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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.04.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-04-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980404013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898040401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898040401
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-04
- Tag 1898-04-04
-
Monat
1898-04
-
Jahr
1898
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Die Morgeu-Uusgabe erscheiuk nm Ah«, hie Abend-AuSgab« Wochentag- nm b Uhr. Ne-action »n- Erve-No»:, AohanneSgasse 8. Dir krvedttion ist Wochentags ununterbrochen »öffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr Filiale«: Dtt« Klemm s Sorti». (Alfrek HahnX UuiverfitätSsrraße 3 (Paulinmo), LeutS Lösch«, Katbariaenftr. Ich -art. and Königsplatz 7. Bezrrg-.Prett Ist -« -an-t^pedttton oder den t» Gtadi^ beutrk «ch den Vororten errichteten Ans» aavestellen abgebolt: viertelju-rlich^ILLO, ori zweimaliger täglicher Zustellung ins Hans b.üO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: oierieliährlich 8.—. Direkte tägliche Krruzbandsendnng ins Nnsland: monatlich 7.SO. 1K9. Morgen-Ausgabe. MpWcr TllMatt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes und Notizei-Amtes -er Lta-t Leipzig. Aa-eigen-Prer- -ie sgespaltene Petitzeile 70 Pf-. tzieclamrn unter demviedoctroosstrich tsae» spalten) ÜO^. vor den FamilienriaLrichten (S gespalten) 40 ch. Gröbere Schrift»« laut unserem PretL verzeichniß. Tedellarischer und ZifserosaZ nach höherem Darts. Srtra-Veilageu (gefal-t), nur mit der Morarn-Ausgabe, ohne Postbeförderung SO-, mit Postbefvrderung 70—. Innahmeschluß fiie Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. knzeige» find stets an die Er-e-ittan zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Montag den 4. April 1898. 92. Jahrgang. Zur Geschichte unserer Straßenname»-*) Der Leipziger Chronist Vogel zählt in der Stadt beschreibung, die er um 1696 in seinem Leipzigischen Ostrouieon gegeben hat, 27 „benanntliche" Gaffen und Straßen in der Ringmauer und 20 vor den Thoren auf, fügt aber ausdrücklich hinzu, daß es noch andere gäbe, die keine Namen hätten, z. B. „die Gaffe, wo E. Edl. Raths Marstall stehet und diesem gegenüber das Magazin" (jetzt der Peterskirchhof), „die Gaffe Hinterm Schlöffe" (jetzt die Schloßgasse) u. a. m. In der in neren Stadt nennt er, indem er die Straßen nach dem Grunde der Benennung, Uber den er freilich manchmal im Jrrthum ist, anzuordnen sucht: Die Burgstraße, die Petersstraße, die Niclas- straße, dir Catharinstraße, das Thomasgäßchen, das Barfüßer- gäßchen, die Klostergasse, die Rittcrstraße, die Hainstraße, die Fleischergasse, den alten Neumarkt, den neuen Neumarkt, das <Lkwandgäßchen, das Kupfergäßchen, das Sporgäßlein, das Salzgäßchen, das Schustergäßchen, das Böttchergäßchen, die Grimmische Gasse, die Höllische Gaffe, das Höllische Pförtchen, die Reichsstraße, das Preußergäßchen, das Goldhahngäßchcn, den Sack, das Stadtpfeifergäßchen, den Sperlingsberg, den Brühl; in den Vorstädten, vor dem Grimmischen Thore: den Grimmischen Stcinweg, die Bettelgaffe, die Neugaffe, die Hinter gaffe, den Hahnekamm, die Quergasse, die Gottesackergasse, das Todtengäßchen; vor dem Petersthore: die