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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.10.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-10-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18981006014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898100601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898100601
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-10
- Tag 1898-10-06
-
Monat
1898-10
-
Jahr
1898
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7472 „Schlesische Zeitung" erklärt, daß die Bildung einer conservativen Mehrheit überhaupt nickt in Frage komme, so muß angesichts der Thatsacke, daß den Confer» vativen nur noch sieben Stimmen zur Mehrheit fehlen und angesichts der nicht minder offenkundigen Thatsache, daß sie Alles daran setzen, um diese sieben Sitze und noch mehr zu erlangen, der Muth, mit dem das führende Organ der conservativen Partei in Schlesien diese Behauptung in die Welt binanSschickt, bewundert werden. So viel wir wissen, befindet sich unter den Breslauer Nationalliberale» die Elite der gebildete» Stände, Professoren, große Industrielle und Großkauflcute, — und solchen Leuten sollte man doch nicht so handgreifliche Unwahrheiten auftischen, wie es die „Schles. Zeitg." versucht. L. O. Berlin, 5. October. Die Stellung der frei willigen Krankenpflege zur Armee und zum gesammten Volke ist gelegentlich der gegenwärtig in Berlin statlfindenden Versammlungen der Deutschen Vereine vom Rotben Kreuz durch zwei Kundgebungen beleuchtet worden. Nach der großen Uebung des freiwilligen Personals bei Schöneberg, an welcher auch eine Münchener Colonne sich bethciligte, richtete der kaiserliche Commissar und Militair- inspecteur der freiwilligen Krankenpflege, Graf zu Solms- Barulh, an die versammelten Mannschaften einige Worte, in welchen er auf die Verantwortung bei der freiwillig übernommenen Aufgabe der Vereinsmitglieder hinwies und darauf betonte, daß „von allerhöchster, von maßgebender boher Stelle" den Vereinen großes Vertrauen und Wohlwollen entgegengebrachl werden, was schon an den äußeren Gnadenbeweisen auf der Brust der Colonnenmitglieder zu erkennen sei. Mit Genugtbuung habe es ihn auch ersüüt, daß die einzelnen Puncte der Tages ordnung zur Besprcckung, nicht aber zur Beschluß fassung gestellt seien. — Auf dem am Abend desselben Tages im Kaiserbof stattgchabtcn Diuer, zu welchem Graf zu SolmS das Gesammtcomile der Ausstellung vom Rothen Kreuz geladen halte, leitete der Kriegsminister v. Goßler den Toast auf die Protectorin, die Kaiserin, mit bemerkens- werthen Ausführungen ein, welche das Verhältniß der Armee zu den Vereinsbestrebungen scharf präcisirten. Der Minister sagte u. A.: „Die Heeresverwaltung hat zwar die Bestrebungen der Vereine vom Rothen Kreuz stets mit dem größten Interesse verfolgt, aber der Zweifel über ihre Leistungssäbigkeit haben wir uns nickt ent- schlagen zu dürfen vermeint. Wir rechnen bei unseren Kriegs» Vorbereitungen mit planmäßigen Zahlen; Versprechungen und Möglichkeiten können sich verwirklichen, einen ziffermäßigen Aus» druck finden sie nicht. Anders liegt die Sache, wenn wir aus den Friedensvorbcreitungen ersehen, daß wir mit realen Größen zu rechnen im Stande sind. Ick darf pflichtgemäß der Ueberzeugung Ausdruck geben. Laß wir allerdings nach unseren Vorbereitungen den ersten Anforderungen gewachsen sind ; die Aufgaben, die ein großer Krieg an uns dauernd stellen wird, lassen sich jedoch nur im Verein mit der freiwillige» Liebesthätigkeit des gesammten deutschen Volkes erfüllen. Wollen wir diese Thätigkeit organisiren, so muß sie sich bereits im Frieden lebendig bewähren. Die Besetzung von Unfall-, Kranken- und Rettungsstationen ist meines Dafürhaltens Aufgabe des Rothen KreuzeS; daraus ergeben sich Erfahrungen, daraus entwickelt sich ein ausgebildetes Personal. Mit Freuden darf ich anerkennen, daß uns Bayern hierin mit leuchtendem Bei spiel