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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.08.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-08-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980825012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898082501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898082501
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-08
- Tag 1898-08-25
-
Monat
1898-08
-
Jahr
1898
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6340 Auffassung nicht beipflichten und so ist die Beschwerde gegen die Zolltarifirung in die ober« Instanz gelangt, die demnächst darüber ihre Entscheidung treffen mutz. * Memel, 23. August. In Sachen der Aufhebung der Navigationsschule in Memel ist nunmehr auch die end- giltige Entscheidung des Ministeriums erfolgt. Trotz der dringendsten Befürwortung aller localen Behörden ist, wie das „Mcmeler Dampfboot" schreibt, auch die wenigstens theilweise Wiedereinrichtung der Schule abgelehnt worden. * Atel, 24. August. (Telegramm.) Prinz Albrecht von Preußen ist gestern Abend von Rendsburg auf seiner Jnspicirungsreise hier eingetroffen und hat heute Vormittag der Prinzessin Heinrich im königl. Schloß einen Besuch ab gestattet. Nachmittag fuhr der Prinz nach Schwerin weiter. * Pyritz, 23. August. Die Reichstagsersatzwahl in Pyritz-Saatzig ist auf den 9. September festgesetzt worden. Dem dort candidircnden ersten Vorsitzenden des Bundes der Landwirthe Frhrn. v. Wangenheim ist von antisemitischer Seite der am 16. Juli durchgcfallene Prof. F ö r st e r entgegen gestellt. Die „Deutsche Tagesztg." behauptet nun, daß diese Aufstellung nur eine Quertreiberei einzelner Personen, nicht der antisemitischen Organisationen der Wahlkreise sein könne. Zum Schluß bemerkt das Blatt: „Wie wir Herrn Prof. Förster kennen, dürfte er kaum geneigt sein, gegen den ersten Vor sitzenden des Bundes der Landwirthe zu candidiren." Die Be hauptungen des agrarischen Blattes scheinen aber mehr seinen Wünschen als den Thatsachen zu entsprechen. Die Sorge um das Reichstagsmandat des Bundesvorsitzenden scheint sehr groß zu sein. Von einem bemerkenswerthcn Verhalten des Bundes wird übrigens aus dem Wahlkreise Schlochau-Konitz be richtet. Dort hat nämlich der Bund der Landwirthe einen Com- promiß mit dem Centrum beschlossen, da er mit dem liberal- conseroativen Candidaten nicht zufrieden ist. Eisenach, 23. August. In einer Versammlung der selbstständigen Schuhmacher Eisenachs stimmten nach längerer Debatte von 42 erschienenen Schuhmachern 37 für freie Innung. * BrcSlau, 23. August. Die technischen Vorarbeiten für den dem Landtage vorzulegenden Gesetzentwurf zur Regu- lirung der schlesischen Gebirgsflllsse sind, wie die „Schief. Ztg." schreibt, von den zuständigen Meliorations- baubeamten mit ihren Technikern und Hilfskräften im Laufe des Sommers dergestalt eifrig gefördert worden, daß sie für einen Theil der Flußläufe bereits fertig vorliegen und theilweise schon dem Ministerium eingereicht werden konnten. Der noch aus stehende Rest wird bis Ende dieses Monats — wie bei Er- theilung der Aufträge gefordert worden war — vollendet sein. Der Anordnung des Ministers entsprechend kommen bei dieser Gelegenheit auch einzelne die Oder betreffende, von der Oder strombauverwaltung aufgestellte Verbesserungsvorschläge zur Er wägung. Ob und inwieweit diese in den Rahmen des in Aus sicht genommenen Gesetzes sich werden einstigen lassen, darüber läßt sich gegenwärtig Sicheres noch nicht sagen, da die sehr schwierigen Untersuchungen über den Zusammenhang der Ge- birgsflllsseregulirung mit den Oderhochwassern noch nicht abge schlossen sind. Was die Frage der Thalsperren für die Grafschaft Glatz anbelangt, so