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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.08.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980811013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898081101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898081101
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-08
- Tag 1898-08-11
-
Monat
1898-08
-
Jahr
1898
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blatt" unter dem Titel „Shakespeare's Strumpf" erschien. Wir geben davon den Anfang wieder: »Laut gesungen, hoch gesprungen, Ob verschimmelt auch und dumpf, seht, wir haben ihn errungen William Shakespeares wollnen Strumpf. Seht wir haben jetzt die Strümpfe, Haben jetzt das heil'ge Ding, Drinnen er durch Moor und Sümpfe Sicher vor Erkältung ging.» u. s. w. Diese Verse lenkten die Aufmerksamkeit auf den jungen Spottvogel und trugen ihm die Mitarbeiterschaft an zwei Blättern, einem demokratisch-politischen und einem belletristischen, ein. Er wurde auch zu einer Abendgesellschaft bei dem Verleger dieser Blätter, Robert Binder, «ingeladcn, von der er selbst sagt: „Dieser Abend entschied Lider mein weiteres Leben, gab ihm nach der literarischen Seite hin den Stempel." Für unsere Leser ist dieser Theil seiner Erinnerungen besonders interessant, da er eine eingehende Erörterung über den sächsischen Volks charakter enthält. „Die Sachsen bewegen sich zwischen dem sen timentalen und dem energischen Typus hin und her. Doch ist der letztere häufiger, was ein Glück ist. Daß die Sachsen sind, was sie sind, verdanken sie nicht ihrer Grmüthlichkrit, sondern ihrer Energie. Diese Energie hat einen Beisatz von Nervosität, ist aber trotzdem als Lebens- und Kraftäußerung größer als bei irgend einem anderen deutschen Stamm. Die Sachsen sind überhaupt in ihrem ganzen Thun und Wesen noch latrge nicht überholt, wie man sich's hier zu Lande so vielfach eindildet, und das hat seinen guten Grund. Sie sind die Ueberlegenen und ihre Culturüberlegenheit wurzelt in ihrer Bildungsüberlegenheit, die nicht vom neusten Datum, sondern fast vierhundert Jahre alt ist. Der sächsische GroßstadtSbürger ist sehr bourgoishaft, der sächsische Adel sehr dünkelhaft und der sächsische Hof ist katholisch, wa» doch immerhin eine Scheidewand zieht, aber alle drei sind durch ihr hohes Bildungsmaß vor Fehlern geschützt, wie sie sich in anderen deutschen Landen, gang besonders aber in Alt preußen, sehr hochgradig vorfinden. Alles, was zur Oberschicht der sächsischen Gesellschaft gehört. Alle haben mitten im Kampf die neue Zeit begriffen, während di« tonangebenden Kreise der ostelbischen Provinzen di« neue Zeit nicht begriffen haben. Anachronismen innerhalb der gesammten Anschauungswelt, Rückschraubungen sind in Sachsen unmöglich." Wir meinen, unser Sachsenland kann mit diesem Urtheile wohl zufrieden sein. Unter den Herren, die Fontane an dem Gesellschastsabend bei Binder kennen lernte, befand sich auch Georg Herwegh, und unter den Mitgliedern des Herwegh-Clubs Max Müller, mit dem ihn bald eine innige Freundschaft verband. Daß dieser Verkehr auf Fontane's politische Anschauungen und auf sein literarisches Streben von größtem Einflüsse sein mußte, liegt auf der Hand. Von Beidem geben einige Strophen Kunde, di« an Georg Her- wegh gerichtet waren. Es hieß darin, nach voraufgehender Schilderung eines grenzenlosen politischen Elends: „Schon fühlt ich meinen Blick umnachtet, Da Plötzlich zwang es mich empor. Es schlug, wonach ich lang geschmachtet, Wie Wellenrauschen an mein Ohr, - Und siehe, dah gestillet werde D«r Durst, woran ich fast verschied, Durchzog ein Strom die Wüftenerde, l Und dieser Strom — «r war dein Lied. Ich habe nicht genippt, getrunken, Und seinen Wellenschlag belauscht, Ich bin in sein« Fluth gesunken Und habe drinnen mich berauscht.» Eine heftige Erkrankung veranlaßte dann Fontane, das Neubert'sche Haus in der Hainstraßr zu