Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.08.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980811013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898081101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898081101
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-08
- Tag 1898-08-11
-
Monat
1898-08
-
Jahr
1898
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
2.WU z.ÄiMi LUM mi> WM II. AB ML. (MlM-AMck.) Ein Erinnerungsblatt an einen Leipziger Professor. .. Es sind jetzt 56 Jahre, daß Hcinroth, der erste klinische Mehrer der Psychiatrie in Deutschland, gestorben ist. Zwar wird einer in den Lehrbüchern noch gedacht, doch fast Niemand liest eine Werke mehr, und wenn sein Name genannt wird, so ge- chieht das nur, um an seinen Jrrthum zu erinnern. Wenn man sich eingehend mit Heinroth's Schriften befaßt hat, will es doch scheinen, als thUe man dem Manne Unrecht, wenn man lediglich von seiner Schwäche, d. h. seiner Neigung zu kheo- logisiren spricht. In Wirklichkeit war Heinroth gar nicht so schlimm: er wollte weder die Kranken mit frommen Lehren be handeln, noch sie den Pastoren überantworten. Um nun, soweit dies auf beschränktem Raume möglich ist, zu beweisen, was der alte Leipziger Professor als Psychiater ge leistet hat, und auch mit einigen Angaben aus seinem Leben ein Bild aus qlter Zeit zu geben, daS zu betrach ten ganz gut scheint, wurden diese Zeilen nieder geschrieben. Im Jahre 1773 zu Leipzig als Sohn eines Chirurgen geboren, scheint Heinroth, wie andere hervorragende Männer auch, voy seiner Mutter den Intellekt ererbt zu haben. Sie soll eine sehr fromme Frau gewesen sein und auch in dem Sohne sehr früh einen religiösen Sinn geweckt haben. Wenn Heinroth trotz seiner Neigung zur Theologie Medicin studirt hat, so geschah das wohl nur in der Meinung, er müsse Arzt werden, weil sein Vater es war. Später soll er zwischen Theologie und Medicin geschwankt haben; söhnte sich dann aber allmählich mit seinem Berufe aus, indem er die Theologie in die Medicin hineintrug. Heinroth wird geschildert als „ein mittelgroßer, wohlgebauter Mann von frischer Farbe, und noch im Alter braunem Haar. Er hatte eine gewölbte Stirn und glänzende Augen. Er war gewandt, leicht und graciös in seinen Bewegungen, ein guter Tänzer und Schlittschuhläufer. Gediegenheit des Wissens, heitere Offenheit, von aller Kopshängerei entfernter Frohsinn ließen ihn stets liebenswürdig erscheinen. Sein Leben war sehr schlicht; er stand früh um 4- Uhr auf, arbeitete in einem Hofstllbchen, das mit den Büsten Schiller's, Herder'?, Wieland's und Napoleon's geschmückt war, an einem einfachen, mit Wachs tuch überzogenen Tische, und widmete sich dann seinen Berufs geschäften." Zeitgenossen sagen ferner von ihm: „Sein Leben war von Anfang bis Ende ein rein christliches, sein ganzer Sinn und Wandel legt hiervon Zeugniß ab; mild und freundlich gegen Jedermann, kannte er weder Haß noch Neid; duldsam und nach sichtig, war er der wärmste, treueste Freund Aller, die seinem Herzen nahe standen. Im Unglück zeigte er sich gefaßt und ertrug die zum Tode führende Nierenkrankheit mit heiterer Ruhe." Sei nun seines Wirkens gedacht: In erster Linie muß sein schriftstellerisches Schaffen hervorgehoben werden. Heinroth hat von 1805 an fast jedes Jahr ein Buch geschrieben. Als Haupt werke müssen angesehen werden sein „Hehrbuch der Störungen des Seelenlebens", dem später ein Anhang folgte „Die Anleitung für angehende Irrenärzte zu richtiger Behandlung ihrer Kran ken". Nennenswerth, auch jetzt noch, sind ferner die Lehrbücher der Anthropologie, der Seelengesundheits kunde und der