vorangegangcn ist... Läßt sich diese Organisation ins Leben rufen, jo ergiebt sich hieraus unmittelbar die Verbindung mit der Armee. Sie ließe sich finden, wenn beispielsweise bei größeren Truppenzujammenziehungen, wie bei den Kaisermanövern, das Rothe Kreuz uns die hilfreiche Hand böte. ... Eine solche Organisation bat aber noch einen ernsten Hinter grund, eine Bedeutung, die über den einzelnen Fall weit hinaus reicht. Unsere deutsche Armee ist mit aller Sorgfalt für den Krieg organisirt und personell und materiell darauf vorbereitet, und weil sie es ist, so entspricht sie dem Willen Seiner Majestät unseres Kaisers vor Allem auch in der Hinsicht, daß sie dadurch den Frieden verbürgt. Aehnlick liegen die Bestrebungen der Vereine vom Rothen Kreuz; je vollkommener sie sich den Kriegszwecken an passen, je mehr die deutsche Nation zeigt, daß sie entschlossen ist, im Kriege ihre ganze Kraft für ihre Existenz und für den Sieg einzusetzen, um so sicherer ist die Bürgschaft des Friedens; eine solche Nation greift man nicht an." * Berlin, 5. October. Die fortgesetzte Abwesenheit der Inhaber wichtiger Reichsämter von Berlin wird in einem Berliner Brief der „Münch. N. N." lebhaft beklagt; cs heißt in der Correspondenz: UnterstaatS- fecretair von Richthofen sieht sich, wie verlautet, in Folge seines leidenden Zustandes genöthigt, einen Nach urlaub zu erbitten. Er wird also noch für längere Zeil von seinem Posten fcrnbleiben. Das ist um so bedauerlicher, als auch der eigentliche Leiter des Auswärtigen Amts, Staats- secretair v. Bülow, nach kurzer Anwesenheit wiederum zwei volle Monate in Begleitung des Kaisers im Auslande auf der Orientreise zubringt, von wo aus StaatSgefchäfte sich ungleich schwieriger erledigen lassen, selbst wenn dem Staatsecretair die Actenbiindel nach Palästina nachfolgen sollten, als hier an Ort und Stelle. Zwar hat der Reichskanzler Fürst Hohenlohe selbst die Führung des Steuers übernommen, dock harrt seiner eine solch große Arbeitslast, daß er bei deren Bewältigung die Lücken der fehlenden leitenden Persönlich keiten unserer auswärtigen Politik sehr empfindlich fühlen dürfte. Läßt einerseits das lange Fernbleiben des Staats- secretairü v. Bülow und des UnterstaatSsecretairs v. Richt hofen auf eine große Zuversicht zu der allgemeinen poli tischen Lage und auf ein starkes Selbstvertrauen schließen, so kann andererseits nicht verschwiegen werden, wie gerade die lange Abwesenheit dec maßgebenden Männer einer oppositionellen Strömung von allen Seiten neue Zuflüsse zuführt und verbängnißvolle Mißverständnisse und Schwierig keiten entstehen läßt, die mit Leichtigkeit gleich im Entstehe» von befugter Hand unterdrückt werden könnten. — Wenn sich jetzt vielfach eine gewisse Voreingenommenheit gegen die Leitung unserer auswärtigen Politik geltend macht, so rührt dies sicherlich zum größten Theil von dem Gefühl der Ver lassenheit her, in das weite Kreise sich angesichts solch leer stehender wichtiger Aemter hineingrübeln, die gerade die Auf merksamkeit am meisten aus sich lenken und von denen man die persönliche Mitarbeit an den schwebenden Fragen der auswärtigen Politik vorauSsetzt. ?. Berlin, 5. October. (Telegramm.) Der Kaiser empfing heute Vormittag (wie angekündigt) den Gesandten der TranSvaal-Republik, Ilr. Leyds, und den Gesandten von Bolivia, Argandonna, beide in Gegenwart des StaatSsecretairs v. Bülow; vorder hatte er den Ehes des EivilcabinetS empfangen und empfiug nachher den Professor Goering, der sich als Rector der technischen Hochschule zu Berlin meldete. Am Morgen hatte der Kaiser mit der Kaiserin und den vier Prinzen-Söbnen einen Spazierritt gemacht. Zur gestrige» Frühstückstafel bei den Majestäten war der Chef des MilitaircabinetS General v. Hahnke ge laden. Am späteren Nachmittag unternahmen der Kaiser und die Kaiserin einen gemeinsamen Spaziergang. Vor der Abeiidtafel empfing der Kaiser den Staatssecretair des Aus wärtigen