt, unter möglichster Schonung des Volkes die lüste Rüstung zu tragen. Ersparnisse an der Rüstung unserer Armee können wir also nicht machen. Im vorigen Jahre sind die Offiziersnehälter erhöht worden, um so mehr ist es zu bedauern, daß eine Erhöhung der Soldatcnlöhne noch immer nickt stattfinden soll. Ersparnisse ließen sich Wohl erzielen bei dein Zurdisvositionsstellunaen, bei den Kommandanten in iffcnen Städten sowie beim Zulagewesen das leider nicht zugleich mit der Gchaltsoinbesserung im vorigen Jahre aelcgelt worden ist. Wie in sön''>' i--^n auch KZ »ns die ff'Kl bw? Leutnants b-r^b^tzen. Vir brauchen wina Q rp a n i s a t i o n n a cb j a p a n i s ch e m M u st er, um d>- Militäre '">uichk"N'>i kck»n in Fiweud in fördern und den von den Vätern ererb-ten kriegerischen Geist zu erhalten. Der Fortschritt des neuen Ererzierrcglcmcnts für die Infanterie ist zu begrüßen. Hoffentlich findet auch die neue Fassung bei allen Stellen das richtige Verständnis und trägt auch dazu bei, den beklagenswerten Mißhandlungen zu steuern. Das Verbot des übertriebenen Aufhauens der Füße wird den Extremi täten unserer Soldaten zugute kommen. (Heiterkeit.) Ich begrüße auch die neuen Vorschriften über das Schulschießen. Die Umbewaffnung muß sich ohne besondere Kosten vollziehen. Nicht so befriedigend kann ich mich aussprcchen über das neue Exerzierreglement für die Kavallerie vom vorigen Jahre. Ich bin nun gewiß kein Befürworter erhöhter Milikärausgaben, aber der künftige Krieg steht im Zeichen des Massen- ausgebots. Deshalb müssen Flugapparate, drahtlose Telegraphie usw. schon jetzt in den Manövern erprobt werden, und das kostet natürlich Gels. Die Sondcrausgaben dafür muffen durch Wegfall der großen Vgr-nden. dn^-ch Verkürzung der Divisionsmanöver wieder eingcbracht werden. (Zustimmung im Zentrum.) Nach der Stellung, die der Vorgänger des jetzigen Kriepsministers zn der Duellfrage genommen bat. musste es großes Befremden erregen, daß bei einem Duell in Blankcnbuug nach Presseberichten der Platz von Soldaten ad- gesperrt war, sogar ein Krankenwagen bestellt und Aerzte bereit waren. Wenn unter notorischem Mißbrauch der Amtsgewalt Mannschaften aiifgcbotcn worden sind, um ein solches Verbrechen ungestört begehen zu lassen, dann fehlt es mir überhaupt an parlamentarischen Worten, um ein solches Verfahren zu kennzeichnen. (Lebhafte Zlrstimmung im Zen trum und links.) Ferner spreche ich die Hoffnung aus, daß der Kriegs minister dem Handwerk dasselbe Wohlwollen entgegenbringcn wird wie der o^tzw'rffck'ff. (B^ffall.) Abg. Dr. Osann (Natl.): Zunächst möchte ick dem aus dem Amte geschiedenen Kricgsminister Worte der Anerkennung für seine Ver dienste. namentlich für die Einlösung des Versprechens, in einer gewissen Richtung unnachsichtlich einzulchrciten, nachrusen. Wir freuen uns, daß der neue Kriegsminister nicht bloß in der Militärverwaltung groß geworden ist, sondern auch in der Front gestanden bat. Auch im Heeres- etat müssen wir aus Ersparnisse dränaen. Bei Reisekosten und Tage geldern wird noch immer eine gewisse Verschwendung getrieben. Die Obersten bekommen 25, die Majors 20 .k tägliche Reisediöten: das stimmt nicht zu dem Verlangen, daß nur die mutmaßlichen Ausgaben vergütet werden sollen. Dem Verlangen nach weiterer Einziehung von Kommandanturen ist noch immer nicht Rechnung getragen worden. Absolut nicht zu ver stehen ist, wenn ein kommandierender General 13 000 Gehalt, aber Ists'M Zulage erhält: den Wert seiner Dienstwohnung berechnet er duräfchnittlich auf 15 000 F. loovon er aber nur 2000 .