Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.01.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-01-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190901304
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19090130
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19090130
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-01
- Tag 1909-01-30
-
Monat
1909-01
-
Jahr
1909
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Gerichtvsaal. Unter -er Anklage -es Morde». ! Leipzig, U. Januar. DeS Mordes angeklagt, begangen an seiner eigenen Frau, stand in der heutigen Sitzung der Arbeiter Karl Friedrich Rauschenbach, geboren am 2K. März 1870 in Merseburg und zuletzt in Gautzsch, Oetzscher Strobe SO wohnhaft, vor den Geschworenen. Im No- vember v. I. erregte das Verschwinden der Fra» Rauschenbach in Gautzsch Aufsehen, und als ein Tag nach dem andern ins Land ging, ohne bah jemand sie wieder zu sehen bekam, da tauchte der Verdacht aus, daß ibr etwas zugestoben sein müsse, ja, man sprach davon, daß Rauschen bach seiner Frau ein Leid angetan habe. Es war nämlich allgemein be- kannt, dab Rauschenbach — ein gewalttätiger Mensch — im ständigen Unfrieden mit seiner Frau, mit der er in zweiter Ehe verheiratet war, lebte. Zank und Streit waren an der Tagesordnung. Am 21. No vember wurden am Dölitzer Wehr verschiedene Sachen gesunden, die als Eigentum der Frau Rauschenbach erkannt wurden, und nun verdichtete sich der Verdacht gegen Rauschenbach so, daß der in Gautzsch stationierte Gendarm zur Verhaftung Rauschenbachs schritt, der in das Leipziger Untersuchungsgefängnis einaeliefert wurde. Er benahm sich sehr kalt blütig, von irgendwelcher Erregung war ihm kaum etwas anzumerken. Heute wurde er den Geschworenen aus der Hast vorgeführt. Du der Verhandlung waren 17 Zeugen geladen. Als Vertreter deä Justizministeriums wohnte ihr Geheimrat Ort mann aus Dresden bei. Als Sachverständige fungierten der Gerichtsarzt Medizinalrat Dr. Thümmler und der praktische Arzt Dr. Schönfeld h,er. Der Angeklagte ist ein großer, schlanker Mann mit schwarzem Haar und dunklem, kleinem Schnurrbart. Er trägt eine grünliche Jagdjoppe, mit ruhigem Gesichtsausdruck wendet er sich gleich nach seinem Eintritt in den Schwurgericht-saal an seinen Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Bever, mit dem er sich einige Augenblicke unterhält, dann setzt er sich auf die Bank. Er starrt vor sich hin, während der Vorsitzende die Auslosung der Geschworenen vornimmt. Auf die Frage deS Vorsitzenden nach seinen persönlichen Verhältnissen gibt Rauschenbach zuerst ruhig Antwort, dann beginnt er zu weinen. Er ist noch «»bestraft. Die Anklage lautet dahin, daß Nauschenbach seine Frau Ida am Abend des 15. No vember v. I. gegen « Uhr von der aekünderlosen Seit» deS Steges, der über das Dölitzer Wehr führt, in daS Wasser Hinei nge stoßen und auf diese Weise getötet hat. Rauschenbach gibt an, daß ihm seine Frau sehr oft Anlaß zur Un zufriedenheit gegeben habe: sie habe ihm das Leben sehr schwer gemacht, besonders habe sie auch nicht gut für seine vier Kinder gesorgt, während sie ihren eigenen Jungen stets vorgezogen habe. Nach einem Zank am 15. November habe ihn seine Frau bann zu einem Spaziergange auf gefordert, und er sei auch mitgegangen. Unterwegs hätte seine Fran wieder mit den Zänkereien angefangen, bis sie an den Steg bei dem Wehr gekommen