verlautet. Geheimer Regierungs rath Prof. Jntze aus Aachen werde in naher Zukunft die Graf schaft bereisen, um die Frage zu studiren und sein Urtheil ab zugeben. * BreSlau, 24. August. (Telegramm.) Die 6. Ver sammlung des Vereins deutscher Forstmänner wurde heute Vormittag im Sitzungssaale des Landeshauses durch den Landforstmeister vr. Danckelmann aus Eberswalde er öffnet. Zum Präsident wurde Geheimrath v. Ganghoser aus München gewählt. Im Namen des LandwirthschaftS- MinisteriumS begrüßte Landforstmeister Wächter aus Berlin die Versammlung. Nach einer weiteren Begrüßungsansprache Wurde in die Tagesordnung eingetreten. * WieSba-en, 23. August. Auf gestern Nachmittag war hier eine Versammlung einberufen, in welcher die Frage einer deutsch-n ationalen Bismarck-Ehrung erörtert wurde. Den Vorsitz führte Stadtrath Bartling. Oberlehrer Spanier hielt eine begeistert aufgenommene Ansprache, in welcher er zur Gründung einer deutsch-nationalen Bismarck-Stiftung aufforderte. Die gedachte Ehrung solle nicht ein Werk der Kunst sein, sondern eine Stiftung, geheißen „Bismarck- Stiftung", die national sein und der allgemeinen Wohlfahrt dienen und dauern solle bis in die fernsten Zeiten. Rach längerer Debatte nahm die Versammlung einen Antrag Boja- nowSki an: Die Versammlung wolle beschließen, es solle von hier aus überall, wo Deutsche wohnen, die Bildung von Aus schüssen zur Veranstaltung einer nationalen Ehrung für den Fürsten Otto von Bismarck angeregt werden. Sodann wurde ein geschäftsführendes ComitS gewählt, welches demnächst einer neu einzuberufenden Versammlung einen allgemeinen Aufruf vorlegen und die übrigen Vorarbeiten in Angriff nehmen soll. (Berl. N. N.) * Kreuznach, 23. August. Für die am 26. d. M. statt findende Reichstagsersatzwahl hat das Centrum Wahl enthaltung beschlossen. Die Freisinnigen wollen für Professor Virchow ihre Stimmen abgeben. Oesterreich -Ungar«. AuSgletchSverhaudlungen. * Pest, 24. August. (Telegramm.) Die österreichischen Minister Graf Thun, vr. Kaizl und vr. Bärnreither erschienen heute Vormittag 14 Uhr im Palais de- Minister präsidiums, in dem die Conferenzen über den Ausgleich be gannen. Von der ungarischen Regierung nahmen der Ministerpräsident Baron Banffy, der Finanzminister vr. v. Lucac», der Handel-Minister Freih. v. Daniel und der Ackerbauminisier vr. Daranyi an den Berathungeu Theil, die morgen fortgesetzt werden dürften. * Pest, 24. August. (Telegramm.) Wegen der heute beginnenden AuSgleichSberathungen zwischen den ungarischen und österreichischen Ministern ist alle Welt auf bloße Ver- muthungen angewiesen, Bermuthungeu, die in den verschie densten Mittheilungrn alle Blätter durchschwirren, denen aber kaum die Lebensdauer einer Eintagsfliege beschieden ist. Als feststehend kann nur angenommen werden, daß der Stand- punct der ungarischen Regierung nach wie vor unveränderlich derselbe gebliebe» ist, daß also ein weiteres Provisorium und die Vereinbarung eines Ausgleiches welcher Art immer auf Grund des tz 14 der österreichischen Verfassung als völlig ausgeschlossen betrachtet werden muß. Den Gegenstand der heutigen Berathungen kann nach den principielle» Fest stellungen, die in Ischl vereinbart wurden, bloS der mollus proceäoulli hinsichtlich der selbstständigen Regelung der wirth- schaftlichen Fragen bis zum Jahre 1903 und die Feststellung der Quote für de» Fall bilde», daß es dem Grafen Thun nicht gelingen sollte, den österreichischen Reichs rath actionSfähig zu machen. Alles Weitere sind bloße Vermuthungen. (Boss. Ztg.) Frankreich. Generalräthe; Eolontal-Armce. * Pari-, 24. August. (Telegramm.) Der General rath der Charente hat auf DLroulvdeS Antrag ein Gesuch an die Regierung gerichtet, diese möge schleunigst energischste Maßregeln