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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.08.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-08-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980806029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898080602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898080602
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-08
- Tag 1898-08-06
-
Monat
1898-08
-
Jahr
1898
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Reklamen unter demRedactionSftrich (4««» spalten) 50^, vor den Familiinnachrichten (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- Verzeichnis. Tabellarischer und Ziffernja- uach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Ännahmeschlnß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. c>. Druck und Lerlag von E. Polz in Leipzig, 82. Jahrgang. Jürst Bismarck und die Arbeiter. Q Die Chronistenpflicht hat es uns wie anderen nationalen Blättern geboten erscheinen lassen, durch die Be schäftigung mit Kothwürfen, die geistig und sittlich Verlorene gegen den Schatten Bismarck'S schleudern, die Hände zu be schmutzen. Die Zeitung soll ein Bild der Zeit geben und die Rohheit, die Verworfenheit fehlen eben nicht neben den bocherhebenven Erscheinungen, die daS tieflraurige Ereigniß ans Licht geführt bat. So baden wir referirt. Aber Entrüstung über die Zeugnisse menschlicher Entartung in französischen und deutsch-socialdemokratischen Blättern in sich aufkommen lassen, hieße den Geist deö Verklärten mißverstehen, der, könnte er die Schmähungen hören, nichts als ein flüchtiges Lächeln dafür haben würde. Er würbe nicht einmal die Genugthuung empfinden, mit der seine Bewunderer die Erkenntniß erfüllt, daß die Verunglimpfungen in der Thal Huldigungen für den Geist, die Kraft, den Charakter und das Wirken des Vorstorbenen barstellen. Man verwendet Blätterseiteu, die, gesammelt, schon jetzt Folianten bilden würden, auf ben Nachweis, daß Bismarck ein politisches Nichts, ein Glückspilz, ein von der Neptilienpresse emporgeschwindelter Faiseur, daß „seine Größe eine erkünstelte, eine erlogene" gewesen sei. Man schreibt nicht so ausführlich über eine Null, zumal wenn sie tobt ist. Aber nickit nur indirect verräth die Socialdemokratie, wie ibr BiSmarck imponirt bat und wie sie, um ein soeben von Schmoller gebrauchtes Wort zu wiederholen, die Fortdauer seines geistigen Wirkens in der Zukunft fürchtete. Der „Vorwärts" setzt unter der Ueberschrift „Die Socialreform des Fürsten Bismarck" dem Tobten ein Ruhmesdenkmal und gleich zeitig der Socialbomokratie, die sich alsArbeiterpartei gerirk, eine Schandsäule. Warum daS Centralorgan sich dieser Buße unterzieht, wissen wir nicht. Vielleicht weil es in diesen Tagen das Bestehen deö vom ersten Kanzler so oft hervor gehobenen Interessengegensatzes zwischen Socialistenführern und Arbeitern auS Arbeiterkreisen heraus hat bestätigen hören. Vielleicht auch, daß man eS mit der Wieder holung des Wunders von Bileam zu thun hat. In dieser Geschichte kommt bekanntlich ein Esel vor, der klüger war, als sein Herr, und der Artikel, den wir meinen, rührt nicht von dem Chefredakteur Liebknecht her. Gleichviel, die That- sache steht fest, daß das socialdemokratische Centralorgan einen Lorbeerzweig am Grabe Biömarck's niederlegt, und an ihr ändert auch der Umstand nichts, baß die Spende am Anfang, in der Mitte und am Ende mit Stacheln versehen ist. Auf den materiellen Inhalt kommt es an, und der lautet