psychisch-gerichtlichen Medicin. Unter Heinroth's Formenlehre ist besonders interessant, die Schilderung der Verrücktheit. Unser Professor bezeichnet letztere mit voller Klarheit als eine primäre chronische Krank heit. Zuerst zeigt sich Hang zum Nachdenken, der Kranke wird zerstreut, denkt nur an seine Angelegenheit, zieht sich zurück, wird schlaflos. Oft besteht ein Hang zum Erfinden, zum Pro jekte machen. Endlich treten einige oder viele Wahnvorstellungen auf, Manches oder Alles wird falsch beurtheilt. Die unmerklich beginnende Krankheit unterminirt gleichsam- im Innern die Vorstellungskraft und bemächtigt sich der organischen Apparate derselben. Bei Reizung kann Tollheit auftreten. Nach einiger Zeit beruhigt sich der Kranke wieder, aber sein Wahnsinn besteht weiter. Im „Lehrbuche der psychisch-gerichtlichen Medicin" definirt Heinroth den Begriff der Freiheit wie folgt: „Der Mensch zeigt sich in der Erfahrung als ein Wesen, das sich nach selbst ge dachten und selbstgewählten Zwecken zum Handeln zu bestimmen vermag. Dies ist eine Natureinrichtung. Der Zustand, in dem sich der Mensch nach dieser Natureinrichtung befindet, heißt Freiheit." Danach verlangt Heinroth mit Recht, daß der Arzt zu sagen habe, ob der Kranke frei war, frei im psychologischen Sinne oder nicht. Ein Theil der jetzigen Irrenärzte behauptet aber, der Arzt habe nur zu sagen, ob einer geistig krank sei oder nicht, müsse aber die Frage nach der Freiheit ablehnen. Und doch hat gerade danach der Richter zu fragen; er muß wissen, ob ein krankhafter Zustand den Grad erreicht hat, bei dem eine normale Willensentscheidung nicht mehr Möglich ist. Bei der Therapie erörtert Heinroth die Frage, wer soll die Geisteskranken behandeln? Seine Antwort lautet: Weder der Philosoph, noch der Geistliche, sondern allem der Arzt, aber der besonders vorgebildete, mit den seelischen Vorgängen und Stö rungen vertraute." Er legt dann seine Ansichten von einem allen Anforderungen genügenden Jrrenhause dar und stellt als Ziel der Behandlung die Forderung: Die Kranken sind dadurch krank geworden, daß sie schrankenlos waren, sie seien daher der Beschränkung unterworfen. Nach Ablauf ihrer Erregung fordert Heinroth dann für die Insassen der Irrenhäuser Beschäftigung. Eine solche ist ihm „die Universalmedicin der ruhig gewordenen, oder wieder zu sich gekommenen exaltirten Kranken. An der Hand der Be schäftigung, auch im Gewände der Erholung, des Vergnügens, werden sie nach utid nach wieder Ins Leben zurückgefllhrt." Un heilbare sind nicht zu behandeln, sondern zu pflegen: Diät, Rein lichkeit, viel Bewegung in der frischen Luft sind hier die Mittel zum Zweck. Die Prophylaxis hat sich nach Heinroth mit dem Sittlich- Religiösen zu befassen. Das wirksamste Schutzmittel gegen Seelenstörungen ist ihm der Glaube im protestantischen Sinne: v. h. die Hingebung an das Göttliche, die Abwendung von allem eigensüchtigen Wesen. Hier ist Heinroth wohl einseitig und allzu zuversichtlich, aber in der Hauptsache hat er Recht. Nichts ist geeigneter, den Geist gesund zu erhalten, als der Verzicht auf das Ich, als die uneigennützige Arbeit. Daß man die erbliche Belastung nicht beseitigen, die Unglllcksfälle des Lebens nicht ver meiden kann, das weiß Heinroth auch; er will nur sagen, von Allem, was in des Menschen Macht steht, ist ein sittlich thätiaes Leben in der Ehrfurcht vor dem Unerforschlichen das Wichtigste. Als Psychiker wollte Heinroth über den Realismus des All tags hinwea und strebte einer monistischen Auffassung zu. Wenn er auch vollständige Klarheit nicht erreichen konnte, so kam er doch weiter al» seine Collegen. Daß er nicht verstanden wurde, das