<t bezahlt, wäh rend den Rest das Deutsche Reich trägt. Auch mit dem Verbrauch von Munition wird verschwenderisch umgegangen. Die großen Paraden führen ebenfalls zu ganz nutzloser Geldvcransgabnng. Aus dem Gebiete der technischen Waffen wollen wir keine un angebrachte Sparsamkeit geübt haben, auch nicht gegenüber den KriegsteilnRinern von 1864—1871; das bezügliche vom Reichstage im vorigen Fabre angenommene Gesetz ist nicht vollzogen worden. Deckung kann ja leicht in einer vernünftig konstruierten Wehrst euer ae'unden werden. Tie bedeutsame Frage der zweijährigen Dienstzeit bc> der Kavallerie bat die Verwaltung im vorigen Jahre abgclebnt; wir halten aber an der Forderung mit anderen Parteien sest. Tie Exerzierreglements dürfen nicht nach dem Buchstaben, son- dern muffen nach dem Geiste acbandbabt werden, der ihnen innewohnt. Die Vorschrfften über die Bespannung bei der Artillerie und beim Train sind durchaus der Aendcrung bedürftig. Noch heute wird die Bevorzugung des Adels in der Armee unangenehm empsnnden. Vir müssen verlangen, daß bei der Auswahl der Offiziere nicht aus Stand und Rang, sondern aus Tüchtigkeit und adlige, edle Gesinnung gesehen wird. Wie stellt sich der Kriegsminister zu der H a n d w e r k e r- fragc? In den Grenzgarnijonen werden vielfach ganze Einrich tungen von den Soldaten hergestellt; wo bleiben da die in denselben Orten wohnenden Handwerker? Auch die Klagen der Zivil musiker über die Konkurrenz der Militärmusiker müssen endlich ab gestellt werden. Das Militärstrairecht muß im Sinne des Zivifftras- rechtcs, dessen Revision jetzt in Angriff genommen ist, reformiert werden. Die bisherige Auslegung oes Aufruhrparagraphcn ist nicht ausrechtzucrhalten; es muß entweder der Begriff des Aufruhrs anders fixiert oder aber eine Herabsetzung des Strasminimnms von 5 Jahren herbeigeführt werden. Durch die Oeffentlichkeit des militär gerichtlichen Verfahrens wird die Disziplin nicht untergraben; durch den Ausschluß der Oeffentlichkeit können vielmehr von der Presse unrichtige Darstellungen verbreitet werden. Den Militärmißhandlungeu muß mit aller Entschiedenheit entgegengetreten werden. Wenn wir be züglich der Abr ü st u n g den Plänen des englischen Ministers Asquith gefolgt wären, welche Gewähr hätten wir gehabt, daß solche Verein barungen von seinen Nachfolgern gehalten wären? Wir werden auch unsere Flottenrüstung fortfetzeu müssen, ob wir es wollen oder nicht; aber wir werden das ohne Ner- vosilät tun, fest und gestützt auf das Vertrauen des Volkes, auf das Vertrauen zu unseren Führern an der Spitze der Armee und des Kriegs ministeriums. (Beifall.) Gerade durch die Sicherheit unseres Aus- tretens wird erreicht werden, was wir seit fast 40 Jahren erstreben: Tie Aufrechterhaltung des Friedens in Europa. (Lebhafter Beifall.) Der bayrische Bevollmächtigte Generalmajor v. Gebsattel weist eine Behauptung Osanns, daß auch in Bayern die Soldaienmißhand- lungcn zunähmen, mit aller Entschiedenheit zurück. Abg. Stücklen (§oz.): Ter Kriegsminister ist für das Militär- kabinett, das wir als Ausfluß des Absolutismus ansehen, eine Art ver antwortlicher Redakteur. (Ruf: Sitzredakteur! Heiterkeit.) Wir blei ben Gegner des militärischen Systems, daS uns letzt jährlich 900 Mil lionen kostet. Was könnte dafür alles auf kulturellem Gebiete geschaffen werden? Bei dieser Vermehrung der Militärlasten spielt der enorme Pensionssonds eine große Rolle. Tie Offiziere stehen meistens noch in ihrer Vollkraft, wenn sie kaltgestellt werden, man sollte doch auf die Steuerzahler Rücksicht nehmen. B>'i Monarchcnbesuchcn werden Bajonette und Kanonen dem Besucher vorgeführt, als ob hierin der Maßstab sür den Kulturstand des Landes läae. Die fortgesetz ten Rüstungen sind eine Gefahr für den Frieden. Reden, wie sie der General v. Deimling in Mülhausen und der General Keim in Jena gehalten haben, in denen jeder sür das Irrenhaus reif gehalten wird, der an einen dauernden