verlassen und nach der Poststraß« zu ziehen, zu einem Onkel, der bei Pietro del Vecchio Stellung hatte. Als Reconvalescent verlebte Fontan« später mit müssen. Wir thrikru daS Gespräch mit, weil es wahrscheinlich viel erörtert werden wird. Eine politische Bedeutung ist weder Mvmmjen, noch seinen Gespräche» beizumessen. Deutsches Reich. U Berlin, 10. August. Da die Mitgliedschaft eines KriegervercinS zur selbstverständlichen Voraussetzung daS Fest halten an den im Fahneneide übernommenen Verpflichtungen auch nach dem Rücktritt in das bürgerliche Leben Hal, so begreift man ohne Weiteres, daß eine Agitation, die in letzter Linie auf Herstellung eines unabhängigen Polenreiches abzielt, die Institution der Kriegervercine und insbesondere die Zugehörigkeit preußischer Staatsbürger polnischer Zunge zu diesen Vereinen nicht mit wohlwollenden Blicken betrachten kann. Die Kundgebung des Generals v. Spitz ist denn auch von der gesammten großpolnischen Hetzpresse zum Ausgangspunkt einer lebhaften Campagne gegen den Verbleib der „Polen" in Kriegervereinen gemacht worden, die an Intensität im Laufe der Zeit eher zu- denn abnimmt. „Die Lust reinigt sich" — ruft der „Gouiec Wielkopolski" —, „wer Pole ist, wird zu den Polen gehen, wem in den preußischen Ver einen Wohler ist, der mag dort bleiben. Polen, vorwärts zu den Eurigen!" Die Tendenz, zwischen den beiden, im Osten der preußischen Monarchie friedlich unter dem Schutze der Gesetze neben einander lebenden Nationalitäten Mißtrauen und Feindschaft zu säen, tritt hier ebenso deutlich zu Tage, als aus der von demselben Blatt aus Anlaß des neulichen Gnesener Schützenfestes angestimmten Klage, daß es dort „keinen polnischen Hauch zu spüren" gab. „Wer zu diesem Feste kam, konnte glauben, daß die« nicht Gnesen sei, sondern Buxtehude, oder irgend ein Nimmersatt". Wer sich, statt als preußischer Staatsbürger, als Bürger des unabhängigen polnischen Zukunfsreiches fühlt und danach sein Denken und Handeln bemißt, für den ist selbstverständlich kein Platz in einer Vereinigung, welche den s. Z. auf die Fahne geschworenen Treu eid auch nach dem Rücktritt ins bürgerliche Leben gewissenhaft vor Augen und im Herzen behält. Daß die Zahl solcher großpolnischer Fanatiker indessen eine recht sehr geringe sein muß, weit geringer, als die polnische Hetzpresse sich und der Welt einzugeslehcn wagt, darf man aus den Kraftmitteln schließen, welche angewandt werden, um den polnisch redenden Kriegern auS den Vereinen, in denen sie sich Wohl fühlen, herauszugraulen. So schreibt die „Gazeta Grudzionska" unter der Spitzmarke: „Polen, tretet aus den Kriegervereinen aus!" „Wer jetzt noch im Kriegerverein verbleibt, ist kein guter Katholik und Pole mehr. Es handelt sich jetzt darum, daß Du dreist vor aller Welt bekennst, was Dir, Bruder-Pole, lieber ist: der lutherische Kriegerverein oder Deine heilige Religion und Deine polnische Sprache. — ES helfen keine Ausreden und keine Vorschützung irgend welcher Rücksichtnahmen. Entweder-oder! Entweder Du bist ein Pole, Katholik und Gläubiger, oder Mitglied Les lutherischen Kriegervereins, lutherischer Kamerad. Wir bitten also alle Glaubensgenossen, uns die Namen derjenigen Polen, welche jetzt noch in einem Kriegerverein bleiben, anzugeben. Wer wahrhafter Pole und Glaubensgenosse ist, derkann einem Kriegerverein nicht angehören." Hier wird, zwar nicht direct, aber zwischen den Zeilen, den polnisch redenden Mitbürgern mit Acht und Bann ge droht, wenn sie ihren Fahneneid und ihre Gewissensreinheit höher stellen, als die perfiden Einflüsterungen einer staatS- und deutschfeindlichen Hetzpropaganda. Ein solches Vor gehen richtet sich in den Augen jedes rechtschaffenen Mensche» von selber. Berlin, 10. August. Die Coburger Ehesache will durchaus nicht aus den Spalten der Centrums presse verschwinden. Von jedem katholischen Stand punkt aus soll nach ihrer Meinung der Chormeister und Stadtpfarrer von