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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.04.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-04-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189804175
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18980417
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18980417
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-04
- Tag 1898-04-17
-
Monat
1898-04
-
Jahr
1898
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.04.1898
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-l j. Beilage zm LchM WebKit M AUMr lSI, vamtag, I?. AM ML. Colonial-Nachrichten. »eUtsch'EUVeftlfrtra. Da« ,,«ok..«l." veröffenNicht folgend« kaiserlich« Verordnung über dir Schaffung von Eingeborenen« Reservaten in dem südwestafrikantschrn Schutzgebiet: r 1. Der ReichSkanjler und mit seiner Genehmigung der Lande«. Hauptmann sind ermächtigt, bestimmte innerhalb des südwrstafrika» nischen Schutzgebiete« gelegene, Eingeborenen gehörige oder der Re gierung zur Verfügung stehende Ländereien für da« unveräußerliche Eigentyum eine« Ängeborenenstamme« oder Verbände« von Stämmen »u erklären und zu Wohuplätzen für die zu dem Stamm oder Ver bände gehörigen Perfonen vorzubrhalten (Reservate). Dir hiernach geschaffenen Reservate sind al«bald unter möglichst genauer Bezeich- nung der Grenzen öffentlich bekannt zu machen. 8 2. Die innerhalb »ine- Reservats gelegenen Grundstücke können, unbeschadet bereit« erworbener Rechte Dritter, nur mit Genehmigung de« Landeshauptmann« Gegenstand von Rechtsgeschäften zu Gunsten Fremder bilden, «u« anderen Rechtsgeschäften finden Zwangs- Vollstreckungen zu Gunsten Fremder weder in die Grundstücke selbst, uoch in deren räumlich davon noch nicht getrennte Zubehörstücke statt. § 3. Kein Fremder darf ohne Erlaubniß des Landeshauptmanns i« dem Reservat wohnen, Land in Benutzung nehmen oder Handel oder Gewerbe dortselbst treiben. 8 4. Fremde im Sinne dieser Verordnung find alle nicht zu demjenigen Stamme oder Verbände gehörigen Personen, für welche das Reservat nach 8 1 dieser Verordnung geschaffen worden ist. 8 5. Zuwiderhandlungen gegen 8 3 dieser Verordnung werden mit Gefängniß bi« zu drei Monaten oder Geldstrafe bis zu 3000 allein oder in Verbindung miteinander, bestraft. 8 6. Der Reichskanzler ist befugt, die von dem Landeshauptmann auf Grund dieser Verordnung getroffenen Anordnungen aufzuhebcn und abzuündern. Gegeben Homburg vor der Höhe, 10. April 1898. (L. 8.) Wilhelm I. 8. Fürst zu Hohenlohe. Togo. Der Landeshauptmann von Togo hat eine neue Ver- ordnung über Len Impfzwang erlassen. Darnach sollen dem Impfzwang im Schutzgebiete ohne Unterschied des Alters unter liegen: 1) die ansässige eingeborene Bevölkerung; 2) die bei den Behörden, Missionen, Factoreien, Plantagen und sonstigen Unter- nthmuugen mit größerer Prrsonenzahl dauernd oder vorübergehend beschäftigten Farbigen. Kamerun«. Einem Bericht des „Col.-Bl." über den Ausbau der Station Buea in Kamerun entnehmen wir Folgende«: Der Ausbau der Station Buea ist Ende v. I. nach einem Be richt de« kaiserlichen Gouverneurs rüstig vorgeschritten und wird mit Schluß der diesmaligen Trockenzeit, also etwa im April, so weit vollendet sein, daß die vorhandenen Gebäude für die nächsten zehn Jahre genügen, wenn nicht an die Station bezüglich der Unter- bringung von Reconvalescenten noch sehr viel höhere An- spräche gestellt werden sollten, al- dies vor der Hand der Fall ist. Letztere« ist ober kaum anzunehmen im Hinblick aus das auf Suellaba zu errichtende Seefanatorium, auf dessen Herstellung im Inter- rffe stark geschwächterReconvaleScenten vr.Plehn mitRechl hohenWerth legt. Sämmtliche Gebäude