Amts v. Bülow zum Vortrag. Zur Abendtafel bei dem Kaiserpaare waren geladen: der Fürst von Hoben- zoller», Staatssecretair von Bülow und Lieutenant Graf von Götzen, der sich von seinem Commando nach den Ver einigten Staaten von Nord-Amerika zurückmeldete und nach der Abendtafel dem Kaiser hierüber Bericht erstattete. O. II. Berlin, 5. October. (Privattelegramm.) lieber die Pcrsonalreform im innere» Postdienste sind in letzter Zeit die verschiedensten Gerüchte laut geworden, die nunmehr nach Informationen von amtlicher Stelle auf folgendes Maß zurückzcsührt werden können. Die Annahme von Postgehilsen erfolgt künftig nur in beschränktem Maße; die Bewerber müssen im Besitze des Einjährig- Freiwilligen-Zeugnisses sein. Sic legen nach vier Jahren die Secretairprüfung ab, werden dann zunächst als Assistent diätarisch beschäftigt, später etatsmäßig an gestellt und schließlich nach Bedarf in Obersecretair-, Postmeister- und Obcr-Postdirectionssecretair-Stellcn befördert. Die bereits im Dienst befindlichen Assistenten sollen zur Secretairprüsung zuzelassen werden, für die älteren Be amten werden Erleichterungen in den Prüfungsvorschriflen eintreten. Darüber, w-r zu den älteren Beamten zu rechnen ist, steht die Entscheidung noch aus. Von dem ursprüng lichen Plane, Unterbeamtenstellen mit einem Gehalt bis zu 1800 Mark zu schaffen, ist man neuerdings zurück- gekommen, weil dadurch viele Berufungen der Unter beamten anderer Verwaltungszweige zu erwarten wären und eine Schädigung des Ansehens der Subalternbeamten be fürchtet wird. Dagegen soll in vermehrtem Maße die Heranziehung weiblicher Kräfte erfolgen. Die vom Reichspostamte beantragte anderweile Festsetzung der Gehalts stufen für die Assistenten auf 1500, 1800, 2000 rc. hat die Finanzverwaltung für daS nächste Etatsjahr abgelehnt. Es soll dem Rcichspostamte aber anbeimgestellt worden sein, die Forderung für das Etatsjahr 1900 zu wiederholen, da dann auf Berücksichtigung derselben zu rechnen sei. An neuen etatsmäßigen Assistelitenstellen sieht der Etat für 1899 nur 1000 vor, so daß eine ganz erhebliche Verschlechte rung der Anstellungsverhältnisse eintreten wird. Den älteren nicht angeslellten Assistenten sollen dann höhere Tagegelder .— man spricht von 4 und 4,50 — gezahlt werden. (Wiederholt und ergänzt.) 6. U. Berlin, 5. October. (Privattelegramm.) Die am 10. b. M. im Reichsjustizamle beginnende Conferenz von Sachverständigen im Fache des Urheberrechts trägt, wie Staatssecretair Niebcrding mitgetheilt hat, lediglich einen informatorischen Charakter. Zur späteren endgiltigen Begutachtung des Gesetzentwurfes werden besondere sach verständige Ausschüsse gebildet, an denen Journalisten und Verleger in gleicher Zahl theilnehmen werden. — Contreadmiral Barandon, der angeblich aus dem activen Dienst auszuscheiden beabsichtigt, um die Leitung der Germaniawerft zu übernehmen, trat 1866 in die Marine ein, in der er 1868 zum Unterlieutenant zur See, 1870 zum Lieutenant zur See, 1874 zum Capitainlieutenant, 1887 zum Capitain zur See und am 27. Januar 1894 zum Contrc- admiral befördert wurde. Als solcher wurde Barandon 1895 Chef der 2. Division des Manövergeschwaders und im Herbst 1895 zum Inspecteur der 1. Marineinspection ernannt. Das Commando erfuhr eine fünfwöchige Unterbrechung durch die Uebernahme der Führung des 2. Geschwaders der Herbst übungsflotte. Am 10. October 1896 wurde er zum Ches des Stabes des Obercommandos der Marine an Stelle des damaligen Contreadmirals v. Diederichs, jetzigen Viceadmirals und Chefs des Kreuzergeschwaders, ernannt. — Laut Verfügung des Reichspostamtes müssen sämmt- liche Telegraph en an st alten, welche bei der Beförderung von Wahltelegrammen betheiligt sind, am Tage der Wahlen bis lO Uhr Abends, erforderlichen Falls bis zur erfolgten Abtelegraphirung der Wahltelegramme im Dienste bleiben. — In ihrer bisherigen Zusammensetzung wird die Commission für Arbeiterstatistik im