Sandgaffe, die Ul- richsgaffe, den Kauz, die Windmühlgaffe, den Petersteinweg, das Klitschergäßchen, das Nonnen- oder Klostergäßchen; vor dem Ranstädter Thor: den Ranstädter Steinweg, den Mühlgraben, das Schottengäßchen (im Naundörfchen); vor dem Höllischen Thore: die Gerbergafle, die Neugaffe. Fast genau dasselbe Bild finden wir noch hundert Jahre später. Schlagen wir den Stadtplan in Leonhardis Beschrei bung der Handelsstadt Leipzig von 1799 auf, so sehen wir kaum eine Veränderung. Die Gassen- und Straßennamen sind genau dieselben; in der inneren Stadt sind noch der Peters kirchhof, die Schloßgasse und die Schulgasie in den Plan ein getragen, vor den Thoren ist das Schrötergätzchen hinzu gekommen, das aber auch keinen Zuwachs bedeutet. Erst An fang der dreißiger Jahre unseres Jahrhunderts entstand vor dem Petersthor ein neuer Anbau, eine neue „Nachbarschaft", wie man damals noch amtlich sagte, die ihre Gassen und Straßen Friedrichstraße, Webergasse, Glockenstraße, Brüder gasse und Hvlzgasse nannte. Eine Häusernumerirung war zum ersten Male 1793 eingeführt worden; die Häuser wurden dabei durch die ganze Stadt und hie Vorstädte durchqezählt (auf Leonhardis Plan von 1 bis 1340). So blieb es bis ans Ende der dreißiger Jahre. Zwar regten die Stadtverordneten schon 1831 und dann wieder 1836 1) eine neue, zweckmäßigere Anordnung der Hausnummern, 2) die Benennung der noch ohne Namen vorhandenen Plätze, Straßen, Gaffen und Gäßchen an; in ihrer Eingabe vom August 1836 heißt es: „Der in der Johannisvorstadt eingeschlageue Weg, für jede einzelne Straße eine besondere fortlaufende Haus- uummerzahl aufzustellen, scheint für ganz Leipzig unbezweifelt der beste Bezeichnungsmodus zu sein und dürfte sich um so mehr empfehlen, als die vielen bereits entstandenen und noch zu erwartenden Nrubaue nur dazu beitragen können, *) Mit freundlicher Bewilligung des Verfasser? abgedruckt aus einem in den nächsten Tagen erscheinenden Buche: Aus Leipzigs Vergangenheit. Gesammelte Aufsätze von Gustav Wust mann. Neue Folge. die Verwirrung der Hausnummerordnung zu vermehren, die um so ärgerlicher und fühlbarer werden müßte, wenn, wozu ja gar nicht unwahrscheinliche Gründe vorhanden, Leipzig sich in den künftigen Jahren noch mehr vergrößern sollte" (!). Schon damals, 1836, trugen auch die Stadtverordneten darauf an, daß in jeder Straße die Häuser zur Linken die ungeraden, die zur Rechten die geraden Zahlen führen sollten, ein Gedanke, der erst fünfzig Jahre später, 1886, ausgefübrt worden ist. Aber erst als infolge des Gesetzes vom 14. November 1836 über die neue Einrichtung der Jmmobiliarbrandversicherungs- anstalt eine „gemischte Deputation" eingesetzt worden war, um eine neue Katastration der Stadt vorzunehmen, kam diese De putation im Verlaufe ihrer Arbeit im Juli 1837 auf die Anträge der Stadtverordneten von 1831 und 1836 zurück und wurde nun vom Rathe beauftragt, die Angelegenheit der Häuser- numerirung weiter zu verfolgen „und auf hier und da an gemessenere und, wo es nöthig, neu rinzuführende Benennung von Plätzen und Häuserpartien Bedacht zu nehmen". Am 4. März 1839 übergab die Deputation dem Rath ihre Vor schläge. Kurz zuvor hatte der Rath selbst die „Gassenmeister" der drei weiteren neu entstandenen „Nachbarschaften" vor dem Hinterthor und vor dem