der Station sind aus massiven Sockeln oder gemauerten Pfeilern au« Holz und Wellblech verfertigt, ein für hiesige Verhältnisse bewährtes Verfahren. Das neue Logirhaus liegt an der Bueastraße in der Verlängerung der Front des Wirth« schaftSgebäudes gesund und luftig mit sehr schöner Aussicht; es hat Vier geräumige Zimmer und breite Veranda. Durch diesen soeben fertig gewordenen Neubau ist jedem bisher mitunter recht fühlbaren Platzmangel aus lange Zeit hinaus abgeholfen. Die im nächsten Etat über den regelrechten Stationsbetrieb hinaus zur Verfügung stehenden Mittel werden zweckmäßiger Weise für weitere technische Verbesserungen, wie Anlage einer einfachen Wasserleitung durch Röhren, für die fo sehr nothwendige Anschaffung von gutem Zucht- Vieh, für Wege, Brücken und Gartenanlagen zu verwenden sein. Geradezu überraschend ist das Gedeihen der Cultur von Rosen, Veilchen, Erdbeeren, Spargel, Kartoffeln, amerikanischem Mais, arabischem Kaffee, Thee, Feige», Mispeln, sämmtlicher Gemüse, Les RasenS, edler Bananenlorten und dergl. in Lein Garten der neuen Station. Palmen und Ananas kommen nicht mehr fort; die Loge ist zu hoch und die Nächte sind zu kühl. Unterhalb der Station finden sich wohl vereinzelte Palmen, die jedoch keine Früchte tragen. Unter dem Vorsitz des Gouverneurs hat sich ein Kameruner Alpenclub gebildet, der bereits eine große Zahl von Eingesessenen der Eoloni« zu seinen Mitgliedern zählt und auch auf rege Be- «Heiligung in der Heimath hofft. Die Zwecke des Vereins sind Wiffenschaftliche Erforschung des Gebirges, Anlage von Wegen nach interessanten Puncten und Spitzen, Errichtung von Schutzhütten nach dem Muster der jetzt hergestellten, Ausbildung und Anstellung von Führern und Trägern u. dergl. Das Ehrenpräsidium des Vereins hat der kürzlich in Buea zum Besuch weilende kaiserl. Gouverneur a. D. Arhr. v. Soden übernommen. * Ueber die deutsche Colonial-Orthographie wird in der „Tägl. Rundschau" mit Recht Klage geführt. Zu der Schreib weise „Kiautschou" bemerkt das Blatt: So wären wir also jetzt glücklich im Besitze einer amtlichen Schreibweise für unser kleines Deutsch-China. „Kiautschau" und „Kiaotjchau" sind verworfen, „Kiautschou" ist das einzig Richtige. Es ist wirklich rührend: damit wir ja den chinesischen Namen möglichst genau so aussprechen, wie es die mongolischen Zopfträgrr thun, damit ja nicht irgend ein Mandarine über unsere Aussprache lacht, wird uns verwehrt, das bequeme „Kiautschau" zu gebrauchen, das uns nicht schwerer wird, al« etwa Zwickau oder Lindau, und wird uns pur orärs äe woukti, durch einen Befehl des Reichskanzlers, die Schreibart mit ou aus erlegt, einer Lautverbindung, die das Deutsche gar nicht kennt. Wie sollen wir denn diese« ou aussprechen? Französisch wie u, oder wie ein dunkles au? Das müßte uns doch auch noch gesagt werden, denn die deutsche Grammatik giebt darüber keine Auskunft. Aber freilich, schon vor mehreren Jahren, als auf Grund der Vorschläge von Sachverständigen eine amtliche Schreibweise unserer afrikanischen Eolonialnanien ringrführt wurde, zwang man uns ähnliche Sprachneuerungen auf, die noch heute im „Colontal- Blatt" in jeder Nummer den denkenden Leser ärgern. Wir schrieben vorher z. B. „Kilimandscharo" oder noch feiner „Kilima Ndscharo". Allein jene Sachverständigen haben herau-gebracht, daß der Herr Häuptling Mandara und Genossen das „eod" etwas weicher aussprechen, etwa wir da« französisch« j, und fing« wird besohlen, daß in afrikanischen Namen das weiche seb durch ein französisch zu sprechendes z zu ersetzen und demgemäß „Kilima Ndjaro" zu schreiben sei. Au« gleichem Grunde dürfen wir nicht mehr „Njassa" schreiben, weil das ja „Nschassa" zu sprechen wäre, und