Frieden glaube, müssen im Interesse des Friedens unterbleiben. Unerhört tvar die Forderung, mit militärischer Macht in der Manncs- mann-Afsäre einzuschreiten, wo cs sich lediglich darum handelte, ob die Gebrüder Mannesmann oder Krupp den Profit aus den Minen ein stecken soll. Und nun der innere Feind, den Sic in der Arbeiterschaft erblicken. (Große Unruhe und Widerspruch rechts.) Die Rationen für die Pferde kommen den Offizieren zugute, während sie doch ffir die Pferde bestimmt waren. (Heiterkeit.) Die Herabsetzung der zwei jährigen Dienstzeit würde auch in bürgerlichen Kreisen gefordert werden, wenn das Einjährigenprivileg abgeschasft würde. Zn verwerfen ist die Verwendung von Soldaten als Jagdtreiber, Landarbeiter und besonders als Streikbrecher. Gehörte die militärische Doppelkette am Nord-Ost- sec-Kanal bei der Durchfahrt des russischen Kaisers auch zur Erhaltung der Schlaasertigkeit der Armee? In der Schweiz bewährt sich die Miliz durchaus. Nach den Stcucrerhöhungcn auf notwendige Nahrungs mittel hätte man auch die Soldatcnlöhne erhöhen müssen. Die Handhabung des Militärstrasrechts läßt viel zu wünschen übrig. Tie Freisprechung der Bonner Borussen, die zu gleich Einjährige des dortigen HusarenrcgimcntS waren und sich an dem Ueberfall aus den Einjährigen-Unteroffizier beteiligt hatten ist ein unglaublicher Ausdruck militärischer Klassenjustiz. Internationale Abmachungen zum Zwecke der Abrüstung sind an der Zeit. Tas ist auch das Ziel der Sozialdemokratie. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Preußischer Kriegsminister v. Heeringen: Die Vereinfachung des Etats und der Verwaltung und Ersparnisse entsprechen durchaus den Wünschen der Militärverwaltung. Langjährige Einrichtungen kann man nicht aus einmal abschaffen. Selbstverständlich wird die Militär verwaltung jede Erhöhung der Soldatcnlvhuung be- grüßen: aber da die Soldaten freie Wohnung, Verpflegung und Be kleidung haben, mußte man zuerst an die Beamten und Offiziere denken. Der Blankenburger Fall ist grausam, in Rücksicht aus Lebende und Tote will ich den Fall als solchen nicht be- rühren. Richtig ist, daß die Soldaten zur Absperrung verwendet tour- den. Das ist zu vernrteilen und das Erforderliche ist strengstens ver anlaßt worden. (Bravo!) Eine Bevorzugung des Adels besteht nicht. (Ruf: „Nun hört's auf!") Das widerspräche dem Charakter des Na- rionalheeres. Mit einem Male können aber die Herren nicht von Berlin nach Mörchingen verseht werden. Nach und nach wird Wandel geschaffen werden. Die Absperrung des Kanals bei der Durchfahrt des russischen Kaisers erfolgte nicht wegen der Angst dieses Monarchen, sondern der der preußischen Regierung, die die Pflicht hatte, ihn vor jeder Belästigung zu behüten. Streikdienstc sind von den Armeen nicht zu leisten, wo dies vorgekommcn ist. ist eine Remedur eingetreten. In dem Falle Veith in Bonn ist Freisvrechung erfolgt, weil der Belästigte nickt wußte, wer ihn geschlagen habe, er stellte sogar in Abrede, daß er mit Absicht geschlaaen worden wäre. (Große Heiterkeit.) Die ganze Sache ist aber nochmals zum Gegenstand einer gerichtlichen Nachprüfung beim Generalkommando gemacht worden. Ab geschlossen ist sie noch nicht. Ich muß dagegen Protestieren, als ob das Militärkabinett die Initiative ergriffen und der arme Kriegsminister überhaupt nichts zu sagen hätte. Der Krieasminister hat seine voll berechtigte Stellung neben dem Militärkabinett. Den aktiven Offizieren kann doch nickt verübelt werden, bei Entlassung von Ucbnngstrnpven diese ui ermahnen, das, Ivos sie gelernt haben, nicht zu vergessen. Weiter bat General Deimling nichts ausdrücken wollen. Tie Verantwortung ffE die Neußcrnng des Generals Keim muß ich ablchnen; er ist außer Dienst. Eine Herabsetzung