seien. Dieser Steg ist etwa 20 Meter lang und un gefähr 6 Meter über dem Wasserspiegel. Der Steg hat nur au der rechten Seite ein Geländer. Rauschenbach ist rechts gegangen und_hat auf der Mitte des Steges seiner Frau mit der linken Hand einen Stoß gegeben, daß sic vom Steg hinunter ins Master gefallen ist. Er habe sie retten wollen; das sei ihm aber unmöglich gewesen, und da sei er weggelaufen, habe in einem Restaurant drei GlaS Bier ge- trunken und sei dann nach Hause gegangen. Die erste Frau ist am 6. November 1906 gestorben, schon nach 6 Monaten hat er durch ein Zeitungsinserat eine andere Frau gesucht, worauf sich die verwitwete Ida Bauer gemeldet hpt- Die beiden kamen ,->» einer Aussprache zusammen. Rauschenbach teilte ihr seine Verhält nisse mit. daß er vier Kinder habe, waS er verdiene. Er zeigte ihr seine Wirtschaft und beide kamen überein, sich zn heiraten. Das geschah im Juli 1907. Rauschenbach erzählte, daß er mit seiner Frau in der ersten Zeit ganz zufrieden aewesen sei; sie sei fleißig und ordentlich gewesen und habe auch einige hundert Mark Ersparnisse gehabt. Das Geld hatte Frau Rauschenbach auf der Sparkasse einaezahlt. Am 14. November bat Nauschenbach von dem Sparkassenbuch« 50 .<k und am 19. November 100 .tk abgehoben. Für die 50 .<l will er sich Sachen in die Wirtschaft haben kaufen wollen, mit den 100 habe er die Unkosten des Todes kalles bestreiten wollen. Frau Rauschenbach hat gelegentlich einmal zu einer Nachbarin aeäußert, ihr Mann sei nur dann gut zu ihr, wenn sie ihm Geld gebe. Rauschenbach erklärte, daß er sich zu seiner Tat habe hinreißen lassen, weil ibn die Wnt über deren liederliche Wirtschaft übermannt habe. Er bestritt, daß er seine Frau habe los werden wollen, weil er eine andere Frau habe nehmen wollen, nämlich eine gewisse Frau Thieme. Dem Untersuchungsrichter gegenüber hat Rauschcnbach aber zugegeben, daß er seine Frau deshalb mit getötet habe, um die Frau Threme zu hei raten, die ihm besser gefallen habe, wie seine Frau. Er habe auch ge- meint, daß die Thieme besser zu seinen Kindern sein werde. Die Frau Thieme bat Rauschenbach etwa drei Wochen vor der Tat kennen gelernt. Am 15. November nachmittags ist er bei der Frau Thieme in Großzschocher gewesen: gegen 7 Uhr abends ist er nach Hause ge kommen, und dann ist er mit seiner Frau wieder fortgeganaen. Aus einem Vernehmunasprotokolle hielt der Vorsitzende dem Angeklagten vor, daß er dem Untersuchungsrichter gegenüber ohne Umschweife zu- gestanden habe, die Absicht gehabt zu haben, seine Frau zu töten. Er habe sie mit dem linken Arme um die Hüfte gefaßt, ihr zugerufen: „Du bist wert, daß ich dich hier in das Wasser ffchmeiße!" und habe ihr dann einen Stoß gegeben, daß sie hinuntergefallen sei. Er habe gehört, daß sie noch mehrere Male seinen Namen gerufen habe, dann sei es still ge worden und er sei weggegangen. Nauschenbach hat weiter eingestanden, daß er schon einige Zeit vorher daran gedacht habe, daß er seine Frau von dem Wehre leicht in das Wasser stoßen und sich so von ihr befreien könne: daß sie ertrunken sei, das sei ihm ganz recht gewesen. Als Rauschenbach seiner Frau den Stoß versetzte, fiel ihr Hut und ihr Muss auf den Steg. Er hat diese Sachen genommen und hat sie in dem Parke daneben, besten Zaun er überklettert hatte, auf die Erde gelegt, um den Anschein zu erwecken, als ob die Frau Selbstmord begangen habe. Etwa 20 