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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.01.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-01-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190901304
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19090130
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19090130
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-01
- Tag 1909-01-30
-
Monat
1909-01
-
Jahr
1909
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Rr. 3». 103 Jahr«. Leipziger Tageblatt. Tonnabend, 3». Januar 1»0». daß Fürst Nikolaus vor einer Reihe von Tagen in diesem Sinne mit den fremden Vertretern in Cetinje gesprochen und sie gebeten hat, diese Wünsche Montenegros nach seinen Worten niederzuschreiben. Ob Montenegro nach diesem Schritt noch die Uebertendung einer neuen Note beabsrchtigt, laßt sich bisher nickt übersehen. Eine unmittel bare Wirkung könnten solche Schritte Montenegros nicht haben, da nach übereinstimmender Auffassung der (Ar oh möchte eine Balkenkonferenz erst zusammentrctcn kann, wenn die einzelnen Streit- fragen -wischen den zunächst beteiligten Mächten durch Sonderabmachungcn leder gefährlichen Bedeutung entkleidet worden sind. z Deutsches Reich. Leipzig, 3V. Januar. * Tie neue sächsische Wahlkrciscinteilung. Im Hinblick auf unseren gestrigen Leitartikel werden wir daraus aufmerksam gemacht, daß schon in der Ersten Kammer snicht erst später in der Zweiten Cammers die irrtümliche Verschiebung der Orte Loschwitz und W a ch - witz in den 46. ländlichen Wahlkreis vom Referenten, Geh. Rath Pros. Tr. Wach, berichtigt worden ist. In die Trnckvorlage der Ersten Kam mer hatte sich allerdings das Versehen cingeschlichen. * Bei den bevorstehenden Landtagöwablen werden, Ivie man der „Zitt. M.-Ztg." mitteilt, voraussichtlich die Freisinnige Volkspartei und die freisinnige Vereinigung sWahlverein der Liberalen) im König reich Sachsen vereint in den Wahlkampf ziehen. Ta die Volkspartei nach den vorläufigen Bestimmungen 26, die Vereinigung 7 Kandidaten ausstellen will, und da bisher nichts verlautet, ob sich infolge des ge meinsamen Vorgehens des LinksliberaliSmns die eine oder die andere Kandidatur erübrigt, hat man zunächst nock mit 33 freisinnigen Kandi daten zu rechnen. * Die Ortsgruppe Dresden des Deutschen Monisienbundes benutzt den hier schon genügend erörterten Fall deä „Prodekandidaten" zum Anlaß rür einen öffentlichen Protest gegen da? Kultusministerium und die Mehrheit der Zweiten Kammer, weil dem betr. Dissidenten die Ab leistung seines Probejahres, wie ja auch Abg. Tr. Schill in klare., Worten dies begründet habe, widerrechtlich verweigert worden sei. * * Eine deutsche Stimme über den englischen KönigSbesuch. Bon einer Seile, die üb.r die in den höchsten Kreisen Deut'cklanb« gehegten Anschauungen Wohl unterrichtet ist, wurde dem Neutelscken Bureau in London folgende Mitteilung gemacht: „Der bevorstehende Besuch des König« und der Königin von Großbritannien in der Hauptstadt des Deuttchen Reiches wird dort wie im ganzen Deutschen Reiche in allen Kreisen besonder« iympathiich begrüßt. Hoffemlich wird dieser Beiuch den gegenseitigen Mißverständnissen und Mißdeutungen, die zweier großen Nationen unwürdig sind, ein Ende machen. In