noch nicht genug damit: auch selbst „Niassa" und „Nyassa" find verpönt. Di« Sachverständigen haben heraus gekriegt, daß die Herren Wahehe und Tonsorten das „ff" um eine Idee sanfter sprechen als wir. Sofort wird also da« deutsche „ff" über Bord geworfen und für den afrikanischen Laut ein sunkelnagelneues Schriftlichen in unser geduldiges Deutsch ausgenommen, nämlich ein Schluß-« mit einem Querstrich darüber (»). heißt es amtlich — ein herrlicher Anblick I Kurzum, einigen wilden Negern zu Liebe, die selbst ihre Namen nicht schreiben können, verlangte man von einem europäischen Culturvolk von 52 Millionen, e« solle seine altgewohnte Schrift und Aussprache ändern, und jetzt wird von uns aus Rück sicht auf asiatische Mongolen wieder dasselbe gefordert. Engländern und Franzosen ist so etwas natürlich noch niemals im Traume ein- gefallen, sie machen sich im Geaentheil exotische Namen ziemlich mundgerecht. Aber wir Deutsche sind so „gründlich", so „gebildet", daß wir weit lieber unsere Muttersprache verhunzen, al« die Ohren von irgend welchen Koffern beleidigen. Schulwesen. * Lre-lau, 15. April. Ueber den drahtlich bereit« kurz ge- meldeten Verlaus der Stadtverordnetensitzung entnehmen wir der „Brest. Ztg." noch: Stadtschulrath vx. Pfundtner erklärt, daß der Magistrat einfach die Nachricht bekommen habe, daß dec Cultusminister nicht in der Lage sei, die Errichtung eines städtische» Mädchengymnasiums in Breslau zu genehmigen. Es handle sich um eine Frage, die aus allen Seiten dos höchste Interesse wachgerufen habe; man habe sie al- eine besonders wichtige Culturfrage betrachtet, die aufs Sorgfältigste geprüft und erwogen worden sei. Da hätte man wohl erwarten können, daß der Ab lehnung wenigstens Gründe beigefügt werden würden; richteten sich die Bedenken gegen das Princip, so sei es unverständlich, warum die privaten Mädchengymnasien genehmigt würde»; richteten sie sich ober nur gegen die Form, so wäre die Stadt ja bereit gewesen, die Form, den Lehrplan rc. abzuändern. Er meine, mit der nackte» Ablehnung werde man sich nicht begnügen können, sondern inan werde so frei jein müssen, Le» Herr» Minister um seine Gründe zu bitten. Stadtv. Professor Ladenburg glaubt, daß der Grund für die ablehnende Haltung des Ministers vielleicht Larin liege, daß bisher noch kein Entschluß gefaßt sei, wie man sich den Mädchen, die das Nbiturientenexame» bestanden haben, gegen über zu verhalten habe; ob man ihnen die Jminatriculativ n gestatten solle oder nicht; es sei vor einiger Zeit eine Umfrage bei den Universitäten gehalten worden, die ein sicheres Resultat nicht ergeben habe; die Universität Breslau habe eine Dame, die um die Jmmatriculation ringekommen sei, abschlägig bejchieden. Er ver- muthe, daß dieser Grund die Ablehnung feilens des Ministers bewirkt habe. Oberbürgermeister Bender erklärt, daß die städtischen Behörden, so Wünschenswerth es auch sei, daß die Reife prüfung des Mädchengymnasiums zur Jmmatriculation berechtige, doch auch auf dieses Recht verzichtet haben würden; es komme gar nicht daraus an, den Mädchen den Weg zur Universität zu bahnen, sondern nur ihnen eine gediegene Bildung zu verschaffen; was sie weiter thun, fei ihre Sache. Aber den Mädchen vorweg die Mög lichkeit einer besseren Bildung zu nehmen, nur um hinierher nicht in die Lage kommen zu müssen, über die Zulassung zur Universität zu entscheiden, sei ungerechtfertigt. Solche Betrachtungen würden am Platze sein, wenn der Staat ein Mädchengymnasium schaffen würde; hier übernähme doch aber die Stadt die Verantwortung. Er meine, die Verfügung des Minister« sei ein Verlegenheits- product, er hoffe, daß eine andere Verfügung werde erzielt werden können. Gerichtsverhandlungen. Königliches