der Dienstzeit bei der Kavallerie ist jetzt möglich. Wenn die Armee Kosten macht, so kann das Vatcrlanv erwarten, daß sie so vorbereitet ist, daß sie gegebenenfalls ihre Schuldigkeit tun kann. Dazu gehört nicht nur die notwendige Uebung in den Waffen, sondern auch die Disziplin und der richtige Geist, den zu erhalten in der Armee alle Sicllen, hoch und niedrig, eifrig und dauernd bemüht sind. (Leb- Haftes Bravo!) Abg. v. Liebert (Npt.): (Unruhe, Rufe: Vertagen!) Ich könnte die Rede des Abg. Stuccklen zerstückeln (große Heiterkeit!), wenn cs nicht so spät wäre. Kein Mensch bat daran gedacht, über England berza- scllen. (Beifall rechts, Lachen links.) Wir scben im inneren Feind wicht die Arbeiter, sondern die Agitatoren. (Lärm links.) Die An wesenden natürlich ausgeschlossen. (Heiterkeit, Lärm links.) Ter All deutsche Verband hat noch niemals zum Kriege gereizt (Wideripruck, Lärm links), sondern lediglich das Denrschtum im Anslondc hoch gehalten. (Lärm, Widerspruch links.) Die Wchrsteuer ist die aller gerechteste Steuer; sie wird auch in der Schweiz erhoben. Die Armee ist eine Versicherungsprämie für den Frieden, das hat sich niemals mehr gezeigt als im vergangenen Frühjahr, wo die Aussprache zwischen Berlin und Wien mit 4 Millionen deutschen Soldaten im Hinter gründe den Weltfrieden gesichert hat. (Sehr richtig, Bravo rechts!) Die M a n ö v e r k o st c n sind leider wieder sehr hoch. Wir Deutschen sind im Auslände nicht sehr beliebt, darum müssen wir unser Pulver trocken halten. (Bravo rechts und bei den National liberalen!) Darauf wird Vertagung ans Freitag beschlossen. Es folgen persönliche Bemerkungen, in denen Abg. Osann (Nail) ausführt: Der bayrische Militärbcvollmächtigte bat von schwerer Be- lcidipung der bayrischen Armee gesprochen. Ich habe nur nach der „Frankfurter Zeitung'' zitiert, wnS im bayrischen Landtag Mueller- Hof, allo unser Kollege Mueller-Meiningen, ausgesührt haben soll. Aus dem amtlichen Bericht ersehe ich, daß diese Rede nicht richtig wiedergegcben ist. Ich bin so loyal, das hier sofort zu erklären. Einer derartig scharfen Bemerkung des Militärbevollmöchtigten mir gegen über hätte es aber nicht bedurft. Bayrischer Generalmajor Freiherr v. Gebsattel: Es tut mir leid, daß ich gegen den Abg. Osann so heftig geworden bin, meine Erregung an sich bedaure ich nicht. (Sehr richtig!) Darauf wird die somit wieder eröffnete Diskussion abermals vertagt. Schluß 148 Uhr. Nächste Sitzung Freitag 1 Uhr: Militäretat. Sächsischer Landtag. «Nachdruck verboten.) 1>. Dresden, 26. Januar. Erste Kammer. 10. öffentliche Sitzung. Präsident Dr. Graf Vitzthum v. EckstäSt eröffnet die Sitzung gegen 12 Uvr. DaS Haus ist wie üblich besetzt, die Tribünen sind dicht gestillt. Am RegierungStische: Minister Graf Vitzthum v. Eckstädt, Kultus minister Tr. Beck und Kommissare. Punkt 1 der Tagesordnung, Vortrag aus der Registrande und Beschlüße aus die Eingänge, veianlaßt keine Debatte. Als Puntt 2 sieht auf der Tagesordnung der Bericht der ersten Depu tation über den von oer Zweiten Kammer angenommenen Antrag Dr. Niet hammer u. Gen., betr. Aufhebung dcS 6. Januar als (Epiphanias Feiertag. Berichterstatter Oberbürgermeister Tr. Kaenblcr-Bautzen beantragt im Namen der Deputation, dein Beschlüsse der Zweiten Kammer beizu treten und die Petition deS Verbandes von Arbeitgebern der Sächsischen Textilindustrie als erledigt zu erklären, daaegen die Petitionen des Verbandes Deutscher Handlungsgehülfen lind der Chemnitzer Konferenz auf sich beruhen zu laßen. In der Debatte motiviert Minister a. D. v. Metzsck seine ablehnende Haltung gegenüber dem Anträge damit, das; er die Konsequenzen aus seiner Haltung als Minister ziehen müsse, und damit. das; auch die Regierung sich zu dem Anträge ablestnend verbacke. Auch habe er sich nicht davon überzeugen können, daß die zweifellos hervorgetretenen Mißstände für das Erwerbsleben von solcher Bedeutung seien, das; sie die Verlegung des Festes rechtfertigen lönnten. Redner geht dann auf den Sunodalbejchluß zu dreier Angelegenheit ein, der die Zustimmung zur Verlegung an die Voraus setzung geknüpft habe, daß die Regierung die mit der Beibehaltung Les Feues verbundenen Mißstände sür so wesentlich erachte, daß sie die Verlegung empfehle. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, die Regierung siehe auf entgegengesetztem Standpunkle. Zweifellos beständen Mißstände sür das ge- schäitlicste Leben, aber dieses habe sich damit bisher obne besondere Entschädigung abgefunden. In der Zweiten Kammer habe Tr. Hähnel erklärt, die Arbeiter der Lausitz legten großen Wert ans die Beibehaltung des Festes, ebenso die HandlungSgehilien. Trotz der Verwahrung dec Deputation hege er bei An nahme des Antrags Befürchtungen für andere Feste, und er halte cs in heutiger Zeit, wo der lirclckiche Sinn vielfach im Verblassen sei, nicht für an gezeigt, an kirchlichen Einrichtungen zu rütteln. (Bravo!) Auch Kammerherr Sahrcr v. Sqhr-Ehrenbrrg erklärt sich aus formalen und sachlichen Glünven gegen den Antrag. Das stichsische Volk habe sich an den Festtag gewöhnt und betrachte ibn alS eine soziale una hygiensiche Reserve nach den Anstrengungen der Weihnachtszeit. Handel und Wandel blühten trotz des Festtags und werden durch dielen Tag nicht gestört. Minister Graf Vitzthum v. Eckstadt. Die Regierung habe ihre Stellung zu der Angelegenheit wiederholt in beiden Kammer» Larqelegt, löiine sich also gegenüber dem mit dankenswerter Gründstchleit erstatteten Berichte aller Wiederholungen enthalten. Er erkläre nun nochmals, daß die Regierung auf ihrem ablehnenden Standpunkt beharre. Sie habe zahl- reiche Zuschriften speziell aus der Lausitz und dem Erzgebirge ertbackcn. au-Z denen stervorgeae, daß von einem allgemeinen Wunsch nach Aufhebung des Festes keine Rede sein könne. Tas Bestreben der dem Eviphamaeiesl abge neigten Kreise gehe dahin, auch die anderen Festtage abzuschassen. Das ergebe sich auch aus einem Artikel des „Leipziger Tageblatts" vom 23. Janu-w 1910, worin die Verlegung deS zweiten Bußtages und des Resor- malionsiesieS angeregt weide. Tie Regierung sei aber durch die Zuschriften aus dem Lande nur in ihrer ablehnenden Haltung bestärkt worden. (Bravo!) Kultusminister Dr. Beck verweist auf die Verpflichtung des Staates, die Kirche zu schützen und dafür zu sorgen, daß dem Volke die Reli gion erhalten bleibe. In bezug ans die vorliegende Angelegenheit habe das Knltusminislerinm zu prüfen gehabt, wie sich die Küche bisher dazu verhallen habe. Das evangelische Kirchenreqiment habe sich noch nicht dazu ertlärt, von ter katholischen Kirche sei ohne weiteres anzunebmen daß sie für Beibehaltung deS Festes 'ei. Die Synode sei nur unter bestimmter Voraussetzung für Verlegung des Festes. Ob diese Voraussetzung erfüllt sei, habe das Ministerium des Innern zu entscheiden. Bevor dieses nicht gesprochen stabe, was bis letzt nicht der Fall sei, habe sich daS Kultusministerium mit der Sache nicht zu belchästigen. Obcrhosprediger Tr. Ackermann ist nach den Ausführungen der Vor redner nicht in der Lage, etwas Neues Vorbringen zu können, und will nur seine Abstimmung erklären. Einem großen Teile des Volles sei das Fest lieb und wert. Die Bedeurung des Festes habe sich aber im Laufe der Zeit stark verschoben, und beule lei es ein Fest der Heibenmiffion Er halte an seinem ablehnenden Etandpunlte fest. Für Handel und Wandel sei nicht das Fest als solches störend, sonvcrn seine Beweglichkeit innerdaib der Woche Eine Verlegung werde nur ein