gegen die Rädelsführer treffen, die durch ihre Solidarisirung mit einem gerechter weise verurtheilten Verräther die Sicherheit des Staates gefährden und die Bewegung gegen Heer und Vaterland schüren. Der Generalrath der Ha Ute-Saone ersuchte das Ministerium Brisson, die Suprematie der Civilgewalt zu wahren und eine demokratische Steuerreform durchzu führen. (Voss. Ztg.) * Parts, 24. August. (Telegramm.) Wie verlautet, ist der Ordonnanzofficier des Kriegsministers Cavaignac, Major Mondbuy, gestern mit der Mission, betr. die Schaffung einer Colonial-Armee, nach Brest abgereist. Orient. * Konstantinopel, 24. August. (Telegramm.) Der Vertrag, betreffend die Lieferung von 100 Millionen Mauserpatronen, ist unterzeicknet worden. — Der Bau der für Truppentransporte bestimmten Bahnstrecke von Nodosto nach Muratli ist endgiltig beschlossen worden. Asten. Französischer Einfluß in Korea; Russisch-Englische Eoncnrren; * Vokohama, 24. August. (Telegramm.) Nach einem Telegramm aus Soeul ist zwischen der koreanischen Regierung und dem französischen Geschäftsträger eia Uebereiukommen getroffen worden, bezüglich der Einstellung eines französischen BeirathS für die Post- angelegenheiten. * Nach einer Kopenhagener Drahtmeldung der „Daily Mail", die der „Voss. Ztg." aus London zugebt, ist die Sendung des neuen Botschafters Sir Charles Scott nach Petersburg in den chinesischen Angelegenheiten völlig erfolgreich gewesen. Während Rußland in den Eisenbahnfragen seinen Willen durchsetzen werde, gedenke es England Zugeständnisse in anderen Richtungen zu machen. Amerika. Rach dem Kriege. * Rew Kork, 24.August. (Telegramm.) Wie das „Journal" telegraphisch aus Washington meldet, ernannte der Präsident Mac Kinley noch zwei Mitglieder für die Commission für den Friedensschluß,, nämlich den Richter Edward White uud den früheren Marinesecrrtair Tracy. — Nach einer Meldung des „New Jork Herald" aus Washington instruirte Mac Kinley die FriedeuScommission dahin, wenigstens die Insel Luzon für die Bereinigten Staaten zu fordern. * Manila, 24. August. (Telegramm.) Am 16. d. M. ist der Waffenstillstand hier bekannt geworden. Die Amerikaner forderten die Insurgenten auf, sich in ihre ursprüngliche Stellung zurückzuziehen; zwischen der Stellung der Insurgenten und der Stadt sollte eine neutrale Zone sein. Die Insurgenten haben die Vorstädte im Osten und Norden besetzt. (Siehe die folgende Meldung.) * Rew dort, 24. August. (Telegramm.) Nach einem Telegramm des „Journal" aus Manila befahl Aguinaldo den Aufständischen, die Waffen niederzul e g e u. General Merritt habe die Geschäfte des Gouverneurs übernommen. * Madrid, 24. August. (Telegramm.) Die Königin- Regentin unterzeichnete eia Decket, durch das die CorteS zum 5. September einberufen werden. Mttitair un- Manne. — Um den Lauf eines Kriegs schiffes noch hinterher genau studiren zu können, ist kürzlich ein inter essantes Experiment unternommen worden. Von gut unterrichteter Seite wird darüber berichtet: S. M. S. „Hertha" ging am letzten Sonnabend zu einer sechs stündigen Probefahrt um 8 Uhr Morgens von der kaiserlichen Werft in Kiel aus in See. Die „Hertha" sollte in forcirter Fahrt 19 Sttmeilen in der Stuyde zurllcklegen und hierbei, um den Lauf des Schiffes studiren zu können, mittels „Kinetograph" ausgenommen werden. Herr Meßter aus Berlin befand sich mit feinem neuesten Apparat (genannt „Kosmograph") an Bord des Werftdampfers „Aeolus", welcher den Befehl hatte, auf hoher See in der Nähe des Feuer schiffes „Stollergrund" dec „Hertha" entgegenzufahren. Um 10 Uhr trafen sich beide Schiffe; die „Hertha" fuhr mit 19 See meilen, der „Aeolus" mit 8, so daß sich die Schiffe mit einer Geschwindigkeit von 27 Seemeilen (fast 7 deutsche Meilen in