Minuten hat Rauschenbach noch am Tatorte geweilt, dann ist er in den Ratskeller gegangen, hat dort drei Glas Bier getrunken und ist nach Hause gegangen. Eine Anzeige von dem Vorgänge am Wehre, daß da ferne Frau inS Master gesprungen sei, hat Rauschen- bach nicht gemacht. Zu den Nachbarn hat er gesagt, seine Frau ser zu Verwandten gegangen. Am 18. November wurden ihm Hut und Muff seiner Frau gezeigt. Er behauptete, nicht zu wissen, was aus ihr geworden sei. Die Frau Thieme hat Rauschenbach gebeten, doch einmal nachzu sehen, ob sie von dem Verbleib seiner Frau etwas erfahren könne, und erst am 21. November hat er zugegeben, daß er seine Frau ins Wasser gestoßen habe. Rauschenbach bleibt dabei, daß er nicht die Absicht ge habt habe, seine Frau zu töten. Die Vernehmung wandte sich dann wieder den persönlichen Ver hältnissen des Angeklagten zu, der schon seit längeren Jahren in einer Gautzscher Ziegelei beschäftigt ist. Vor zwei Jahren hat er dadurch einen Unfall erlitten, daß ihm ein Ziegelstein auf den Kopf gefallen ist, der eine stark blutende Fleischwunde zur Folge hatte; die Wunde ist in acht Taaen verheilt. Seit jener Zeit will Rauschenbach an periodischen Schwindelanfällen leiden. Dos sei auch am 15. November der Fall ge wesen, wogegen der Vorsitzende darauf aufmerksam macht, daß der Schwindelanfall nicht so schlimm gewesen sein könne, denn er habe die Frau Thieme besucht, und zwar per Rad, habe Bier getrunken, zu Hause Abendbrot gegessen und sich offenbar ganz wobl gefühlt. Rauschenbach entgegnete, daß er den Schwindel erst bei der Zänkerei mit seiner Frau bekommen habe Wegen der Schwindelanfälle sei er bei Professor Dr. Köster in Behandlung gewesen. Der StaatSanwalt Dr. Seeger stellte fest, daß Nauschenbach der Frau Tbieme gesagt bat, wenn sie einmal in Geldverlegenheit sei, dann solle sie es ihm nur sagen: er hat ihr dann ein Darlehen von 100 ffl angeboten. In den letzten Taaen vor dem Tode der Frau Nauschenbach scheint Nauschenbach ganz be- sonders schlecht zu seiner Frau gewesen zu sein; sie hat am 14. Novem ber zu einer Nachbarin geklagt, daß sie ihrem Manne nun aber auch gar nichts mehr recht machen könne. Dem StaatSanwalt hat Nauschen bach angegeben, daß er den Entschluß zur Tat schon etwa zehn Minuten vorher gefaßt habe. Die Zeugenvernehmung. Zuerst wurde der Brigadier MotheS aus Gautzsch vernommen, der eine Schilderung davon gab, wie daS Verbrechen entdeckt wurde und wie Rauschenbach sich nachher bei seinen Verhören benommen hat. Die Nachbarn haben die Frau Nauschenbach als arbeitsam und verträglich geschildert, sic werde sich nicht selbst ins Wasser gestürzt haben. Dagegen ist dem recherchierenden Beamten die Gleichgültigkeit Rauschenbachs auf- gefallen, der sich nicht einmal an dem Snchen nach der Leich« seiner Frau betviligt hat. Als der Zeuge Rauschenbach auf den Kopf zusagte, daß er seine Frau ins Master geworfen habe, da gab Rauschenbach das zu und gestand auch, daß er sich die Tat genau überlegt habe. Auf die Frage, weshalb er seine Frau nicht wieoer herausaehvlt habe, hat Rauschenbach geantwortet, dann wäre er auch mit ersoffen, denn er könne auch nicht schwimmen. Die Frau Nauschenbach bat die Kinder stets gut behandelt, wie der Zeuge von den Nachbarn gehört haben will. Rauschenbach be- stritt die Annahme des Vorsitzenden, daß seine Fran sich gewehrt habe, als er sie hinuntergestoßen habe. An dem Wehre