Aniang zu einer Abbröckelung sei». Oberbürgermeister Tr. Karnblcr verteidigt nochmals Len Deputations antrag und weist aus den Unterschied zwischen Feffbrsoldcten und in Tagetobu arbeitenden Leuten hin. Wo die Mehrheit sidbe werde man nie scsisiellen können. Schädigung der Industrie bedeute aber Schädigung der Aibeitermieresien. Angriffe aus das kirchliche Wesen hätten der Deputation ab- iolut sern gelearn, und er müsse die Deputation dagegen verwahren, daß ihr d.is Wort entgegengestalten werde: dem Volke muß die Reli gion erhalten werden. (Beifall.) Kultusminister Dr. Vcck begleitet, dies getan zu haben. Tie Frage sei aber nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine kirchliche. Geh. Komm-Rat Waentig-Zitiau füdrt aus: Trotz der ablestnenden Haltung der Regierung stabe inr varioen Landtag bei Behandlung einer Petition dies Haus in seiner Mehrheit zum 'Ausdruck gebracht, baß wirtschaftliche Inter essen jur eine Verlegung des Festes »prächen Die heutige Debatte habe ergeben, daß die Grnnöe tür die Verlegung in den zwei letzten Jahren noch an Bedeutung gewonnen Härten durch die neuen Bestimmungen der Reichsgesepgestung ani dem Gebiet der Gewerbeordnung. Die Behauptung, die Mehrzahl der Ar eiter sei sür Beibebaltung deS Festes, sei mindestens greitig. Zuzugeben sei, daß die Feslstesolceten an ter Verlegung des Festes kein Interesse statten. Aber eit 20 Iabren bemühten sich die Vertreter von Handel und Industrie nm die Verlegung, an dieser Tatsache dürfe man doch nicht Vorbeigehen. Für keinen der anderen Festtage lägen dieselben Voraussetzungen vor, wie für das Epipstaniasfest. Ter vom Minister angebotene Mitietwea sei nicht gangbar. Nviwendig sei eine generelle allgemein gültige Regelung. Er siehe völlig auf dem Standpunkte der Teputationsmehrheit. Hoffentlich werde diese durchdringen und da airch die Regierung zu einer nochmaligen Prüfung der Angelegenheit veranlaßen. iBeisall., Geh. Kirchenrar 4). Pank-Leipzig stellt sich auf den Boden des Synodalbesch luises. Es habe in der Synode an Stimmen nicht gefehlt, die ans rein kirchlichen Erwägungen heraus eine Verlegung des Festes sür sehr wohl diskutierbar gestalten hätten. Die Synode habe nur nicht den ersten Schritt tun tönnen. LebenSinleressen der Kirche werden durch eine Verlegung Les Festes nicht berührt. Ein Antrag aus unbedingte Beibehaltung des Festes sei mit großer Mehrheit von der Synode abgelehnt worden. Die Zweite Kammer stabe die volkswirtichaftlichen Gründe sür so durchschlagend erachtet, daß sie die Regierung um Verlegung des Festes ersuchen wolle. Auch ihm scheinen die Grunde durchschlagend zu sein, und auf Grund des Synodal beschlusses werde er für den Antrag der Deputation eiutreten. (Beifall.) Graf Schönburg befürwortet als Katholik die Erhaltung des Festes, das das älteste Fest der Christenheit sei. Oberbürgermeister Dr. Ttttrich-Leipzig tritt im Interesse von Handel und Industrie, speziell in dcm des Leipziger Buchhandels, für den Devntationsantrag ein. Erfreulich sei, daß gerade von kirch- sicher Sette Henle betont worden sei, Lebensintereßen der Kirche würden durch eine Verlegung des Festes nicht berührt. Die kirchlicher» Interessen würden im Gegenteil dadurch nur gefördert. Schädigungen von Handel und Gewerbe lägen vor, und ibnen sei nur abzubelsrn durch Annahme des Teputatiousantrags. Oberbürgermeister Tr. Schmid-Plauen i. B. erinnert an die irüheren LandtagSverstandlungen über dieselbe Angelegenheit. Schon 1908 seien dir wirtschaftlichen Mißstände als beachtlich anerkannt worden. Gegen eine Beseitigung deS Reformationsfesres «erde sich hier im Hanse einmütig Widerspruch erheben. V Serk rxm S40—S000 ca. Z00 tampf. Ämm«- am 9, /
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