November zum letzten Male zusammentreten. Die Commission besteht, ab gesehen von dem durch den Kaiser ernannten Vorsitzenden, aus vom BundeSrathe ernannten und vom Reichstage ge wählten Mitgliedern. Die letzteren werden für die Dauer der Legislaturperiode gewählt und bleiben an deren Schlüsse so lange im Amte, bis die Neuwahlen vollzogen sind. Zu den ersten Aufgaben des wieder zusammentretenden Reichs tages wird die Neuwahl der aus ihn entfallenden sieben Mitglieder der Commission für Arbeiterstatistik gehören. Diejenigen Fractionen, deren bisherige Vertreter in der Commission wieder Mitglieder des ReickStages geworben sind, dürste diese von Neuem für die Commission präsentiren, andere werden sich für andere Vertreter entscheiden müssen. — Der von den Delegirten der Landapotheker ge wählte Aussckuß wurde vom Minister Or. Bosse und dem Ministerialdirektor Or. von Bartsck empfangen, um eine umfangreiche Denkschrift zu überreichen. Gegenstand des mündlichen Vortrages bildeten, der „Apotheker-Zeitung" zu folge, vor Allem die Standesvrrtretung und die Taxe. Zn beiden Puncten soll den Wünschen der Apotheker ent sprochen werden. Zur ersten Frage wurde in Aussicht ge stellt, baß sich der Apothekerrath schon in seiner nächsten Sitzung mit der Angelegenheit befassen und daß di« Schaffung der StandeSvertretung in nicht zu ferner Zeit folgen werbe. Was die Arzneitaxe angeht, so wurde vom Minister die Ver sickerung abgegeben, daß eine Erniedrigung derselben nickt beabsichtigt gewesen sei und daß schon in der nächsten Taxe, sofern die Schädigung eines TbeileS der Apothekenbesitzcr nachgewiesen sei, eine Ausgleichung erfolgen werde. Die Denkschrift soll den Regierungen, den Abgeordneten des Reichs- und Landtages rc. zugehen. — Die „Pharm. Ztg." will ferner von unterrichteter Seite erfahren haben, baß die geplant«, auf der Personal - Concession beruhende Apot hekenreform als gescheitert gelten dürfe; es sei Thatsache, daß die ganze Action vollkommen im Sande ver laufen sei. — Da der Hcrrenmeistcr des Johanniter-OrdenS, Prinz Albrecht von Preußen, aus Gesundheitsrücksichten ver hindert ist, der feierlichen Einweihung der Erlöser- Kirche in Jerusalem beizuwohnen, so hat derselbe den Ordens-Kanzler, Wirkt. Geh. Rath vr. von Levetzow, den Ordens-Werkmeister Grafen von Ziethen-Schwerin und den Ordens-Schatzmeister, Minister des königi. Hauses von Wedel beauftragt, ihn und den Johanniter-Orden bei der Feier zu vertreten. — Eine Uebersicht in der „Statist. Corr." über dieevan - gelischen Taufen und Trauungen, die in Preußen im Jahre 1897 stattgefunden haben, läßt erkennen, daß die Taufen im Berhältniß zu den Geburten gegen das Vorjahr nicht unerheblich zugenommen haben, während die Trauungen im Ver gleich zu den Eheschließungen eine Abnahme zeigen. Lebend- , gebürten in rein evangelischen Ehen fanden 619 585 (im Vor jahre 618 516) statt, Lebendgeburten aus evangelischen Misch ehen 68162 (67 093) und uneheliche Lebendgeburten evaugclischer Mütter 65 953 (66 059), so daß die gesammten in Betracht kommenden Lebendgeburten sich auf 753 640 (751168) erstrecken Taufen fanden statt 692 587 (684 682), darunter von Kindern aus rein evangelischen Ehen 604 2hl (597 619), aus Mischehen 31899 (30 731) und von unehelichen Kindern 56 437 (56 332). Auf 100 Geburten kamen 92 Taufen gegen 91 im Vorjahr. Be sonders fällt ins Gewicht, daß die Lebendaeburten in rein evan gelischen Ehen nur um rund 1000, die Raufen solcher Kinder aber um beinahe 6600 Kinder gewachsen sind. Bürgerliche Eheschließungen rein evangelischer Paare fanden statt 166146 (160 082), evangelischer Mischpaare 24 224 (28 053), zusammen also 190 370 (183 135). Die Zahl der Trauungen betrug bei rein evangelischen Paaren 155057 (149 771), bei evangelischen Mischpaaren 11112 (10 813), zusammen also 166169 (160 584). Die Zahl der Eheschließungen hat also um etwa 7200, die der Trauungen nur um 5500 zugcnommen. Aus 100 