hat man noch eine Spur von dem Stiefelabsatz der Fran Rauschenbach gesehen, es war das Moos an einer Stelle ab gestoßen. — Der Fischer Thieme aus Gautzsch ist einer von den Leuten, die die Leiche der Frau Rausche»bach im Wasser gefunden haben, sie wurde etwa 60 Meter unterhalb des Wehres anfgefunden. Die Stelle am Wehr ist gegen fünf Meter tief und recht gefährlich. — Der Stenervinnedmer a. D. Schneider ans Gautzsch, dem Frau Ranschenbach die Wirtschaft in Ordnung hielt, gibt ihr das Zeugnis, daß sie gut und fleißig und verträglich gewesen lei, ihre Kinder habe sie ordentlich betreut und auf ihren Mann habe sie viel gehalten. Ebenso urteilt die Frau Rühle über die Frau Rauschenbach, die ihr die Näherei besorgte, wovon Frau Rauschenbach nichts verstand. Rauschen bach selbst habe über seine Frau immer etwas vvrgehabt, die Kinder seien nicht immer ganz so sauber gegangen, wie es bei dem eigenen Jungen der Frau Ranschenbach der Fall gewesen sei, aber sonst hätten die Kinder «S gut gehabt. Nauschenbach hat zu dieser Zeugin einmal ge sagt, wenn seine Frau sortkomme, dann komme die andere gleich zu ihm. Das war ungefähr Ende Oktober; Nauschenbach entgegnete auf Vorhalt des Vorsitzenden, daß er gemeint habe, wenn seine Frau davonlaufe, dann finde er sofort Ersatz. — Tie Fran Tbieme ist 43 Jahre alt und lebt von ihrem Manne getrennt. Sie hat Rauschenbach dadurch kennen gelernt, daß sic ein Schnittwarengeschäst betreibt, wo Rauichen- bach zn wiederholten Malen Jachen für seine Kinder gekauft bat. lieber seine Frau hat er sich öfters beklagt, daß sic die Kinder vernachlässige, und dabei hat er geäußert, sie beide, er und die Thieme, paßten bester zusammen. Die Zeugin hat geantwortet, er habe seine Frau und sie heirate nicht wieder, weiter hat sie sich dabei nichts gedacht. Rauschen bach habe ihr gegenüber keinerlei Zärtlichkeiten an den Tag gelegt. Am 15. November ist Nauschenbach etwa dreiviertel Stunde im Laden der Zeugin gewesen, er hat gekaufte Sachen abgehokt. Tie Geschichte mit dem Angebot eines Darlehns sei ein Scherz gewesen, weiter nichts. Die Zeugin Frau Tipp »er ist sie Schwester der verstorbenen Frau Ranschenbach, ihre Schwester sti ordentlich und arbeitsam gewesen, über ihren Mann habe sie öfters ge klagt und auch über die eine Tochter. — Die nächste Zeugin ist dis älteste, 18 Jahre alte Tochter Ida des Angeklagten Rauschenbach, ihre kleineren Geschwister haben über die Stiefmutter nicht geklagt, sie haben im Gegenteil gesagt, sie seien mit der Stiefmutter ganz zufrieden, die brächte ihnen oft etwas mit aus der Stadt. Ihr Vater sei auch kein bösartiger Mann, zuerst sei er mit der Mutter ganz zufrieden gewesen, nachher habe er wohl mal gescholten, daß die Mutter die Kinder so ver nachlässige. Ter Vater habe abends, wenn er zn Hause gekommen sei, oft über heftige Kopfschmerzen geklagt. Andere Zeugen stellten dem Angeklagten ein gutes Leumundszeugnis aus. Dem Gcrichtsdiener Seiffert gegenüber hat Nauschenbach geäußert, er würde seine Frau am Leben gelassen haben, wenn seine Frau die Kin der gut behandelt hätte. Ter letzte Zeuge war der Untersuchungsrichter, Landrichter Dr. Klemm, der sich genau der Auslagen erinnerte, die Rauschenbach bei seinen öfteren Vorführungen gemacht hat. Er hat zu- gegeben, daß er die Absicht gehabt habe, seine Frau zu töten. Bei einer Vernehmung hat er gemeint, daß seine Frau an dem Abende