ist nur zu verständlich, und hätte Heinroth geahnt, was nach ihm kommen würde, daß ein plumper und roher Materialismus ein reißen würde, er hätte trauernd sein Haupt verhüllt. Die mit Vorstehendem ausgesprochene Anerkennung glaubkn wir dem philosophischen Geiste Heinroth's schuldig zu sein. Frei lich darf man nicht verschweigen, daß Heinroth bei der Durch führung seiner Ideen nicht immer glücklich war, und ferner, daß er zu viel theoretisirt und philosophirt hat. Aber dieser Tadel trifft sein» Zeitgenossen eben so gut wie ihn. Enthaltung von der Spekulation und Beschränkung auf die klinische Betrachtung war eben nicht Sache der deutschen Aerzte im 18. und im Anfänge de» 19. Jahrhundert». Auch unfern Heinroth haben die Neigung, allzu rasch zu throretisiren, und die Vorliebe für theologische Auffassung viel fach irregeführt. Trotzdem soll man ihn in Ehren halten und seiner Vorzüge gedenken. Vr—V. Die Gestaltung des Lrankenverstcheruugs- wesens im Königreiche Sachsen 1897. In den Jahren 1893 bis 1897 bestanden in Sachsen zur Durchführung deS Krankenversicherung-gesetze- an Zwangsorganisationen und an eingeschriebenen HilfScassen, welche den Anforderungen de- tz 75 diese- Gesetze- ent sprechen, inSgesammt «»de ISbS IWs 18» 1W7 1) Gemeindekrankenversicherungen . . 714 714 715 719 714 (darunter gemeinsame) 257 257 255 254 251 2) Ortskrankencassen 550 559 574 589 590 (darunter für mehr als eine Gemeinde) 245 252 262 270 280 3) Betriebs- (Fabrik.) Krankencassen . 781 794 827 849 857 4) Baukrankencassen 1 1 1 1 1 5) JnnungSkrankencassen . ... 57 65 88 101 104 6) Eingeschriebene HilfScassen ... 188 169 170 168 165 Hiernach haben sich die Gesammtzahlen gegenüber denen vom Jahre 1896 nur wenig geändert. Vergleicht man da gegen die Zahlen von 1897 und 1893, so ergeben sich doch recht wesentliche Unterschiede. Einen ganz außerordentlichen Zuwachs — und zwar nicht bloS relativ — zeigen die Jn- nung-krankencaffen, die sich in den letzten 5 Jahren von 57 auf 104, also um 89 Procent vermehrt haben, während bei den Betriebskrankencassen diese Zunahme nur etwa 10 Proc., bei den Ortskrankencassen nur 8 Procent beträgt. Die Zahl der freien HilfScassen ist dagegen ständig im Rückgang gewesen, sie hat sich innerhalb deS erwähnten Zeitraumes all mählich um 13 Proc. verringert. Den Mitgliederstand anlangend, so betrug die Ge- sammtzabl der Ende 1897 versicherten Personen 1001913 (1893: 843 835; 1894: 862 302; 1895: 910 403; 1896: 960 479) und zwar: 689 772 männliche und 312 141 weib liche. Die Gesammtzahl der Versicherten hat sich also um 4 Proc. vermehrt. Von den Versicherten entfielen auf die: <r»d. 18t>s IWt ISSb ILV6 1W7 Gemeindekranken« Versicherungen . 146 072 147 982 140 260 143 869 145 458 Ortskrankencassen 427 030 442 159 476 536 500950 529 376 BetriebS-Kranken- cassen . . . . 183147 186 780 200 338 212 500 217 365 Innung-kranken. cassen. . . . 10 594 10 854 15 735 23118 27 472 Eingeschriebene Hilsscassen . . 76926 74 495 77 508 80 037 82 224 Innerhalb des verflossenen fünfjährigen Zeitraumes hat sich demnach die Zahl der bei den Jnnungskrankencafsen ver sicherten Personen um reichlich 41 Proc. vermehrt, während die Betriebskrankencassen eine Zunahme der Mitglieder um 3 Proc., die Ortskrankenkassen eine solche um 7 Proc. er fahren haben. Bei den freien HilfScassen ist trotz res fort schreitenden Rückgangs ihrer Zahl der Mitgliederbestand um nahezu 3 Proc. gewachsen. Die Gesammteinnahmen sämmtlicher Cassen bezw. Cafseneinrichtungen bezifferten sich auf 19 434 380,46 gegen 17 873 603,72 . ,m Vorjahre. An Versicherungsbeiträgen sind 15 528 958,95 gegen 14 330 997,05 - rm Jahre 