Eheschließungen entfallen 87,3 Trauungen gegen 87,7 im Vor jahre. * Göttingen, 4. October. Anläßlich des hier erfolgten Todes des Vice-Admirals z. D. Berger erinnert die „N. A. Z." daran, daß am Todestage, dem 1. October, gerade 50 Jahre seit dem Dienstantritt des Verstorbenen vergangen waren. Am 1. Oktober 1848 trat Berger gemeinschaftlich mit Viceadmiral z. D. Baatsch als Seecadett in der Marine ein, und er gehörte zu den ersten, die als Midshipmen zur Marine der Vereinigten Staaten commandirt wurden. Nach Beendigung dieses Com- mandos wurde Berger 1849 Unterlieutenant zur See, damals Kadett 1. Classe genannt. Als Capitainlieutenant war er während eines Jahres in die englische Marine commandirt. 1873 wurde er Chef der Marinestation der Nordsee und erhielt 1883 den erbetenen Abschied. Während seiner Dienstzeit hat er viel fach Verwendung gefunden im Erziehungswesen bei der Marine schule und als Kommandant der Schulschiffe ^Mosquito" und „Niobe"; ferner ist er Kommandant der Skiffe „Hansa", „Friedrich Karl", Artillerie-Schulschiff „Rcnown" gewesen. In dem Gefecht bei Jasmund 1864 wurde er als 1. Officier der „Arcona" schwer verwundet. -r. Mühlhausen t. Th., 5. October. Der 28 Iabre alte Arbeiter Wilhelm St. batte zur Demonstration bei Gelegen heit der diesjährigen socialdemokratischen Maifeier in der Nacht zum 1. Mai nach widerrechtlichem Eindringen in den Tburm der Untermarktskirche eine rotbe Fahne auf der Spitze des südlichen Thurmes angebracht. Dafür wurde er wegen Hausfriedensbruches und groben Unfuges angeklagt und vom hiesigen Schöffengericht zu neun Monaten Gefängniß und einem Monat Haft verurtheilt. * Düsseldorf, 4. October. Die Fleischerinnung erläßt, wie das „Berl. Tagebl." meldet, folgende Bekanntmachung: „Durch das Margarinegesetz vom 15. Juni 1897 ist der Verkauf von Margarine für Geschäfte, welche Naiurbutter und Marga rine führen, sehr erschwert. Der Hauptbestandtheil der Marga rine ist von Stearin befreites R i n d e r f e t t. Dadurch haben die Metzger ein großes Interesse dafür, daß der Verkauf nicht, behindert, sondern möglichst erleichtert wird. Die hiesige Fleischerinnung hat ^beschlossen, nach dem Beispiel vieler anderer Städte für die Folge in ihren Geschäften Margarine von bester Beschaffenheit feil zu halten." -r. Gera, 5. October. Der Landtag unseres Fürsten- thumS ist auf Sonntag, 23. October einberufen worden. An diesem Tag wird nach Abhaltung des Gottesdienstes in der St. IohanniSkirche die Eröffnung deS Landtages Vor mittags IO/, Uhr durch den Minister im Landlagssaale stattfinden. * Karlsruhe, 3. October. Di; vom neuen Erzbischof von Freiburg bei Gelegenheit der Jnthronisationsfeier ge sprochenen Worte „getrennt marschiren, vereint schlagen", werden in einer Zuschrift an die „Straßb. Post" aus dem badischen Oberlande wie folgt commentirt: „Die Worte des neuen Oberhirten Or. Nörber können in ihrem be kannten Zusammenhang nicht anders verstanden werden, als daß die beiden Gewalten, die zur Erhaltung der gesellschaftlichen Ordnung berufen sind, sich überall da gemeinsam auf dem Kampfplatz zur rechten Stunde zusammenfinden („Belle Alliance!"), wo es gilt, die jegliche Ordnung auflösenden Ele mente, die dem Altar nicht weniger gefährlich sind als dem Throne, zu besiegen. Die Worte enthalten also eine nicht miß verständliche Verleugnung des in ganz Deutschland das größte Aufsehen erregenden Vorgangs, wonach Jen«, dir als besondere Vorkämpfer von Religion und Kirche angesehen sein wollen, in der Residenz Karlsruhe ihren Heerbann zum „vereinten Schlagen" für die Socialdemokratie aufgeboten und dadurch letzterer zum Siege verhalfen haben. Wir wissen wohl, daß in nicht wenigen Kreisen des katholischen Klerus wie der der Centriimsfahne folgenden Laien jenes Vorgehen keine Billigung findet, wir können es daher nur lebhaft begrüßen, wenn der neue Oberhirte Worte gesprochen hat, die über seine Stellung zu der „von Gott gesegneten