der Politik gibt es keine Sentimentalität; ter Staat, der eigen nützige Politik treibt, treibt patriotische Politik, und auf diese We,se ist England groß aeworden. Die Deutichen haben das gleiche Recht und die gleiche Pflicht, eigennützige Poliiik zu treiben und daS englische Volk kann und darf deshalb nicht schlechter von ihnen denken. Ebenso wie Großbritannien eine Notwendigkeit, so ist ein starkes Deutschland rin Unterpfand des Friedens. Es muß betont werden, daß erneutes Mißirauen zwischen den beiden großen Nationen beiden große Nachteile zusügen muß, während beiderseitige« Einvernehmen nicht nur Deullchland und Großbritannien, sondern auch der ganzen Welt die Vorteile des Friedens sichert. Die Bemühungen des Deutschen Kaisers sind unaufhörlich darauf gerichtet gewesen, zu Großbritannien freundliche Beziehungen herzustcllen, und wie die beiden Herrscher sich demnächst die Hand reichen werden, so werden bossemlich die beiden Nationen ihrem Beispiele folgen, nickt in einem Gefühl augenblicklicher freudiger Erregung, sondern aus ernster Neberzeugung, ehrlich und aufrichtig." * Die Veröffentlichung im „Daily Manchester Dispatch" in der Budgetkommission. Von einem Zentrumsabgcordneten wurde die Ver öffentlichung des apokryphen Kaiserinterviews im „Daily Manchester Lispakck" zur Sprache gebracht unter Berufung auf eine Zuschrift eines . Herrn Lehmann an die „Germania". Der Redner bemerkt, daß er diesen Herrn nicht kenne, aber als gelegentlichen Mitarbeiter der „Ger mania" für glaubwürdig halte. Tiefer behauptet, daß die Ausführungen des „Tispatch" über den Kaiser doch zutreffend seien, denn der Kaiser habe das Blatt zu einer für die Publikation des Artikels dankenden. Aeutzerung autorisiert. Ter Staatssekretär erwidert hierauf: Die dies bezügliche Meldung lautet in der Ueberseyung, das; der Kaiser sehr be friedigt sei von Erklärungen über seine Politik, die von dem „Dispalch" veröffentlicht worden sind und Gras Metternich habe ihre Veröffent lichung offiziell in Deutschland autorisiert. Selbst das englische Blatt hat alw nicht behauptet, daß der Kaiser ihm seinen Dank ausgesprochen habe. Ter Kaiser bat aber auch nicht eine Befriedigung über die Ver öffentlichung geäußert. Der Dank des Kaisers ist ebenso frei erfunden, ivic das ganze Gespräch, das er mit einem hochgestellten Diplomaten ge habt haben soll. Wie genau der erwähnte Herr Lehmann cs überhaupt mit der Wahrheit nimmt, erhellt auch daraus, daß er behauptet, der Kaiser habe das Gespräch mit einem Journalisten gehabt, während das eng lische Blatt von einer Unterredung mit einem Diplomaten spricht. * Tie Finanz- und Steucrkommission des Reichstags begann ihre Sitzung am Donnerstag mit einer Geichäftsordnungsdcbatte. Die letzte Abstimmung über das Erbrecht des Staates, in der der grundlegende Artikel 1 mit 15 zu 13 Stimmen angenommen wurde, soll nachder Er klärung eines Mitgliedes auf irrtümlicher Auffassung dieses Mitglieds beruht haben. Es würde also der Paragraph bei richtiger Auffassung durch dieses Mitglied mit 14 gegen 14 Stimmen abgelehnt gewesen sein. Man setzte dann die Beratung fort. Eine lebhafte Debatte entsteht be züglich einer anderen Fassung des 8 1936 des BGB. Es ist die Frage, welcher Fiskus erbberechtigt fein soll, falls rechtliche