Grimmischen Thor (rechts und links von der Dresdner Straße) aufgefordert, Vorschläge zu machen zur Benennung der neuen Straßen, die dort angelegt worden waren, und diese Vorschläge waren auch eingegangen. Ueber dieses gesammte Material wurde in der Rathssitzung vom 9. März 1839 verhandelt, dabei wurden die Vorscyiage der Deputation wie die der drei „Nachbarschaften" zum größten Theil angenommen, nur einige wurden abgeändert, und am 31. October 1839 wurde die ganze beschlossene Neu- und Um taufe im „Leipziger Tageblatt" veröffentlicht. Es waren im Ganzen 69 neue Benennungen, darunter manche ganz über flüssige für Plätze, Thore, Pforten und Brücken, die sich niemals eingebürgert haben. Es mögen hier nur die wichtigsten genannt sein. Zu den ganz neu getauften Plätzen und Straßen gehörten: der Obstmarkt, der Augustusplatz, der Johannisplatz (der sich auch nicht einbürgerte und 1883 nochmals so getauft wurde!), „an der Bürgerschule", der Moritzdamm, die Theatergaffe, der untere Part, der obere Park, die Hospitalstraße, die Münzgasse, der Floßplatz, die kleine Burggaffe, „an der Wasserkunst", „an der Pleiße", die Rosenthalgasse, der Löhrsche Platz, die Packhofs- gaffe, die Bahnhofstraße; in den neuen Nachbarschaften: die Gartenstraße, die Eisenbahnstraße, die Tauchaer Straße, die Reudnitzer Straße, die Mittelstraße, die Lange Straße, die Dresdner Straße, die Jnselstratze, die Blumengafse, die Kreuz straße, die Antonstraße. Umgetauft wurden: der Eselsplatz in Ritterplatz, die Esplanade in Königsplatz, die Grimmaische Gasse in Grimmaische Straße*), der alte Neumarkt in Uni versitätsstraße, der neue Neumarkt in Ncumarkt, das Stadt pfeifergäßchen in Magazingasse, die Fleischergasse in Große und Kleine Fleischergasse, das Höllische Pförtchen in Höllisches Gäßchen *), die Höllische Gasse in Höllische Straße, der Grim maische Steinweg in Dresdner Straße, das Todtengäßchen in Kirchgäßchen, die Neugaffe in Poststraße, die Hintergaffe in Schützenstraße, die Sandgaffe (zur Ulrichsgaffe gezogen), der Kauz in Kleine Windmühlengasse, die Windmühlengafle in Große Windmühlengasse, der Peterssteinweg in Zeitzer Straße, *) Die falsch« Form Grimmaisch für Grimmisch war schon im Laufe des achtzehnten Jahrhundert? ausgekommen: dagegen war die richtige Form Hallisch, wofür jetzt Halle'sch (!) geschrieben wird, noch I83S lebendig. das Klitschergäßchen in Pleißengaffe, das Klostergäßchen in Mühlgaffe, der Ranstädter Steinweg in Frankfurter Straße. Seit dieser großen Neu- und Umtaufe giebt es regelmäßig geführte Acten über unsere Straßenbenennungen. Ganz voll ständig sind sie nicht, doch fehlt nur wenig darin. Im Folgenden soll auf Grund dieser Acten zunächst eine Uebersicht über die Straßentaufen und -Umtaufen von 1840 bis 1890 gegeben werden. Sie enthält zwar nichts als Zahlen und Namen, er zählt damit aber doch die ganze Geschichte unserer^Stadt- erwciterung seit 1840. Freilich sind nicht alle unsere Straßen in demselben Stand ihrer Entwickelung getauft worden. Namentlich in den vierziger und fünfziger Jahren erhielten sie oft erst Namen, nachdem sie schon durch eine größere Anzahl von Neubauten deutlichere Gestalt gewonnen hatten; gewöhnlich kamen damals die Grundstücksbesitzer selbst und schlugen einen Namen vor, den der Rath meist annahm. Später wurde es So