mit ihm über den Steg des Wehres gegangen sei, das habe ihm gut gepaßt. Der Angeklagte Nauschenbach blieb dabei, daß er bei den Ver nehmungen nicht die Wahrheit gesagt habe, jetzt aber, sage er sie, er sei einem plötzlichen inneren Anstoß gefolgt, als er seiner Frau den Schub versetzt habe. Der Sachverständige Dr. Schönfeld, Vertrauensarzt der Ortskrankenkasse, hat den Angeklagten Nauschenbach am 15. und 24. Februar 1905 gesehen, wo er ihm als Patient des Professors Dr. Köster vorgestellt wurde. Rauschenbach war damals blutarm, er wurde auf einige Wochen erwerbsunfähig geschrieben. Medizinalrat Dr. Thümmler konstatierte dann, daß die Frau Nauschenbach eine ge- funde 'Frau gewesen sei, die Todesurffache sei Ertrinken gewesen. Am ganzen Körper derselben sind keinerlei Zeichen gefunden worden, die darauf schließen ließen, daß Frau Rauschenbach sich bei dem Vorgang auf dem Stege gewehrt oder Widerstand geleistet habe. Was den Geistes zustand des Angeklagten betreffe, so sei er nicht erblich belastet, in seiner Familie seien keine Geisteskrankheiten zu beobachten gewesen. Nauschen bach hat am Kopf mehrere Verletzungen erlitten, darauf ist aber kein großes Gewicht zu legen, ebensowenig wie auf die Schwindelanfälle. Er ist körperlich und geistig eine langsame, träge und schwerfällige Persön lichkeit, sein Jdeenkreis ist ein recht beschränkter, seine Intelligenz nicht hoch, dabei aber ist er sehr leicht reizbar. Auffällig ist es bei ihm, daß er sich so in die Vorstellung hinein verrannt hat, daß es nicht so weiter gehe, daß die Frau die Kinder vernachlässige. Aber Nauschenbach ist weder geisteskrank noch schwachsinnig, im Moment der Tat befand er sich nicht in einem Zustande, der seine freie WillcnSbestimmnng ausgeschlossen hätte, er war allerdings sehr erregt. Sehr schwer zu begutachten ist, ob der Angeklagte damals imstande war, eine ruhige Ueberlegung bezüglich der Tötung anzustellen, als minderwertiger Mensch reagierte er auf den Affekt aber vielleicht anders wie ein intelligenter Mann. Dann nahm der Staatsanwalt Dr. Seeger das Wort zu seinem Plädoyer. Er betonte einleitend, daß Frau Rauschenbach eine in jeder Beziehung einwandsfreie Frau, fleißig und gut gewesen sei. In verscluedrnen Zeitungen seien seinerzeit Berichte zu lesen gewesen, die das Gegenteil behauptet hätten, er halte es für seine Pflicht, darauf hinzuweisen, daß Frau Nauschenbach derartige Vorwürfe in keiner Weise verdient habe. Dann ging der Ankläger auf den Tatbestand ein und sprach die Ueber- zeuguna aus, daß das Motiv, von dem der Angeklagte sich habe leiten lassen, das gewesen sei, eine andere Frau heiraten zu können, nachdem er die Ermordete beiseite geschafft hatte. Rauschenbach hat seine Tat mit voller Ueberlegung ausgeführt, er hat auch Vorsorge getroffen, daß die Tat unentdeckt bleiben solle. Der ganze Plan ist vorher von dem Angeklagten in allen seinen Einzelheiten genau überlegt worden. Rauschenbach ist weder vorher noch zur Zeit der Tat seiner Sinn« nicht mächtig gewesen, er hat auch bei der Tat selbst mit voller Ueberlegung gehandelt. Der Staatsanwalt be antragte, die aus Mord gerichtete Schuldfrage zu bejahen. Sollteir die Geschworenen wider sein Erwarten diese Frage verneinen, dann sei der Angeklagte des Totschlags schuldig zu sprechen. — Der Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Beyer hätte nicht erwartet, daß der Staatsanwalt