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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.03.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-03-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980326019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898032601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898032601
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-03
- Tag 1898-03-26
-
Monat
1898-03
-
Jahr
1898
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Reklamen unter dem RrdactionSftrich (--«» spalten) LOA, vor den Familiennachrichtea (6 gespalten) 40 Größere Schriften laut unsere« Prelck verzeichniß. Tabellarischer und Zifferasatz nach höherem Tarif. Extra Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Pvstbeförderung 60.—, mit Pvstbeförderung ^l> 70.—. Annahmeschluß fm? Anzeigen: Abend-Au-gabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je rin» halbe Stund« früher. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 92. Jahrgang. Der Ianuskopf des Centrums. — Das Centrum hat im vergangenen Jahre durch den Mund eines seiner Führer feierlich von der, Tribüne des preußischen Abgeordnetenhauses herab seine nationale Ge sinnung versichert; eS bat sich auch viel daraus zu Gute ge- tban, daß eS dem großen nationalen Werke des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Durchführung verhalfen hat, und es wird sich sicherlich nicht weniger darauf zu Gute thun, wenn eS jetzt der Flottenvorlage zur Annahme verhilft. Gerade die Art aber, in der das Centrum die Annahme der Vorlage sickern wird, zeigt wieder einmal, daß die Partei, wenn man sie auch vielleicht nicht als schlechthin und unter allen Um ständen antinational bezeichnen darf, doch einen JanuSkopf besitzt: ein nationales und ein nichtnationales Gesicht. Ein Tbeil des Centrums lehnt die Flottenvorlage ab, und dieser Theil setzt sich hauptsächlich aus den bayerischen Mitgliedern des Centrums zusammen. Schon von Anbeginn an batten diese der Flottenvorlage am meisten widersprochen. Und vor einigen Tagen mußte die „Kölnische Volkszeitung" aus Bayern mittheilen, daß dort die der Flotlenvorlage ab geneigte Stimmung am schärfsten zum Ausdruck gebracht werde. Dasselbe Blatt mußte die tendenziöse Entstellung eines bedeutenden bayerischen gesinnungs-genossischen Blattes, des „Bayrischen Couriers", daß durch die Flotlenvorlage die jährlichen Auslagen für die Marine verdoppelt würden, richtig stellen. Warum nun gerade die ablehnende Haltung der meisten bayerischen Centrumsmitglieder? Weil in Bayern der Particularismus so stark geworden ist, daß man glaubt, den Leuten eine Freude zu machen, wenn man etwas ablehnt, was der „Preuß'" wünscht. Und woher der ParticulariSmuS? Nicht zuletzt daher, daß ihm auch das nichtbayerische Centrum jederzeit Vorschub geleistet hat. Wenn es sich um ein wirk liches oder angebliches bayerisches Recht handelt, so ist Niemand so eifrig darauf bedacht, es zu wahren, als die nichtbayeriscken Centrumsmitglieder. Die Gesinnungsgenossen in Bayern können dahinter natürlich nicht Zurückbleiben, und so kommt es zu einem solchen Excesse dcö Particularismus, wie ihn die Ablehnung der Marineforderung durch die über wiegende Mehrheit der bayerischen Centrumsmitglieder dar stellt, denn diese Mehrheit lehnt die Vorlage nicht aus sach lichen Gründen ab, sondern lediglich aus particularistischen Tendenzen. In derselben Weise fördert daö Centruin den Parti cularismus der Elsässer. Wenn diese mit irgend welchen Klagen kommen, so ist das Centrum an der Spitze Derer, die diese Klagen unterstütze». Dadurch erhält die particularistische Strömung im Elsaß eine Bedeutung, die sie sonst gar nicht haben könnte. Die Folge davon ist, daß auch die Elsässer sich grundsätzlich Allem entgegenstemmen, was dem deutschen Reiche zum Vortheil gereichen könnte. Die Verbindung deS Centrums mit den Welfen ist seit dem Tode Windlborst'S etwas gelockert; immerhin verdanken alle welfischen Reichstagsabgeordneten ihre Mandate den Ultramontanen und können nur infolge dieser Unterstützung ihren Preußenhaß zum Nachtheile des Reiches in derselben Weise zum Ausdruck bringen, wie die verbissenen bayerischen Particularisten. Am folgenschwersten aber ist die Förderung der national- particularistischen Bestrebungen der Polen durch das Centrum. Das Polenthum