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Größere Schriften laut unserem Preis verzeichnis Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. vrtrs-veilsgen (gefalzt), nur nut der Morgen-Ausgabe, odue Postbeförderung X 60.—, mit Postbesürderung .ch 70.—. —*<««>-»— Ännghmtschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei de» Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. AttteMrn sind stets au die t-ppe-itis» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 82. Jahrgang. Tonntag den 14. August 1898. Aus der Woche. LI Biä'uarck's Schatten verdunkelt noch immer alle politischen Ereizuisff. deren es freilich in dieser Hochsommer zeit wenige und namentlich wenige wichtige zieht. Dis Friedensunterhandlungen zwischen Amerika und Spanien nehmen die Aufmerksamkeit der Diplomatie und der an der endgiltigen Einstellung der Feindseligkeiten unmittelbar interessirten Geschäfts- und Finanzwelt, nicht aber die eines größeren Publikums ernstlich in Anspruch, und der wieder einmal geschlagene englische Alarm beunruhigt Niemanden — außerhalb Englands. Die Erinnerungen an Bi-marck, dir versuche, seiner Größe gerecht zu werden, behaupten das Feld. Aber auch die entgegengesetzte» Versuche mehren sich, und zwar gerade in Deutschland. Das war vorauSzusehen, wie eS auch nicht Wunder nehmen kann, daß sich die heimlichen Gegner des eisernen Kanzlers, die er bet seinen Lebzeiten gehabt, sich mehr und mehr hervorwagen und die Fürstenschmeichler ihr schlimmes Handwerk auf Kosten — vermeintlich auf Kosten — deS Todten wieder beginnen zu dürfen glauben. Das Zeichen dazu hat der or^'vdoxe „NeichSbote" gegeben, indem er, wie wir berichtet, eine Geschichte erzählt, in der der „häufigen und langen Ab wesenheit des Fürsten Bismarck von Berlin" in dessen letztem Auitsjahre eine Haupt- wenn nickt die entscheidende Rolle in in den Ereignissen von 1889/90 zugewiesen war. Frei sinnige und andere Zeitungen greisen diese „Erklärung" begierig auf. Wissen sie doch, was dahinter steckt: nichts weniger als die Anschuldigung, Fürst Bismarck habe ohne zwingende sachliche Gründe und aus Bequemlichkeit einen Zustand geschaffen, den nicht herbeizuführen ein Gebot seiner Amts pflicht gewesen wäre. Die erwiesene Wahrheit ist einmal, daß der Fürst mit einem Monarchen, dessen Vertrauen er besaß, von FriedrichSruh aus ohne jede Störung der Staats geschäfte zusammen wirken konnte, sodann, daß ihn im letzten Winter seiner Kanzlerschaft der Kaiser zum Fernbleiben von Berlin ausdrücklich aufgefordert hatte, endlich, daß er vom Januar bis zum 18. März 1890 in der Hauptstadt weilte, ohne daß diese Anwesenheit der Erhaltung des bestehenden politischen Zustandes irgendwie zu Statten gekommen wäre. Eine ganz exquisite Nichtswürdigkeit ist es, den Verlauf so darzustellen, als ob das Bestehen der CabinetSordre von 1852 mit ihren die Berathungsbefugnisse seiner Ministercollegen einschränkenden Bestimmungen die Un- leidlickkeit der „langen und häufigen Abwesenheit" verschärst hätte. Fürst Bismarck war, wenn ihn nicht schwere Krankheit niederzwang, immer für seine Pflicht zu haben. Er wurde nur im letzten Jahre weniger als früher gewünscht. Wenn ein preußisches conservatives Blatt zwanzig Jahre nach der Declarantenzeit den Muth findet, an dem neben Wilhelm I. opferfreudigsten und hingehendsten Mann des Jahrhunderts