Erben fehlen. Ein Antrag, an die Stelle des Fiskus der Bundesstaaten den Reichsfiskus u setzen, wird abgelehnl. Von freisinniger Seite wird die Uebertragung der Verwaltung an die Gemeinden auf Grund einer vertragsmäßigen Abmachung geforderi. Es wird betont, daß niemand das damit ver bundene Odium auf fick laden wolle. Das Reich wälzt es ab auf die Einzelstaaten und die Einzclstaaten auf die Kommunen. Die National liberalen wollen den Anteil der Entschädigung der Gemeinden auf ein Drittel sestsctzen. Angenommen wird ein Antrag des Zentrums, der dahin gehl, die Rechte der Gemeinden bei Ncbertragung der Verwaltung der Nachlässe aus die Bundesregierung fcstzulegen und den Gemeinden die Ablehnung der Verwaltung zu ermöglichen. Zu 8 8 wird vom Zen trum beantragt, daß auch Gemälde und Schmumachen den Erben un entgeltlich zu überlasten sind. Tic Kommission stimmt mit 18 gegen 11 stimmen für die Unentgeltlichkeit. Absatz 2 des 8 8 wird durch einen freisinnigen Antrag ergänzt, indem das Wort „Familicnbilder" einge- 'ügt wird. Der Antrag wird mit großer Majorität angenommen. Eben so wird ein Zentrumsantraq angenommen, der die Frist auf 6 Monate ausdehnt. 8 9, der von der Regierung vorgeschlagene mildernde Sonder bestimmungen enthält, wurde mit allen dazu gestellten Anträgen ab gelehnt. Ter Rest des Gesetzes wurde unverändert angenommen. * In der Budgetkommission schloß zunächst am TonnerStag der Staatssekretär v. Schoen an seine letzten Aus'ührungen über die deutsche Diplomatie Darlegungen über die in Rede stehende Reorganisation des Auswärtigen Amtes. Von n a t i o n a l l i b e r a l e r Seile wird be sonders die Vertretung unserer industriellen Interessen im Auslande erörtert. Für die wirtschaftlichen Beziehungen sei eine ein heitliche Spitze notwendig, damit die Industrie wisse, wohin sie sich zu wenden habe. Ta lasse uniere Vertretung im Auslände im Gegensatz zu den ausländischen Vertretern bei uns lehr zu wünschen übrig. Im Bürgertum habe man das Gefühl, daß man ini diplomatischen Dienst nicht avanciere. Unsere dentscken Diplomaten nehmen fick nicht mit der nötigen Wärme der deutschen Landsleute im Auslände an. Ta sollte man sich andere Nationen znm Muster nehmen. Ter Staatssekre tär bemerkt dazu, daß unsere Diplomaten in wirtschaftlichen Ange legenheiten mit den koniulari'chen Vertretern in engster Beziehung ständen. Er wolle gern die Erklärung abgebcu, daß icdcr Deutsche, der die entsprechende Fähigkeit besitze, im diplomatischen Dienst will kommene Ausnahme finden würde, aber die Entscheidung und Auswahl müste dem Ehrs Vorbehalten bleiben. Tie Aussprache über die Diplo matie wird am Freitag fortgesetzt werden. * Tic Reichstagskommission für die große Gewerbenovelle verhan delte am Donnerstag über den 8 111 über die Konkurrenzklausel der Werkmeister usw. Tie Aussprache wurde zu Ende geführt, ein Beschluß »ird aber erst in der nächsten Sitzung am 4. Februar gefaßt werden. * 8u de» sazia>de«<kratischr« BertrauenSbruch nimmt auch die ReichSlagSfraktion in einer Zuickriit an den „Vorwärts" Stellung, n der eS heißt: Durch em bevauersickeS Bersebra eine« in der BuvA-t- kommisston anwesenden Fiaktion^kollegcn sind Mitteilungen aus einer al« vertraulich bezeichneten Verhandlung ver Kommission veröffentlicht