Ordnung", wie sie nicht blos die Kirche, sondern auch der Staat darstellt, keinen Zweifel übrig lassen können. „Getrennt marschiren" — gewiß, denn grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten, besonders auf konfessionellem Ge biete, bedingen dies; „vereint schlagen" ja, wo es sich darum handelt, die Feind« von Staat, Kirche und Gesellschaft, von Haus und Heim abzuwehren. * Stuttgart, 4. October. Nach der Enthüllung deS Kaiser-Wilhelm-DenkmalS in Stuttgart sandte König Wilhelm ein Telegramm an den Kaiser, worauf von diesem folgende Antwort einlief: „Seiner Majestät dem König von Württemberg, Stuttgart. Habe Dank für Deine gütige Mittheilung! Die Gesinnung, welche aus den Worten spricht, die Dy im Namen Deines Volkes der Erinnerung des großen Kaisers weihst, ist Mir eine frohe Bürg, schäft, daß fest und zäh wie der Stein und das Metall des hohen Denkmals auch der Sckwabensinn am deutschen Reiche halten wird bei Sonnenschein und Ungemach. Wilhelm." Oesterreich-Ungarn. Die innere Lage. ' V?. Wien, 5. October. (Privattelegramm.) Wie die „Neue Freie Presse" meldet, ist die Ernennung des Barons Dipauli zum Han del sm in ist er vollzogen. * Wie», 5. October. (Telegramm.) Die Quoten deputation wählte Schönborn zum Obmann und Beer zum Referenten und beschloß einstimmig, die Verhandlungen am 10. October in Pest fortzusetzen. — Das Abgeordneten haus setzte die Debatte über die erste Lesung des Ausgleichs mit Ungarn fort. — Der Kaiser empfing beute Vormittag das Präsidium des Herrenhauses und später das Präsidium des Abgeordnetenhauses. * Wien, 5. Oktober. (Telegramm.) Die Verab schiedung vr. Baernreitber's erfolgte ohne den sonst üblicken Ausdruck der kaiserlichen Anerkennung für die geleisteten Dienste, was vielfach auffällt. — Die Führer der Rechten setzten ein viergliederigeS Comitö ein, das die an den Grafen Thun zu richtenden Forde rungen ausarbeitet. Von der Erfüllung dieser Forderungen will die Rechte die weitere Unterstützung des CabinetS ab- bängig machen. Nur wenn Thun fick zur Annahme dieser Forderungen entschließt, wollen die Führer der Rechten zu stimmen, daß Dipauli als ihr Vertrauensmann ins Ministerium eintritt. Sollte er das Handelsportefeuille übernehmen, ohne daß Graf Thun die gestellten Forderungen bewilligt, dann würde Dipauli blos die Rolle eines Vertrauensmannes ter katholischen Bolkspartei im Cabinet spielen. Die Jungt schechen ver langen die Umwandlung des Ministeriums in ein reines Cabinet der Rechten durch Ausscheidung aller dem Beamten stande entnommenen Minister. Die Slowenen wollen sich mit einem Landsmann-Minister begnügen. Die Polen scheinen gegenüber diesen extremen Forderungen für eine gemäßigtere Haltung zu sein, werde» aber darauf beharren, daß sich Graf Thun den Bedingungen der gesammten Rechten unter wirft. (Voss. Ztg.) * Pest, 5. October. (Telegramm.) Das Magnaten baus nahm den Gesetzentwurf über die Jnarticulirung deS Andenkens der Kaiserin Elisabeth an. Frankreich. Lohnbewegung; Militairischcs. * Paris, 5. Oktober. (Telegramm.) Der größM Theil der Auslader in den Häfen ist eben so, wie eine große Anzahl Maurer und Baumaler heute Vor mittag in den Aus stand getreten, um mit den ausständigen Erdarbeitern gemeinsame Sache zu macken. Einige Zwischenfälle ereigneten fick im Laufe des Vor mittags. So drang ein starker Haufe Erdarbeiter aus den Quai de Grenelle, veranlaßte die dort beschäftigten Auslader, die Arbeit einzustellen, und warf einige Karren in die Seine. Da die Ausständigen in den Stadtvierteln Grenelle und Passy mehrfach Ausschreitungen verübten, wurden Dragoner und Kürassiere zur Unterstützung der republikanischen Garde beordert. * Toulon, 5. October. (Telegramm.) Der Marine minister, der die Vertbeidigungswerke in Corsica, Tunis und Algier besichtigen will, ist hier eingetroffen. Spanien. * Madrid, 5. October. (Telegramm.) Admiral Cervera wird zum Senator auf Lebenszeit ernannt