St. Stephan in Wien, Msgr. Höfer, seine Befugnisse überschritten haben. Das Komische bei dem Zwischenfall ist, daß die kirchlich katholischen Organe in Oesterreich selbst trotz sonstigen sehr starken ultramontanen Eifers dieses Vorgehen möglichst zu vertheidigen suchen, wohl im Hin blick auf die Wiener Hofburg und deren Ver wandtschaft mit der jetzigen jungen Herzogin zu Schles wig-Holstein. Auf jeden Fall hat sich bei dem Vorgang als charakteristisch herausgestellt, daß die bisherige katholische Praxis in solchen Fällen die Möglichkeit einer erheblichen Ein buße an kirchlicher Autorität enthält: die Kirche wird Wohl daran thuo, sich künftig des Einspruches in Mischeheangelegenheiten nur mit der äußersten Vorsicht zu bedienen, wenn sie nicht überhaupt über sich hinweg geschritten sehen will. Den Vogel in dieser Diskussion schießt übrigens das officielle Organ des bayerischen CentrumS ab, indem eS aus der hol- steinisch-coburgischen Vermählung auf künftige preußische Erb ansprüche auf die habsburg-lothringische Monarchie schließt. Der dynastische Widersinn dieser Combination ist handgreiflich. Es wäre übrigens interessant, zu wissen, ob diese Verdächtigungen der Reichspolitik durch das leitende bayerische CentrumSblatt mit Vorwiffen der Lieber und Bachem oder auch nur des als künftigen Reichstazspräsidenten genannten Frhrn. v. Hertling vor sich gehen! 8. Vertin, 10. August. (Privattelegramm.) Am Montag Nachmittag schlug, der „Nat.-Ztg." zufolge, bei einem starken Gewitter der Blitz in die Schloßkuppel von Wilhelmshöhe ein und zerschmetterte die Fahnen stange, ohne weiteren Schaden anzurichten. — Bekanntlich befindet sich das Katferpaar augenblicklich in Wilhelmshöhe. 8. Berlin, 40. August. (Privattelegramm.) Frei willige für den Militairdienst in Kiautschau an werben zu helfen, ist den Landräthen als Civilvorsitzenden der Ersatzcommissionen auferlegt worden. Sie sind angewiesen, in öffentlicher Bekanntmachung darauf aufmerksam zu machen, daß Anfang November dieses Jahres bei den Seebataillonen zur Einstellung gelangen eine größere Anzahl Dreijährig- Freiwilliger, die im Frühjahr nächsten IahreS nach Kiautschau entsandt werden sollew, und geeignete, tropendienstfähige Leute i zu veranlassen, sich möglichst bald direct an eins der Com- mandoS der beiden Seebataillonr zu wenden. 8. Berlin, 10. August (Privattelegramm.) Prinz Pangeran Aryo Matarom, der Bruder der Kaiserin von Java, ist mit seinen beiden Söhnen Raden Mas Matthes und Raden MaS V. Son nebst großen» Gefolge, auS Scheveningen kommend, in Berlin eiugetroffen. — Der Kaiser hat für den 23. September seinen Besuch in Stettin zugesagt, wo er der feierlichen Eröffnung der neuen Hafenanlagen und der Einweihung des der Stadt vom Kaiser aus dem Kunstfonds zum Geschenk gemachten Monumental brunnens des Professors Manzel beiwohnen wird. — Mit dem Kaiserpaar werden, wie die „Potsd. Ztg." meldet, der erste Zug der Le ibgendarmen des Kaisers und der zweite Zug der Leibgendarmen der Kaiserin die Orientreise antreten, bestehend aus je 10 Mann. Diese erhalten vollständige Tropenausrüstung, und zwar Korkhelme (hinten mit Schleier), Weißen Drillanzag, gelbes Bandelier und Stiefel. Die Pferde werden vom Sultan zur Ver fügung gestellt. — Der Kaiser erhielt zum Hinscheiden des Fürsten v. Bismarck ein herzliches Beileidstelegramm vom Schah von Persien. — Die „Hamb. Nachr." bringen heute nochmals eine Auswahl der in FriedrichSruh eingetroffenen Beileids telegramme, darunter auch ein Telegramm von Marschall Kamphövener aus Pera. Die auvercn Telegramme stammen von Handelskammern, Vereinen und von Deutschen in Oester reich und in außereuropäischen Ländern. Den „Hamb. Nachr." fällt bei allen auS den österreichischen Kronländern und Pro vinzen — so weit die deutsche Zunge klingt — stammenden Depeschen der besonders herzliche und warme Ton wohl- thuend auf, in dem sie durchgehend gehalten sind. — Die oberschlesischenJndustriellen beschlossen. i:n Oktober am Tage der Beisetzung desFürstenBismarck eine große Trauerfeier zu veranstalten. — Nach Mittheilung der „Köln. Ztg." wird die Novelle zum Alters- und Jnvalidengesetze bald fertig sein und dem Bundesrathe zur Beschlußfassung zugehen, so daß man cnnehmen dürfe, der Reichstag werde sich gleich bei seinem Zusammentritte damit zu beschäftigen haben. — Wie der „B. Loc.