worden. Dieser Vorgang sühne zu Erörterungen in der Budget- kommission, die ebenfalls a»S vertraulich erklärt wurden. Von letzteren Eröitrrungen bat der „Vorwärts" Notiz genommen, da in dem ihm darüber zngegangeuen Bericht der vcnraulich« Charakter dieser Ver handlungen nicht erwähnt war. Wir stellen fest, daß die Fraktion eS von jeher für selbstverständlich gehalten hat, daß über vertrauliche AuStünste »einerlei Mitteilungen gemacht werden, weshalb die Fraktion viele beiden Vorkommnisse lebhaft bedauert." Auch die beiden Abaeorvneten NoSke und Lchinann-Wiesbad-n haben im „Vorwärts" Erklärungen veiöffcnisicht. Auö NoSke« Eiklärung ist als wesentlich hervorzuhrben, daß er im Gegensatz zu der von der Baecklerschen Korre spondenz gegebenen Darstellung nicht zur Sitzung der Budgetioinmisston zweck« Befragung aus d.m Lesezimmer zurück,zeholt worden, sondern daß er selbst zurückgekvmmen sei und sich freiwillig zum Worte gemeldet habe. — Im Anschluß an unsere gestrige Veröffentlichung dieses Vorfalls erhebt die „Leipziger VolkSztg." gegen unS den Voiwuri, wir hätten selbst Berichte über dre geheime Sitzung der Burgetlomumsion gebracht, und ergebt sich im Anschlüsse daran in beleidigenden Ausdrücken gegen uuS. Wir Haden kürzlich schon einmal der „Leipziger VolkSztg." sorgfältigere Arbeitsweise emp'ohlen, namentlich wenn eo sich um beschimpfende Vorstöße gegen Anders denkende bandelt. Wir sehen uns jetzt genötigt, brele Mahnung mit allem Nachdruck zu wiedelholen, denn die verletzenden Ausfälle sind heute eben'o wie vor einigen Laren unbegründet. Allerdings baden wir ü>'er die Sitzung oerBuvgetlomuiiision vom 27. Januar einen 3 k Zeilen langen Bericht veröffentlicht. Wir stellen aber gegenüber der Behauptung der „Le pz. VolkSztg." mit größter Entschiedenheit jest, daß wir lediglich den Be richt deS offiziösen Wolsfschen Telegraphenbureau«, der ja bekanntlich allen Z itungeu zergeht, abgedruckt haben. Wenn die „Leipz. Volisztg." trotzdem noch eine Aebnlichlcit zwilchen der Wieder gabe der Verhandlungen jener S.tzung bei uir» und der Wiedergabe auf Grund der JnKslrelioucn deS Genoffen NoSke behaupten will, so überlassen wir sie ihrem Schicksal, da« wir bedauern. * LaS Befinden des Ab« von Bollmar. W e dem „B. T." «in Privat-Telegramm au« München meldet, ist die Nachricht von einer Verschlimmerung im Befinden des bayrischen sozialdemokratischen LandiagS- und ReichStagcabgeordneleu v. VoUmar vollständig unzu- treffend. Im Gegenteil habe sich sein Befinden derart gebessert, daß v. Vellmar bereits im kommenden März seine parlamentarische Tätig keit wieder ausnebmen werde. * Die Bcsoldunasvorlagc im preussischen Abgeordnetenhaus?. Am Freitag setzte das Abgeordnetenhaus die zweite Beratung der Bcsol- dungsvorlägc bei Gruppe 1 (Klaffe 12 bis 22), die in der Hauptsache die Gerichts- und Verwaltungssckrctärc und die Elemcntarlehrcr umfaßt und gegenüber dem jetzigen Zustand eine Ausbesserung um 8 Millionen vorsieht, fort. Tic Redner aller Parteien bedauerten, daß man im Interesse des Zustandekommens eines Kompromisses viele Wünsche habe zurückstellen muffen, und wünschten baldige gesetzliche Regelung des Mittelschulwescns. Hierauf wurden die Kompromißanträge zu der Gruppe 2. sowie zu der Gruppe 3, betreffend die Gehälter von 2100 bis 4800 .tt und betreffend die von 4000 bis 6900 .X nach kurzer Debatte angenommen, ebenso die zu der Gruppe 4, sowie mehrere Reso lutionen, betreffend Aufbesserung verschiedener Beamtenkategorien und Regelung des gesamten BeamtcnrcchtS. * Die neuen 25 - Pf. - Stücke. Wie die „Bcrb Univ.