also: „Was nun (vorher kommen die Stacheln) die Erfolge der „positiven Förderung Les Wohles der Arbeiter", die Zwangs versicherung, anbclangt, so wird man heute anerkennen müssen, daß sie immerhin größer sind, als man Anfangs seilens der Gegner glaubte — Gegner der allgemeinen Grundgedanken ist wohl der linke Flügel der Liberalen, nicht jedoch die Socialdemokratie gewesen. Auf diesem Gebiete steht heute Deutschland an der Spitze aller Staaten; selbst aus dem letzten Bericht der englischen Commission, welche zur Prüfung der Altersversorgungspläne ein gesetzt war, klingt etwas wie Neid gegen die deutsche In stitution heraus. Das ist in unseren Angen weiter kein Lob sür Deutschland, denn wir würden alle unsere Cassen, Bcrufsgenossen- schäften und Anstalten sür eine vollere Entwickelung der Fabrik- gcjetzgebung und der Arbeitercoalitionen hingeben. Es ist jedoch andererseits ein Beweis, daß in dem Griffe Bismarck'S viel Zeitgemäßes und Richtiges steckte." Folgen wieder Stacheln und die geschichtliche Ungeheuer lichkeit, daß die Arbeiterversicherungsgesetzgebung im Interesse — der finanziellen Entlastung der Gemein den herbeigeführt worden sei! Bekanntlich hat die InvaliditätS- nnd Alters versicherung vielfach, so z. B. in Berlin, eine Vermehrung der Armenlasten nach sich gezogen. Aber auch dies ist gleich- gillig, denn der „Vorwärts" fährt fort: „So ist in der That, trotz aller widerspruchsvollen äußeren Organifationsformen, ein wirkliches System der Arbeiter versicherung zum Ausbau gekommen, das mit dem Namen des Fürsten Bismarck wohl immer verknüpft b leiben wird. Daß er die freien Cassen und Gewerkschaften der Arbeiter vielfach verkümmert hat, ist unbestreitbar. Ebenso unbestreitbar ist jedoch, daß auch Las entwickelteste freie Cassenwejen — das in England — die arbeitsunfähigen Arbeiter in Tausenden von Fällen unentschüdigt läßt, in denen sie bei uns in Deutschland, wenn auch mit minimalen Beträgen, der Unterstützung gewiß sind . . . Das persönliche Verdienst des Fürsten Bismarck war die un bestreitbare Energie, mit der er den einmal gefaßten Ent schluß gegen alle Widerstände, selbst aus konservativen Kreisen, durchführte; ohne Len überragenden Einfluß des Fürsten wären die Vorlagen, die so ost ins Stocken gerielhen, vielleicht ganz zum Scheitern gekommen." Diese Anerkennung, zu der sich die Socialdemokraten nach dem Zeugniß ihres Hauptorgans bequemen „müssen", ist so gleichgiltig, wie ihre wider den tobten Kanzler geschleuderten Beschimpfungen sind. Sehr wichtig aber ist eS, an die That- sache zu erinnern, die der „Vorwärts" verschleiern möchte, daß nämlich die Socialdemokratie im Reichstage die also gerühmte, den Neid der englischen Arbeiter erregende Versicherungsgesetzgebung verworfen hat. Der langen Rede des „Vorwärts" kurzer Sinn ist: Der ergebene Diener der Ausbeuter und grausame Verfolger der Arbeiter, Fürst Bismarck, hat Großes, nie vorher auch nur Versuchtes und bis heute nirgends Erreichtes für die deutschen „Prole tarier" geschaffen; er konnte aber nur zum Ziele gelangen, weil die Partei, die für das Proletariat zu kämpfen vor- giebt, zu schwach war, das arbeiterfreundliche Wirken des geschmähten Kanzlers zu hindern. Auf dem internationalen Bergarbeiter-Congreß, der eben versammelt ist, jammern die englischen und anderen Theil- uehmer, daß sie auf dem Gebiete der Unfallversicherung in ihren Staaten nicht erlangen können, was BiSmarck allen deutschen Arbeitern aus freien Stücken angeboren und ge geben hat und