einen Defect der Gewissenhaftigkeit als tragische Schuld zu entdecken, so ist es beinahe als Kleinigkeit zu er achten, wenn bayerische Ultramontane und siivdeutsche Demo kraten dem verstorbenen Staatsmanne jedes Verdienst an der Wirthschaftspolitik der letzten Jahrzehnte, dem Schutze der nationalen Arbeit, runvweg aberkennen. Bismarck, sagen sie, war nichts gleichgiltiger als die Sicherung von Land- wirthschaft und Industrie gegen den neuen übermäßigen ausländischen Wettbewerb. Er wollte nur Geld für Vie Staatskasse haben, und da keine anderen Einnahmequellen zu erschließen waren, griff er zu Zöllen. Diese Geschichtsfälschung ist ungeheuerlich, aber in ihren Beweggründen Wohl zu ver stehen. Die bayerischen Klerikalen wissen, wie viel die Getreidezölle bei ihren Bauern, und den süddeutschen Demokraten ist eS nicht unbekannt, wie viel die Jnd rstrie- zvlle bei ihren Gewerbetreibenden zur Festigung des Eil.heitS- gedankenS und des Reiches beigetragen haben. Es erscheint aber eher empfeblenswerth, die Thatsache zu verschleiern, daß der Segen von BiSmarck, also vom Reiche ausgegossen N orden 'st- Der „Franks. Ztg." kommt es dabei nicht einmal auf tbeili^llck. Ontellectes an. Sie ist freihändlerisch, be- d" bayerisch-klerikalen Geschichtsschreibung, die die Schutzzollpolitik als ein Verdienst hinstellt, an den, D-smarck keinen Antheil habe. Vielleicht schenkt Jemand diese» W.rthschaftshistorikern Abdrücke des Briefes BiSmarck s an de» bayerischen Frhrn. v. Thüngen und jener * der erste Kanzler den Parteien sagt, sie würden .künftigen Wahlen „dem Bruder Bauer die Hand drücken muffen Daß man die Stimmen von Landwirthen durch d'e Zusage, an einer fiScalischen Action mitzuwirken, wieder gewinnen könne, diese Ansicht werden selbst die „Augsb. Postzeltung" und die „Frankfurter Ztg." dem großen Bauern kenner nicht zuschreiben wollen. Die lippische Negierung ist in der bekannten An- ge^genheit zu einer Veröffentlichung geschritten, deren »Zweck nicht «sichtlich ist Sie beweist nicht, was sie beweisen will, daß namllch den Kindern des Gras-Negenten vertragswidrig gewifse Ehrenbezeigungen vorenthalten würden, und wenn sie das bewiese, wurde die Veröffentlichung dennoch nicht d i e ^>eite der Angelegenheit treffen, die dieser ein wohlwollendes Vnteresse in weitesten Kreisen zuwendct. Eines der Organe der Lippe-Schaumburger Linie spricht zwar von einer „lippischen Grußfrage", aber was der Erörterung der Sache zu Grunde liegt, ist nicht eine Gruß-, sondern eine Tele grammfrage, deren Kern chei den Verhältnissen eines jungen Bundesstaates ein sehr delicater ist. Es ist übrigens auch nicht richtig, daß man in der „Grußfrage" durch aus correct eine Entscheidung vermieden habe. Man hat vielmehr eine Entscheidung getroffen, indem man dem Regenten von Lippe plötzlich nahm, was ihm über ein Jahr lang concedirt worden war. Wollte man correct sein, so hätte man vom ersten Augenblick an das verweigern müssen, worauf die Miluairconvention mit Lippe-Detmold keinen Anspruch gewähren soll. War aber diese ungeheure Versäumniß einmal geschehen, so empfahl cs sich nicht, eine Selbstcorrectur unter Umständen vorzunehmen, die überall Aufsehen und vieler Orten peinliches Aufsehen erregen mußten. Wenn, wie die „Köln. Ztg." findet, dem lippischen Falle schließlich wirklich nichts Anderes als „kleinstaatlicher Formelkram" zu