-Anz." wissen will, ist in kurzer Zeit ein größerer Wechsel in den höheren Commando- sc eilen der Flotte zu erwarten. Bei dieser Gelegenheit werde auch die seit August 1895 interimistisch durch einen Capitain zur See verwaltete Stellung des Inspekteurs der Marine-Artillerie durch einen Contreadmiral wieder definitiv be setzt werden. — Ueber die Herstellung von Arbeiterwohnungen werden gegenwärtig im Auftrage des Ministers für Handel und Gewerbe seitens der Gewerbe-Aufsichtsbeamten Erhebungen an gestellt, deren Ergebnisse für die Arbeitsgruppe „Sociale Wohl fahrtspflege" der Pariser Weltausstellung im Jahre 1900 bestimmt sind. In Betracht kommen für diese Erhebungen außer den industriellen Privatbetrieben diejenigen Staats-, Pro vinzial-, Kreis- und Ortsbehörden, welche für die in eigener Regie beschäftigten Arbeiter Familienwohnungen errichtet oder erworben haben, ferner alle von Baugenossenschaften und endlich alle von gemeinnützigen Genossenschaften überhaupt — nicht nur für gewerbliche Arbeiter — hcrgestellten Familienwohnungen. Die zuständigen Behörden aller derjenigen Bezirke, welche sich demgemäß an der Erhebung zu betheiligen haben, sollen dies den königlichen Gewerbe-Jnspectionen zur Kenntniß bringen, worauf ihnen dann zur Ausführung der Erhebungen Fragebogen zuge stellt werden sollen. — Der Antrag des Grafen Mirbach, die Beschluß fassung über die Wahl des 1. Vorsitzenden des „Bundes der LandwirthÄ' bis zum Spätberbste d. I. hinauSzuscyieben, ist bekanntlich >Ausschüsse deS „Bundes der Landwirthe" als „nicht vorliegend" betrachtet worden, weil er bis zum Beginn der Ausschußsitzung weder beim Vorstande noch im Bureau des „Bundes der Landwirthe" eingegangen war. Die „Deutsche Tagesztg." bemerkt dazu: „Herr Gras Mirbach sandte uns ain 5. August ein ein geschriebenes Schreiben, in dem, wie wir uns heute überzeugten, sein Antrag nebst Begründung und außerdem ein Schreiben au den Vorstand des „Bundes der Landwirthe" enthalten war, um dessen Uebermittelung wir gebeten wurden. Dieser Brief ist uns heute, am 9. August, Vormittags zugegangen, wie aus dem Bestellstempel des Couverts ersichtlich ist, der folgendermaßen lautet: „Bestellt voin Postamt 9 — 9. 8. 98 — 7'/«—8'/< V." Die späte Aushändigung war durch eine unglückliche Verkettung von Umständen veranlaßt, für die weder wir noch die Post verantwortlich sind. Obwohl wir diese Verkettung bedauern, glauben wir doch darauf Hinweisen zu sollen, daß die Verzögerung sicher vermieden worden wäre, wenn Herr Graf Mirbach sich unmittelbar an den Vorstand des „Bundes der Landwirthe" gewendet hätte. Im Uebrigen dürfte auch eine Berathung deS Antrages kein anderes Ergebnlß gezeitigt haben, da man allerseits fest entschlossen war, die Wahl sofort vor- zunehmen." — Der Polizei-Präsident von Windheim tritt morgen einen sechswöchigen Urlaub an. Die Geschäftsführung übernimmt sein ständiger Vertreter Geheimer und Oberregierungsrath Friedheim. * FriedrichSruh, 10. August. Fürst Herbert Bis marck ist mit seiner Gemahlin gestern Abend nach Varzin abgereist. * Cassel, 10. August. (Telegramm.) Hier wurde gestern in der Martinskirche ein Trauergottesdienst für den Fürsten Bismarck abgehalten. Während der Feier waren die städtischen Bureaux geschloffen. * Wilhelmshöhe, 10. August. (Telegramm.) Die kaiserlichen Prinzen Adalbert, August Wilhelm und Oskar sind beute Vormittag 11 Uhr nach Potsdam abgereist. * AuS Waldeck, 8. August. Im Fürstenthum Waldeck- Pyrmont ist ein Verband zur Bekämpfung