werden. Orient. Kretafragc. * Konstantinopel, 5. Oktober. (Telegramm.) Die Collection ote der vier Mächte über die cndgiltige Rege» lung der kretischen Frage ist heute Vormittag der Pforte übermittelt worden. Asten. Krise in China. * Berlin, 5. Oktober. (Telegramm.) Sr. Maj. Schiff „Kaiserin Augusta" ist zum Schutze der deutschen Interessen von Kiautschau nach Taku abgegangen. An Bord befinden sich außer der eigenen Besatzung noch ein Officier und 30 Mann Marine-Infanterie von der Besatzung der „Deutschland", um, falls eine Requisition von der deutschen Gesandtschaft in Peking in dieser Richtung erfolgen sollte, in Taku ausgesetzt zu werden und nach Peking zu marschiren. dessen Duft, verbunden mit dem von den Priestern zum Be sprengen der Pilger verwandten Rosenöl, die Sinne fast betäubt und in die Stimmung verseht, jeden Augenblick die Offenbarung ver gewaltigsten Mysterien zu erwarten. Wenig paßt freilich zu unseren weihevollen Gefühlen ver Anblick der 'türkischen Sol daten, welche mit blanken Waffen draußen Wache halten, gleich sam, als ob sie den Vertretern ver verschiedenen Kirchen, welche früher zuweilen in heftige, handgreifliche Konflikte geriethen, zum Bewußtsein bringen wollten, daß wir uns unter der Herrschaft des Halbmondes befinden, im Schatten Allah's und Moham- med's, seines Propheten. Eine Wanderung treppauf treppab führt uns zu den zahlreichen Nebencapellen und Plätzen, an welche die biblische Geschichte ihre Berichte knüpft, und mit den gemischtesten Gefühlen verlassen wir endlich nach mehrstündigem Aufenthalte den ehrwürdigen Bau. Mit wenigen Schritten gelangen wir, uns nach Süden wen dend, zu dem Platze, auf welchem sich, nahezu vollendet, die pro testantische Erlöserkirche erhebt, deren Einweihung Kaiser Wilhelm II. im Begriff« steht, persönlich beizuwohnen. Dieser, schon im Jahre 1869 vom Sultan dem alten Kaiser geschenkte Platz, von welchem Kronprinz Friedrich Wilhelm, der nach malige Kaiser Friedrich, gelegentlich seiner Orientreise zur Er öffnung des Suezcanals feierlich am 7. November 1869 Besitz ergriff, nimmt reichlich ein Viertel eines Straßenblockes von 140 zu 160 Meter Länge ein und trägt außer der Kirche, von deren Spitze man einen entzückenden Blick nach Osten über das Thal Josaphat (Kidron) nach dem Oelberg zu genießt, nur das deutsche Hospiz, während Schule und Pfarrhaus infolge Raum mangels außerhalb der Stadtmauer erbaut werden müssen. Da un» eine Besichtigung des Inneren zur Zeit noch nicht gestattet ist, lenken wir unsere Schritt« weiter südlich am großen arme nischen Jakobskloster vorbei zum Zionsthor hinaus. Nach einem kurzcnBesuche desGrabrs David's pilgern wir längs der Mauern des alten Zions zu dem mit dem wenig poetischen Namen be zeichneten Mistthor und durch dieses zu einem großen, rasen- bedeckten und von Mauern umgebenen Platze, dem Harames Scherif, in dessen Mitte das herrliche säulengeschmückte und kuppelgekrönte Oktogon der Omarmoschee, eines der berühmtesten Bauwerke des Orients, steht. Hier sollen Abraham und Melchi- sedek geopfert haben; hier soll di« Bundeslade gestanden haben und hier stand in Wirklichkeit auch der salomonische Tempel. Nach dem Glauben der Mohammedaner schwebt dieser prächtige Bau, von EiWln getragen, über einem unermeßlichen Abgrund, und hier ist nach ihrer Ansicht auch die Stelle, wo am jüngsten Tage Allah zum Gerichte kommen wird. Hier ist überhaupt einer der interessantesten Plätze von ganz Jerusalem, denn hier hat in Salomo's Tempel Christus gelehrt, hier fielen bei der Belagerung durch Titus zu Tausenden die zur äußersten Ver- theidigung bereiten Juden unter den Schwertstreichen der römischen Legionaire, hier stand der Jupitertempel der Aelia Capitolina und dann kam Justinian's Kirche, die heutige Moschee, in welcher christliche, jüdische und mohammedanische Ueber- lieferungen sich noch inniger miteinander vermischen als irgendwo anders im Orient, wo dem Reisenden die gemeinsame