Grunde liegt, so war kein genügender Grund für den Prätor vorbanden, sich um solches Minimum zu sorgen. Jedenfalls verfehlen Militairconventionen, die zu Zwecken der Landesverlheidigung abgeschlossen sind, ihren Beruf, wenn sie die Quelle von Mißhelligkeiten wie den mit Lippe werde». Die im Abendblatt veröffentlichte, die Arbeiterver hältnisse in den Staatswerkstätten zu Spandau beleuchtende Zuschrift an die „Berl. Reuest. Nachr." ist in mehrfacher Hinsicht beachtenswert!). Die Schilderung läßt zwar die Annahme zu, daß ihr Urheber über das in neue st er Zeit beobachtete Verhalten der Behörden nicht aus eigener Anschauung berichtet, und auch eine gewisse, mit den ange führten Tbatsachen allerdings erklärte Gereiztheit scheint aus ihr zu sprechen. Aber da da- Gesagte im Wesentlichen mit dem übereinstimmt, was man auch von anderer Seite gehört hat, und da der Verfasser, wie u. A. aus jenen Be merkungen über die Accordarbeit hervorgeht, weder des Ver ständnisses für die Arbeiterinteressen noch der Sympathie für die Arbeiter ermangelt, so hat man eS hier ohne Frage mit einem neuen werthvollen Zeugniß — für die Voraussicht des Fürsten BiSmarck zu thun. Dieser machte Socialpolitik, im Jahre 1890 hat man begonnen, socialen Sport zu treiben, und wenn auch die realistische Auffassung wirth- schaftlicher Dinge seitdem wieder Boden gewonnen hat, und Herr von Berlepsch nicht mehr Minister ist, so ist es doch sehr begreiflich, wenn jene Improvisationen noch fortwirken. Daß dabei sogar militairische Gepflogen heiten außer Acht gelassen, die Anordnungen hoher Officiere durch höhere, auf Appellation in einer die Autorität der Ersteren schädigenden Weise rückgängig gemacht werden, muß allerdings sehr befremden. Eine gewisse militairische Ordnung können auch große Privatbetriebe nicht entbehren, und eS ist bedauerlich, daß ihnen Staatsbetriebe durch ihr Beispiel die Auf reckthaltung der industriell nothwendigen Disciplin erschweren. Daß man socialdemokratisch verhetzte Arbeiter nicht versöhnen kann durch Zugeständnisse, die nur um der Versöhnung willen gemacht werden, wissen die privaten Unternehmer längst. Aus jeder Cvncesfion wird von den Agitatoren mit gehässigen Hinweisen auf die bisherige Verweigerung eine neue Waffe gegen den Unternehmer geschmiedet und ihr durch die An reizung zu neuen Forderungen der Charakter des Befriedi genden genommen. Jede neue Maßregel zu Gunsten der Arbeiter kann und soll, wenn sie möglich ist, getroffen werden, eben weil sie möglich und human ist. Aber nur in dem Geist der Pflicht, der die große Arbeiterversicherung gestaltet; was in der Hoffnung, politisch zu gewinnen, unternommen wird, dient erfahrungsgemäß dem gegentheiligen Zweck. In Spandau, wie auch in anderen Orten mit Staatsbetrieben, war der socialdemokratische Stimmenzuwachs bei der letzten Wahl ein sehr bedeutender. Uebrigens stellt auch der „Hannov. Cour." fest, daß ihm ähnliche Beschwerden aus Spandau, wie die, denen daö Berliner Blatt Ausdruck gegeben, zugegangen sind. Diese gipfeln darin, daß der proclamirte Kampf gegen die socialdemokratische Agitation durch verschiedentliche Einzel maßregeln, die von hoher Stelle ausgehen, gerade in den Spandauer königlichen Fabriken erschwert und lahmgelegt wird. Der „Hannov. Courier" bemerkt dazu: „Der nothwendige Zusammenschluß und die Initiative der bürgerlichen