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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.06.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-06-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980618015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898061801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898061801
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-06
- Tag 1898-06-18
-
Monat
1898-06
-
Jahr
1898
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6.—. Direkt« ttgllch« Krruzbandsendung in» Au-l-ub: monatlich 7bO. Di« Morg«.Au»gab« erscheint nm '/«? Uhr, Li« Vbenb-Autgabe Wochentag» um b Uhr. Nedartioa und LrpeLMou: A-tz-««r---sse 8. DK Expedition ist Wochentag« nnunterbrochetz geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Fititleu: ktk« Klemm'» Eorttm. (Alfred Hahn), Unidersität-straße S (Paultvum), Lotti» Lösche, Katharinenstr. 14, part. und künig»platz 7. Morgen-Ausgabe. MMMTagMü Anzeiger. AMMatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Vottzei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Sonnabend den 18. Juni 1898. AnzeigenPreiO die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Neclamen unter dem RedaetionSstrich (»ge spalten) SO^L, vor den Familiennachrichten (6 gespalten) 40/-- Gröhere Schriften laut unserem Preis- verzeichn«-. Tabellarischer und giffernsap »ach höherem Tarif. 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Auch in Leipzig hatte ja der Wahlkampf unter den bürger lichen Parteien trotz der von ihnen anfänglich gefaßten guten Vorsätze allmählich eine gewisse Verbitterung angenommen, aber da- ist unausbleiblich bei solchen Gelegenheiten. Wer mit Ueberzeugung für einen Candidaten eintritt, muß die Wahl eine- anderen für ein Nebel ansehen und diese- abzu wenden suchen. Da können, besonder- in Versammlungen, in denen die Geister aufeinander prallen, die Worte nicht auf die Goldwaage gelegt werden. Prüft man aber die aus dem ganzen Reiche vorliegenden Meldungen über die Wahlbewegunz, so muß man zu der Ueberzeugung kommen, daß nirgend- der Kampf unter den bürgerlichen Parteien einen so sachlichen und weniger gereizten Charakter bewahrt hat, wie in unserem Leipzig. Vor Allem haben die Candidaten einander nirgend- so sehr geschont, wie hier. Die unangenehmsten Erscheinungen, die in der ganzen Bewegung bei unS zu Tage getreten sind, sind mehr auf Mißverständnisse al- auf bösen Willen zurückzuführen. Und wäre auch in Leipzig gekämpft worden, wie vor Troja, so würde nach unserer Ueberzeugung daS Resultat der Stichwahl schon jetzt mit voller Sicherheit vorau-- gesagt werden können. Mit vollem Rechte wird Leipzig da- Zeugniß au-gestellt, daß e- eine der deutschesten Städte sei. Wohl nirgend« hat man so treu dir Erinne rung an das große Jahr bewahrt, in dem die Gegner von 1866 brüderlich nach Frankreich zogen, mit ihren Leibern einander deckten, die glorreichsten Siege er fochten und an der RuhmeSstätte der französischen Er oberer dem greisen Prenßenkönige die deutsche Kaiser krone auf da- ehrwürdige Haupt setzten. Wohl nirgends hat man dem großen Einiger der deut schen Stämme, dem Fürsten BiSmarck, so treue Dankbarkeit bewahrt, wie hier, und nirgends so tief seine Mahnung sich ringeprägt, in Einigkeit stark sowohl dem äußeren, wie dem inneren Feinde entgegenzutreten. Wohl nirgends hat man von jeher so gut verstanden, wie bei unS, wen der getreue Eckart de» deutschen Volke- unter dem „inneren Feinde" verstanden wissen will. Und nun könnte gerade Leipzig seinen alten Ruhm dadurch beflecken, daß e» diesem Feinde, der seinen vaterland-losen Charakter eben erst durch Bemäkelung der schon unserer äußeren Sicherheit willen unbedingt nöthigen Zurückforderung der un» ehemals mitten im Frieden schmählich geraubten Provinzen auf- Neue