1896 erhoben worden, und zwar : 1 073 771,57 bei den Gemeindekrankenversicherungen, 9 358 892,82 » . , Ortskrankencassen, 3 195 663,73 - - » Betriebskrankencassen, 572 785,29 ... JnnungSkrankencassen und 1 327 677,33 - . . eingeschriebenen HilfScassen. Die GesammtauSgaben betrugen 18 237 248,73 (1896: 16 893 788,65 ^k); darunter für ärztliche Behandlung 3 734 194,88 (gegen 3 394 477,57 ^t); für Arzneien und Heilmittel 2 197 902,30 .4 (gegen 2 044 587,57 ^k); an Krankengeld für Mitglieder 5 413 833,20 (gegen 4 892 824,60 „F); an solchem für Angehörige 80 292,36 (gegen 66 654,94 an Wöchnerinnen-Unterstützungen 448 376,46 (gegen 425 294,24 ^k): an Verpflegeaufwand in Krankenhäusern rc. 1 151 496,01 (gegen 1 068 372,50 ^l); endlich an Sterbegeld 438 493,13 (gegen 408 047,32 .elk). An ErkrankungSfällen waren 312 157 — im Vor jahre 303 031 —, an Krankentagen, für welche Krankengeld gezahlt worden ist, 5 348 069»/» — 1896: 4 968 394 —, an Sterbefällen 7227 — 1896: 7082 — zu verzeichnen. An Verwaltungsaufwand sind erwachsen bei den Ortskrankencassen: 1 205 909,39 d. i. auf den Kopf 2,28 gegen 2,22 .ek im Jahre 1896; bei den Jnnungskrankencafsen: 85 896,63 d. i. auf den Kopf 3,13 gegen 3,22 im Jahr« 1896; bei den eingeschriebenen HilfScassen: 157 921M d. i. auf den Kopf 1,92 gegen 1,93 im Jahre 1896. Die angesammelten Reservefond« beliefen sich auf 12 817 767,71 (1896: 11 303 124,72 und zwar auf 464 390,95 (352 105,39 ^l) bei den Gemeinde ¬ krankenversicherungen, 6 554 979,54 (5 533 212,27 ^tk) b»i den OrtS- krankencassen, 3 977 621,15 ^(3 820 913,80 ^) bei den BetriebS- (Fabrik-) Krankencassen, 366 424,3 (246 095,57 bei den JununaS- krankencafsen, 1454 352,4 (1 350 797,69 ^t) bei den ein ¬ geschriebene» Hilf-cassen. Tätigkeit -es Samariter-Vereins zu Leipzig. Hm Monat Juli 18S8 wurde nach den Meldungen an die Geschäftsstelle di« erste Hilfe in 7S5 Fällen beansprucht, und zwar bei 72» Unfällen und 57 plötzlichen Erkrankungen. 13 Fälle wurden nicht in Behandlung genommen. Die Hilf« d«r I. Sanitiitswache (Nikolaistraße, Ecke Nikolaikirchhof) wurde in 287 Fällen (22S mal am Lage und 58 mal in der Nacht) nachgesucht. Bei Viesen handelte es sich um 257 Er wachset«« und 30 Kinder, welche in 271 Fällen auf der Wache und in 16 Fsll«n in ihrer Wohnung ärztlich« Hilfe beanspruchten. Be handelt wurden 263 wegen äutzerer und 20 wegen innerer Leiden. In einem Falle wurde eine Behandlung »om Patienten «bgewiesen. Zuriickgewiesen warben 3 Personen. Vetriebsunfälle kämen 116, Verletznagen in d„ Trunkenheit 5 und in Schlägereien 11 vor. Di« Hilf« der II. Sanitätbwache (Peterssteinweg) 17) verlangten intgesammt 167 Personen (130 am Tage und 37 in der Nacht, darunter 141 Erwachsene und 26 Kinder), in 151 Fällen auf r Wache und in 16 Fällen in der Wohnung, von welchen 153 wegen äuherer und 10 wegen innerer Ertränkungen behandelt wurden. Geburtshilfe wurde in einem Falle geleistet. Nicht behandelt wur den 3 Personen. Betriebsunfälle sind 63 zu verzeichnen, wogegen 3 Personen in der Trunkenheit uns 18 in Schlägereien Verletzungen erhielten. Die Hl. Sanitätstasche (Dresdner Straße 22) wurde von 186 Patienten (144 am Tage und 42 in der Nacht) in Anspruch genommen. Von diesen 153 Erwachsenen und 23 Kindern (175 auf der Wache und 11 außerhalb derselben) gewährte man 174 äußeren und 6 inneren Kranken die erforderliche Hilfe. 