Elemente wird begreiflicherweise durch solche Vor kommnisse wie die aus Spandau berichteten nicht gefördert. Denn es wird immer wieder von Neuem die Ueberzeugung Platz greifen, daß inan an Len leitenden Regierungsstellen zu einem überein stimmenden und zielbewußten Curs i» der Bekämpfung der social- demokratischen Agitation noch immer nicht gekommen ist." Das ist sehr zutreffend gesagt, und dieser Ueberzeugung wolle man auch die so bitter getadelte Thatsache zuschreiben, daß das deutsche Volk wiederholt ergangenen Aufforderungen, die poli:eilicke Repression gegen die Socialvemokratie zu ver stärken, nachzlkommen zögert. Der dieser Tage mitgetheilte Wahlaufruf des Bundes d e r La n dwirt h e in der Provinz Ha nnover gefällt dem Bundeöorgan so wenig, daß es die größere Hälfte seinen Lesern vorenthält. Das macht, wie der Aufruf einräumt, daß die Reichstagswahlen den Bund enttäuscht haben, und zwar gerade in der von Herrn Dr. Hahn beackerten Provinz. Die „Deutsche Tagcöztg." aber liebt cs, von großartigen Erfolgen des Bundes, 2 Millionen Stimmen u. s. w. zu reden. Auch die Aufforderung, „stramm und möglichst still" für den Bund zu arbeiten, unterschlägt das Blatt als ein Zugestandniß, daß die Verheißungen und Vorspiegelungen der Bundesagitatoren das Licht der Oeffentlichkeit nicht mehr vertragen. Ihr Temperament ist es nicht, was den Hahn und Genossen das Lärmen verleidet. Deutsches Reich. * Berlin, 13. August. lieber das Schicksal des Briefes, den Graf Mirbach an die „Dtsch. Tagesztg." sandte, damit diese ihn abdrucke und sodann dem Ausschüsse deS Bundes der Landwirthe übermittele, giebt ein Schreiben Auskunft, das der Chefredakteur der „Tisch. Tagesztg." unter dem 9. d. M. an den Grafen Mirbach richtete und das also lautet: „Erst heute sind wir durch eine bedauerliche Verkettung der Um stände in den Besitz Ihres geschätzten Schreibens vom 5. August gelangt. Das Schreiben kam am Nachmittag des 6. August hier an. Da der Herr, der zur Vollziehung der Postquittung berechtigt ist, verreist war, mußte ihm diese Quittung zur Vollziehung der Unter schrift nachgesandt werden. Das geschah am 6. August, und die vollzogene Quittung kam heute am 9 August in unsere Hände so daß wir «rst heut« Ihre geschützte Zuschrift ausgehändigt erhalt.» haben. Die bedauerlichen Folgen dieser Verzögerung hätten vermieden werden können, wenn das Schreiben direct und unmittelbar dem „Bunde der Landwirthe" übermittelt worden wäre. Wir verfehlen nicht, unser Bedauern über die durch uns nicht verschuldete Verzögerung der Angelegenheit auszusprechen und zeichnen. . . Die „bedauerlichen Folgen dieser Verzögerung" find be kanntlich gewesen, daß der Bundesausschuß beschloß, den Antrag des Grafen Mirbach, die Wahl des ersten Bundes vorsitzenden bis zum Spälherbste auszusetzen, „als nicht vorliegend" zu erachten und daß sodann der Freiherr v. Wangenheim zum Leiter des Bundes berufen wurde. Kühl und gemessen erwidert deshalb Graf Mirbach in der „Kreuzztg": „Was den Satz anlangt, die Verzögerung hätte vermiede» werden können, wenn Las Schreiben direct dem Bunde der Landwirthe zu gegangen wäre, so darf ich dazu bemerken, daß ich den Antrag mit derselben Post an die „Dtsch. Tagesztg." und an die „Kreuzztg." sendete unter Hinzufügung der Bitte an beide Zeitungen um so fortigen Abdruck. Der „Dtsch. Tagesztg." gegenüber war