Landgericht. Strafkammer II. 6. Leipzig, 15. April. Nach Verbüßung einer Zuchthausstrafe von drei Jahren wurde der 35 Jahre alte, wiederholt bestrafte Cigarrrnmacher Gustav Adolf Theodor B. aus Posen am 7. Sep tember aus der Strafanstalt zu Lichtenburg entlassen. B. wendete sich nach Sachsen, um Beschäftigung zu suchen, fand aber keine Arbeit. In Lausigk lernte B. den einmal wegen Diebstahls be straften Arbeiter Johann Friedrich M. aus Lonnewitz kennen, der ihm klagte, daß er kein Geld habe, um sich eine Hacke zu kaufen. B. erklärte, daß er ihm zur Erlangung von ArbeiiSzeug behilflich jein wolle. Sie gingen nun nach Reichersdorf und stahlen dort in der Nacht vom 17. zum 18. September aus der Gelchirrkammer des K.'jchen Gute-, in welchem M. früher gearbeitet hatte, eine Pferdedecke und eine Hacke. Dann statteten sie dem Ziegelei-Neubau von H. einen Besuch ab, erbrachen dort drei Baubuden und in denselben fünf Kasten und stahlen eine Anzahl Briefmarken, ein Paar Stiesel, eine Anzahl Werkzeuge, Stemmeisen, Hammer, Klammern rc. Mit diesen Werkzeugen ausgerüstet kehrten sie nach Lausigk zurück, um dort Len Laden de« Uhrmachers Bau zu plündern. Sie erbrachen den Rollladen de« nach der Straße gelegenen Schaufensters, drückten das letztere ein, wobei sie zur Dämpfung des Geräusches sich der in Reichersdorf gestohlenen Decke bedienten, und stahlen aus den ausliegenden Schaukasten acht goldene Damenremontoiruhren, zwei stahloxydirte Damenremontoir- uhren, eine silberne galvanisirte Damenremontoiruhr, drei silberne galvanisirte Herrenremontoiruhren, sieben Herrenremontoiruhren aus Nickel, drei Herrencylinderuhren aus Nickel, 20 Ringe aus Gold- doublö, 42 goldene 8karätige und 16 goldene 14karätige Ringe, 17 goldene Charnierketten mit 25 Proc. Goldauflage, 24 Paar Ohrringe und die gleiche Anzahl Broschen aus Golddoublü und Granaten im Gesammtwerth von mindestens 950 Um die gestohlenen Sachen zu verwerthen, reisten sie nach Zeitz, wo B. in dein 1851 in Großneuhausen geborenen Friedrich Gottlob Ho., den er im Zuchthaus zu Lichtenburg kennen gelernt hatte, wo Vv. 12 Jahre Zuchthaus wegen schweren Raubes verbüßt hat, einen Abnehmer fand. Ho. nahm auch B. sieben Uhren, zwölf Ringe, zwei Paar Ohrringe, fünf Broschen und eine Kette, die einen Ge- sammtwerth von mindestens 150 hatten, für den Betrag von 50 ab, von dem aber thatjächlich nur 10 gezahlt wurden. Wenn Ho. behauptet, er habe für die 10 die Sachen nur als Pfand angenommen, so ist diese Angabe durch die Thalsache widerlegt, daß Ho. alsbald nach Erlangung der Sachen zur Weiterverüußerung derselben verschritten ist. Ein Theil der von Ho. erworbenen Sachen ist durch dessen Wirthjchafterin, die 1854 in Burkersdorf geborene Johanne Sophie Mü. versetzt worden, andere Gegenstände hatte sie als Geschenk angenommen. Daß die Mü. hierbei aber auch gewußt oder doch mindestens den Umständen nach vermuthet hat, daß diese Gegenstände durch straf- bare Handlungen erlangt waren, geht daraus hervor, daß sie nach der Entdeckung bei ihrer ersten Beiragung unrichtige Angaben über den Erwerb der in Frage kommenden Sachen gemocht hat. Auch war e« ihr bekannt, daß B., der ihr unter dem Namen Schulze vorgestellt worden war, sich in Zeitz einen falschen Namen beigelegt hatte. In die Untersuchung wurde auch der 1872 in Zeitz geborene Gymnastiker Friedrich Hermann Max He. hineingezogen, der von Ho. drei Uhren, vier Ringe und drei Broschen für neun Mark gekauft hatte. Ihm konnte aber die Hehlerei nicht nachbewiesen werden und so wurde er denn kostenlos freigesprochen. Alle übrigen Angeklagten wurden aber der Anklage gemäß verurtheilt. Bei der Frechheit, mit welcher die Diebstähle ausgesührt