-Korresp." er fährt, ist mit der Herausgabe der neuen 25-Pf.- Stücke vor dem Spät sommer dieses Jahres nicht mehr zu rechnen. Vorerst werden die drei preisgekrönten Entwürfe in bezug auf ihre praktische Verwendbarkeit eingehend geprüft. Die preisgekrönten Entwürfe sind bekanntlich in den Bentz des Ncichsschatzamtcs überacgangcn, während die übrigen Ent würfe an die Ab'endcr zurückgcschickt wurden. Das Rcichsschatzamt ist jedoch an die zuriickbcbaltenen Entwürfe absolut nicht gebunden, sondern kann dem Bundesräte eigene Vorschläge unterbreiten, wenn es überzeugt ist, daß die vorliegenden Entwürfe den Bedürfnissen des Verkehrs nicht cnnprcchcu. Darüber wird aber erst in den nächsten Wochen eine Ent scheidung fallen. * Wahlrcchtsdemonstrationcn in Remscheid. Die „Köln. Ztg." meldet ans Remscheid: Tie Sozialdemokraten versuchten gestern, durch einen Masscnumzug eine Kundgebung für das allgemeine Wahlrecht zu veranstalten. Eirw tansendköpngc Menge trachtete nach dem Rathause zu gelangen, wurde aber von der Polizei zurnckgedrängt. Später sammelte sich die Menge mn dem Markt und bewarf die vorübergehende Polizei mit Steinen. Die Beamten machten von den Waffen Gebrauch und erst nach langer Zeit war die Ruhe wieder hergestcllt. * Der Sieg der Orthodoxen. In dem bereits gemeldeten Verfahren des Konsistoriums gegen den liberalen Pfarrer Traub in Dortmund wegen Verbreitung ungläubiger Lehren ist der orthodoxen Minorität der Rcmoldigemcinde, von der die Denunziation ausging, der Bescheid des Konsistoriums Münster zugegangen. Tarin wird die Beschwerde gegen Pfarrer Tranb für begründet angesehen und im Auftrag des Evangelischen Oberkirchenrats zu Berlin mitaeteilt, daß „gegen Pfarrer Traub das Erforderliche veranlaßt" sei. Pfarrer Traub ist bereits zur Vernehmung aufgefordert. * Die drahtlose Telegraphie für die deutsche« Ueberseedampfer obli gatorisch. Wie die „Intern. Preß-Korr." von zuverlässiger Seite er fährt, beschäftigt sich die deutsche Regierung schon seit längerer Zeit da mit, für dre deutschen transatlantischen Dampfer Einrichtungen zur Ab sendung und Entgegennhme drahtloser Telegramme gesetzlich vorzu- schreiben. Eine praktische Notwendigkeit zu einer solchen gesetzgebe rischen Maßnahme lag jedoch bisher nicht vor, da ohnehin schon sämt liche deutschen Dampfer, die den transatlantischen Dienst wahrnehmen, mieden Einrichtungen für drahtlose Telegraphie versehen sind. In- zwischen hat der Deputierte für Pittsburg in der amerikanischen Ne- präientantenkammer einen Antrag eingebracht, in dem er aus den Vor gängen bei dem Untergänge des Dampfers „Republik" die Lehre zieht, daß sämtliche Schiffe, die den überseeischen Verkehr zwischen den ver- schiedenen Ländern vermitteln, die Einrichtungen für drahtlose Tele graphie besitzen müssen. Seine Forderung, daß für Schiffe, die in den nordamerikanischen Häfen zuyelassen werden wollen, solche Einrich tungen obligatorisch sein sollen, dürfte Gesetz werden. Deutscherseits betrachtet