der Stunde) einander näherten. Beide Schiffe hielten direct auf einander zu und manövrirten schließlich so geschickt, daß sie nur in ca. 12 Metern Entfernung aneinander vorbeisausten. Bei diesem sehr gefährlichen Experiment wurden ca. 1600 Aufnahmen von dem „Kosmographen" gemacht, welche marinewiffenschaftlichen Zwecken dienen sollen. * Berlin, 24. August. (Telegramm.) S. M. S. „Geier", Commaadant Corvetten-Capitain Jacobsen, ist am 22. August in San Thomas eingetrosfen und am 23. August von dort nach San Juan (PortoNico) in See gegangen. S. M. S. „Rhein" ist am 23. August durch den Kaiser-Wilhelm-Canal von Kiel nach der Elbe und Jade in See gegangen. Die Station«.Macht „ Farrwrll" ist am 22. August von Helgoland nach Wilhelmshaven zurückgekehrt. S. M. S. „Albatroß" ist am 23. August von Wilhelmshaven nach oer Äesermündung in See gegangen. Poststation bleibt Wilhelmshaven. Der chilenische Transportdampfer „Angamos" ist am 23. August Cuxhaven elbabwärts passirt. Die Flottenmanöver. An vor- -es Floltenflaggschiffs T.M S. „Blücher", 23. August. Der Morgenschuß vom Flaggschiff bringt schon um 5 Uhr Leben in die Flotte; die Spielleute, je ein Trommler und ein Hornist auf jedem Schiffe schlagen und pfeifen den alten Weck ruf, der schrill und mit eigenartigem Tonmaß über den ganzen Hafen schallt, zuweilen auch von den bewaldeten Hügeln der Küste zurückgcrufen wird. Die schöne Sitte auf den Flagg schiffen, nach dem Wecken und nach dem Zapfenstreich einen Choral zu blasen, scheint ganz geschwunden zu sein — vielleicht weil das Flottenflaggschiff ein Musikcortzs entbehrt. Am gestrigen Morgen erkannte man an allerlei Vorbereitungen, daß die Schiffe der Flotte seeklar (d. h. bereit zur Seefahrt) machten. Die Boote, die am Sonntag die Schaaren der Beurlaubten be fördert hatten, wurden mit großen Krähnen oder Ladcbäumen gehißt und auf den Gestellen untergebracht, die auf jedem Schiff gewöhnlich zwischen Fock- und Großmast über den Decksaus- bautcn als Ruheplätze für die Boote bestimmt sind. Allerlei Mundvorräthe wurden noch von den Stewards und Köchen an Bord geschafft; Bier, Fleisch und Gemüse in erstaunlichen Mengen, aber auch Brod verschwanden in den unteren Schiffs räumen, die auf neuen Schiffen infolge künstlicher Lüftung fast so kühl wie die besten Keller am Lande sind, sofern sie nur weit genug von den Heizräumcn abliegen. Die Heizräume sind freilich keine Eiskeller. Vom schweren Dienst der Heizer vor den Kesseln in diesen Räumen wird später noch berichtet werden. Gegen 7 Uhr qualmten die Schornsteine überall kräftig auf; die aufgebänkten, d. h. zurückgeschobenen und niedrig gehaltenen Feuer wurden vorgeholt, tüchtig durchgerüttelt und mit neuen Kohlen frisch versorgt. Der Dampfdruck stieg nun schnell in den Kesseln und erreichte wieder die Kraft, die zum Antrieb der Maschinen nöthig ist. Die ersten bunten Flaggensignale galten „Aegir" und den drei Seecadettenschulschiffen; diese erhielten Befehl, etwas früher auszulaufen, weil sie als feindliche Blockade flotte unsere beiden Geschwader vor dem Kieler Hafen anzu greifen hatten. Um 8 Uhr wird dann noch die Briefordonnanz an Bord gesetzt, um die Morgenpost mit dem Depeschenboot nachzubringcn, denn eine Flotte bleibt schon aus politischen Gründen selten ohne Postverbindung. Gleichzeitig werfen nun alle Schiffe von den Bojen los, das Flottenflaggschiff setzt sich an die Spitze und führt die Flotte in langer Kiellinie, jedes Schiff genau hinter seinem Vordermann aus dem Hafen heraus. Trotz der frühen Stunde sind alle Seestege und Aussichttzpuncte am Lande mit Schaulustigen gefüllt. Der Anblick dieser schier endlosen schnurgeraden Reihe stattlicher Schiffe ist aber auch großartig; er wird noch verschönt durch den