was die Socialdemokratie in Deutschland zurückzustoßen versuchte. Auf eine InvaliditätS- und Altersversicheruug, wie sie die Deutschen Dank BiSmarck erlangt haben, wagt man in anderen Ländern nicht zu hoffen. Unsere BerusSgenossenschaflen, deren Mitglieder durch die obligatorische Unfallversicherung, für die sie die Kosten be kanntlich allein ausbringen müssen, finanziell schwer belastet worden sind, haben sich geehrt, indem sie dem tobten Bismarck als dem „Begründer der Arbeiterversicherung" huldigten. Die socialdemokratischen Führer aber, die im Partei- und zum guten Theile auch im reinen Privatinteresse die social politische Schöpfung des großen Kanzlers verhindern wollten und die Arbeiter mit Haß gegen ihren Urheber erfüllten, müßten angesichts des selbstlosen Verhaltens der „Bourgeois" und der Berussgenossenschaften schamroth werden, wenn sie sich diese Schwäche nicht längst abgewöhnt hätten. Der spanisch-amerikanische Krieg. —L> Heute spätestens sollte Mac Kinley im Besitz der Zu stimmung der spanischen Negierung zu den Präli m inar- friedensbedingungen sein. Aber er muß sich noch weiter gedulden. In einer gestern in Madrid stattgesundenen Conferenz des Ministerpräsidenten Sagasta mit Silvela ist man dahin übereingekommen, erst die Cortes über denFriedenS- sckluß zu befragen. Sie sollen schleunigst einberusen werden. General Polavieja, der der Berathung beiwohnte, entschuldigte sich, daß er in seiner Eigenschaft als Soldat seine Meinung nicht äußern könne. General Ozcarraza ist der Ansicht, Spanien müsse den Krieg fortsetzen, wenn es genügende Hilfs quellen besitze, andernfalls solle man sofort Frieden schließen. Für gestern Abend war eine Besprechung Sagasta's mit dem Marschall Primo de Rivera, dem General Weyler und mit Salmeron angekündigt. Einige Zeit wird also noch ver gehen, ehe Amerika definitiven Bescheid bekommt. Ueber die letzten Phasen der Friedensverhandlungen wird daS Folgende berichtet: * London, 5. August. „Daily Chronicle" meldet auS Washington: Der Botschafter Cambon sprach vorgestern im Weißen Hause vor, nicht um Spaniens Einwilligung mitzutheilen, sondern um eine Abänderung der Bedingungen zu erzielen. Spanien ersucht in erster Linie darum, daß während der Unter handlungen nicht Amerika Manila besetzt halte, sondern daß der Friedenscommijsion die Verfügung über die Stadt überlassen werde. Spanien sagt dazu: Wenn Amerika Manila behielte, würde der übrige Theil der Inseln für Spanien so gut wie nutzlos sein; wenn ferner Amerika Manila während der Unterhandlungen be- hielte, wäre es schwer, zu sehen, wie die Stadt verwaltet würde, wer Zölle erheben würde, und wie sich die Amerikaner zu den Insurgenten stellen würden. Bezüglich Cubas wünscht Spanien, daß die militairischen Vorräthe in seinem Besitze blieben und daß die neuen Kanonen in Len Forts ihm ausgeliefert würden. Weiter verlangt Spanien, die Friedensunterhändler sollten sich auf einem neutralen Boden treffe». Mac Kinley antwortete Cambon, er könne die Bedingungen nicht ohne Befragung des Cabinets ändern. Abends, auf einer Wasser partie, bcrieth sich Mac Kinley mit dem Cabinct. Day begab sich dann noch Abends zehn Uhr zu Cambon und informirte ihn dahin: Amerika werde Manila zeitweilig besetzen, unter mili- tairischer Controle haben und Zölle erheben; den Insurgenten gegenüber werde sich Amerika den Umständen gemäß verhalten. Die spanischen Soldaten in Cuba dürften ihre Waffen behalten, die militairischen Vorräthe aller Art gingen aber in Amerikas