man nunmehr eine baldige internationale Regelung dieser wichtigen Frage für dringend wünschenswert. Seitens der Reichs regierung dürfte die Initiative dazu bei den Kabinetten der Seeschiff- fahrt treibenden Staaten in Bälde ergriffen werden. * Kreuzer „Bineta". Nach ^/-jährigem Dienste im In- und Aus. lande zieht nächstens der große Kreuzer „Vineta" in Danzig die Flagge ein, nm als Seekadetten, und Schinsjungen-Schulschiff eingerichtet zu werden. Der 1897 in Danzig vom Stapel gelaufene Kreuzer befindet sich seit September 1899 dauernd im Dienst. Von 1900 bis 1905 war er im Auslände, und -war vier Jahre lang an der amerikanischen Ost küste. Unter Kapitän z. S. Scheder war „Vineta" Flaggschiff der ost- amerikanischen Kreuzerdivision. Sie beteiligte sich 1902 an der Weg- nähme der in La Guaya liegenden venezolanischen Kriegsschiffe und an dem Bombardement des Fort Salomo, sowie des Kastells Libcrtador vor Puerto Eabello. Als im Februar 1903 das Kanonenboot „Panther" von dem Fort San Carlos bei Maracaibo beschossen wurde, ließ Kapi tän z. S. Scheder von der „Vineta" das Fort bombardieren und zer stören. Ende 1904 besuchte „Vineta" die westafrikanische Küste in ihrer ganzen. Ausdehnung und kehrte im Frühjahr 1905 in die Heimat zurück. Seitdem diente es als Torpedoversuchsichisf. In dieser Eigenschaft soll cs durch den Panzerkreuzer „Friedrich Karl" abgelöst werden. * Erpräsivent Castro erklärte einem Mitarbeiter des „B. T." gegen über, daß er nicht an die Wiedergewinnung seines PräsidentenpoUens denke. Sein Wunsch sei es, in Ruhe und Zurückgezogenheit zu leben. Tas Allgemeinbefinden des immer noch in der 'Behandlung deS Prof. Israel befindlichen Patienten ist gut. * Die Eröffnung des neuen anhaltischen Landtages in Dessau wird am 22. Februar durch den Herzog im Saale des Herzog!. Residenz- schlosset erfolgen, ebenso wie es bereits vor fünf Jahren nach dem Regierungsantritt des Herzogs der Fall war. * Die Rachlabsteuer vom sozialetkischen Standpunkte. Der be kannte Theologe Adolf Harnack bekamvst in einem Aussatz in der „Deurichen Revue" alle die Gründe gegen die Nachlaßsteuer, die nament lich von agrarischer Seite angeblich aus ethischen Gründen dagegen vor- gebracht werden. Er sagt u. a. mit vollem Reckt: Daß ein Kapital von 20 000 keine Nachlaßsteuer von 100 und ein solches von 200 000 keine Nachlaßsteuer von 4000 F verträgt, ohne die Familie und den Familiensinn zu schädigen, wird man uni vergeblich einzureden ver suchen. Im ersten Fall gehen 4 ^k, im letzteren 160 jährliches Ein kommen verloren. Empfindlich möge das in einigen Fällen sein, aber man solle für besondere Fälle (Kinderreichtum, Erhaltung des unbeweg lichen Besitzes usw.j besondere Maßnahmen treffen. Entgegen dem Ein wurf, die Nachlaßsteuer sei nicht wegen ihrer Höhe oder Niedrigkeit, sondern deshalb zu bekämpfen, weil sie sich -wischen Eltern und Kinder dränge, die als Einheit zu betrachten seien, meint Harnack umgekehrt, daß sich für dieses Eindringen sozialethische Gründe nennen lassen: Erstlich, jeder, der etwas erbt — auch der Sohn und die Tochter —, soll daran erinnert werden, daß es etwas anderes ist, ein Kapitel zu erwerben, und etwas anderes, «in Kapitel zu erben. Sodann, jeder, der etwas erbt — auch der Sohn und die Tochter —, sollen