bewiesen hat, den Sieg nur deshalb verschaffte, weil man sich um den besten und deutschesten Candidaten gestritten hat? DaS glauben wir nicht! Wir glauben nicht einmal von den Leipziger Wählern de- Herrn Muuckel, daß sie durch offene- Eintreten oder auch nur durch Stimmenthaltung daS Mandat der Stadt, in deren nächster Umgebung endlich da- Völkerschlacht-- Denkmal erstehen soll, zum ersten Male seit der Wieder- aufricbtung de- deutschen Reiche- in die Hände jener Partei zu liefern suchen könnten, die an die Stelle der patriotischen Gedenktage die Tage der Erinnerung an „Tyranneumördrr" setzen möchte. Wir glauben e» noch weniger von den National- Socialen. Sie fordern sociale Reformen um der Wohl fahrt de- Reiche- willen. DaS Reich steht ihnen in erster Linie. Sie beklagen und tadeln, daß die Socialdemokratie in Deutschland im Gegensätze zu der französischen nicht national ist, sondern vielmehr da- nationale Empfinden der deutschen Arbeiter zu ersticken sucht. Und sie sollten nun einem Manne, der zu den hervorragendsten Vorkämpfern des Deutschthum» gehört, den Sieg streitig zu machen suchen zu Gunsten eine- Candidaten, der unter dem Banner der un deutschen Socialdemokratie kämpft? Wir glauben eS am wenigsten von den Anhängern der deutsch-socialen Reformpartei. Sie betont ja vor allen Dingen ihren deutschen Charakter und würde diesen verleugnen, wenn sie die Größe des Wahlsiege- Haffe'S auch nur vermindern wollte. Sie betont ferner ihre Sorge für den Mittelstand und würde diese Sorge verleugnen, wenn sie nicht alle Kraft einsetzte, um ihre Gegnerschaft gegen jene Partei zu bekunden, die ihre Pläne nur auf den Trümmern de- Mittelstandes realisiren könnte. Zweiunddreißig Socialdemokraten sind bereit- gewählt, vierundachtzig kommen in die Stichwahl. Ein Anwachsen der socialdemokratischen Mandate ist demnach mit Sicherheit zu erwarten. ES ist also undenkbar, daß gerade die Deutsch socialen Leipzigs nicht jeden Manu aufbieten sollten, um die dem deutschen Mittelstände drohende Gefahr möglichst zu verringern. Daß Hasse, wenn sein deutschsocialrr oder einer seiner anderen bürgerlichen Gegner in der Hauptwahl eine größere Stimmenzahl auf sich vereinigt hätte, keinen Augenblick gezögert haben würde, seinen natioualliberalen und konser vativen Anhängern da- nachdrücklichste Eintreten für diesen glücklicheren Gegner auf da- Wärmste und Eindringlichste zu empfehlen, bezweifelt im Ernst Wohl keiner seiner schärfsten Gegner. Kein socialdemokratischer Redner hat rS gewagt, ihn zu fragen, wie er sich im Falle einer Stichwahl stellen werde. Die Antwort war selbstverständlich. Für Haffe ist die Socialdemokratie nicht ein Feind, sondern der Feind, den schlagen zu helfe» seine erste und heiligste Pflicht ist. Und wie er denken feine nationalliberalen und conservativen Anhänger. DaS haben sie offen bekundet und würden, auch wenn in der Wahlbewegunz noch schärfere Anschuldigungen und Angriffe gegen sie gerichtet worden wären, als in der That gerietet worden sind, nicht gezögert haben, unter Führung ihre- Candidaten seinem glücklicheren bürger lichen Gegner bei der Stichwahl als Hilfstruppe kräftig zur Seite zu stehe». Daß wir, die wir schon vor der Haupt wahl fast ausschließlich auf den gemeinsamen Gegner und seine neuerdings hinter einer Maske verborgene wahre Natur hingewiesen waren, auch in solchem Falle kräftig die „Trompete zum Kampfe gegen den Umsturz geblasen" haben würden, haben die socialdemokratischen Blätter als selbst verständlich vorausgesetzt. Und diese Blätter sind gewiß keine bestochenen Zeugen. Was von den Candidaten gilt, deren Anhänger am 16. Juni ihre Kräfte maßen, gilt auch von dem schon vorher zu Gunsten de- Herrn vr. Haedicke vom Kampfplatz« ab getretenen Candidaten der „Unabhängigen". Sie hatten in der ersten Nummer