wolkenklaren, strahlenden Himmel und die lieblichen Gelände der Kieler Föhrde, die dem lebendigen Bilde den schmückenden Rahmen geben. Während die großen Schiffe langsam hinaus dampfen, ertönen einige Sirenensignale unter Land; die Tor- pedobootsdivisionen verlassen ihre Ställe, die beiden trefflichen Bootshäfen bei Düsternbrook und in der Werft drüben in Gaarden, wo sie in Reih und Glied dicht nebeneinander lagen. Schnell überholen die flinken kleinen Boote die großen Schiffe und dampfen vor dem Hafen zugleich mit den Aufklärungs kreuzern strahlenförmig auseinander, um nach dem Feinde zu spähen. Der läßt auch nicht lange auf sich warten; mit dem Meldesignal im Topp ziehen sich die Kreuzer und Torpedoboote hinter den Kern der Flotte, nämlich hinter die Linienschiffe, zurück, um diesen freies Schußfeld zu schaffen. Nun öffnen sich die Reihen, die Schlachtschiffe breiten sich aus und entfernen sich voneinander, um dem Feinde keine geschlossene Masse als Ziel zu bieten. Ehe der Geschützkampf beginnt, sucht, jede der gegnerischen Flotten sich zwischen die beim Ziesen störende Sonne und den Feind zu schieben; schließlich kommen die Gegner so aufeinander los, daß jeder die Sonne von der Seite hat. An solchen Tagen ist es sehr wichtig, das Ziel nicht in der Sonnenrichtung zu haben; denn unzählige flimmernde Sonnenstrahlen glitzern und blenden auf allen den kleinen Wellenkräuselungen, die auf der nie völlig ruhigen See umherhüpfcn. Der schwarzbraune dicke Qualm unserer vaterländischen Kohle, die leider nicht zu den besten Sorten zählt, was Heizkraft und Reinheit anbelangt, Wurde vom Winde zu rnächtiM Wolken zusammengeballt, die sich dicht auf die Wasserfläche lagerten und stellenweise die Tor pedoboote am Hellen lichten Tage vollständig unsichtbar machten. Herrlich hob sich der Weiße Pulverrauch der Saluttartuschen von dem schwarzen Kohlenqualm, von den stahlgrauen Schiffen und der heute etwas dunklen Luft ab. Den Geschützkampf führten die Flotten meist in der Kiellinie, indem sie nach dem Passiren mit entgegengesetzten Cursen wieder aufeinander zuschwenkten. Äls der commandirende Admiral annehmen konnte, daß der Gegner von dem heißen Gcschützfeuer, das mit Salutkartuschen markirt wurde, genügend geschwächt sei, schickte er die Torpedo bootsdivisionen zum Angriff vor; diese Boote würden sich im Kriege die am stärksten beschädigten und vielleicht manövrir- unfähigstcn Schiffe des Feindes aussuchen, um ihnen mit kräftigem Genickstoß den Garaus zu machen. Wo mehrere Dutzende von Torpedobooten gleichzeitig unter Volldampf manövriren, da gehts ähnlich her wie bei den Angriffen der Reiterei. Kleine Verletzungen sind fast unvermeidlich; zuweilen fordert die Kriegsllbung sogar größere Opfer. Wollte man jedes Risico vermeiden, nun dann müßte man eben Parademanöver machen, dann könnte man keine ernsthaften Vorübungen für die kriegsmäßige Schulung anstellen. Diesmal war der Schaden gering; ein Torpedoboot, 8. 82, gerieth gegen sein Fllhrerboot und erhielt dabei ein kleines Leck, das lediglich den kleinen Raum vor dem sogenannten Collisionsschott mit Wasser füllte. Nach Schluß der Uebung erhielt das Boot den Befehl, nach Kiel zu laufen und den Schaden zu bessern. Nachmittags ankerte die Flotte in Sicht der Petersdorfer Kirche und des Westmerkels- dorfer Leuchtthurmes an der Westküste der Insel Fehmarn, um den Torpedobooten Zeit zu lassen, sich irgend wo an der Küste Verstecke für einen Nachtangriff zu suchen. Nach Einbruch der Dunkelheit lichtete die Flotte wieder Anker und steuerte, nur sehr wenige Lichter zeigend und jedes Signal vermeidend, nach Osten. Die Kreuzer hatten den Sicherheitsdienst übernommen und waren deshalb wieder rings um die Schlachtflotte vertheilt. Trotz