6 Personen wurden nicht behandelt, da in einem Falle eine Behandlung vom Patienten abgelehnt, und 5 Fälle als nicht zur ersten Hilfe gehörig zuriickgewiesen werden mußten. Betriebsunfälle kamen 73, Ver letzungen in der Trunkenheit 5 und in Schlägereien 12 vor. In der vom 3. bis mit 10- Juli während des XVll. Mit teldeutschen BundcSschirßens aus dem Schützenhose errichteten Sanitätsstation wurden 42 Personen (41 Er wachsene und 1 Kind) behandelt, und zwar 38 am Tage und 4 in der Zeit von 9 bis 12 Uhr Abends wegen 28 äußeren und 14 inne ren Erkrankungen. Von den «anitätswachen wurden auf Verlangen fiir Polizei, Gericht u. s. w. 6 Besundscheine ausgestellt und 29 Kranken transporte ausgeführt. Im Vieh- und Schlachthos haben die als Nothhelser ausgebildeten städtischen Beamten in 42 Fällen, und in der Markthalle in 2 Fällen die erste Hilfe gebracht, von denen 10 Fälle sofort einem Arzte überwiesen wurden. Nach Ausweis der von den betreffenden Amtsstellen einge gangenen Zählkarten griffen auf den Straßen und an öffentlichen Vergnügungsorten die Schutzleute und Feuerwehrleute bei 24 und die freiwilligen Hilfsmann schäften bei 45 Unfällen helfend ein. Besonders hervorzuheben sind von äußeren Verletzun gen: 17 Knochenbrüche (darunter 5 offene), 3 Verrentungen, 12 Verstauchungen, 2!) bedeutende Quetschungen, 43 ausgedehnte Weichtheilwunden (darunter 1 Schlagaderblutung), 1 Krampsader- blutunä, 1 Schuß- und 2 Stichwunden, 3 Fremdkörper im Auge, 1 im Ohr, 3 in der Speiseröhre, 1 in anderen Körperhöhlen, 6 in Weichtheilen, 4 ausgedehnte Verbrennungen und 2 Harnverhal tungen; von inneren Erkrankungen: 3 Fälle schwerer Bewußtlosigkeit, 8 Krampfanfälle, 1 Erkrankung der Luftröhre, 3 des Herzens, 1 des Magens und Darms, 3 Fälle von Kolik. 3 innere Blutungen und 2 Alkoholvergiftungen. vermischtes. Braunschweig, 9. August. Der Harzverein für Ge schichte und Alterthumskunde hat es unternommen, bei der Ruine „Königsburg" bei Königshof im Harz Ausgrabungen anzustellen, um festzustellen, ob hier baulicheUeberreste, Fundamente u. s. w., eines Baues Königs Heinrich des Fink lers, deren Vorhandensein nach Lage der Dinge nicht unwahr scheinlich ist, zu finden sind. Zu diesem Zwecke hatte der Ober präsident auf Montag Termin anberaumt, in dem eine Orts besichtigung vorgenommen wurde. Es soll nun vorlänfig eine Grabung angestellt werden, um festzustellen, ob von einer syste matischen weiteren Grabung Erfolg zu erwarten ist. Mit der Leitung der Ausgrabungsarbeiten ist der Baurath Brinkmann hier betraut worden. -----vr. Brchmcr'S Heilanstalt für Lungenkranke, GörberS- darf i. Schles, war in diesem Jahr, Winter wie Sommer, so stark besucht, daß die Verwaltung sich gezwungen sah, schon im Frühjahr noch einen Neubau mit über vierzig Zimmern zu er öffnen. Trotzdem mußte vielen sich anmeldenden Patienten wegen Platzmangels abgeschrieben werden, doch können wir jetzt die erfreuliche Mittheilung machen, daß durch Fortgehen der Sommergäste wieder genügend Zimmer für neue Gäste vorhan den sind. Da den Kranken es nicht dringend genug gesagt werden kann, gerade die Uebergangszeiten vom Winter zum Frühjahr, vom Sommer zum Herbst die Sanatorien aufzusuchen, dürfte vorstehende Mittheilung von allgemeinem Interesse sein. Steht doch di: vr. Brehmer'sche Heilanstalt, nach welcher alle Schwesteranstalten gegründet sind, als unübertroffenes Muster da, mit seinem herrlichen Gebirgsklima, welches Professor Käst in Breslau bei Gelegenheit der Besprechung über Volkssana torien, welche auf Grund der von der ganzen medicinischen Welt anerkannten Lehre von vr. Brehmer überall errichtet werden, als geradezu „wunderthätig" bezeichnete, vr. Brehmer wird, wie wir hören, ein Denkmal gesetzt; möchte seine Lehr«, diesso groß artige Erfolge erzielte, rein und unverfälscht ip allen Anstalten, wie in der vr. Brehmer'schen Anstalt, gehandhabt werden, dann muß und wird di« Lungenschwindsucht