ihre» Organ- in einem Artikel über die Begründung ihre- Verein- feierlich erklärt: „Da» einzig« Ziel, da- der „U. R. im Auge hat, ist: zu verhindern, daß Parteiverblendung oder politische Kurzsichtigkeit unser« theuere Stadt der Social demokratie au-liefern." Sie hatten sich dadurch da» Anrecht auf Unterstützung aller bürgerlichen Elemente für den Fall, daß sie ihren Candidaten in die Stichwahl brächten, erworben, und wir sind überzeugt, daß dieses Anrecht respectirt worden wäre. Daß das geltende Wahlrecht, dessen Schutz auch sie verlangen, gegen sie ent schieden hat, wird von ihnen sicherlich nicht als Vorwand zur Verleugnung jener feierlichen Erklärung gebraucht werden. Ihr Auftreten al- neue Partei hat ihnen die schärfsten Angriffe zugezogen. Jedenfalls aber waren sie nicht annähernd so scharf, als die, welche da- socialdemokratische Central organ, der „Vorwärts", am 27. Mai diese- Jahre- gegen die deutschsociale Reformpartei, in deren Candidaten sich ja auch die „Unabhängigen" mit verletzt fühlen müssen, in einem „Partei Kunterbunt" überschriebenen Leit artikel richtete. Der Artikel begann mit folgenden Sätzen: „Die Antisemiten haben sich gründlich abgrwirthschaftet. Wenn je einmal ängstliche Grmüther gefürchtet hatten, die Ahlwardt, Böckel, Liebermann v. Sonnenberg und so weiter würden im deutschen Parlament einen bestimmenden Ein fluß auf die Regierung und Gesetzgebung erlangen, so haben die Antisemiten selbst dafür gesorgt, daß solche Befürchtungen rin für alle Mal ausgeschlossen sind. Die antisemitischen Parteien haben sich selbst unter einander abgeschlachtet. Man ist versucht, diese gegenseitigen Abschlachtunge» auf den Charakter der Persönlichkeiten zurückzusühren, die der avti- semitischen Partei zuzählen, aber so wahr es ist, daß unter den antisemitischen Abgeordneten Leute ganz zweifelhafter Qualitäten sind, so halten wir eS doch für verkehrt, die persön lichen Verstöße einzelner fAntisemiten auf da» Conto der Partei selbst zu rechnen. Die antisemitische Bewegung würde auch mit den besten Führern in Deutschland heute keinen Grund und Boden mehr finden können. Man hat einmal den Antisemitismus den SocialiSmu» der Dummen genannt; und S gereicht Deutschland zur Ehre, daß sein Volk sich von diesem SocialiSmuS nicht mehr einfangen läßt." Und so ging eS weiter. Wenn unsere Deutschsocialen den ganzen Artikel zu lesen sich entschließen, so werden sie zugeben müssen, daß von keinem Redner der „sogen. Ordnungs parteien" in Leipzig, geschweige denn von ihrem Candidaten etwa- gesagt worden ist, waS an Gehässigkeit dem social demokratischen Angriffe auch nur im Entferntesten gliche. Wenn also die „Verärgerung" wirklich ausschlaggebend für die Haltung bei der Stichwahl sein dürfte, so müßte diese „Verärgerung" sich gegen die Socialdemokratie kehren und die Wirkung haben, daß Herrn Professor Haffe keine einzige der Stimmen verloren ginge, die am 16. d. MtS. Herrn vr. Haedicke zugefallen sind. Und da- glauben wir. Leipzig wird am 23. Juni aufs Neue beweisen, daß e- eine Veste ist, die kein Ansturm der Schaaren der Umsturzpartei zur Uebergabe nöthigt, auch wenn die Besatzung sich gelegentlich um die Besetzung eines Ehren amtes streitet und in die Haare geräth. Aufs Neue wird eS dem ganzen Reiche als Muster und Beispie voranleuchten, zur Freude und Genugthnung seines großen Ehrenbürger- in FriedrichSruh, zur be sonderen Ehre Derjenigen, die sich selbst über winden. Deutsches Reich. S. Berit», 17. Juni. In dem Telegramm, worin der Kaiser dem Professor Slaby von der technischen Hoch- chule in Charlottenburg seine Berufung inS Herr enbaus mittheilt, heißt eS bekanntlich: „In Anerkennung der Stellung, die sich die Technik am Ende unsere- JahrhunvertS erworben >at, . . . will Ich der technischen Hochschule in Cbarlotten- !