für die Bejahung der Schuldfrage nach Mord eintreten würde. Die ruhige Ueberlegung habe dem Täter im Augenblicke auf jeden Fall gefehlt. Nauschenbach habe mit der innigsten Liebe an seinen Kindern gehangen und um so mehr habe es ihn gekränkt, daß seine Frau die Kinder so ver- uachlcissigj habe. Wohl habe Nauschenbach vorsätzlich seine Frau in das Wasser gestoßen, er habe dem Untersuchungsrichter gegenüber gesagt, er habe seine Frau „ermordet", aber diesen Ausdruck habe er selbstverständ lich im volkstümlichen Sinne gebraucht, damit aber nicht zuaesteben wollen, daß er die Tat mit Ueberlegung ausgeführt habe. Und die Ge schworenen könnten die Morbfrag« nur dann bejahen, wenn sie vollkommen davon überzeugt seien, daß der Angeklagte die Absicht gehabt habe, seine Frau zu töten, und bei dieser Tötung mit voller Ueberlegung vorgegangen sei. Frau Ranschenbach habe ihren Mann zu dem verhängnisvollen Spaziergang« überredet, nicht er habe sie dazu anfgefordert. Dann seien die beiden wieder an einander geraten, der im Angeklagten seit Wochen aufgehäufte Zorn kam zum Ausbruche und er ließ sich im Affekt zu der Tat hinreißen. Zu bedenken sei auch, daß Nauschenbach als intellektuell minderwertiger Mcnsch leicht erregbar war und sia. nicht zu beherrschen verstand. Rechts- anwalt Dr. Beyer bat die Geschworenen, die Frage nach Mord zu ver- »einen, die Frage nach Totschlag sei zu bejahen und es sei auch ange- zeigt, dem Angeklagten mildernde Umstände zuzubilligen. Der Wahrspruch der Geschworenen lautete auf V e r n e i n'u na der nach Mord gestellten Schuldfrage, die Schuldfrage nach Totschlag wurde bejaht. Mildernde Umstände wurden dem Angeklagten nicht zugebilligt. Urteil. Der Angeklagte Rauschenbach wird wegen Totschlags zu 12 Jahren Zuchthaus verurteilt. Di« bürgerlichen Ehrenrechte werden ihm auf dieDauervon 10 Jahren aberkannt. Zugunsten des Angeklagten hatte daS Gericht berücksich- tigt, daß er bisher nicht bestraft ist, daß er fleißig und ein guter Vater war. Strafschärfend kam in Betracht die an den Tag gelegte Gemein- heit der Gesinnung und die Grausamkeit bei Ausführung der Tal. Reichsgericht. er. Leipzig, LS. Januar. W«nen Verkrochen t» Amt« ist am 14. Oktober v. I. vom Schwur geeichte Zwickau dec vormalige Ratscrvedient Theodor Ahme in Weida» zu einem Jahr» drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Er hat al» Beamter des StadtratS etwa 1300 unterschlagen und die entwrecheiidc» Listen und Bücher unrichtig geführt. Seine Revision wurde heute vom Reich«, gerichte verworfen. * Freiberg, 29. Januar. Wege» schweren Diebstahls wurde von der Strafkammer des hiesig ii Landgerichts heute der 27jährige Elektromonteur W i e k f c I d au. Hannover zn zehn Jahren Zuchthaus und zehn Jahren Ehrverlust verurteilt. Er hatte am 23. Mui vorigen Jahres uu zwei Mitschuldigen den aufsehenerregenden Diebstahl in den rtöiiigi. Muldenhülten auSgeführl, wobei ihnen ein Platin kessel im Werke von 70 000 6k in die Hände gefallen war. Die Mitschuldigen konnten noch nicht ermittelt werden. . - Zum Lok« verurteilt. Dem Bericht über die Verhandlung gegen dar 22 Jahr» alte Dienstmädchen Frida Helm, das von dem Schwurgericht zu Dresden wegen Ermordung seines sechs Monate alten Kinde« zum Tode ver urteilt worden ist, ist noch nachzulrage», daß die Geschworenen einstimmig beschlossen haben, für di» H»lm «in Gnadengesuch beim König zu befürworten. Mvlsoi'oioeisotiö öeovLLMuvKSN sut der «teraucurts ra I-oipslx. llnb«: 119 Lleter »der <iem Llser. Llaximum der lemperatnr — — 4,9°, Llimmum — — 10,2°. ') u. *) Kobel, liaudkrost. Aelt ctvr lleodnektuvg »arom. r«<t. »ul N» UUNm. losrma- >n»lor. lislarkr» Wiol- cioUtun, w u. tk 28 3ao. ab. 9 0. 