aus der Welt ver schwinden. Bismarlkiana. Bismarck'sHumor. Aus der Fülle von Bismarck-Erin nerungen mögen nachstehend einige Proben vonBismarck's Humor hervorgehoben werden: Bei den Verhandlungen über die Kriegs entschädigung Frankreichs zwischen Jules Favre und Bismarck war auch der Bankier Gerson v. Bleichröder als Sachverständiger zugegen. Favre war außer sich über die Forderung von fünf Milliarden und meinte, um seinem Gegner daS Uebertriebene der selben einleuchtend zu machen, selbst wenn man von Christi Zeiten bi- auf diese Stunde zählen wollte, so würde man mit einer solch ungeheuren Summe nicht zu Stande kommen. „O", erwiderte Bismarck, „seien Sie außer Sorge. Dafür habe ich diesen Herrn mitgebracht," er deutete dabei auf Bleichröder, „der zählt von Er schaffung der Welt an." — Vom Einzuge der deutschen Truppen in Paris erzählte Bismarck folgende Episode: „Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, wenigstens ein Stück mit hineinzu reiten; die Leute am Thore mußten mich erkannt Haden unv blickten mich finster und drohend an, besonders aber die Männer. Ich kannte aber meine Leute. So ritt ich auf Einen zu, der be sonders trotzig und verwegen aussah, zog eine Cigarre heraus und bat ihn höflich um Feuer. Sogleich gab er mir seine kurze Thonpfeife, und zwar mit verbindlichster Geberde." Ein anderes Mal bemerkte Bismarck drastisch: „Man kann dem Franzosen Fünfundzwanzig aufzählen; wenn man ihm dabei nur eine schöne Rede von der Freiheit und Menschenwürde hält, die sich darin ausdrückt, und die entsprechende Attitüde dazu macht, so bildet er sich ein, er wird nicht geprügelt." — An den Thürpfosten seines Wohnzimmers in FriedrichSruh hatte Fürst Bismarck Aufzeich nungen gemacht, wie groß er selbst und seine ganze Familie war. Es ergiebt diese Scala folgende Zahlen, und zwar ist dabei der Sylvesterabend 1880 zu Grunde gelegt: Fürst Bismarck 1,88 m, Herbert 1,86 rn, Bill (Graf Wilhelm) 1,86 m, Graf Rantzau 1,78 m, (die Fürstin) Johanna 1 na 714 nun, wobei jedoch be merkt ist „gereckt". (Gräfin Rantzau) Marie 1 m 716 nun. Vs. Ein Freundschaftsdienst. Einem Lehrer der Plamann'schen Anstalt in Berlin, die Bismarck vom 6. bis zum 12. Lebensjahr besuchte, hatte ein Schüler einen Schabernack gespielt. Der Lehrer wüthend über den Uebelthätrr, rief: „Hat sich der Thäter Nicht binnen 6 Minuten freiwillig gemeldet, so bekommt die ganze Class», Schüler für Schüler, von mir 10 Hiebe, und damit wird bis auf Weitere» jeden Morgen die Stunde eröffnet." Es meldete sich kein Thäter. Der kleine Bismarck erkannte alsbald den Schuldigen: er sah, wie fein Banknachbar, ein sehr zarter und schwächlicher Knabe, der ihm Mitleid einflößte, abwechselnd blaß und roth wurde und vor Aufregung zitterte. Als der Lehrer nach Verlauf von 6 Minuten noch ernmal zur Meldung brs Thäter» aufforderte, stand Bismarck auf und erklärte, er habe den Pflaumenkrrn in da» Schlüsselloch de» Lehrerpulte» gesteckt. Bismarck erhielt daraufhin die bestimmt« Anzahl Hiebe. Er selbst verzog keine Miene dabei, wohl aber weinte und stöhnte sein Bantnachbar während des Vollzug» der Strafe. Das war gewiß auffallend. Niemand erfuhr jedoch des RäthselS Lösung. Als der kleine Bismarck nach empfangener Strafe wieder seinen Platz einnahm, sagte er zu dem noch immer schluchzenden Nachbar leise: „Weine nicht, lieber Heinrich, es ist gerne geschehen." BismarckalsLebensretter. Bekanntlich besaß Bismarck die Retungsmedaille. Er hielt dieses schlichte Ehren zeichen höher als manchen strahlenden Orden von tastbarem Werthe. Er batte einen Reittnecht Namens Hildebrand, der dem Ertrinken nahe war, mit Gefahr des eigenen