>urg Sitz und Stimme im Herrenhause verleihen." Die Form, in der die Absicht drö Kaiser- verwirklicht worden ist, ent- pricht nicht dem Wortlaute diese- Telegramms, wohl aber den leitenden gesetzlichen Bestimmungen. Die Zusammensetzung des Herrenhauses erfolgt auf Grund der „Verordnung wegen Bildung der Ersten Kammer" vom 12. October 1851. Diese Verordnung erging infolge de-Gesetze- vom 7.Mai 1853 und kann nach emer in dem «»gezogenen Gesetz enthaltenen besonderen Bestimmung nur durch em mit Zustimmung der Kammern erlassene- Gesetz abgeändert werden. Da nun Para graph 4 der Verordnung nur „einer jeden Landesuniver- sität" da- „Präsentationsrecht" zum Herrenhause zuerkennt, konnte den technischen Hochschulen nur in der Form Sitz und Stimme im Herrenhause gewährt werden, daß der Kaiser Mitglieder der Hochschulen „au- besonderem Ver trauen" auf Lebenszeit ins Herrenhaus berief. Auch Handel und Industrie sind, wie z. B. die Berufung der Herren Frenzel und Krupp zeigt, auf diese Weise zur Vertretung im preußischen Herrenhause gelangt. Im Uebrigen ist daS Herren haus, obwohl zur Zeit 48 Städte in ihm vertreten sind, überwiegend eine Vertretung deS Großgrundbesitzes. Daß die Initiative deS Kaisers de» technischen Wissen schaften zur Vertretung im Herrenhause verhelfen hat, ist auf daS Dankbarste zu begrüßen. Es fragt sich aber, ob hierbei Halt gemacht, ob nicht die Verordnung vom 12. October 1854 auf dem Wege der Gesetzgebung dahin abgeändert werden soll, daß einerseits den technischen Hoch schulen daS Präsentationsrecht gewährleistet wird und daß andererseits Factoren und Corporationen, die trotz ihrer Bedeutung für Staat und Gesellschaft keine» gesetzlichen An spruch auf Vertretung in der preußischen Ersten Kammer haben, einen solchen erhalten. Mit Recht sagt Bluntschli, es gehöre in die Erste Kammer nur die wirkliche Aristokratie, aber auch alle wahre Aristokratie eines Landes. Wie sehr in dieser Hinsicht daS preußische Herrenbaus einer zeit gemäßen Ergänzung bedarf, springt in die Augen. Weder die Kunst, noch Handel und Industrie haben einen Rechtsanspruch auf Vertretung in ihm — Factoren, deren Wichtigkeit für das Gemeinwohl außer Zweifel steht. Wir denken dabei keineswegs an eine Vertretung deS Reich- thum- als solchen; denn Reichthum allein, wenn er nicht durch Verdienste um die Natioualinteressen geadelt wird, verleiht keine aristokratische Eigenschaft. Aber schon die Geschichte Venedigs und der deutschen Hansa beweist, daß eS auch eine auf den Handel gegründete Aristokratie giebt; ebenso finden wir in der Gegenwart große Kaufleute und Industrielle, die sich nicht nur durch ihren Reichthum, sondern auch durch die Weite ihres politischen Blickes und durch opferwillige Vaterlandsliebe auszeichnen. Solchen Männern als den berufenen Vertretern von Handel und Industrie auf gesetzlichem Wege den Zugang zum Herrenhause zu eröffnen, ist in unseren Tagen um so mehr angezeigt, je lauter einseitige Interessenvertretung sich vernehmen laßt und je nothwendiger die Behauptung Deutschlands auf dem Weltmärkte ist. * Berlin, 17. Juni. Der Bundesrath hat in seiner gestrigen Sitzung ferner die Zustimmung ertheilt: der Vorlage, betr. die Schiffsvermessungen in Ostasien, der Vorlage, betr. den Salzsteurrverwaltungskostenetat für das Herzogthum Braunschweig, der Vorlage, betr. die Ergänzung der Nummern IX, XIX und XXXV e der Anlage L zur Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands, der Vorlage, betr. die Fest setzung des Stimmenverhältnisses bei der Nachwahl von Stell vertretern eines nichtständigen Mitgliedes des Reichsver- sicherungsamtes aus dem Stande der landwirthschaft- lichen Arbeitgeber, und dem Entwurf von Bestim mungen über den Nachrichtendienst in Viehseuchen angelegenheiten. Ebenso wurde die Zustimmung ertheilt der Vereinbarung