762,8 — 7,3 97 80 1 trübe 0 29. - vm. 7 - 760,0 — 10,0 97 8 trübe'» 29. - om. 2 - 757 9 — 4,2 96 8 1 beiter LöniAl. Laeks. ru DlSLäon. Witterung In Saeksen am 28. 3nnuar 1909. Aeldnnx vom kioktelberg: Lerg nedelkrei, Kobel riogsumber, gute Soklitteobado di, io die Düler dioab, starker, aobalteoder Reil, glaoreoder Soooeouater- und -aukgavg, ^.bend- und Llorgeorot. Station äeeböke w lemperatnr Wiod XisNsr- LIsumum Oresdeu . . 115 - 4.7 — 11.1 W5W 2 — Oeipai? . . 117 — 4.9 — 6.7 KO 1 iiautreo . . 202 — 0.2 — 10.1 WKW 2 —— /sobadrass . — 220 — 3.8 — 13.1 KO 2 —— Zittau . . - - 258 - 1.0 — 10.8 8W 1 — Odemnitn. . - 327 — 4.3 — Il.5 K ß) — Ireibvrg. . - 398 0.0 — 6.0 880 3 —— 8ebueeberg . M M 435 ? — 12.1 KO 1 — illster . . . - - 500 -s- O.S — 13.2 880 1 —-- Altenberg . 751 — 9.5 — 7.5 W 1 —— Beitreokaia. - - 776 — 3.5 — 25 0 y — b'iedtelderg. 1213 — 4.6 — 9.0 80 6 — krognose Gr den 80. ^»nnnr 1909. 8üdwestwiude; Auoabme der Bewölkung; wärmer; kein erbebUeber Kiederscklag. Lsriodt äes öorlinsr' Wöttsrbul'öAUZ vom 29 «lanuai' Ltatioocv ^4- ch a 2 — 2 Wetter Z V) 1 <MW> « -4-» lemn«r»tus 0.» Loikum 76Si8O 3 wolkeol. — 5 Seillv >.berde«n 767 8 3 ff- 8 ff- 2 Xeitum,8M 768 88W 2 Kcbsl 762 WSW 1 wolkeol. Hamburg 770 8 0 3 Vuvst - 8 sovdiskjoril 757 8 4 bedeckt — 4 Swiaemilod. 77 l 8 3 beiter - 6 754 KW ff- 1 llügeowal- 'Idorsdava ) Scbnss darmüode 5euk»brw. Hemel ^acbeo Hannover Berlin Ureodao Braalau Bromdorg Ueta krnokk.a.11. ILailsruks ziüvckou ^ürieb 8twtis,novw lieok Valencia 771 772 773 770 770 772 773 774 774 772 772 771 774 77 > 56! 771 768 I » 8 !l 8 1 80 1 80 2 880 3 80 1 still 680 S KO I OKO 1 0 2 W 1 8W 2 KW 1 WSW I kalbbvd. wolkig beiter beiter beiter beiter koiter Ouoit beiter bedeckt baibbed. wolkeol. beiter Ouost wolkeol. wolkeol. wolkig 77? >IIs771I17 I I fff- lkarüi» Obristiaos. l<oi>eokag. 8toekbolm llaparaoda l etersburg Wilna i'iask Lemberg Wien I riest Vsissiogeu Odarbonrg Laris Kirr» >!ow Lrindisi 751 769 764 757 774 778 781 779 776 771 769 — 771 768 766 765 8W 8W 8W 8W SW 8 0 880 80 OKO 88W 880 o K OKO 4 3 6 2 1 1 1 3 6 1 3 3 wolkig Ouost bedeokt bedeckt Sekoes wolkeol. beiter beiter baibbed. wolkeol. Kebel wolkeol. wolkeol. wolkeol. beiter ff-chff-i , I I I I i I > I I Iff- Lü v* 2c M rs s: M t-t — L-2 v* Wittvruogsüdsraiodt: I)io isläodisobo Larowktcrdopr««ioo ist vack dem suropäisebeo Kordmoorv vorgedruogea uod bat ibr Oebist rugleiek «öd- rrürt» bis auk dio Kords«« auagedobot. In Korddoutsobiaod badeo sieb dew- gewi« di« Winds wvkr osmc 8»d godrekt, wükreod in Liiddeatkediaod sobwacbv Ost- bis Kordostwiode webeo. l as Wetter blieb Zostern so der Küste und im oordwestlieboo öiooeolande grösstenteils nebelig, docb Kat e« sieb über Kackt in den meistsn Oegeodeo aiikgeklürt. Oiaeikreitig ist eine weitere >bkukluog eioggtretvo, Lai»berg uod Lünckvo dnbeo am Llorgeo 13, Hemel 12, Brealao 11° Killte uod allein in ^ackvo ist die Temperatur dis auk einen Orad unter Kull gestiegeo. Wetteraussiobteo: Ktwas wilder, riemlieb trübe, geringe Kieder- sedlLgs, Westwinde. LS.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)