wurden und bei der Höhe Les Werthes, den die gestohlenen Waaren hatten, von denen nur einige im Werthe von 150 zurückerlangt wurden, konnte von Zubilligung mildernder Umstände bezüglich des Hauptangeklagten B. die Rede nicht sein. Er wurde unter Anrechnung eines Monats der erlittenen Unter suchungshaft zu sechs Jahren Zuchthaus und fünf Jahren Ehrverlust verurthilt, auch seine Stellung unter Polizeiaufsicht für zulässig erachtet. M. wurden mildernde Umstände zugebilligt, da er lediglich durch B. zu den Diebstählen verführt worden ist, die Strafe setzte der Gerichtshof aus ein Jahr drei Monate Ge- fäugniß fest. Ho. wurde wegen Hehlerei zu sechs Monaten Gesängniß, die Mü. wegen desgleichen Delikts zu drei Wochen Gefängniß verurtheilt. M. und Ho. wurden je drei Monate der erkannten Strafe auf die erlittene Untersuchungshaft in An- rechnung gebracht. 0. Ls. Berlin, 15. April. Ein eigenartiger Rechtsstreit wegen Lieferung von — 1000 Särgen gelangte vor dem Kammer gericht zur Entscheidung. Saßen da nämlich an einem molligen Novemberabend deS Jahres 1896 zahlreiche Stammgäste des WirthS- haujc« „Zum Pilsener" um den runden Tisch herum und kamen mit jedem neuen „Ganzen" oder „Schnitt" immer mehr in die bekannte gemüthliche Stimmung, in welcher ganz gehörig ausgeschnitten wird. Thronenden Auges erzählte unter Anderem auch der Wirth, ein zu allen möglichen Streichen aufgelegter Witzbold, wie fidel es bei dem Begräbnisse seiner Frau hergegangcn sei; herzzerreißend sei sein Schmerz aber doch gewesen, als ihm die Rechnung für den Metall sarg in Höhe von 300 Präsentirt wurde. Kaum hatte letztcre« ein an diesem Abend am Stammtisch eingeführt gewesener Fabrikant von Metallsärgen aus Westfalen vernommen, als er sich feierlich zu der Erklärung erhob, daß er vermöge einer von ihm gemachten Erfindung einen solchen Melallsarg, wie der vorbeschriebene, schon zum Preise von 35 bis höchstens 60 .4t liefern könne. In der An- nähme, daß dieses Angebot sich auch nur in dem Rahmen der all gemeinen Flunkerei bewege, erwiderte der Wirth: „Wenn sie das können, so bestelle ich sofort 1000 Särge!" — Natürlich ließ sich die Gesellschaft, worunter auch ein Bankier, die günstige Gelegenheit zum Ulken nicht entgehen und deckte alsbald einen Grundnngsplan mit packendem Prospekt für die zukünftige Beerdigungsthätigkeit des Restaurateurs als Vertreters der Fabrik aus: auch sollten aus letzterer nur ihm allein Särge nach Berlin geliefert, ihm also ein Monopol gewährt werden. In Kästan'S Panoptikum sollten sodann Ausstellungen der fraulichen Särge mit Wachsleichen darin arrangirt und die zweifellos massenhaft sich einstellenden Kunden in noch nie dagewejener feierlicher Weise bedient werden, zu welchem Zwecke der Unternehmer immer mindestens 6 Herren in schwarzen Fräcken und 6 Damen mit Zwiebeln in den Händen aus Lager haben müßte. Ganz besonders lollie darauf geachtet werden, daß jedes Trauerpferd immer auf zwei Beinen lahm ginge, damit die Kopfbüschel gehörig wackelten n. A. m. Einem der Theil- nehmer, der ganz ernsthaft fragte, ob er nicht auch etwas bei der Cache verdienen könne, jagte der Wirth mit fürstlicher Grandezza sofort eine notariell zu sichernde Provision von 5000 zu. — Von allen Zeugen der damaligen Stammtisch gesellschaft hatte nur Einer den betreffenden Auftrag für ernst gehalten, nämlich jener provisionslüsterne Herr, der dann auch fest auf seiner Riejenprovision bestand. Der Sorgfabrikant aber, welcher die Bestellung anfänglich auch nur als Scherz angesehen hatte, ließ sich durch seinen hiesigen Agenten bewegen, am nächsten Tage noch einmal zu dem Restaurateur hinzugehen, um in Gegenwart eines Zeugen — eben dieses Agenten — festzustellen, ob der