diese Rücksicht unbedingt geboten, weil mein Antrag und seine Begründung deren Leser in erster Reihe anging. Hätte ich den Wunsch des Abdrucks nicht gehabt, so wäre die Zusendung selbst redend direct an das Bureau des Bundes der Landwirthe erfolgt und nickt erst die Zustellung dahin seitens der Redaction der „Dtsch. Taqesztg." erbeten worden. Lbwohl mir verslündigerweise Niemand die Form- und Tactlosigkeit zutrauen konnte, ich Hütte lediglich durch einige in di« Versammlung des Ausschusses gejenbele Zeitungsexemplare einen Antrag begründe» wollen, so jege ich doch schon wegen der Schlußfolgerungen gegnerischer Blätter Werth daraus, den Thatbesland genau seslzustellen." Die „Deutsche Tagesztg." wird nicht zu schwer au diesem „bedauerlichen" Zufall tragen. * Berlin, 13. August. Die Handelskammer zu Hanau hat kürzlich beim Staatssecretair des Neichspostamts angeregt, zwischen der Verwaltung und den Berkehrsiuteresseuten auf gesetzlichem Wege dauernde und regelmäßig zu pflegende Beziehungen zum Zwecke gemeinsamer Erwägung wichtiger Postverkehröanzelezeubeitcn berbeizuführeu. Die .Kammer hat sich die Einrichtung ungZahr so vorgeslelll, wie sie auf dem Gebiete der Eisenbahnverwaltuug in Form der Eisenbahnräthe getroffen worden ist. Sie wünsckt, daß zu den Postconferenzen, die in Preußen für jede Provinz oder im Allgemeinen auch für jeden Oberpoftdirections- bezirk eingerichtet werden könnten, Vertreter des Handels standes, der Industrie nnd der Landwirtbschaft hinzugezogen werden, vielleicht auch Vertreter der Behörden derjenigen Orte, in denen sich Postämter erster Classe befinden. Ten Postconferenzen oder dem „Postbeiralh" würde die Eigen schaft einer beralhenden Körperschaft beizulegen sein, deren Mitglieder berechtigt sein würden, bei den Ober- postdirectionen Anträge über allgemeine oder Bezirks angelegenheiten des Post-, Telegraphen- und Fernsprech wesens zu stellen und ihre Auskunft einzuholen. In jedem Jahre müßte der Postbeirath wenigstens einmal berufen werden. Die Hanauer Kammer ersucht schließlich den StaalSsecretair, beim Bundcsratbe zu beantragen, daß dem Reichstage ein ihren Vorschlägen cntsprechenoes Gesetz unterbreitet werde. Sie hat die deutschen Handels kammern und kaufmännischen Corporationen aufgefordert, ihren Antrag zu unterstützen. Bis jetzt haben, soweit bekannt geworden, die Handelskammer»« sich noch nicht damit be schäftigt; nur die Handels- und Gcwerbekammer zu Zittau hat ihn in ihrer letzten Sitzung berathen und ist zu dem Beschlüsse gelangt, ibn« nicht bcizutrelen, weil sie der Ansicht ist, daß ein Bedürfniß zur Aufstellung eines derartigen Apparates nicht vorhanden sei, da nicht, wie bei den Eisenbahnbeirätheu, umfangreiches und beständig wechselndes Material (Tarife, Fahrpläne) vorhanden sei, die Interessenten ferner in der Lage seien, ihre Wünsche ZUM Gedächtnis eines Heimgegangenen. Nachdruck «erboten. Zehn Jahre sind verflossen, seit man Friedrich Hof mann zu Grabe trug; zehn Mal hat der Sommer seine Blumenfülle über das Dichtergrab geschüttet. Er ruht im Herzen der Thüringer Heimathberge, die er über Alles liebte, denen fein erstes und sein letztes Lied erklungen. „In ihm konnte man die Menschheit lieben lernen", so hatte ein großer Künstler dem Heimgegangenen nachgerufen, wahrlich ein schönes, ehrendes Wort! Sv reich an Güte, an Herzens reinheit, so