Besitz über. Nimmt Spanien diese Bedingungen an, so wird sofort Waffenruhe erklärt. (Frkf. Ztg.) Mittlerweile werden die Operationen auf dem west indischen Kriegsschauplatz, namentlich auf Puerto Rico, fortgesetzt. So meldet eine Drahtnachricht des „New Aork Heralb" auS Aroyo unter dem 30. Juli: Wenn alle Truppen des Generals Brooke an Land gesetzt sein würden, so werde Brooke auf Guayama (Südküste von Puerto Rico) marschiren, wo eiu verzweifelter Widerstand er wartet werde, da bedeutende spanische Streitkräfte die Häfen zwischen Aroyo und Guayama besetzt hielten. Das letztere habe eine Garnison von 1500 Mann. Die Kriegsschiffe „St. Louis" und „Cincinnati" sollen die Landung der Truppen decken, indem sie die Höhenzüge hinter der Bucht von Guayama unter Feuer nehmen. Die Meldung, die Amerikaner hätten Coama (auf Puerto Rico) genommen, sei verfrüht. Eine RecoznoScirungS-Truppe habe am Montag die Grenze der Stadt erreicht, habe sich aber wieder zurück gezogen. Trostlos sieht eS auf den Philippinen auS. Nach einer Meldung LeS „Evening Journal" aus Hongkong soll sich Aguinaldo an den amerikanischen Consul in Hongkong gewendet und darüber Klage geführt haben, daß die Ameri kaner in Bezug auf seine Absichten für die Zukunft nicht offen mit ihm verführen. Er frage an, warum er blindlings für amerikanische Interessen fechten solle; das Interesse seincs Volkes sei ihm eben so heilig, wie dasjenige Amerikas für den Consul. So kann eS leicht kommen, daß auf den Phi lippinen die Amerikaner mit den Waffen bekämpft werden, die sie selbst den Insurgenten gegen die Spanier geliefert haben. Ueber die Ladronen-Jnseln, auf denen die Ver einigten Staaten eine Kohlenstation beanspruchen, thcill ein langjähriger Bewohner der Inseln einem Vertreter des „Reuter'schen Bureaus" Folgendes mit: „Die Inseln sind aus der direkten Route zwischen Mittel- Amerika und Japan und China gelegen. Sie werden sich besonders als Kohlenstation nützlich erweisen, wenn der Panama- oder der Nicaragua-Canal eröffnet wird. Früher bildeten die Ladronen eine Kohlenstation fiir alle Schiffe, welche zwischen Amerika und Asien fuhren. Besonders waren sie das Rendezvous für die Walfijch- fahrer. Trotz ihrer strategischen Bedeutung schenkte die spanische Regierung den Inseln wenig Beachtung, bis die Jesuiten sie unter der Regierung Philipp's IV. colonisirte». Die Ladronen, die „Räuber-Jnseln", bestehen ans sechszrhn Inseln. Vier speiende Berge befinden sich auf der Gruppe. Die grüß:- Insel ist Guam oder Guajau. Auf dieser befindet sich die Haupt stadt Son Jgnacio de Agana. Als die Spanier von den Ladronen Besitz ergriffen, hatten die Inseln 100000 Einwohner. Aber die spanische Regierung zwang die Eingeborenen, in Guam zu wohnen. Dort hatten sie nicht genug zu leben und fanden auch kein Obdach. Jetzt giebt es nur noch 7000 Eingeborene auf den Räuber-Jnseln. Der Zweck der Spanier war, den britischen Seefahrern die Einnahme von Lebensmitteln abzuschneiden. Die Eingeborenen waren theilweise von derselben Rasse, welche die Carolinen und Hawai beivohnte. Die Ureinwohner sind aber allmählich verschwunden. Die jetzige Bevölkerung der Ladronen besteht aus Abkömmlingen von Mexikanern, Spaniern und Tagalons (Filipinos). Sie reden ihre eigene Sprache. Seit 1825 hat die spanische Regierung die Inseln als Verbrechercolonie benutzt. Früher waren die Ladronen reich an natürlichen Hilfsquellen. In den letzten Jahren aber mußte jährlich ein Schiff von Manila abgesandt werden, um der Noth