daran erinnert werden, daß sie überhaupt nur erben können, weil sie unter dem Schutze des Rechtsstaates stehen, der den ruhigen und sicheren Uebergana des Vermögens aus einer Hand in die andere allein ermöglicht. Anders ausgcdrückt: die Nachlaßsteuer erinnert an die besondere Art und damit auch an die besonderen Pflichten des nicht selbst erworbenen Kapitals, und sic bringt an dem richtigen Punkte das hohe Gut, das die Gesellschaft an dem NcchtSstaate besitzt, zum Aus druck. In dieser wie in jener Hinsicht kommt somit der Nachlaßsteuer ein bedeutender sozialethischer Wert zu, ja nach Harnacks Meinung weist unsere sittliche Kulturentwicklung in der Gegenwart geradezu auf diese Steuer hin. Harnack schließt seine Darlegungen mit den Worten: „Jedenfalls ist cs aufs dringendste zu wünschen, daß neben den Steuern aus den Massenkonsum, denen niemand eine ethische Bedeutung anzu dichten vermag, auch eine Steuer großen Stils allgemein eingeführt wird, die vom iozialcthischen Standpunkt nicht nur einwurfsfrei, son dern auch heilsam ist, weil sie das „8uurn oniqus" so zum Ausdruck bringt, wie cs der Geist unseres Jahrhunderts verstehen und fassen muß." WaS sich die Agrarier gesagt sein lassen mögen. * Die württembergische Zweite Kammer nahm nach Ablehnung eines konservativen Gegenantrages mit 48 gegen 84 Stimmen den An trag auf Errichtung einer für beide Konfessionen gemeinsameu Obcrschulbehörde an. Ausland. Oesterreich-Urrsiarn. " Nene Silbermünzen. Wie uns aus Wien berichtet wird, Hal die österreichische Regierung im Reichsrate eine Vor läge cingebracht, durch die u. a. auch die Schaffung einer neuen Silbermünze, des Z w e i k r o n e n slii ck s, vorgesehen werden soll, das berusta sein wird, den nunmehr fast gänzlich aus dem Verkehr ge zogenen Silberguldcn im Verkehre zu ersetzen. Die neuen Münzen wer den jedoch keine Kurantmünze wie dieser, sondern eine Art höhere Scheidemünze darstcllen. Demgemäß wirb ihre Anmeldepflicht wie zerre der Krvncnstncke auf 50 Kronen beschränkt werden. Es werden nach der Vorlage 50 Millionen in solchen Münzen, ferner 100 Millionen in Einkronenstnckcn ausgeprägt werden. Zu diesem Zwecke wird die Re gierung den Beständen der Bank 75 Millionen Stück Silbergulden enr- nchmcn, zur Prägung verwenden und den Nest der industriellen Pro duktion zuführeu. Des ferneren sicht die in Rede stehende Vorlage eine Vermehrung der Zehnkronennoten vor, da die Bank mit dem bisherigen Kontingent von 160 Millionen nickt ausreichte und gezwungen war, die aleichwertigen Goldstücke in größeren Mengen dem Verkehr zuzuführcn. Diese ganze Nalutaaktion findet iedoch ihre zeitliche Grenze in der gegen wärtig zu Neckt bestehenden Münz- und Währungskonventton mit Ungarn und würde große Abänderungen erfahren, falls das mit Ende 1910 ablanfcndc Bankprivilcgium nicht erneuert wird. England. * Tie „Invasion" im Theater. Welch sonderbare Blüten die In- vasionsidec jenseits des Kanals treibt, das erhellt wieder einmal fol gende Mitteilung unseres Londoner Korrespondenten: London, 29. Januar. sTelcgramm.j Im Wnndham-Theatcr wurde gestern ein Stück gegeben, welches diedeutscheJnvasi o'u behandelte. Die Zuschauer waren von der Vorstellung begeistert und applaudierten aufs lebhafteste. Ter anonyme Autor soll ein Offizier