der So ria l d e m o k r a t i e in der Bildung begriffen. * Stege», 9. August. Der hier tagende ^.Rheinisch- Westfälische Handwerkertag nahm eine Reihe Re ¬ solutionen an, die in zünftlekischem Sinne gehalten wakttk. treffs des neuen Handwerkergesetzes gelangte folgende Resolution ohne Debatte zur Annahme: „Der 18. Provinzial-Handwerker- iag für Rheinland-Westfalen zu Siegen erkennt in dem neuen Handwerkergeset» vom 26. Juli, 1897 eine bessere Grundlage für das Jnnungswesen, insbesondere für Regelung des Lehrlings wesens, begrüßt die Errichtung obligatorischer Handwerker kammern, und empfiehlt den Handwerkern Westfalens, möglichst bald zu Zwangs-Innungen zusammcnzutrelen. Wenn die westfälischen Handwerker auf dem Boden dieses Gesetzes mit alle» Kraft die Hebung ihres Standes onstreben wollen, so können sie doch niemals auf die obligatorische Organisation und die Ein führung des Befähigungs-Nachweises verzichten. Sie bitten da her den hohen Reichstag und den hohen Bundestag, möglichst bald dahin gehende gesetzliche Bestimmungen zu treffen." Ferner wurde die Absendung einer Petition an die gesetzgebenden Factoren be schlossen, in der gewünscht wird, daß künftighin eine Lohn- bezw. Gehalts-Beschlagnahme bis zu einem gewissen Pro centsatz für Handwerker-Forderungen erfolgen kann, wenn auch die Einnahme unter 1500 jährlich ist. So dann erklärt sich die Versammlung gegen die etwa geplante Einführung des obligatorischen Achtuhrladenschlusses an Wochentagen. Eine zweite Petition beschloß dann noch die Versammlung abzusenden, in der um Einführung eines milden Paßzwanges gebeten wird. Mit dem Alters und Jnvaliditätsgesetz beschäftigte sich die Versammlung gleich falls und nahm eine Resolution an, in der der Handwerkertag sein Bedauern darüber ausspricht, daß das Jnvalidenversor- guugsgesetz dem Handwerk große Lasten auferlegt, ohne ihm auch nur den geringsten Vortheil zu gewähren, und den Vorstand be auftragt, an den Reichstag die Bitte zu richten, bei der in Aus sicht genommenen Novelle zu dem betreffenden Gesetze das Hand werk auszuschließen. Gegen die großen Waarenhäuser, die Offi- ciers- und ähnliche Vereine, gegen die Zuchthausarbeit und das Submissionswescn wurde auf dem Handwerkertag stark gewettert und in Protestresolutionen die Stellung der Versammelten fcstgelegt. * Breslau, 10. August. (Telegramm.) Die „Schle sische Zeitung" ist zu der Erklärung ermächtigt, daß die von einem Berliner Blatte gebrachte Meldung von einer Ver schiebung terHochzeit der Prinzessin Theodora von Sachsen-Meiningen mit dem Prinzen Heinrich XXX. Reuß j. L. bis März nächsten IahreS unbegründet ist. Die Hochzeit findet am 24. September d. I. statt. * Greiz, 9. August. Wie man uns schreibt, ist hier in maß gebenden Kreisen von einem Beileidstelegramm des re gierenden Fürstenan die Hinterbliebenen des F ü r st e n B i s- marcknichtsbekannt. * Gotha, 10. August. (Telegramm.) Bürgermeister Ostertag theilte in der Sitzung der Stadtverordneten mit, die thüringischen St ädte hätten beschlossen, bei der Bei setzung des Fürsten Bismarck eine gemeinsame Kranz spende durch eine besondere Abordnung in FriedrichSruh niederlegen zu lassen. * Frankfurt a. M, 9. August. Der diesjährige Partei- t^g der Deutschen Volkspartei wird wahrscheinlich am Sonnabend, den 24. und Sonntag, den 25. September ab gehalten werden. Ort des Parteitages ist Stuttgart. * Tarmstadt, 9. August. Auf die Anfrage des hessischen Landwirthschaftsrathes beim Generalcommando des 11. Armee corps betreffs derBcurlaubungvonSoldatenzuden E r n t e a r b e i t e n, hat das Generalcommando nach der „Frist. Ztg." die Antwort gegeben, daß ein Hinausschieben des auf den 24. September festgesetzten letzten Manövertages nur bis zum 29. September angängig und hierdurch nur ein Aufschub von fünf Tagen möglich wäre, der nicht im Verhältniß zu den außer ordentlich umfangreichen Arbeiten stehen dürfte, die eine solche