zu steuern. Die Insel Rota ist voll von Schweinen, welche die amerikanischen Walfischfahrer dort gelaßen hatten und die sich außerordentlich vermehrt haben. Saipan und Rota hgt ein Amerikaner gepachtet. Er beschäftigt 300 Arbeiter zum Ein pökeln von Schweinefleisch. Dieses verkauft er an die Walfischsahrec oder theilweise nach Guam. Auf der Insel Tinian befindet sich eine Anstalt für Aussätzige. Aber Aerzte und Pfleger haben sie nicht. Die Hauptindnstrie auf den Ladronen bildet gegenwärtig die Destillation von Alkohol aus Cocosnüssen. Eingesührt werden nur Kleider, Lebensniittel und Spirituosen. Der Alkohol geht nach den Caroline», Neu-Guinea und den südlichen Inseln. In der letzten Zeit hat man auch Kampfer auf Len Räuber-Jnseln angebaur. Dieser wird nach Hongkong und Japan ausgeführt. An der Spitze der Verwaltung der Inselgruppe steht ein spanischer Oberst. In den letzten Jahren hat es nicht an Aufständen gegen dessen Diktatur gefehlt. Ein Gouverneur wurde erschoßen." Politische Tagesschau. * Sechzig, 6. August. Am Montag wird der Bund der Landwtrthe seinen netten Vorsitzenden an Stelle des verstorbenen „Vater Ploetz" wählen. Der Wahl, obwohl sie an sich eine interne Angelegenheit des Bundes ist, sehen auch die anderen Parteien mit Spannung entgegen, denn eS wird aus ihrem AuSgange hervorgeben, welche von den drei im Bunde herrschenden Strömungen die Oberhand erhalten hat, die hochconservative Richtung der Feuilleton. In der Brandung des Lebens. 1f Roman aus dem amerikanischen Westen. Von Theodor Eicke. Nachdruck verbvtru. I. Die Lichter von Silverette, einer Niederlassung von Gold gräbern, begannen die Dämmerung zu durchdringen, während die unharmonischen Klänge des Pianos in Gaynard's Tanz saale die stille Abendluft erfüllten. Von den beiden Männern, die vor dem Häuschen saßen, das der auf der Grube Gentle Annie als Probirer angestellte Chemiker bewohnte, erhob sich der Eine, zündete sich seine erloschene Cigarre wieder an und sagte: „Es wird Zeit für mich, Ned; ich muß hinuntergehen und das Spiel eröffnen." „Du mußt! Ich sehe die Nothwendigkeit nicht ein." Der Chemiker sprach wie Einer, der die Vorrechte eines ölten Freundes besitzt. „Kann's nicht ändern, Ned, ist ja auch einerlei." „Das sehe ich nicht ein, sage ich Dir. Du willst mich doch nicht glauben machen, daß der beste Schüler unseres Jahrganges bis zum Farobankhalter an einem Goldgräberplatze herunter kommen muß. Nein, Brant, das glaube ich denn doch nicht!" „Ja, Du hast schon Recht; aber mir bletbt nichts Anderes übrig. Zuweilen komme ich in Versuchung, mit einer Revolver kugel der Geschichte ein Ende zu machen." „Das würde das Unglück nur größer machen. Weshalb giebst Du nicht die Geschichte auf und fängst ein neues Leben an?" Brant setzte sich wieder und schaute eine Weile nachdenklich vor sich hin. „Das ist eine offene Frage", sagt er dann, „und ich hätte Lust, das Spiel warten zu lassen und sie zu beantworten. Die Geschichte ist allerdings durchaus nicht erfreulich. Wenn's Dir zu viel wird, so vergiß nicht, daß Du selbst den Anstoß dazu gegeben hast." „Sei unbesorgt deshalb und fang' nur an!" „Ich muß zunächst ein Stück zurückgehen — zurück in unsere Universitätszeit. Erinnerst Du Dich noch der alten Mutter Harding und ihrer Tochter?" - . „Die alte Wäscherin meinst Du? Gewiß!" „Nun, Du erinnerst Dich jedenfalls an nichts Gutes, weder von ihr noch von ihrer Tochter. Doch einerlei. Ich bekam irgendwie die Idee in meinem dummen Schädel, daß ich Ver pflichtungen