der sternenklaren und an Sternschnuppen reichen Nacht war es ziemlich dunkel, die Gelegenheit für Torpedoboote also nicht ungünstig. Aber die Wachsamkeit der Kreuzer verhütete eine Ueberrumpelung der Panzerschiffe;^ rechtzeitig beleuchteten die Scheinwerfer die schnellen Angreifer, die Schnellschützen hatten bei dem ruhigen Geschützstand prächtige Ziele. Die Uebung war deshalb schwierig, weil auch die Schiffe in Fahrt waren und weil außerdem das Fahrwasser von einigen Handelsdampfrrn, mehreren größeren Segelschiffen und vielen kleinen Fischer fahrzeugen belebt war. Trotzdem wurde der Angriff beider Torpedoflottillen schneidig und ohne Unfall ausgefllhrt. Bald nach Mitternacht, als alle Schiffe schon wieder ihre gewöhnlichen Lichter zeigten, schoß ein Segelschuner an den kleinen Kreuzer „Pfeil" heran, richtete aber so gut wie keinen Schaden an, die vielen Schiffe mit ihren Lichtern hatten anscheinend dem Schuner die Ruhe geraubt, daß er ein fehlerhaftes Manöver machte und zu drehen versuchte, statt, das Ausweichen dem Dampfschiff allein zu überlassen. Von der Empfindlichkeit der Torpedoboote gab das Nachtmanöver einen neuen Beweis; ein Boot „8 82" mußte einer geringfügigen Verletzung halber nach der Kieler Werft geschickt werden. Aus Vorsorge wurde es von einem Kameraden, dem Depeschenboot, dorthin begleitet, wäh rend die Flotte ihren östlichen Curs fortsetzte. Da heute vor Warnemünde taktische Uebungen abgehalten werden sollten, ankerte die Flotte von ^6—10 Uhr Morgens 11 Seemeilen im Nordnordosten von Warnemünde, in Sicht dieses Hafenplahes, sowie der Kirchthürme von Rostock und des Gjedser Feuerschiffes. Vorläufig begünstigt das herrliche Augustwetter noch die Uebungen der Flotte; indessen das Barometer fällt bereits. Es mag also sein, daß sich ein Wetterumschlag an meldet. Gegen 6 Uhr Nachmittags ankerte die Flotte vor Warnemünde. von 24 «1er geprüft und empfohlen, haben sich die Apotheker Richard Brandt's Schweizcrpillen, welche in den Apotheken die Schachtel -41^ erhältlich, wegen ihrer unübertroffenen, zuverlässigen, an genehmen, dabei vollständig unschädlichen Wirkung gegen I.eibe8-Ver8t«pfunx (Hartletdikllvlt), ungenügenden Stuhlgang u. deren unangenehme Folgezustände, wie Kopfschmerzen, Herzklopfen, Blutandrang, Schwindel, Unbehagen, Appetitlosigkeit rc., einen Weltruf erworben. Nur 5 Pfennige kostet die tägliche Anwendung und sind die Apotheker Richard Brandt'schen Schweizerpillen bei den Frauen heute das beliebteste Mittel. 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Ist dieses geschehen, so stirbt dasselbe, ebenso das Männchen. Viele Fliegen sterben auch schon am Tage der Geburt, in keinem Falle leben sie länger als drei Tage. Die Eier überwintern und im nächsten Frühjahr, in der Regel im Monat Mai, entschlüpfen di« Maden den Eiern und leben wohl acht bis zwölf Wochen gemeinschaftlich zusammen. Im Juli erwacht der Wandertrieb, und nun verbinden sie sich in großer Anzahl zu Heerwürmern, die im Walde ziehen und dabei oft Waldwege überschreiten, auf denen sie meistens gesehen und bewundert werden. Im Erscheinen, im Ziehen und Wandern, inderwundergleichen Eigenthümlichkeit des Heerwurms fand man viel Stoff für den Volksaberglauben. Das seltene Erscheinen, das grauenhafte An sehen eines graublauen, schlangenähnlichen, geräuschlos und ge spenstig dahingleitenden Gewürms von oft großer Länge, das, näher betrachtet, aus Millionen wimmelnder Einzelgeschöpfe be steht, muß wohl beim ersten Erblicken jeden Unbefangenen über raschen, geschweige denn die Befangenen. Kasper Schwenkfeld girbt uns muthmaßlich die erste Nach richt über den Heerwurm im Riesengebirge in seinem l'korio- ropkeum 8ilo«me. vixnicii, 1603. Der Verfasser beschreibt ihn wahrscheinlich