mit Peru über die Stellung der beiderseitigen Konsuln, sowie den Ausschußanträgen, betr. Zollbehandlung von Die portugiesische Zeit iu Osiafrika. Nachdruck vrrd»t«u. An der Jubelfeier, durch die Portugal jetzt da» Andenken seine» kühnsten Seefahrer» zu ehren im Begriff steht, hat Deutschland alle Ursache, sich zu betheiligen: nicht allein der Achtung wegen, die der Deutsche stet» dem Wagemuth um vater ländischer Interessen selber zollt, sondern weil Ba»co de Gama der erste Europäer war, der die jetzt deutschen Gestade in Ost afrika anlief. Der Völkersturm, der unter Muhamed'» Banner über da» Abendland hereingebrochen war, hinterließ, al» er im 16. Jahrhundert zu erlöschen begann, nicht nur zu Lhatendurst erwachte Völker, sondern auch eine überau» lebhafte Sehnsucht nach den Schätzen de» Orient», eine Sehnsucht, die zur Er schließung der neuen Welt Anlaß geben sollte. Indien war da» Land d«r Träume, seine märchenhafte Pracht umgaukelte den Sinn der mlt vrrwetchlichende» Reichthümern iticht übermäßig gesegneten Völker de» Abendland«». Aber di« Jünger Mllya- meV» sperrten tm Osten und Südosten de» Mittelländischen Meere» den Landweg und so trieb di« Gewinnsucht die Kauf leute de» Abendlande» zu unerhörtem Wagniß, da» manchem kühnen Seefahrer da» Leben kostete, bi» e» Zweien gelang, die Reichthum spendenden Gestade zu erreichen, im Westen Colum- bn» (1491) und im Osten va»co de Gama (1498). yebrua »stürme hatten die zur Umsegelung Afrika» abgesandte portugiesische Flotte unter vatco de Gama'» vefchl.gn der Süd- spitze Afrika» lange hin- und hergeworfrn, endlich kM Land in Sicht und in der Alaoabay fanden die Schiff« de« langersehnten Haft«, von dort segelte« st« in Sicht der Küste nordwärts und erreichten am letzten Februartage 1498 die Insel Mozam bique. WaS die Portugiesen dort fanden, war schon ein Stückchen Orient. Arabische Schiffer, mit Compaß, See karten und astronomischen Geräthen ausgerüstet, hatten die Schätze Indiens und Arabien» in diesen entlegenen Weltwinkel gebracht, aber auch die Kunde von der verhaßten Christenlehre, und bald folgten der reichen Gastfreundschaft deS arabischen Statthalter» allerhand Feindseligkeiten. Vasco de Gama segelte weiter. Aber in Momba», dem „tückischen", wie Camoen» singt, verfuhr ihm da» Gleiche, er wandte sich nach Malindi, wo er sehr lieben»wllrdig ausgenommen wurde. Von hier au» setzte er nach Kalikut und Goa in Indien über, kehrte aber im Frühjahr 1499 nach Malindi zurück und nahm in seine Heimath eine Gesandtschaft de» Scheik» mit. — Die Gestaltung der Küftenltnie von vstafrika in der Rich tung von Nordost nach Südwest und die in gleicher Richtung vorherrschend wehenden Seewinde — die Monsune — wiesen di, Bewohner Arabien« und Indien» direct auf die Besiedelung de» Zanzibargebietr» hin. Anfang» mögen einige wagemuthigr Schiffer, die da» Goldland Ophir suchten, von den Monsunen südwärts verschlagen sein, andere hieß der Wissensdurst diese Küste untersuchen. So sandte der egyptische König Necho» zum Beginne de» 7. Jahrhundert» v. Ehr. phönizische Schiffer vom Rothen Meere au», die Afrika umschiffen sollten. «» ist ihnen auch, wie Herodot berichtete, gelungen. Derartige Wissenschaft- liche Expeditionen find dann noch mehrere unternommen, einen praktischen Erfolg scheinen sie nicht gehabt zu haben, weil ein vedürfatß der Besiedelung jener Gebiete augenscheinlich nicht vorlag. vielmehr richtete sich in der Zeit vor Thristu« die Auf- merksamkeit der Aavokier de» Rothen und Persischen Meere» fast -«»schließlich nach Indien, an dessen Küste schon Alexander'» de» Großen Abgesandter, Nearchu», überall arabischen Handel und viele arabisch, Ort»namrn fand. Di, Kenntniß der Monsune, durch die jetzt im Indischen Ocean der gesammte SegelschiffSverkchr geregelt wird, kam erst im Jahre 47 