wurde die Glockenflratze schon in den dreißiger Jahren und dann nochmals 1861, die Pfaffendorser Straße 1861 und dann nochmals IS66 benannt. Man haue die erste Taufe schon wieder vergessen und glaubte, die Straße habe noch keinen amtlichen Namen, üblicher, nicht so lange zu warten, sondern die Straßen mög lichst bald nach ihrer ersten Anlegung auch mit einem Namen zu versehen. Aber im Allgemeinen kann man doch sagen, daß sich seit 1840 in der Geschichte unserer Straßenbenennung die Geschichte unserer Stadterweiterung widerspiegelt. In dem nachstehenden Verzeichniß sind die neuen Straßennamen genau in der Reihenfolge vorgeführt, wie sie vom Rath im Tageblatt bekannt gemacht worden sind. Es wurden folgende Namen ge geben (die blos umgetauften Straßen sind mit einem Stern bezeichnet): 1840 Salomonstraße, Moritzstraße, 1843 * Windmühlen straße (statt Große Windmühlengasse), Albertstraße, Hohe Straße,Elisenstratze, Bayerischer Platz, Thatlstraße, 1844 König straße, Bosenstraße, Linvenstraße, Georgenstratze, Erdmann straße, Karlstraße, Marienstraße, 1846 Egelstraße, Ranftsches Gäßchen, Weststraße, Rudolfstraße, Dorotheenstraße, Elster straße, Colonnadenstraße, 1848 Alcxanderstraße, 1860 * Gerber straße (statt Gerbergaffe), Kohlenstraße, Maricnplatz, 1866 Carolinenstraße, Emilienstraße, Bayerische Straße, Brandweg, Kurze Straße, Wintergartenstraße, Centralstraße, Zimmerstraßc, Promenadenstraße, Wiesenstraße, Waldstraße, 1868 Braustrabe, Berliner Straße, 1859 * Schillerstraße zstatt Moritzdamm), 1860 Plagwitzer Straße, Dörrienstraße, Sophienstraße, 1861 Gellcrtstraße, Felixstraße, Schletterstraße, Sidonienstraße, Waisenhausstraße, Leibnizstraße, Pfaffendorser Straße, Teich straße, Auenstraße, * Sternwartenstrabe (statt Hvlzgasse), 1862 Bauhofstraße, 1863 Gustav-Adolsstraße, Fregestratze, Körner straße, * Grimmaischer Steinweg (zurückgetauft statt Dresdner Straße), * Ranstädter Steinweg (zurückgetauft statt Frankfurter Straße), * Peterssteinweg (zurückgetauft statt Zeitzer Straße), Lützowstraße, Mahlmannstraße, Kleine Gaffe, 1864 Mendels sohnstraße, Lessingstraße, Färberstraße, 1866 Lösniger Straße, * Goethestraße (statt Oberer Park), * Parkstraße (statt Unterer Park), Canalstraße, 1866 Eutritzscher Straße, 1867 Poniatowskystraße, 1868 Zöllnerstraße, Brandvorwerkstraße, Schreberstraße, 1869 Parthenstraße, Töpferstraße, Humboldt- straße, 1870 Arndtstraße, Lortzingstraße, Blücherplatz, * Nürn berger Straße*) (statt Bosenstraße und Kirchgasse), 1871 Jakobstraße, 1872 Quaistratze (kurz darauf in Ufer- *) Wann der obere Theil am Bairischen Platz benannt worden ist, hat sich nicht ermitteln lassen. straße verwandelt), Eberhardstraße, Keilstraße, Nord stratze, Löhrstraße, * Nordstraße (statt Neustraße), 1873 Bismarckstraße, Sebastian-Bachstraße, Hillerstraße, Hauptmann straße, Marschnerstratze, Davidstraße, Moschelesstraße, Erlen straße, 1874 Südstraße, * Plauensche *) Straße (start Höllisches Gäßchen), * Seitenstraße (statt Kleine Gasse), Kaiser Wilhelmstraße, 1876 Moltkestraße, Kronprinzstraße Schreker gäßchen (im Volksmunde vorher Gummigäßchen genannt), Harkortstraße, Fichtestraße, Kochstraße, * Schulfiraße (statt Schulgoffe), 1878 Stephanstraße (Fürstenstraße ist Privatstraße), An der alten Elster, 1879 Schenkendorfstratze, Aorkstraßc, * Liebigstraße (statt Waisenhausstraße)), Härtelstraße, IWO Platostraße, Dolzstraße, Leplaystraße, * Kurprinzstraße (statt Schrötergätzchen), Jablonowskystratze, Gneisenaustraße, 1881 Secburgstraße, Thomasiusstratze, Gottschedstraße, Dufourstraße, Südplatz, Steinstraße, Am Elstermühlgraben, 1882 Rabenstein-- platz, 1883 Simsonstraße, Beethovenstraße, Mozartstraße, Fer dinand - Rhodestraße, Grassistratze, Wilhelm - Seyfferthstraße, * Pleißenstratze (statt Pleißengaffe), Johannisplatz (schon 1839 so benannt-f) 1884 Sedanstraße, Wettinstraße, An der Milch insel, Lampestrabe, Wächterstraße, Kaiserin-Augustastraße, Kantstraße, 1885 Nordplatz, Karl-Tauchnitzstraße, Pestalozzi- straße, Scharnhorststraße, Körnerplatz, Aeußere Löhrstraße, El sässer Straße, 1887 Johannisallee, Gohliser Straße, 1888 Altenburger Straße, Hardenbergstraße, Christianstraße, König- Johann - Straße, Funtenburgstraße, 1889 Haydnstraße, *Wächterstraße (statt Pleißenstratze), Schwägrichenstraße, *Wurzner Stratze (statt Chausseestraße), Liviastraße, Sophien- platz, Robert-Schumann-Stratze, *Friedrich-List-Stratze (statt Eisenbahnstraße), 1890 *Markthallenstraße (statt Kleine Wind iiiühlengaffe). Vergleichen wir nun einmal unsere alten mit unseren neuen Stratzennamen! Ein Hauptunterschied zwischen ihnen liegt darin, daß die alten Namen geworden, die neuen gemacht sind. Die Straßenbenennung war in älterer Zeit überhaupt kein Gegenstand der Fürsorge der Behörde, die Straßennamen ent standen im Volksniunde, die Behörde that weiter nichts, als daß sie die Namen mitgebrauchte, die im Volksmunde üblich waren, und so erlangten sie von selbst amtliche Geltung. So ist aber der Hergang auch noch lange Zeit bei unseren neuen Straßen namen gewesen, nur mit dem Unterschiede, daß die Behörde von einem gewissen Zeiipunct an die neuen Namen nicht blos still schweigend annahm und mitgebrauchte, sondern ausdrücklich und öffentlich, durch Bekanntmachung im „Leipziger Tageblatt", anerkannte. So nahm der Rath 1839 die Straßennamen an, die sich die Grundbesitzer in den „Nachbarschaften" auSgebeten hatten. Nach 1856 stellte cs die Neubauten-Deputation des Raths als Grundsatz hin, daß „Benennungen, welche von der Bevölkerung stillschweigend recipirt seien, möglichst beibehalten werden müßten", und so erhielt denn auch der größte Theil der 1856 amtlich zu taufenden Straßen keine anderen Namen, als die sie im Volksmundc schon hatten. Ja, sogar noch 1860, als man inzwischen schon angefangrn hatte, nach anderen Gc sichtspuncien zu verfahren, schreibt Stadtrath Franke: „Eine nicht untergeordnete Bedeutung scheint uns die Stimme des Publicums zu haben. Hat sich für eine neue, noch nicht officiell benannte Straße im Munde des Voltes eine gewisser Name ge bildet, so ist, glauben wir, diese Volksstimme, so weit nicht ge wichtige Bedenken entgegenstehen, allerdings zu brachten. Auch ") Richtiger wäre Plauische Straße. 