sein, der sich zur Aufgabe gemocht hat, die „militärische Apathie" seiner Landsleute zu beseitigen. Auch in offiziellen britischen Kreisen wird immer wieder das In- vasionsthema angeschnitten So meidet eine weitere Depesche: London, 29. Januar. (Telegramm.) Der Erste Lord der Admiralität. Mr. McKenna, erklärte gestern, die Regie rung sei entschlossen, die Flotte in höchster Kriegsfertlg- keit zu erhalten. England müsse durch die Flotte vor jeder möglichen Gefahr einer Invasion geschützt werden. Weder das englische Parlament noch das englische Volk werde die Kosten scheuen, die zur Aufrechterhaltung der englischen Seeherrschaft notwendig sind. Ein amtlicher Bericht weist eine auffallende Besserung in den S ch i e ß r es u l t a t e n der englischen Flotte während der ver gangenen Jahre nach. Die Treffer haben sich um etwa 30 Prozent vermehrt. Der „Dreadnought" feuerte seine größten Geschütze 53mal ab und erzielte dabei 35 Treffer. Frankreich. * Beim Präsidenten Fallieres fand nach einer Meldung aus Paris eine großes diplomatisches Diner statt. Der deutsche Botschafter Fürst Radolin saß neben der Gattin des Präsidenten. Italien. * Giolitti demissioniert. Die Universitätsfragc scheint in Italien eine förmliche Kobinettskrisis heraufzubcschwören. ES heißt, daß jetzt auch Giolitti demissionieren will. Unser römischer Korrespondent be richtet uns darüber: Rom, 29. Januar. (Telegramm.) Wie verlautet, beabsichtigt der Ministerpräsident Giolitti nach Beendigung der Gene ralwahlen zu demissionieren, da er sich der Ruhe bedürf tig fühlt". Von den österreichisch-italienischen Verhandlungen hinsichtlich der Universitätsfragc wird unS weiter gemeldet: Rom, 29. Januar. sTelegramm.) Wie die „Stampa" mit- lcilt, hatte der österreichische Botschafter gestern eine längere Unterredung mit Tittoni. Man schließt daraus, daß die Verhandlungen zwischen Wien und Rom fortgesetzt werden. Es heißt, daß ein Kompromißvorschlag gemacht worden sei, dahin gehend, daß die Gründung einer italienischen Fakul tät in Wien als eine provisorische Maßnahme zu gelten habe. Während der Beratung im österreichischen Parlament wird sich die Negierung verpflichten, die Fakultät entweder nach Triest oder nach Trient zu verlegen. Abessinien. * Der Negus. Aus Rom wird gemeldet: Nachrichten aus Adis Abeba zufolge ist im Befinden Meneliks eine Besserung ringe- treten. Die fremdenfeindliche Bewegung ist den letzten Nachrichten zufolge nicht von Belang, da einflußreiche Personen die Aufrechterhaltung der Ruhe verbürgen. Persien. * Der Schah macht, wie aus Teheran gemeldet wird, die äußer sten Anstrengungen, die verlorene Autorität wiederzugewinnen. Nach dem in den letzten Wochen kleinere Truppenabteilungen auf Jsphahan vorgerückt sind, verlassen jetzt drei Regimenter Infanterie und eine Abteilung Artillerie mit 4 Geschützen Teheran. Ein berittenes Kosaken- Detachement und zwei Maschinengewehre werden in den nächsten Tagen abgehen. Amerika. * Las Marinedepartement erließ, wie au« Washington gemeldet wird, ein AuSickreiben für Errichtung eine« Turme« für drahtlose Telegraphie in Washington. Dieser soll mit Schiffen und Telefunken- Stationen bi» zn einem Nmkrei» von 3000 Meilen in Verbindung bleiben.
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