n. Chr. durch Hippalus. Er machte die Entdeckung, daß der Nordost ein regelmäßiger Wind sei, und so begann denn unter der Herrschaft des Kaiser Claudius eine neue Aera für den Handel im Indischen Ocean. Die Kenntniß von Ostafrika scheint sich aber wieder verloren zu haben, wenngleich der Verkehr weiter bestanden hat. Erst als die Lehre Muhamed's Bewegung in die arabischen Völker brachte, taucht auch die ostafrikanische Küste wieder in der Ge schichte auf. Said, ein aufständischer Verwandter Muhamed'», wanderte 739 mit seinem Anhänge nach der Küste OstafrikaS au», er und seine Nachfolger breiteten sich an der ganzen Küste au» und gründeten überall Städte. Andere Araber vom Per sischen Golf gründeten 908 an der Somaliküste die Stadt Muhdischa, die stark unter ihren Sultanen erblühte. 907 wurde von Bewohnern von SchiraS die Stadt Kilwa begründet, die dann unter ihren Sultanen die ganze südlich« Küste und Zanzi bar, Pemba sowie Mafia beherrschten. In der Zeit der größten Blüthe soll Kilwa 300 Moscheen und ein steinernes Fort ge habt haben. Jedenfalls hatte die Stadt eine große Bedeutung seit jeher al» der größte Stapelplatz für Sclaven. Im Norden erblühte am meisten Momba», das wegen seiner Lage das ostafrikanische Venedig genannt werden kann. Den portugiesischen Entdeckern machte, wie wir sehen werden, die Stadt viel zu schaffen, aber sie rühmten sie, weil Momba» durch die Schönheit der Bauart sie an die portugiesische Heimath er innerte, und weil e» die höchsten Thürme, die schönsten Frauen und die kühnsten Reiter habe. Heute ist die Herrlichkeit des alten Momba» gesunken, aber seine große Vergangenheit, wie sie au« Trümmern und Inschriften noch hervorlruchtet, kann ihm nicht genommen werden und die große Zukunft ist ihm gewiß, al» bestem Hafen der Ostküste. , Als die Portugiesen nach Ostafrika kamen, fanden sic also dort I gesittete Völker und reich« Städte. Das lockte sie natürlich, sich der Küste zu bemächtigen, einerseits der erhofften Schätze halber und dann, weil sie einer Zwischenstation für den Seeweg nach Ostindien bedurften. Wie ja auch die Engländer augen scheinlich für Zanzibar und Uganda jetzt ein so lebhaftes In teresse nur um Indiens willen haben. Schon im Jahre 1500, sofort nach der Rückkehr Vasco de Gama'S noch Portugal, sandte König Manuel der Große (1495—1521) eine starke Flotte unter Pedro Alvarez Cabral (den Entdecker Brasiliens) nach Indien, die im Juli auch die ostafrikanischen Küstenstädte anlief. Cabral engagirte sich aber nicht durch kriegerische Maß nahmen, weil er Wichtigeres in Indien zu thun hatte. Anlaß zum Eingreifen hätte er wohl gehabt, weil das übermüthige Mombas nicht nur vorher Vasco de Gama schlecht behandelt hatte, sondern auch fortdauernd den Portugal befreundeten Sultan von Malindi beunruhigte. Der Flotte Labral'ü folgten andere in wachsender Stärke, bis dann 1502 wiederum Vasco de Gama mit 16 Schiffen vor Kilwa erschien: Nun begann der Vernichtungskampf zwischen den Jüngern Christi und Muhamed's. VaSco de Gama trug die Schuld, indem er ein großes Schiff de- Sultans von Egypten vernichtete, nachdem er di« Besatzung hatte tödten lassen. Die Begierde nach reicher Beute, beschönigt durch das alte Wort art mujoreru ckei »iorium, hieß die Portugiesen ein Herrschafts system beginnen, da» nicht» weiter war al» Seeräuberei. Die bekanntesten portugiesischen Seeh«lden,-Francisco d'Albuquerque, Francisco d'Almeida, Tristan da Cunha, haben sich in diesen Kriegen einen berühmten Namen gemacht, r» sah der Indische Ocean damal» Thaten kühnsten ManneSmuthrS, aber auch Grau samkeiten ohne Gleichen. In derselben Zeit (1506) begannen die Portugiesen an der Zanzibarküste Festungen zu bauen. Almeida ließ Kilwa besetzen und dort da» Fort St. Jago er-
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