gegen das Mädchen hätte. Jetzt weiß ich besser Bescheid, hätte es damals auch schon wissen sollen; na, um die Sache abzutürzen — sie war dazu bestimmt, mir mein Leben gründlich zu ruiniren." Der Chemiker sprang mit einem Fluche empor. „Was, Du willst doch nicht sagen, George, daß Du jenes Geschöpf geheirathet hast —" „Schilt nicht auf sie, Ned", sagte Brant ruhig, „ich habe einmal einen Kerl deshalb niedergeschoffen. Nein, ich heirathete sie nicht, aber ich that Schlimmeres. Du weißt nun, weshalb ich mich nicht wieder aufrichten kann, selbst wenn ich wollte. Mag die Schuld liegen, wo sie will — ich denke, wir können uns ehrlich darin theilen — ich bin nicht schlecht genug, sie jetzt im Stiche zu lassen." Hobart schritt eine Weile schweigend auf und nieder, ehe er fragte: „Wo ist sie denn jetzt, George?" Brant lachte melancholisch. „Hörst Du das Piano dort bei Dick Gaynard? Sie spielt es." „Allmächtiger! Sie ist hier — in Silverette?" „Gewiß. Wo sollte sie denn sonst sein?" Hobart stand still und schleuderte den Rest seiner Cigarre weit von sich. „Brant", sagte er dann feierlich, „ich danke Gott, daß Deine Mutter todt ist." „Amen!" sagte Brant gerührt. Wieder war eine Pause, dann fragte Hobart weiter: „Da war auch noch ein Bruder, George; was wurde aus dem?" „Der wurde schlecht — sehr schlecht. Er machte sich die Sache zu Nutze und sog mich aus wie ein Blutegel, bis ich ihn mir vom Halse schaffte." „Wie brachtest Du das fertig?" „Er mordete eines Tages mit kaltem Blute einen Menschen, und ich machte mir die Mühe, die Beweise für seine Thäter- schaft herbeizuschaffen. Er weiß, daß ich sie habe, und würde seine Seele verkaufen, wenn er sie in die Hände bekommen könnte. Inzwischen aber läßt er mich in Ruhe." „Er wird Dich eines TageS seiner eigenen Sicherheit wegen ermorden", sagte Horbart. „Nein, das wird er nicht; ich habe ihm die Ueberzeugung beigebracht, daß sein Leben von dem meinigen abhängt, daß mein Tod die Hunde auf ihn Hetzen wird." - - ' .. Der Chemiker setzte sich wieder und schlang die Arme um Brant's Schultern. „Sag' mir noch eins, alter Junge, und dann will ich Dich nicht mehr belästigen. Liebst Du das Weib?" Brant schüttelte langsam den Kopf. „Nein, Ned, das that ich nie — wenigstens nicht so, wie Du meinst. Seit Jahren aber ist es nur noch eine Sache der Pflicht. Sie war immer schlecht, aber jetzt ist sie noch schlechter geworden, und das ist meine Schuld. Ich kann sie nicht allein im Elende zurücklassen." Ein paar Minuten lang sprach Keiner von Beiden ein Wort. Dann stand Brant auf und rüstete sich zum Aufbruch. „Ich muß nun gehen, Ned", sagte er. „Ich freue mich, daß ich eine Stunde mit Dir zusammen gewesen bin. Es hüt mir eine Erinnerung an frühere Zeiten verschafft, wie ich sie gar nicht mehr erhofft hatte. Ich möchte Dich gern öfter sehen." „Das liegt nur an Dir. Mußt Du jetzt gehen?" „Ja; es ist eine Menge Leute aus Carbonado heute Abend hier, und Gaynard wird alle Hände voll zu thun haben." „Warte doch, bis ich meinen Ueberzieher geholt hab«; ich gehe mit Dir." Brant wartete, aber als Hobart aus seinem Häuschen kam, meinte er: „Ich möchte nicht gern, daß Du meinetwegen mitgehst, Ned; sehr wahrscheinlich wird es Skandal geben, und Du bist fremd am Platz«." „Fremd in Silverette allerdings, aber nicht mit Goldgräber plätzen und rohen Gesellen." Brant zögerte noch immer. „Aber Du hast ein Weib, Ned —" begann er wieder. Hobart schob ihn vorwärts auf den Weg. „Du kennst Kate nicht", antwortete er. „Sie