hätte sich niemals so ausvrhnen können, wie es sich ausgedehnt hat, wenn es nicht durch den Klerus und die Centrumspartei so nachhaltig unterstützt worden wäre. Nur dadurch ist eS möglich geworden, daß die polnischen Aspirationen über die Provinzen Posen und Westpreußen hinauSgreifen konnten; nur dadurch konnte es dahin kommen, daß die Polen im Reichstage über eine immerhin nicht un beträchtliche Stimmenzahl verfügen, die, wie von ihnen auch kaum anders zu erwarten war, zu Ungunsten der Marine vorlage in die Waagschale geworfen wird. Diese Förderung antinationaler Strömungen zeigt sich aber nicht nur in Äezug auf Parteien, die in Deutschland selbst bestehen, sondern auch in Bezug auf die Häupter der mit Deutschland befreundeten Staaten. Wenn der österreichische Herrscher als König von Ungarn Gesetze sanctionirt, die dem deutschen Centrum nicht behagen, so werben in der Centrums presse diesem treuen Bundesgenossen deS deutschen Reiches alle himmlischen und irdischen Strafen und Leiden angedroht und ihm bemerklich gemacht, daß er auf die Freundschaft Deutschlands nicht zählen dürfte, wenn hier das Centrum die Zügel der Herrschaft führte. Und wenn der König von Italien, ein nicht minder treuer Bundesgenosse Deutschlands, sich untersteht, etwa- zu sagen, was klerikalen Ohren nicht angenehm klingt, so kann man sich darauf verlassen, daß er in der schärfsten und rücksichtslosesten Weise angegriffen und daran erinnert wird, daß die „ausschlaggebende" Partei deS deutschen Reichstags ihm die ernstesten Schwierigkeiten be reiten würde, wenn sie die Macht dazu besäße. An diese Sünden gegen die nationale Sache muß man das Centrum denn doch erinnern, wenn eS sich damit brüstet, daß es in nationalen Fragen seine Opserwilligkeil beweise. Allzuweit her ist es übrigens mit dieser Opferwilligkeit nicht. Denn wenn man z. B. bei der Marinevorlage die Stimmen der Polen, der Welfen und der Elsässer dem Centrum zu rechnet, wozu man ein gutes Recht hat, da diese Parteien mit dem Centrum in enger Fühlung stehen, so ergiebt sich, baß Freunde und Gegner der Vorlage sich nahezu ausgleichen, daß also das Centrum sich selbst neutralisirt. Abgesehen von dieser einen Frage aber ist, wie hier kurz gezeigt worden ist, das Centrum in nationaler Hinsicht doch deshalb stets unzu verlässig, weil ihm bei einem Conflict zwischen derconfessionellen und der nationalen Frage die erstere unter allen Umständen vor geht. Und so lange oreS der Fall ist, wird das Centrum eS nicht verübeln dürfen, wenn man eS nicht ohne Weiteres zu den nationalen Parteien rechnet, sondern in Hinsicht auf die nationalen Fragen von ihm behauptet, daß eS einen JanuS kopf auf seinen Schultern trage. Und noch weniger dürfen die in einzelnen Fällen ihre nationale Pflicht erfüllenden Centrumsmitglieder sich darüber beklagen, wenn sie für diese Pflichterfüllung nicht durch kirchenpolitische Concessionen be lohnt werden. Solche würben nicht nur auch den übrigen Mitgliedern der Partei und deren Hintermännern zu Gute kommen, sondern von diesen mit dem größten Eifer für ihre antinationalen Zwecke ausgenutzt werden. Und welcher Staat würde tböricht genug sein, mit eigenen Händen die Gegner mit Waffen zu versehen, mit denen er bekämpft werden soll? Deutsches Reich. * Leipzig, 25. März. In der „Kreuzztg." lesen wir fol gendes Inserat: ^vii. I,» waiooll ... äs karis krit pari nur Dames Llexautes äs Lerlin quo leur reprsseutants Llaäaws . . . esl ässeenäu pour 10 sours 4 l'kütsl . . . avee les plus jolis luoäsles äes robes, wauteau sortis äs llchvAtre pour la saisou ä'sts. Da maison . . . pris les Dames äs bieu vouloir ss renärent compte olles meine äu pur oaebet parisisnue äe leurs moäeles. Die alberne und jämmerliche Französelei steht also bei den „vawss Llszantes cke Lsrlin" immer noch in Blüthe. —* * Hainichen, 24. März. Dieser Tage hat sich für Hainicken und Umgegend ein nationalliberaler Verein gebildet, dem gegen 60 Herren beitraten. 6. U. Berlin, 25. März. Der soeben veröffentlichte Jahresbericht deS Berliner Asylvereins für Obdach lose läßt uns wieder einen erschütternden Blick in die Tiefen der Weltstadt thun. In den 29 Jahren seines Bestehens hat der Verein 3 233 654 Personen gegen die Schrecken der Obdachlosigkeit Schutz gewährt, ihnen Bäder und Verköstigung geboten und, so viel er konnte, durch viese vorübergehende Hilfe versucht, den vom gänzlichen Untergang Bedrohten eine Stütze darzubieten. Unter den 3 233 654 Personen befanden sich 265 0l2 Frauen, 182 606 Mädchen, 36 367 Kinder und 5414 Säuglinge. 