Bestellung nur bloßer Scherz oder Loch vielleicht eine ernstliche Absicht zu Grunde gelegen habe. — Auf die Aussage des Agenten nun, daß der betr. Gastwirth — derselbe war später Kaufmann geworden — bei dieser Zusammenkunft die Bestellung aufrecht erhalten habe, wurde der wegen Abnahme der Särge Verklagte, der übrigens die betreffenden Angaben bestritt, zur vorläufigen Abnahme von 500 Särgen im Werthbetrage von 17 500 ver- urtheilt, wobei dem Kläger auch die Verfolgung des weiteren An spruchs Vorbehalten blieb. Das Kammergericht hat nun aber die Vorentscheidung aufgehoben und die Klage abgewiescn, indem es auf Grund der Beweisaufnahme annahin, Laß die qu. Bestellung am Stammtische nur ein Scherz gewesen, und daß auch bei der späteren Zusammenkunft ein Geschäftsabschluß zwischen den Parteien nicht zu Stande gekommen, sondern nur eine Vertretung in Aus sicht genommen worden sei. Neise und Verkehr. § Norwegische Touristenfahrten. Im Verkehr zwischen Hamburg und der Westküste Norwegens, den Fjorden und dem Nordcap bringt der diesjährige Sommer-Fahrplan der Bcrgenske Dampskibs - Selskab, Bergen und der NordenfjelSke DampskibS-SelSkab, Drontheim, wiederum Verbesserungen. Die Verbindungen sind regelmäßig und zuverlässig; zusammenstellbare Rundreisekarten verbilligen nicht nur die Reise in und nach Nor wegen, sondern gewähren auch dem Inhaber Fahrtunterbrechung an beliebigen Plätzen, sodaß Jeder seine Tour nach eigenem Geschmack und Behagen einrichtcn und auSdebnen kann, auch die festen Rundreisekarten für die Fjordroule erlauben Fahrtunter brechung an vier Hauptplätzen. Die von Hamburg ausgehenden Fjord- und Postdampfer stehen mit den Nordcapdampfern, »ord- wie südwärts in Verbindung. Die beiden von Hamburg aus gehenden Passagierdampfer der Dienstag - Fjordroute „Capella" und „Olas Kyrre" sind besonders elegant und behaglich ein gerichtet, mit elektrischer Beleuchtung und allen Verbesserungen ver sehen. Ein von der Gesellschaft herausgegebenes „Nordcapheft" enthält Fahrpläne, Rundreisen und Fahrpreise, Schilderungen der Touristenrouten durch die großartigen Fjorde bis nach dem Nord cap hinauf, sowie Aufgabe von Luftkurorten und Badeplätzen Nor- wegens und sonstige wünschenswerthe Mittheilungen. Das mit Karten und norwegischen LandschastSbildern ausgestattete Buch ist unentgeltlich zu beziehen Lurch den Vertreter beider Gesellschaften Herrn F. I. Reimers in Hamburg, AdmirolitätSstraße 30/31. Vermischtes. ---- Australien als Land der Wohlgerüchc. Australien ist nicht durchweg das gefürchtete Wüstenland, in dem schon so viele kühne Forschungsreisende jämmerlich zu Grunde gingen, es hat auch schöne und fruchtbare Gebiete. Bisher wurde aber, so erzählt der „Hamb. Corresp.", noch niemals darauf aufmerksam gemacht, daß die östlichen Colonien Australiens stellenweise einen solchen Blumenreichthurn bergen, daß ernstlich der Vorschlag gemacht werden kann, sie zur Herstellung von Par füms in großem Maßstabe zu verwerthen. Die Zahl der Pflanzen, die als Lieferanten köstlicher Parfüms und schätzbarer Essenzen bekannt sind, sollen in den australischen Colonien recht bedeutend sein, aber bisher ist noch kaum Jemand darauf ver fallen, diesen Schatz zu heben. Die planmäßige Blumenzucht befindet sich noch im Zustande der Versuche, und für Unter nehmungen nach dieser Richtung soll das Land ein noch fast ganz unberührtes Feld von großer Ausdehnung darbieten. In Neu-Südwales finden sich die Gartenblumen Europas und Asiens eingebürgert, und ganz besonders scheinen diejenigen von stärkstem Wohlgeruche in unübertroffener Ueppigkeit zu gedeihen, manche von ihnen findet man fast das ganze Jahr hindurch, auch sind sie zum größten Theile leicht zu