7) Solche zweimalige Taufen sind auch sonst noch vSrgetomMeN. Feuillrton. Das leidige Geld. Von Hans Wachenhusen ff. *) -kaitvruee oder Äliß,u< »erboten. Wenn man nicht so viel mehr vor sich hat, dann schaut man zurück, und so blicke ich denn auf die vielen Etappen, die ich auf meiner Lebensbahn durchlaufen. Von einer der ersten und bedeutsamsten will ich hier er* zählen, nämlich wie ich mit baaren fünfundflebenzig Thalern, die mir nach meiner Ausrüstung noch geblieben, in den türkisch russischen Donau- und den Krim-Krieg zog. Wenig genug war daS, doch wenn man jung ist, geht Alles, es fragt sich nur, wie. Man hatte mir Rimessen versprochen, doch die hatten ihre Schwierigkeiten in einem so wilden Kriege; das sollte ich erfahren. Ich war in Kalafat, — Widdin gegenüber am Ufer der Donau — dem Hauptquartier Halim Paschas, in dem großen Schanzwerk, das die Türken beim Einmarsch der Russen in die Walachei aufgeworfen, mitten hineingerathen unter die Baschi» Bosuks, deren Commandcur der damals so gefeierte JSkender Pascha war. Dir Offrirre, fast siimmtliche polnische und un garische Insurgenten, die man daheim mehr oder minder, wenn ich mich so auSdrücken darf, zum Tode verurtheilt hatte, waren mir so liebenswürdig entgrgrngekommen, daß ich mich in ihren Zelten wohl fühlte, in denen die Würfel auf der Trommel klapperten Und die Trinkschal« umherging, während die Zigeuner- dirnen ihre Quadrillen tanzten. Dabei beschlich mich natürlich alsbald dir graue Sorge wegen mein» Eaffe, obgleich es auch den Officieren nicht besser ging, die auf ihre Gage warten mußten, wahrend sie sich täglich mit den die Schanzen bestürmenden Russen herumschlugin. Oben aus der Höhe des Kalafater Ufers lag eine großartige Schweine-Schlächterei, dem Hamburger House Koopman Ä Bridgeman gehörig, durch welche diese die englische Flotte in Friedenszeit verproviantirten. Ein« dieser Herren kam nun nach Widdin gereist, um sich nach dem Zustande ihrer jetzt außer Thätigkeit gerathenen Anlagen umzusrhen; ein freundlicher Herr, der sich mit uns bekannt machte. Um dieselbe Zeit erhielt ich durch die serbische Tatarrnpost einen Wechsel au« Wien zugesandt. Mir sehr willkommen. Aber was machen damit? Der Wechsel lautete auf ein Haus in Bukarest, dem russischen Hauptquartier, und ich war in einem türkischen! *) Di« nachstehende Erinnerung au» dem vielbewegten Wander leben Wachenhufen'» ist der letzte un» zugrgangen« Beitrag. D. Red, Wir saßen am Abend in der Locanda Alexo am Donau- Ufer, alS ich den Brief öffnete. Jacoub-Aga, Major der Baschi- BosukS, ein alter Haudegen, der wegen seiner Rolle in der pol nischen Revolution zum Tode verurtheile Constantin von Jacu- bowski, besah sich den Wechsel und lachte. „Laden wir ihn in eine Kanone und bitten die Russen, uns daS baare Geld auf demselben Wege zu schicken!" war sein Rath. „DaS Haus ist gut!" mischte sich Herr Koopman ein. „Da wir in Beziehung mit Bukarest stehen, bin ich bereit, die fünfzig Dukaten auf den Wechsel auszuzahlen, wenn ich Ihnen damit einen Dienst leisten kann." Ob er dar konnte! Die Dukaten klapperten auf dem Tisch und mir war geholfen! Ich schüttelte ihm dankbar die Hand. Mein Erstes war, ein Pferd der Balkanrasse von einem Arnauten-Häuptling zu kaufen, der es im Gefecht erobert hatte. Doch auch das hatte sein Schicksal! Als die Russen sich von Kalafat zurückzogen, begann der Marsch zur Entsetzung der hart von ihnen bedrängten Festung Stlistria, daS allen Zeitungen nach schon in Hellen Flammen stand. Vergeben» schrieb ich: ES brennt hier noch nichts! Aber man glaubte mir nicht; es war ja viel interessanter, wenn Alle« in Flammen stand! Die Russen zogen auch von Silistria ab und ich trennte mich von den