Anordnung für alle betheiligten Civil- und Militairbehörden er fordern würde. Die Beurlaubung von Soldaten zur Hilfe bei den Erntearbeiten sei lediglich Sache der Regimenter. Den letzteren ist vom Generalcommando die Anweisung ertheilt wor den, derartigen Anforderungen nach Möglichkeit zu entsprechen. Der Präsident stellt den interessirten hessischen Landwirthen an heim, sich im Bedarfsfälle mit Gesuchen um Arbeitskräfte an das Commando der nächstgelegenen Truppentheile zu wenden. * Stuttgart, 9. August. Der Verband deutscher und österreichischer Eisenbahnbeamten - Vereine hält seinen diesjährigen BerbandStag in der Zeit vom 16. bis 18. September hier ab. Dem Verbände gehören folgende Vereine an: Verein badischer Eisenbahnbeamter, Deutscher Eisenbahnbeamten-Verein in Hannover, Hessischer Landesverein der Eiscnbahnbeamten, Landesverein der Reichseisenbahn-Beamten in Elsaß-Lothringen, Verein der Beamten der königlich sächsischen Staatseisenbahnen, Landesverein württembergischer Verkehrsbeamter, Oester- reichischer Eisenbahnbeamten-Verein, mit einer Gesammt- mitgliederzahl (1897) von 23 300. AuS Bade», 9. August. In einer ganzen Artikelserie sucht das badische Centrumsorgan seine große Genugthuung über die Freiburger Erzbischofswahl vom 2. d. M. aus- zudrllcken. Man wird damit aber nicht über den Eindruck hin- ivegkommen, daß diese Wahl den Wünschen des geistlichen Rathes Wacker und überhaupt des badischen Jntransigentismus nicht entsprochen hat; eingeweihte Personen haben dies sofort geäußert, unv zwar in München, wo nach dem plötzlichen Tode des eben ernannten Erzbischofs vr. Komp notorisch ein großer Theil der betreffenden Verhandlungen gepflogen worden ist. Das badische Centrumsorgan weist selbst auf die bayrische Hauptstadt als auf den Ort hin, dessen Nuntiatur die Zwischenstufe zwischen den badischen Kirchenverhältnissen und der römischen Kurie bilde; es meint, daß man in München wie in Rom scheinbar über gewisse deutsche Preßverhältnisse nicht ausreichend unterrichtet sei. Ob man in Karlsruhe nicht merkt, daß diese Insinuation wenigstens mit Bezug auf die Münchener Stelle einen denunciatorischen Beigeschmack hat, da doch diese Nuntiatur über die kirchenpoli- tischen Angelegenheiten Deutschlands den Vaticgn auf dem Lan- fcuden zu erhalten den Auftrag besitzt? * Aus Württemberg, 10. August. Wie die Münchener „Allgem. Zeitung" von amtlicher Stelle hört, hatte auch der vürtttmiekgische Ministerpräsident Frhr. v. Mittaacht deu Fürsten BiSmarck in der vorigen Woche noch besuchen wollen. Er war dort bereits angesazt und für den 6. August erwartet. Frbr. v. Mittnacht hat auch in den vorangegangrnen Jahren den Fürsten, mit dem er in den besten persönlichen Beziehungen stand, mehrmals in FriedrichSruh besucht. Nach Einlauf der Todesnachricht condolirte Herr v. Mittnacht sowohl ür sich persönlich, als Namens der Staatsregierung. Die officiellen Anordnungen zur Ehrung deS großen Verstorbenen in Württemberg wurden durch eine persönliche Con- erenz des Königs, der zur Zeit bei seiner Mutter, der Prin zessin Katharine, in Villa Seefeld bei Rorschach verweilt, mit Herrn von Mittnacht in Friedrichshafen getroffen. Der württembergische Gesandte und bevollmächtigte Minister Frhr. von Varnbüler unterbrach seinen Urlaub und reiste nach FriedrichSruh, um dort im Namen deS Königs einen Kranz am Sarg deS Fürsten niederzulegen. Weitere Ehrungen stehen bevor, wenn die Beisetzung erfolgen wird. Auf diese Zeit bat auch die Stadt Stuttgart eine große und allgemeine Trauerfeier verschoben, da man an derselben die Schulen zu betheiligen wünscht, die zur Zeit Ferien haben. Oesterreich -Ungar«. * Wien, 10. August. (Telegramm.) Der Minister des Auswärtigen Graf Goluchowsky ist heute Vormittag von Ischl zurückgekehrt. Conflirt zwischen Ungar« und Serbien. * Pest, 10. August. (Telegramm.) ES ist bekannt, daß die Braunschweiger Firma Ferdinand Luther mit der