nur nach Hörensagen und schildert die Maden als kleine weißliche Würmchen, die zur Sommerzeit gleichsam wie Ketten zusammenhängend kröchen. Wenn sie auf dcn Ge- lirgsjochen bergauf zögen, folgerte der Aberglaube des schlesischen Vcrgvolkes, bedeute eS Hungersnoth, abwärts aber fruchtbar? Jahre. Später gedenkt des Heerwurmes aus dem Thüringer Wald gebirge Junker im Beginne de» 18. Jahrhundert- in seiner im Manuskript gebliebenen Schrift: „Ehre der gefürchteten Graf schaft Henneberg". Er sagt im zweiten Bande, eine sonderliche Art schwarzgrauer Waldwürmer habe Oberförster Hans Christopb Ludwig zu Ilmenau beobachtet; die Waldlrute nennen sie Heer ¬ oder Kriegswllrmer, und ist die gemeine Rede, als ob sie Anzeichen vielen Krieges seien, dergleichen Gewürm hat man auch in der Goldlauter, in dem Suhlaer Forst, auch im Schwarzwald (unfern Ohrdrufs) u. a. m. angetroffen. Der norwegische Schriftsteller Magister Jonas Raums er zählt, daß in Norwegen dem Heerwurm Kleider und Gürtel in den Weg geworfen werden, und daß es Glück bringen solle, wenn der Heerwurm darüber hinweg kriecht, Unglück hingegen, wenn er seitlich ausweicht. Das Nämliche kommt auch in Thüringen vor, nur daß dieses Hinwerfen von Kleidern sowohl von Män nern und Frauen mit einiger Vorsicht, so viel wie möglich ge heim, geschieht. Ja sogar Frauen sollen die Erscheinung des Heerwurms dazu benutzen, um Auskunft von ihm über inter essante Umstände zu erlangen. Sie werfen ihm daher die Schürze vor, kriecht er darüber, so schätzen sich die hoffnungs vollen Frauen glücklich, denn das bedeutet eine leichte und glück liche Entbindung. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts beschrieb der schwärme risch« Bischof des Stifts Bergen, vr- Erich Pontoppidan, in seiner Naturgeschichte den Drag-Fäe oder Orme-Drag (Heer wurm). Er schreibt: „Dieses Jnsect ist hier (in Norwegen), so viel wie bekannt ist, eine physikalische Besonderheit des Landes. Es besteht auS einer unzähligen Anzahl kleiner Würmer, dir sich ungemein writ auf der Erde ausstrecken, nicht anders, al? wenn es ein Seil von der Länge einiger Klafter und von der Dicke 1^—2 Finger wäre. Die Farbe ist wäffericht, und sie haben eincn großen schwarzen Flecken auf dem Kopfe. Diese Würmer lieben die Gesellschaft, und sie werden allezeit zu Millionen bei sammen gefunden, indem sie beständig über einander herum kriechen, daß der ganze Haufen allezeit weiter fortziehet, und auf dem weichen Grunde eine Spur als eine weitgedehnte Linie hinter sich zurück läffet. Womit diese fast unendliche Menge kleiner Würmer sich nähret, dieses ist nicht zu bemerken, und es ist wahrscheinlich, daß sie sich untereinander selbst verzehren." Der Schlußsatz ist falsch, denn wir kennen die Nahrung des Heerwurm» ganz genau. Beiläufig gesagt, ist dieser Bischof der Schöpfer der Kunde von der großen Seeschlange und dem Kraken seiner Schilderung ist wohl wenig Werth beizulegen. Der nächste, und zwar wissenschaftliche Beobachter des Heer wurmes war der praktische Arzt vr. Kühn in Eisenach, welcher erzählt, daß der 1774 in der Nähe von Eisenach erschienene Heer wurm die Leute vor neuem Kriege zittern, machte, wie im Jahre 1756, wo ein Heerwurm den siebenjährigen Krieg angedeut-t habe, und sie hinauslockte, um das vermeintliche Ungeheuer zu sehen, das als eine vielköpfige Schlange, auf welcher Tausende von Maden herumkröchen, beschrieben wurde, und das nur alle Morgen von 9—10 sich sehen lasse, beständig von Morgen zu Abend gehe und sich nach einer Quelle, um seinen Durst zu löschen, begebe, vr. Kühn ließ den Heerwurm in einem Tovfe nach Hause tragen. Dort schüttete er denselben im Garten in einen schattigen Gang, wo er sich bald zu einer Wanderung zusammengesellte. Nach