voll tiefen Empfindens ist selten ein Mensch gewesen, wie unser Leipziger Mitbürger, von Allen geliebt und verehrt, die ihm nahe kamen. Es ging jener eigenartige Reiz von ihm aus, wie er von jeder großen Persönlichkeit ausgeht; es athmet sich gut in solcher Atmosphäre von Reinheit und unendlicher Menschenliebe. Unvergeßlich hat sich Jedem, der ihn kennen lernte, das Aeußere des Dichters eingeprägt: das von weißen Locken um rahmte Gesicht, der volle, weiße Bart, die Hand, die so herz lichen Händedruck gab, die leuchtenden, blauen Augen, die voll bezaubernder Güte und Liebenswürdigkeit für Jeden waren. Sein großes, mitfühlendes Herz gehörte der leidenden, ringenden Menschheit, seine zärtliche Liebe Weib und Kindern. Am 18. April 1888 feierte Friedrich Hofmann seinen 76. Ge burtstag in bewundernswerter Frische des Geistes und des Körpers. Lange Jahre des Kampfes, der Sorge und Arbeit, aber auch wahrer, herzerhebender Freude lagen hinter ihm. Mehr als ein Dierteljahrhundert war er ständiger Mitarbeiter und späterer Chefredacteur der „Gartenlaube" gewesen. In innigem Zusammenhang mit diesem Weltblatte schaffte und schrieb er für die geistigen Interessen des nach Millionen zählenden Leserkreises. Sein glänzender Stil, markig, geistvoll, war — so sagte V. Blüthgen gelegentlich — wie duftender, kräftiger Moselwein. Unser Dichter aber wirkte nicht nur nach dieser Seite hin, er wußte mit seinem feinfühlenden Herzen auch Die zu finden, die im Schatten des Lebens wandeln, die heim liche Thränen weinten, heimlichen Kummer litten. Alle diese Dhränen zu trocknen, diese trüben Augen lächeln zu machen, war ihm, dem edlen Menschenfreund, Herzensbedürfniß. Und er konnte es, stand ihm doch der weite Leserkreis und dessen Mittel zur Verfügung. Er verstand es, für Fremde Freude zu bitten, wie selten Einer; wo er anklopfte, fremde Thränen trocknen zu helfen, ward ihm mit vollen Händen gegeben. Seinem Herzen am nächsten stand die deutsche Kinderwclt, die darbende, hungernde. Friedrich Hofmann war es, der 26 Jahre lang all jährlich den „Weihnachtsbaum" herausgab, eine Sammlung von Gedichten. Der Ertrag dieses Buches ergab eine Weihnachts freude für Hunderte von armen Kindern. Er war es, der nach dem Kriegsjahr 1871 für die Waisen der im Kriege Gefallenen sammelte, vor Allem der des neugewonnenen Elsaß-Lothringen, so daß auch diesen Kindern der Christbaum leuchtete. Friedrich Hofmann war es, der in unserer Stadt die erste Anregung gab, eine „Christbescheerung für die Kinder würdiger Armen" zu ver anstalten. Mit Wort und Feder trat er für diese Idee ein. Sie verwirklichte sich, und noch jetzt findet allweihnachtlich diese Feier statt, welcher der Dichter bei Lebzeiten so gern beiwohnte. Ni- war er glücklicher, als wenn er Andere glücklich gemacht hatte. Am 14. August 1888, in der ersten Morgenstunde, starb Friedrich Hofmann in Ilmenau, umgeben von den Seinen. Sanft, lautlos und schmerzlos schlief er hinüber, im Tod ein Bild göttlichen Friedens. Am Nachmittag des 17. August trugen ihn Burger der Stadt Ilmenau zu Grabe, hinauf zu dem Friedhof, auf dem auch Corona Schröter ruht. Von den Kirchen klangen die Glocken; die Läden der Straßen, durch welche sich der lange Trauerzug bewegte, waren geschlossen. Unter den dumpfen, er greifenden Klängen deS Beethoven'schen Trauermarsches trug man den edlen Menschenfreund