türkischen Truppen, um zu den Westmächtrn zu gehen, deren HilfStruppen schon in Varna standen, denn der Krim Krieg sollte beginnen. Mit dem Geld« sah'« wieder schlimm aus. Bei dem Mangel an Communicationen mißtraute ich einer Geldsendung, die über Konstantinopel nach Varna an mich gemacht werden sollte; ich ritt also vor rin verlassenes BulgarenhauS, an dem ich mit großen Theerbuchftaben geschrieben las: „Restaurant lies ottialsrs", und sagte dem Wirth: „Ich wünsche Quartier; Geld habe ich keins, erwarte es aber hier, inzwischen mag Ihnen Pferd, Sattel und Zaumzeug zum Pfände dienen." „karkaitcnntznt!" sagte der Wirth zufrieden, und ich begab mich denn daran, da« Roß zu „verzehren". Das gelang, während ich in Varna auf die Einschiffung nach Eupatoria wartete. Es war ein furchtbares Gewühl in dieser Schwarzen-Meeresstadt; die englifchen, französischen und türkischen Lager standen bei Devno»; Cholera und Typhus decimirten die Truppen so, daß ganze Zeltrcihcn sich leerten, in der Stadt aber commandirte St. Arnaud, der täglich die prahlerischsten Befehl« erließ, während Jörome Napoleon, der „rothe Prinz", sich täglich einen Dampfer Heizen ließ, um der jungen Frau des Generals seine Besuche in Buyukderr zu machen. Alt das Roß sammt Sattel und Zaumzeug verspeist war, ließ ich mich in einem bulgarischen Kaneh, einem Wirthshausr, eiNgUaktieteN. Vergeblich wartete ich auf meine Geldsendung, die in diesem militairischen Babel sehr leicht in falsche Hände ge kommen sein konnte. Ich machte auf einem französischen Kriegs dampfer eine Tour nach der kleinastatischen Küste und ließ mich aus Langeweile von den Engländern auch notiren für die Expe dition, die dem Schamyl*) Gewehre nach Sudschut-Kaleh bringen sollte. Aus der ward jedoch nichts, weil die russischen Posten die Küste streng bewachten. Endlich beschloß ich denn in meiner Verzweiflung, auf dem österreichischen Consulat nachzufragen, ob vielleicht dort Geld für mich — durch das österreichische Postamt in Konstantinopel — angekommen sei. Und dort passirte mir denn ein originelles kleines Abenteuer. Ich gestehe, meine Kleidung war in desolatem Zustande. Die Nähte meiner Stambulia wollten nicht mehr halten, mein Fez war verblichen, meine hohen Stiefel hingen an den Knien haltlos herab; Sonne und Welter hatten mein Gesicht gezeichnet. Und so trat ich denn eines Mittags in die große Parterrehalle des Consulats. Ein hübsches junges Mädchen, kaum dem Backfischalter ent wachsen, war eben beschäftigt, die silbernen Löffel und Gabeln zu den Couverts der gedeckten, ziemlich großen Tafel zu legen. Mit Befremden fchaute sie mich an, der ich nach dem Herrn Consul fragte. Sie bat um meinen Namen. „Sie wünschen ihn selbst zu sprechen?" fragte sie mit den Zipfeln der weißen Schürze noch in der Hand und sichtbar scheu. Auf mein Bejahen ging sie um den ganzen Tisch herum, that dar Silberzeug rasch wieder in die Schürze zurück und bat mich, zu warten, sie wolle den Papa rufen. Lächelnd hatte ich ik»rem Gebühren zugesehen, ein Blick in den Spiegel der Halle überzeugte mich, daß sie schließlich nicht so ganz unrecht gethan, denn ich sah nicht anders auS, wie ein Abenteurer, der sich an dem blanken Zeug leicht vergretfen konnte. Eine Visitenkarte besaß ich nicht mehr, denn die waren im Kriege nicht Sitte; ich