ziehen. Unter den einheimischen australischen Pflanzen, aus denen neue Parfüms bereitet werden könnten, sind vornehmlich verschiedene Arten der echten Akazien, von denen einige auch wohlriechendes Holz liefern. In Neu-Südwales ist es besonders reichlich die ^.onoin Larrlegiann und eine andere Art, die die Bezeichnung „Goldener Hahnenbart" führt, auch der australische Lorbeer, auch „falsche Orange" genannt, ist als Parfümeriepflanze geeignet. Zur Ge winnung wohlriechender Oele werden allein 18 einheimische Pflanzen aufgezählt, darunter besonders Arten von Eucalyptus, Pappel, Theebaum, Buchsbaum, Felsenmyrthe, Steinbrech, Pfefferminz u. s. w. Außer zu Wohlgerüchen finden die Oele dieser Pflanzen noch mannigfache andere Verwendung. So gilt dasjenige des rothen Gummibaumes, einer EucalyptuSart, als ein vorzügliches Heilmittel gegen chronische Dysenterie, ebenso wird das Oel des australischen Steinbrech, welche» auch im Gerüche dem gewöhnlichen SaffafraSöle gleicht, mit Kümmelöl vermischt als Heilmittel benutzt, und das Oel auS der so genannten Faserborke ist gegen viele Beschwerden wirksamer als englisches Pfefferminz. DaS gewöhnliche Eucalyptusöl besitzt bekanntlich viele werthvolle Eigenschaften, die Blätter von ver schiedenen Arten dieser Pflanzengattung werden dazu benutzt, um die Bildung von Kesselstein zu verhindern oder ihn zu ent fernen. Das Oel der sogenannten Bergesche, einer sehr ge wöhnlichen EucalyptuSart, dient als Lampenöl wie Petroleum, soll aber eine größere Leuchtkraft besitzen als dieses, angenehm riechen und nicht zum Explodiren neigen. Da» Oel des Weißen Gummibaumes liefert ebenso wie da« deS grauen Gummibaumes ein gutes Seifenparfüm, das deS letzteren hat den schönen Geruch des indischen Citronenöls. Die verschiedenen Arten des Thee- baumes liefern ein Oel, das die meisten, wenn nicht alle Eigen schäften des Kagaputöls besitzt, eines werthvollen Arzneimittels. Das Oel des sogenannten Wollkolbens ist zur Erzeugung un zerstörbarer Farben für Papier brauchbar. Nimmt man dazu das üppige Wachsthum von Oliven, RicinuS und Lein, so be kommt man einen Begriff von dem Reichthum Australiens an werthvollen Pflanzen. Literatur. Gedichte von Adolar Gerhard. Mit dem vildniß de« Dichter«. Leipzig, Verlag von Georg Heinrich Meyer 1898. Für alle Freunde des verstorbenen Dichters wird diese Sammlung ein sehr will kommenes Erinnerungsdenkmal sein; aber auch andern Leserkreis werden sich an diesen Gedichten erfreuen, denn es spricht aus ihnen ein sinniger Geist, ein edle« Gemüth, und wenn auch die Balladen dichtung manches werthvolle und farbenreich« Bild auS den ver schiedensten Zeitaltern der Geschichte bietet, so möchten wir Loch das Hauptgewicht auf die Lieder, besonder« aber auf die Sprüche legen, in denen sich in einer theil« gefälligen, tbeil« scharf zugefpitzten Form eine beschauliche Leben-anschauung auSsprichi: wir werden an die Goethe'fchen Maximen, Epigramme, Aphorismen und Lenien erinnert; der ganze Ton hat etwa« Ver wandtes, wie denn auch der Dichter ein begeisterter Verehrer Goethe s war. Von den Lenien in der Form der Distichen führen wir die folgenden drei als Probe an. Der Held der Zukunft. Der ist der Zukunft Held, der, wenn die Anderen schwaden, Schweigt, wenn die Schwätzer verstummt, redet und handelt und singt. Geschichten und Geschichte. Wir erleben Geschichten, Bruchstücke au« der Geschickte, Einheit, Verknüpfung und Plan sucht erst da« künft'ge Geschlecht. Kenner und Enthusiasten. Bilderreich ist die Zeit, doch hegt sie nur wenig gedieg'ae Kenner und nimmer erquickt Enthusiastengeschwätz. Auch von Len sinnigen Reimspritchea geben wir einige Proben: Wer nur in holprigen Knitteireimen Sich abmüht Verse