würde mich selbst fortschicken, wenn sie hier wäre." Eine Viertelstunde später betraten sie zusammen Dick Gay nard's Tanzsaal. Der Fremde blieb in dem Schankraume, während Brant sich zu dem hinten gelegenen Verschlage durch drängte, wo die Farotafel stand. Hobart bemerkte, wie der Bankhalter sofort aufstand und seinen Stuhl an Brant abtrat; dann begann der Chemiker sich etwas umzusehen. Die Scene hatte nichts Neues od«r Ungewöhnliches für ihn. Es war dieselbe schwitzende Menge von rohen Gesellen und auf geputzten Weibern wie anderswo, die da hin- und herwogte und den staubigen Boden nach den Klängen des Pianos bearbeitete, dieselbe dumpfe Atmosphäre, voll von Rauch und Alkoholdunst, dieselbe schweigende Menge um den Roulettetisch und die Faro- tafek. Hobart betrachtete Alles mit einem Gefühl des Ekels. Dazu war Georg« Brant gekommen, um sein tägliches Brod zu erwerben! Brant, der preisgekrönte Student, die glänzendste Erscheinung auf der Universität, beliebt bei Allen, die ihn kannten! Und dieser ganze jammervolle Schiffbruch nur deshalb, weil er einem krankhaften Ehrgefühle nachgegebrn hatte. Aber das Weib! — Vielleicht hatte sie etwas an sich, das Brant's Nieder gang weniger unerklärlich erscheinen ließ. Hobart wollte sie sich ansehen. Er arbeitete sich an zwei Wänden des überfüllten Zimmers entlang und kam dann zum Piano. Ein Blick auf die Spielerin genügte. Er sah ein Weib, das nie schön gewesen sein konnte, das selbst jenes sinnlichen Reizes ermangelte, der im Stande ist, einen Mann für Augenblicke zu berücken und Mängel zu verdecken. Nichts als eine gewöhnliche Dirne aus einem Tanz saal, dachte Horbart, und wandte ihr den Rücken, um bessere Ent schuldigungen für seinen alten Freund zu finden. Gaynard's Trinkhalle machte an diesem Abend ein glänzendes Geschäft, aber im Spielzimmer zerstreute sich die Menge bald. Der Tanzsaal hatte größere Anziehungskraft und hier wurde das Lärmen und Treiben immer stärker, bis die heisere Stimme des Tanzordners nicht mehr zu hören war durch die Klänge des Klaviers, das Schreien und Kreischen und das Schleifen und Stampfen. Bisher war nur Frohsinn die Triebfeder des Spek takels; aber Hobart wußte, daß die Scene bald ein anderes Ge sicht zeigen würde. Brant blickte von Zeit zu Zeit empor, während er die Karten vertheilte, und als er Hobart's Blick begegnete, winkte er ihn zu sich her. Der Chemiker bahnte sich einen Weg zu des Bankhalters Stuhl, der, ohne ihn dabei anzusehen, flüsterte: „Mach' Dich fort von hier, Ned, so lange es noch Zeit ist. Ehe Mitternacht kommt, wird der Teufel los sein, und es ist durchaus nicht nöthig, daß Du damit zu thun hast." Hobart lehnte sich auf den Tisch und legte, um nicht auf zufallen, einen Dollar auf eine Karte. Dabei entgegnete er im Flüsterton«: „Ich bin hier mit Dir, alter Junge, und werde auch bleiben — bei Gott, da fängt's schon an!" Der Tanz hielt plötzlich an, und das Toben verstummte einen Augenblick; dann brach ein wildes Fluchen los, mit einer grellen Dissonanz verstummte das Pianospiel, und man hörte das wilde Kreischen einer Frauenstimme. Die beiden Männer erhoben sich und drängten sich in die dichte Menge, die das Piano umstand. Ein betrunkener Geselle hatte die Spielerin am Arme gefaßt und schwang einen Revolver über ihrem Kopfe. Auch Brant hatte seinen Revolver bereits in der Hand. „Laßt den Arm los und scheert Euch 'raus", sagte er mit aller Ruhe, „oder ich schieße Euch nieder."
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