Lebens aus dem Wasser gezogen. Für diese That erhielt er seine erste Auszeich nung, die Rettungsmedaille. Als ihn rin vornehmer Herr einst spöttisch nach der Bedeutung des einfachen Ehrenzeichens fragte, erwiderte Bismarck: „Ich habe die Gewohnheit, zuweilen einem Menschen das Leben zu retten." IV. EinDuellinWie-baden. AlSiLismarck im Jahre 1836 zum ersten Male in Wiesbaden war, besuchte er — damals Referendar — eine Reunion im Curhause. Während einer Tonzpause saß er auf einem Sopha in ungezwungener Haltung und beschaute die Anwesenden mit dem ihm eigenen scharfen Blicke. Plötzlich kam der Mediciner Lange (der nachmalige ver dienstvolle Arzt vr. Gustav Lange, gest. 1889 in Heidelberg) auf Bismarck zu und fragte ihn: „Warum fixireu Sie mich?" „Sie gefallen mir", entgegnete Bismarck. Lange bemerkte darauf in erregtem Tone: „Sic gefallen mir aber gar nicht!" Es entspann sich ein kurzer Wortwechsel, welcher mit dem Austausch dec Karten endigte. „Schon damals", so erzählte Lange später, „machte Bismarck, nachdem er sich von seinem Sitze erhoben hatte, durch seine hohe geschmeidige Gestalt und seine leuchtenden, geist vollen Augen einen großen Eindruck auf mich." Eine friedliche Einigung war nicht zu erzielen, und so ließ Lange d. Bismarck auf Pistolen fordern. Die Sekundanten trafen die näheren Vereinbarungen über daS Duell, das auf großherzoglich hessischem Gebiet, zwischen Biebrich und Castel, ausgefochten werden sollte. Zur festgesetzten Zeit erschienen die Duellanten an dem bestimm - rer Orte, wo die Secundanten sich nochmals bemühten, eine Ver ständigung zwischen Lange und v. Bismarck zu erzielen. Lange erklärte sich hierzu bereit, aber Bismarck verhielt sich ablehnend. Lange nahm deshalb seinen Platz ein und schon war die Ab messung der Distance vollzogen, als Bismarck endlich, nochmali- gcn Vorstellungen der Secundanten nachgebend, anderen Sinnes wurde. Er bot dem Gegner die Hand mit den Worten: „Nun, so wollen wir denn in Frieden leben!" Bei seinem 60jährigen Doctorjubiläum bemerkte vr. Lange: „Gut, daß es so gekommen ist; es wäre doch schade gewesen, wenn ich ihm das Lebenslicht ausgeblasen hätte!" vr. Lange war ein ausgezeichneter Pistolen schütze und Schläger. Ein von den Franzosen 1870 aufgefangener Brief Bismarck ' s. Am 3. September 1870 schrieb Bis marck den nachstehenden Briefan seine Gemahlin. Der Brief gelangte jedoch nicht an seine Adresse; er fiel den Franzosen in die Hände und tauchte eines Tages, am 6. August 1872, in facsimilirter Wiedergabe indenSpalten des Pariser,, Figaro" auf. „Vendresse, 3. September 1870. Mein liebes Herz! Vorgestern vor Tagesgrauen verließ ich mein hiesiges Quartier, kehrt« heute zurück und habe in der Zwischenzeit die groß« Schlacht von Sedan am 1. d. erlebt, in der wir gegen 30 000 Gefangene machten und den Rest der fran zösischen Armee, der wir seit Bar le Duc nachjagten, in die Festung warfen, wo sie sich mit dem Kaiser kriegsgefangen er geben mußte. Gestern früh 5 Uhr, nachdem ich bis 1 Uhr früh mit Moltke und den französischen Generalen über die abzuschließenöe Capitulation verhandelt hatte, weckte mich der General Reille, den ich kenne, um mir z-u sagen, daß Napoleon mich zu sprechen wünsche. Ich ritt ungewaschen und ungefrühstückt gegen Sedan, fand den Kaiser im offenen Wagen mit zwei Adjutanten und drei zu Pferde daneben, auf der Landstraße vor Sedan haltend. Ich saß ab, grüßte ihn ebenso höflich wi« in den Tuilerivn und fragt« nach seinen Befehlen. Er wünschte den König zu sehen; ich sagte ihm der Wahrheit gemäß, daß Se. Majestät drei Meilen davon an dem Orte, wo ich jetzt schreibe, sein Quartier habe. Auf