zu Grab«. Zahllos waren d,e Blumenfprndrn, die au» nah und fern kamen das Dichtergrab ,u schmücken, sie konnten nicht Platz auf dem Hügel finden und durchdufteten die Nein« Friedhofskirche. Den« Sarg voraus trug man den Riesenkranz mit weißer Schärpe, auf lxr 'N goldenen Lettern stand: Ihrem Friedrich Hofmann — die Gartenlaube. Am Sterbehaus des Dichters ist eine Gedenktafel angebracht, und auf dem Weg nach dem Gabelbach liegt rechter Hand, gegen über einen Teich, von Wald und Wiesen bekränzt, das „Friedrich- Hofmann - Denkmal". An grauem Felsgestein eine Nische, zu beiden Seiten schlanke Säulen, von zierlichem Dach gekrönt. In dieser Nische steht die lebensgroße Büste des Dichters aus Bronze, modellirt vom Bildhauer G. Weise in Ilmenau. Auf schwarzem Stein steht in goldenen Lettern der Name des Dichters. Zu Seiten des Denkmals stehen zwei Linden, von deren Blättern die Kinder des Heimgegangenen Dichters ihrem geliebten Todten einen Strauß in die Hände legten. Das Märchenbuch Hofmann's, „Der Kinder Wundergarten", das zahlreiche Auflagen erlebte, ist geschmückt mit dem Bildniß des Verfassers, und ein anderer Dichter, dem Heimgegangenen lieb und befreundet, hat dem Buch ein Geleitwort mitgegeben. Die schönen Zeilen Victor Blüthgen's charakterisiren Friedrich Hofmann und feine Stellung zur deutschen Kinderwelt. Sie lauten: „Er schied, dec treuste Freund der Kinder, Der einst die« Büchlein gab heraus, Drin er, ein lieber, kluger Binder, Euch Märchenblumen band zum Strauß. Von dem er zärtlich Euch geschrieben, Der gute Geist kam still geschwebt: „Komm-, sprach er, „laß Dein Sorgen, Lieben — Ich weiß, Du hast Dich mud gelebt.- „Ein Thüringer, aus Coburgs Veste, Mit Kopf und Herz auf rechtem Fleck, Ein Vogel aus bescheidnem Neste — So strebt' er auswärts, frisch und keck. Ium Wissen drang er durch Entbehren, Als Flügel rührt' er wackren Fleiß Und schmückte seinen Weg mit Ehren, Sein Grab mit grünem Lorbeerreis. Doch lieber war, als solch« Güter, Der Dank ihm, der sein Herz errang. Von heil'ger Menschenliebe glüht' er; Wo Leid und Noth die Geißel schwang: Da schrieb er mit des Mitleids Dringen Beweglich in die Welt hinaus. So ost! — und reichliches Gelingen Trug Jubel in wie manches Haus! Tann leuchtete sein Äug' vor Glücke, Daß Bruderliebe doch kein Wahn, lind wärmer ging in jedem Stücke Ihn Menschen-Thun und Wesen an Tann sang er voller seine Liieder, Tcm Volke, schalkhaft fröhlich bald, Bald rührend innig — schlicht und bieder, Wie Vogelsang im heim'schen Wald Am nächsten aber seinem Herzen War je und immer eins gestellt: Mit ihren Freuden, ihren Schmerzen, Die große, deutsche Kinderwclt. Er schuf ihr Bücher — Waisen, Armen Sucht' er zu Hundert Brod und Raum Und Ungezählten voll Erbarmen Ten schwer entbehrten Weihnachtsbaum. Er war nicht reich — bei fremden Pforten Bat er im Lande — weit und breit. Und klopfte hier und klopfte dorten, Ein Bettler der Barmherzigkeit. Ihm war der Mosesftab beschieden, Tas rechte Wort, das Stein' eriveichk, So trieb er's, ohne zu ermüden, Bis sich sein Haar zu Schnee gebleicht. Vergeßt ihn nicht! Zn seinem Bilde Führ' Euch noch oft der gute Geist' Wie er, so fröhlich, klug und milde, Sorgt, daß Ihr selber Such erweist! Wer Liebe giebt, dem wird gegeben, Bis über s Grab reift seine Saat — Folgt ihm! Euch lohnt ein ganzes Leben, Und Enkel segnen Eure That.-