Grundlage dieser Religionen auch sonst auf Schritt und Tritt zum Bewußt sein kommt. Wer den Gesammtcharakter Jerusalems ganz in sich auf nehmen will, verabsäume nicht, einen Ritt oder Gang um die ganze Stadt zu machen, die, wenn man auf die Grenzen des alten Jerusalems zurückgeht, fast von allen Seiten von Thäiern umgeben ist. Besonders interessant ist das Thal Josaphat, in welches wir schon von der Omarmoschee aus einen Blick gethan hatten. Die Strahlen der Sonne fallen schon ziemlich schräg, wenn wir vom Hinnomthal aus in das berühmte Josaphat einreiten, welches eigentlich das Thal des Todes genannt zu werden verdiente, denn überall präsentiren sich dem Auge hier Grabstätten aus ältester wie neuester Zeit, und noch heute ist es der sehnlichste Wunsch eines streng orthodoxen Juden, hier zur letzten Ruhe gebettet zu werden. Ringsherum eine Steinöde, in welcher wir an Hunderten von namenlosen Gräbern, dann an jenen des Zacharias, Jakobus und Absalom vorbeikommen. Aus -dem geschweiften Dachiegel des letzteren Grabmales fristen einige Wüstengewächse ihr Dasein und tragen mit ihren Wurzeln wohl dazu bei, das geradezu zierliche, anmuthige Denkmal schneller zu zerstören, als es sonst der Zahn der Zeit thun würde. Dann geht's weiter zum Garten Gethsemane, hinter welchem wir das Grab der Jungfrau Maria besuchen, ehe wir zu dem an seinen unteren Hängen fast vegetationslosen Oelberg emporsteigen, auf welchem sich ein Karmeliterkloster befindet. Eine kleine Capelle erhebt sich über der Stelle, von der aus Christus gen Himmel gefahren sein soll, und in einer Marmorplatte zeigt man uns auch seine Fußspur. Der Grund und Boden gehört den Mohammedanern, die aber eine weitgehende Toleranz üben und die Vornahme kirchlicher Handlungen gern gestatten. Unmittel bar daneben steht «in Minaret, dessen im oberen Theile wie ge wöhnlich nach außen verlegte geländerlose Steintreppe wir mit äußerster Vorsicht erklimmen. Von oben aber bietet sich uns in der That die großartigste Aussicht; im Westen die gesammte heilige Stadt; im Osten und Süden die Bergrücken in der Richtung auf den Jordan und das Tobte Meer, von dessen dunkel ¬ blauem Spiegel man tief unten in einem Thaleinschnitt ein Stückchen erblickt, dann in der Ferne die Hochflächen der HamadLwüste und ganz am Horizont die feinen Contouren der Hochgebirge der syrischen Wüste. - Die Europäer, welche dauernd in Jeruscmm zu leben ge zwungen sind, meiden die häßlichen Gassen der inneren Stadt und haben sich zum großen Theile im Nordwesten vor dem Abdul-Hamid- und Damaskusthore angesiedelt, wo ein gänzlich neuer Stadtthril im Entstehen begriffen ist, in dem sich nament lich die russische Kolonie mit ihrer prächtigen Kathedrale vor- theilhaft bervorhebt. Rußland stellt überhaupt zu den Schaaren der christlichen Pilger das Hauptcontingent. Zum Schluffe dürfte die Frage wohl berechtigt sein: Hak Jerusalem eine Zukunft? Vom ökonomischen Standpunkte be trachtet, müßten wir darauf mit einem unbedingten „Nein" antworten. In diesem unwirthlichen Lande fehlen alle Grund bedingungen wirthschaftlichen Gedeihens. Die jetzige Bevölkerung könnte sich nicht zum dritten Theile von den Erträgnissen des Bodens und den Handelsbedürfniffen der Bewohner ernähren und lebt von den Fremden. Aber die religiösen Vorstellungen, welche wir von Kindheit an in uns ausgenommen haben, werden einen mit der Vervollkommnung der Communicationen stets anschwellenden Strom von Reisenden an diese heiligen Stätten führen, und so wird mit der Zeit schon Manches besser werden, als es jetzt ist. Für den bevorstehenden Besuch des deutschen Kaisers arbeiten seit Langem schon Tausende von Händen; dann aber wird freilich der türkische Schlendrian Alles wieder liegen und verkommen lassen, und eS kann nur DaS, was die euro päischen Staaten und deren Kirchen auswrnden, als bleibende Berbefferung betrachtet werden. ,
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