mehreren mißglückten Versuchen gelang cs Kühn endlich im Sommer 1782, das vollständige Jnsect zu züchten, die zugehörige Heerwurmfliege zu ziehen, die er in Walch's Zeitschrift „Der Naturforscher" vom Jahre 1782 das Wundertkier nannte, diese schwarze Fliege war nicht viel größer als ein Floh. Dir nächsten Beobachter des Heerwurms waren Förster Räude aus Birkenmoor bei Jlefeld und der Professor der Zoologie vr. Berthold in Göttingen. Förster Räude theilt darüber in einem Schreiben vom 21. Juli 1845 Folgendes mit: „Im Juli vorigen Jahres (1844) wurde mir von einigen Leuten, welche den Weg von Birkenmoor nach Jlefeld passirt hatten, erzählt, daß sie eine Viertelstunde von hier auf einem Fahrwege im dichten schattigen Buchenhochwalde ein wunderbares Thier in Ge stalt einer Schlange gesehen hätten, welches sich ganz langsam bewege und aus Millionen kleiner Maden bestände." Förster Räude war bald zur Stelle und fand einen 12 Fuß langen Heer wurm. Später fand der Heerwurm einen wichtigen Schriftsteller in Ludwig Bechstein, welcher Folgendes erzählt: „Unter den Freunden, mit denen ich viel und oft über den Heerwurm mich unterhielt, war einer der Wenigen, welche ihn kannten und gesehen hatten, Herr Förster Buchrnröder auf Oberhof, welcher in früheren Jahren den Heerwurm einige Male gesehen und viel Anziehendes davon zu erzählen wußte. Seit 15—20 Jahren hatte Buchrnröder sich vergeben» nach dem Heerwurm umgesehen. I Endlich, am 3. August 1850, Morgens 5 Uhr, kam der Wegwärter I Ortled zu ihm und rief: „Herr Förster, wir bekommen Krieg, I der Heerwurm läßt sich sehen unten beim Lochborn." Buchen köder ging mit ihm zur Stelle, erfuhr von ihm alle aber gläubischen Ueberlieferungen, die von Urväterzeiten her im Thü- ringer-Wald-Volke über den Heerwurm im Schwange gehen. Jetzt war man zur Stelle. In einer Längenausdehnung von 12—14 Fuß, drei Finger breit, einen Finger hoch übereinander, zog die graue Schlange des Heerwurms quer über die Hochstraße. Es waren schon Pferdehufe und Wagenräder über die Er scheinung hingegangen, das hemmte sie jedoch nicht, in langsamer Bewegung vorwärts zu gelangen, indem sich die getrennten Theile wieder vereinigten. Buchrnröder packte einen Theil des Heer wurms in eine Schachtel mit Moos und gab ihn mit den Worten zur Post: „Lieber Freund Berthold! Hier schicke ich Dir ein Stück Heerwurm." M. Schlenzig, welcher d«n größten Heerwurm 1864 in dem Walde Leina bei Altenburg beobachtete, erzählt aus dem Jahre 1865: „Da ich im Laufe dieses Jahres in Thüringen, in der Gegend von Sonneberg und Koburg mich aufhielt, so erkundigte ick mich aller Orten nach dem Heerwurm. Niemand konnte mir Auskunft über ihn geben, nur eine bejahrte Frau, doch, meinte sie, von einem Heerwurm wisse sie nichts, wohl aber hätte sie vor Jahren am frühen Morgen eine entsetzlich lange Schlange quer über die Straße ziehen sehen. Die Straße hätte nicht zu gereicht, so lang wäre die Schlange gewesen, weshalb sie von derselben weder Kopf noch Schwanz gesehen hätte. Sie hätte Muth gefaßt und die Schlange an mehreren Puncten entzwei getreten, allein zu ihrem großen Schreck wäre die Schlange wieder zusammengewachsen. Da sei sie plötzlich in Furcht und Angst qerathen und schnell herein (ins Dorf) gelaufen. Aus Furcht vor der Schlang« habe sie diesen Weg lange Zeit gemieden, denn cine zertretene Schlangt, meinte sie, die so schnell wieder zu- sammcnwachse, ^vas nicht mit rechten Dingen zuginge, könne ein Unglück über Menschen und Vieh bringen. Als die besten und wissenschaftlichen Beobachter deS Heer wurms sind in der jüngsten Zeit der Professor vr. Max Nowicki in Krakau und der Forstmeister Beling in Seesen am Harz zu - nennen.
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