zusammenzuleimen, Verhält sich zu den wahren Dichtern Wie ein Lichtstumpf zu elektrischen Lichtern. Die Quintessenz des Glück« auf Erden Ist liebend trrugelirbt zu »erden. Laß fahren da« Richtig». Ergreife das Richtige, , Denk au da« Wichtige, Thue da« Pflichtige. Die 18 Näthsel der Sammlung sind keine harten Nüsse für den Scharfsinn; in ihrer Tendenz sind sie den Schtller'schen Wthseln verwandt, sie geben gefällige Bilder iu poetischer Einkleidung, Die Auflösung hat einen gewissen Reiz, indem sie die Phantasie tu an genehmer Weise beschäftigt. Die Lyrik des Herzens enthält vorzugsweise Liebeslieder, schlicht und zart; manch« derselben scheinen di« Eomposition herauszu- fordern, wie Las Nachtlied mit den Schlußverjen: Mich flieht der Schlummer, ich halte Wacht. Von ihr geschieden, Von ihr gemieden, Die mich um all meine Ruh« gebracht. Ihr aber gießt in die Seele Frieden, Heilige Sterne der Nacht! Einige der Balladen sind im schlichten Stil der Chronik gehalten, der uns hier und dort zu wenig poetisch gefärbt erscheint. Manche behandeln bekannte Anekdoten und Sagen, wle Alexander der Große, Li« Gelchichte von Apelle« und Karupasoe, die Braut von Falun, den Stoff, Len Holstein für sein« Oper der „Haidefchachl" gewühlt, Katharina von Schwarzburg, den bekannten Triumph -er Fürstin übrr den Herzog von Alba, die Schlacht bei Fehrbellin, den Ritt de« Großen Kurfürsten mit Lrm Kind vor sich im Sattel in die Reihen der Schweden. Breiter ansgefiihrt ist das Geschichtsbild „Christoforo Colombo" und da« Gedicht „Veronika", dessen Held Hartmann von der Aue ist. Die wechselnden Bilder Liefer Balladen bieten ein« bunte Fülle von Ereignissen. Die Sammlung, eine Auswahl aus den Erzeugnissen eines ganzen Lebens, frei von jedem Sturm und Drang, doch auch ohne bahn brechende Bedeutung, ruft das Charakterbild de« tüchtigen edel» Mannes wieder lebendig in die Erinnerung der Freunde; doch auch denen, die ihm persönlich fern standen, wird dies Bild eia durchaus sympathisches sein. * Als Band 28—29 der bekannten Sammlung von Biographieen „Geisteshelden" erschien soeben „Schiller" von Professor Or. Otto Harnack (Verlag von Ernst Hofmann L Eo. in Berlin 8W. 46). Otto Harnack, einer der gediegensten Kenner unserer klassischen Literatur-Epoche und im Besonderen der neueren Schiller-Forschung, hat mit sicherem Geschmack und freiem kritifchem Urlheil eine durchweg selbst ständige Darstellung von Schiller'« ganzem Leben und Schaffen gegeben. Jede« einzelne Drama findet eingehende Charakteristik; die Geschichtswerke Schiller's, seine Aesthetik und feine Dramaturgie erscheinen in wohl abgewogenen Darlegungen; meisterhaft bringt Harnack auch Schillers Gedanken lyrik zu ihrem vollen Recht. Das in edler Sprache gehaltene, auch äußerlich ansprechend ausgestottete Lebensbild bildet eine werthvolle Bereicherung der von uns schon öfters mit Anerkennung erwähnten Sammlung „Geisteshrlden". — AlS die nächsten Bände sind „Grill- parzer" und „Helmholtz" in Aussicht genommen. Nr. 15 des 21. Jahrganges der Militair - Zeitung, Organ für die Reserve- und Landwehr-Officiere, Verlag von R Eisen- schmidt in Berlin dlVV., redigirt von Hauptmann a. D. Oet tinger, hat folgenden Inhalt: Das italienisch« Heer an der Jahreswende (Schluß). — Aenderungen in der preußischen Armee ans Anlaß des Etats 1898. — Die Hebungen der Preußischen Officiere des Beurlaubtenstandes und der Jnactivität im Rechnungs jahre 1898. — Meine Erlebnisse und mein Briefwechsel mit General- Feldmarscholl v. Steinitz. Von General der Infanterie z. D. von Conrad» (Fortsetzung). — Personal-Veränderungen. — Kleine mili- tairische Mittheilungen. — Vermischtes.
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