Napoleon's Frage, wohin er sich be geben solle, bot ich ihm, da ich der Gegend unkundig, mein Quartier in Donchery, einem kleinen Ort an der Maas, dicht bei Sedan, an. Er nahm cs an und fuhr, von den sechs Franzosen, von mir und von Karl, der mir inzwischen nachgcritten war, geleitet, durch den einsamen Morgen nach unserer Seite zu. Vor dem Orte wurde es ihm leid, wegen der möglichen Ansamm lungen, und er fragte mich, ob er in einem einsamen Arbeiter hause am Wege absteig«n könne. Ich ließ es besehen durch Karl, der meldete, es sei ärmlich und unrein. „^'Importe" meinte Napoleon, und ich stieg mit ihm eine gebrechliche, enge Stieg« hinauf. In einer Kammer von 10 Fuß Geviert, mit einem fichtenen Tisch und zwei Binsenstühlen, saßen Wir eine Stunde, die Anderen waren unten. Ein gewaltiger Contrast mit unserem letzten Beisammensein, 1867 in den Tuilerien. Unsere Unter haltung war schwierig, wenn Ich nicht Dinge berühren wollte, die den von Gottes gewaltiger Hand Niedergeworfenen schmerzlich berühren mußten. Ich hatte durch Karl Officier« au» der Stadt holen und Moltke bitten lassen, zu kommen. Wir schickten dann einen der Officiere auf RecognoScirung und entdeckten eine halbe Meile davon in Frimord ein kleines Schloß mit Park. Dorthin geleiteten wir ihn mit einer inzwischen herangeholten Escorte vom Leib-Kürassierregiment, und dort schlossen wir mit dem französischen Obergeneral Wimpffen die Capitulation, vermöge deren 40—60 000 Franzosen, genau weiß ich es noch nicht, mit Allem, was sie haben, unsere Gefangenen wurden. Der vor- und gestrige Tag kosten Frankreich 100 000 Soldaten und einen Kaiser. Heute früh ging Letzterer mit allen seinen Hofleuten, Pferden und Wagen nach Wilhelmshöhe bei Cassel ab. Es ist ein weltgeschichtliche» Ereigniß, ein Sieg, für den wir Gott dem Herrn in Demuth danken wollen und der den Krieg entscheidet, wenn wir auch letzteren gegen da» kaiserliche Frankreich noch fort führen müssen. Ich muß schließen. Mit herzlicher Freude ersah ich heute aus Deinem und Maria'» Brief Herbett's Eintreffen bei Euch. Bill sprach ich gestern, wie schon telegraphirt, und um armte ihn angesichts Sr. Majestät vom Pferde herunter, wäh rend er stramm im Gliede stand. Sr ist sehr munter und vergnügt . .. Leb' wohl, mein Herz, und grüße die Kinder. Dein d. B." Mcherbesprechnngen. Unter »em Titel „Oriträstk »»r Kritik der Darwin'schrn Lehrt" veröffentlicht der Privatdocent vr. Gustav Wolff in Wurzburg seine zunächst im „Biologischen Eentraldlatt» erschienenen Aufsätze zur Kritik der Darwin schen Lehre in erweiterter Form (Leipzig, Verlag von Arthur Georgi). Wolff ist ein icharser Gegner »er Darwin schen Lehre und der Mechanischen Weltaussassung, denn er sieht die biologische Cardinalfrage darin, ob zum Verständniß der organischen Vorgänge die Principien der Mechanik auseeichen, oder ob es einen teleologisch z« beurtheilenden Factor, eine primäre Zweckmäßigkeit giebt. Diese Frage sei von Wichtigkeit für alle biologischen Disciplinen, namentlich aber fiir die Psychologie, die gegenwärtig an dem Darwinistischen Autoritätsglauben kranke. In zwei Abhandlungen sucht Wolfs Darwin gegenüber die primäre Zweckmäßigkeit indirekt, in der dritten dann direkt nachzuweisen. Das Ende der Darwinistischen Herrschaft, das der Verfasser Pro- clamirt, scheint uns doch noch nicht so nahe zu sein, wie er will. Jedenfalls aber wird seine Beweisführung bei der Wichtigkeit der behandelten Probleme für Freunde wie für Gegner seinerAnjchau- «ngen van Interesse seit«. 7«» (D Mr. ri-oan. »es v»t»rzrlol>t karmnnente Tnaetaklnng «r»U>l»,,1,«r
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)