serbischen Regierung einen Vertrag ab geschlossen hat bezüglich der Ausnutzung der Wasser kraft deS Eisernen ThoreS zu Zwecken elektrischer Kraftübertragung. Das sollte in der Weise geschehen, daß die Firma am serbischen Ufer verschiedene Industrie anlagen errichten würde, deren Betrieb durch elektrische Kraftübertragung geschehen soll. Nun aber ist die ungarische Regierung durchaus nicht einverstanden damit, daß die werthvolle Wasserkraft, auf die Ungarn in erster Reihe Anspruch hat, von fremder Seite in Beschlag genommen werde. Kaum hatte die deutsche Firma die Vorarbeiten begonnen, als sie diese auch schon einstellen mußte, weil die ungarische Regierung durch das Ministerium deS Aeußern bei der serbischen Regierung Vorstellungen machte gegen die einseitige Benutzung der Wasserkraft deS Eisernen ThoreS zu Gunsten Serbiens. Die Frage ist die, ob die beiden Ufcrstaaten (Ungarn und Serbien) zur Aus nutzung der Wasserkraft die gleichen Rechte besitzen oder ob dieses Recht nicht etwa ausschließlich Ungarn, als dein mit oer Rcgulirung des Eisernen ThoreS betrauten Staate, gebührt. Die Streitfrage wird voraussichtlich durch eine nternationale Commission entschieden werden muffen. (Voss. Ztg.) Mankreich. Zola * Parts, 10. August. (Telegramm.) TaS Appel lationsgericht beschäftigte sich heute mit der Berufung, die gegen das im Verleumdungsprocesse der Schrei bsach- verständiHen gegen Zola am 9. Juli von dem Polizei gerichte gefällte Urtheil eingelegt worden war. Zola war nicht vertreten. Das Gericht erhöhte die Strafe auf einen Monat Gefängniß, 2000 Francs Geldstrafe und 10 000 Francs Schadenersatz an jeden der drei Schreibsachverständigen. Großbritannien. Verdächtigungen Deutschlands. * Loudon, 10. August. (Telegramm.) Unterhaus. Provand fragte an, ob in der Versammlung fremder Consuln in Tschifu zum Zwecke der Arrangirung einer Ausdehnung der Niederlassung daselbst der deutsche Consul gegen die AuS. dehnung protestirt habe, weil sie eine Verletzung der deutschen Rechte in Schantung in sich schließe. Curzon erwiderte, das Auswärtige Amt habe keine Information, daß solche Ansprüche vom deutschen Consul in Tschisu erhoben worden seien. * London, 10. August. (Telegramm.) Unterhaus. Curzon erklärte, der britische Gesandte Mac Donald habe am 28. Februar d. I. telegraphirt, der deutsche Gesandte in Peking habe eine Zweigbahn nach Tschin - Kiang aus dem Grundebeanstandet, daß keine Eisenbahn in Schantung ohne ein Abkommen mit Deutschland gebaut werden dürfe. Es sei sofort Namens der britischen Negierung Protest in Peking erhoben worden, ebenso bei der deutschen Regierung durch Lascelles. Staatssecretair v. Bülow hübe hierauf folgendes Memorandum an die britische Negierung gerichtet: „Der Bericht der britischen Regierung aus Peking, der dahin geht, daß Deutschland durch seinen Gesandten in Peking einen Einwand gegen das chinesische Projcct einer Eisenbahn nach Tschin» Kiang in Schantung erhoben habe, und Laß dieser Einwand auf der Annahme beruhe, daß in der obengenannten Provinz keine Eisenbahn ohne Deutschlands Erlaubniß gebaut werden dürfe, entspricht nicht den Thatsachen. Ebenso ist die Nachricht unbe- gründet, daß der deutsche Gesandte in Peking mit ernsten Folgen gedroht habe, falls seine Ansprüche nicht berücksichtigt würden. Die Namens der deutschen Regierung ausgestellte Forderung ging einfach dahin, daß, falls die chinesische Regierung fremde Hilfe wünsche oder erheische, sie in erster Linie der d e u t s ch e n Industrie und dem deutschen Handel Beschäftigung bieten soll. Die deutsche Regierung beanspruchte, ihren Grundsätzen getreu, nie ausschließliche Privilegien und machte keinen Versuch, andere Nationen von derfreien Concurrenz in Schantung auszuschließen." * London, 10. August. (Telegramm.) Lord Salis bury ist heute früh nach Contrexöville abgereist. (Fortsetzung in der 1. Beilage.) dem eitvas problematischen Verwandten eine sehr heitere