hatte ihr ein solche auch nicht überreichen können. Meinen Namen hatte sic sicher schon vergessen. Wohl eine Viertelstunde verstrich. Da erschien ein junger Mann, der mich ebenfalls sehr zurückhaltend betrachtete, und fragte nach meinen Wünschen; der Consul sei eben noch be schäftigt, sagte er. Ich nannte auch ihm meinen Namen, die Frage hinzusügend, ob nicht mit der österreichischen Post eine Geldsendung für mich an das Consulat gekommen sei. „O Verzeihung!" entschuldigt« er sich für sein« Zurückhaltung. „Seit Wochen schon liegt eine solche für Sie da! Wir hatten schon die Absicht, sie zurückgehen zu lassen." Er gab dem in der Thür erschienenen Kawaffen, dem bewaffneten ÄmtSdiener, die *) Tem bekannten Führer der kaukasischen Bergvölker gegen di» Russen. Ordre, den Consul zu bitten, er möge sich herabbemühen, und dieser erschien denn auch sofort. Ich wurde ihm vorgestellt, während auch die Tochter sich wieder eingefunden hatte und das Silberzeug wieder auslegte. Der Consul lud mich ein, an seinem Frühstück theilzunehrmn, ich aber bedauerte meines Aufzuges wegen. „O, das begreift sich! In einem so wüsten Krieg,!" rief er lachend. „Wir lasen Ihre Berichte in der Augsburger Allge meinen mit großem Interesse." Ich blickte die Tochter an. Während der Consul mich auch ihr vorstellte, erröthete sie bis zur Stirn. Zu ihr tretend, konnte ich doch di« kleine Bosheit nicht unterdrücken, ihr zu sagen, ich würde ihr den Silbcrschatz sehr treu behütet haben. Bei Tisch, als dem Consul der Farbenwechsel seines Kindes auffiel, sobald ich ein Wort an dieses richtete, brachte ich die Rede aus der Tochter weise Vorsicht. Man lachte herzlich auf ihre Kosten. Ich aber erzählt« zu meiner Rechtfertigung, wie die Wäsche in der türkischen Armee derart zum Vorurtheil geworden, daß ich, als ich im Haupt quartier Schumla dem Serdar, dem Generalissimus Omar Pascha, meinen Besuch gemacht, nur ein einziges Hemd noch besessen. „Dieses habe ich mir selbst gewaschen, zum Trocknen in die Sonne gehängt, anstatt des Bügelns meinen Mantelsack und mich selbst darauf gesetzt und damit b«i den Officieren einen ent schiedenen Anstandseffekt erzielt. I» Kusr-re oonaürs ä Ir» Knorrs!" Nach Tisch« führte mich der Consul in sein Bureau und überreichte mir ein kleines Ledersäckchen mit dein Siegel der österreichischen Post, die ja ihr eigenes Privilegium hatte. Hundert Dukaten! Ich verließ das Consulat als reicher Mann. Aber was damit für meinen äußeren Menschen thun? Kein KaufladeN in Varna geöffnet aus Furcht vor Plünderung. Ein Hemd hätte mir so wohlgethan, aber woher nehmen? Endlich fand ich «inen französischen Marketender, der mir ein solches verkaufte. Sin Zuave, ein Deutscher jüdischer Ab kunst aus Köln, der mit feinen Kameraden im Hofe des Kaneh einquartiert war und mich gerne bediente, erklärte mir, er sei seines Zeichens ein Schneider, und der übernahm ei denn, meine Kleidung leidlich wieder herzustellen, während ich mich, mit dem Mantel bedeckt, in di« Sonne legte. Danach ging ich zuM Ke-otnurnnt <i«e> cckkiemrs, um mein Pferd auszulösen. Ich war wieder flott. Die Geschichte da aber mif den silbernen Löffeln überzeugte mich wiederum, daß auch in Kriegszeiten d»S Wort seine Geltung behält: „Kleide, machen Leute!"
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