Zeit. „Wir gingen in den großen und den kleinen Kuchengarten, aßen in einem reizenden, nach Lindrnau gelegenen Vergnügungslocal allerliebste kleine Koteletts und ein Gemllsegericht dazu, das, glaub' ich. Neunerlei hieß, sahen wohl auch in Gohlis mit dem Schauspieler Baudius zusammen, einem trefflichen Künstler und alten Herrn." Gelegentlich einer Reis« in die Sächsische Schweiz besuchte Fontane auch Dresden und entschloß sich dabei, ganz dorthin Lberzusiedeln. Er trat in die Struve'sche Apotheke ein, wo er ein glückliches Jahr verbrachte. Die Stelle dort erschien wie ein Gewinn des großen Looses, „denn Struve galt für Nummer Eins in Deutschland, ich möchte fast sagen, in der Welt und ver diente diesen Rus auch." Aber die Neigung zur Schriftsteller« erwies sich schließlich doch als dir stärkere; in sein'n Mußestunden brachte Fontane manches Manuskript zu Wege und wandte sich schließlich wieder nach Leipzig, um sich hier als Schriftsteller zu «tabliren. Jedoch er fand keinen Verleger, so daß ihm nach Aufzehrung seiner kleinen Ersparnisse nichts Anderes übrig blieb, als in daS Haus seiner Eltern nach Berlin zuriickznkehren. War sein letzter Aufenthalt in Leipzig auch vom Mißerfolg begleitet, so ist es doch immerhin unsere Stadt, das geistige Leben in derselben, di« seinen Entschluß, sich ganz der Schriftstellerei -u widmen, gefestigt hat. Wir können dessen mit Stolz gedenken. Di« weiteren Abschnitt« des umfangreichen BucheS berichten von Fontane'S Eintritt in daS Kaffer Franz-Regiment, von seinem Urlaub nach England und den mannigfachen Erlebnissen daselbst. Sehr viel des Bemerkenswerthen enthalten auch die Capitel „Aus dem Berliner literarischen Leben der vierziger und fünfziger Jahre" und „Der achtzehnte März". Als Politiker hat Fontane, wie er selbst mit gutem Humor erzählt, kein« bedeutende Rolle gespielt; seine Thätigkeit al» Wahlmann war kein« erd erschütternde, aber ihn selbst doch erfreuende. Ihr wurde rin End« gemacht dadurch, daß ein Ruf an ihn gelangte, in Bethanien die pharmaceutisch-wissenschaftliche Ausbildung zweier Diako nissinnen zu übernehmen, da man gewillt war, den bethanischen Apothrkerdienst in die Hände von Schwestern zu legen. Diese Zeit in Bethanien war besonders förderlich für Fontane's literarisch« Thätigkeit. „Zum ersten Mal« in meinem Leben stand mir so was wie volle Muße zur Verfügung; ich brauchte mir die Stunden nicht abzustehlen und war in ungetrübter Stimmung, was fast noch mehr bedeutet als Muße." Doch Fontane's Thätigkeit in Bethanien währte nur anderthalb Jahr«; als sie zu Ende ging, stand er wieder vor der Frage: „Was nun?" Da versuchte «r's noch einmal, als Schriftsteller auf eigenen Füßen zu stehen, und diesmal gelang der Versuch. Fontane konnte ans Heirathen denken, und sein« Hochzeit dünkt ihm die schönste unter allen, die er jr mitgrmacht. Aber kurze Zeit nur durfte er sich in dem Glauben wiegen, im Hafen zu sein. DaS literarische Bureau, daS ihn beschäftigt hatte, flog in die Luft, und Fontane war wieder auf stürmischer Se«. Damit schließt das stattliche, 679 Seiten umfassende Buch, trotz seines reichen Inhaltes das Gefühl hinterlassend, als hgbc es noch nicht genug geboten, und darum den Wunsch weckend, daß ihm bald, recht bald eine Fortsetzung folgen möge. Wer aus so klugen und Hellen Greisenaugen auf sein inhaltreiches Leben zurückblickt, der ist geradezu verpflichtet, Kunde von seinen Erfahrungen zu geben, darum darf Fontane die in dem Vorworte geäußerte Absicht, mit diesem Bande seine „Erinnerungen" abzuschließen, nicht ver wirklichen. Wird es doch nur wenigen Schriftstellern gelingen, die Bilanz ihres Lebens mit so viel abgeklärtem Humor, so viel reifer, liebenswürdiger Weisheit, so viel Bonhommie zu ziehen, und in einer so künstlerisch schönen Vortragsweise zu veran schaulichen, wie die« der Nestor ihre» Kreise» vermag. M. Uhse^
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