1897 sind mehr als doppelt so viel Per sonen ausgenommen als 1896, die betreffenden Zahlen sind: 1896 7431 Frauen, 1897 19 792, 1896 2277 Mädchen gegen 7411 im Jahre 1897, 440 Kinder gegen 769, 66 Säuglinge gegen 182, 109 578 Männer gegen 247 456. Diese Zahlen reden eine deutliche Sprache, sie sollten eine eindringliche Warnung des leichtfertigen Zuzugs nach Berlin sein. * Berlin, 25. März. Die „Voss. Ztg." hält ihre Alarm nachricht auS Dar-eS-Salaam aufrecht; sie schreibt: „Die „Nat.-Ztg." erklärte gestern, nach Erkundigung an zustän diger Stelle in der Lage zu sein, zu versichern, daß laut einem Telegramm des kaiserlichen Gouvernements von Deutsch-Ostafrika vom 17. März die Meldungen über Unruhen im Wahehegebiet der Begründung vollständig entbehren. Wir erklären hiergegen, von einem Brief Kenntniß zu haben, der Mittheilungen enthält, gegen deren Richtigkeit jeder Zweifel ausgeschlossen ist. Dieser Brief datirt aus Fara ki Bei in Uhehe allerdings schon vom 6. Januar. Darin wird berichtet, daß Chef Prince auf einer Expedition sich be finde, da ihm das Lager des Sultans Quawa verrathen worden sei, der im Begriffe gewesen sei, eiu ochjenreiches Dors zwei Stunden von Jringa zu überfallen. Hierbei sei Chef Prince auf eine kleine Abcheilung der Wahehe Ouawas -iestoßen, von denen 28 Mann ge fallen seien, deren Leichen er thellweise in der Stacht zum 4. Januar beim Ueberschreiten eines Flusses in diesem gefunden habe. Sultan Quawa batte außerdem zwei vorgeschobene Bomas überfallen und Unterofficiere und Leute heimlich erschlage», so Laß Chef Prince zu einem großen Zuge gegen Quawa aufgebrochen ist." Was die Berufung auf einen „Brief" nicht näher be zeichneten Ursprungs vom 6. Januar gegenüber dem Telegramm Les Gouvernements von Deutsch-Ostafrika vom 17. März beweisen soll, ist uns ebenso unverständlich wie der „Nat.-Z." Außerdem braucht man nur die am Montag veröffentlichte „Prival-Drahlung" der „Voss. Ztg." aus Dar-es-Salaam und die daran gefügten Mittheilungen mit Dem zu vergleichen, was jetzt auf Grund eines „Briefes" vom 6. Januar erklärt wird, um die ersterwähnte Alarm-Nachricht zutreffend zu würdige«. AuS Afrika treffen mancherlei „Briefe" in Deutsch land ein. (-) Berlin, 25. März. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" schreibt: Das Reichseisenbahnamt hat den meist betheiligten Bundes-Regierunzen die Vorschläge für die Revision und weitere Ausbildung der Grundsätze über die Dieustdaucr und die Ruhezeiten der Eisenbahn- und Bc- triebobeaintcn zugestellt. Die Vorschläge sollen demnächst, unter der Leitung des Reichseisenbahnamtes, kommissarisch berathen werden. G Berlin, 25. März. (Telegramm.) Die „Nordd. Allgem. Ztg." schreibt: Die „Köln. VolkS-Ztg." hält daS Märchen von den für die höchsten Stellen bestimmten ge heimen Darlegungen aufrecht, wonach die Katholiken von allen höheren Aemtern mit selbstständiger Verantwort lichkeit sernzuhalten seien. Wir können bestimmtest ver sichern, daß zu einer solchen Darlegung weder amtlich noch privatim ein Auftrag ertheilt ist. (D Berlin, 25. März. (Telegramm.) Die Abend blätter melden: Dem Tanganjika-Dampfer-Comitü sind die für den Transport des Dampfers „Hedwig v. Wissmauu" noch fehlenden Mittel von privater Seite zur Verfügung gestellt. Die Expedition verläßt Hamburg am 30. März und trifft etwa am 18. Mai an der Zambesi- Mündung ein. L. Berlin, 25. März. (Privattelegramm.) Zu der vom Oberbürgermeister Zelle dem Magistrate kundgegrbenen Absicht, am l. October auS seinem Amte auszuscheiden, be merkt die „Nat.-Ztg.": Die Vermuthung liegt nahe, daß manche Meinungsverschiedenheiten, welche in neuerer Zeit zwischen den beiden städtischen Behörden entstanden sind, den Anlaß zu diesem Entschluß gegeben haben; Herr Zelle, ge boren am 19. September 1829, ist durch sein Alter zu dem selben wohl kaum genöthigt. Oberbürgermeister von Berlin ist er seit 1892; er wurde damals nach dem Tode Forcken- beck's zum ersten Bürgermeister gewählt, nachdem er schon längere Zeit als Stattrath, Stadtsyndikus und zweiter Bürgermeister dem Magistrat angehört hatte. — Die deutsche parlamentarische Gruppe für Schiedsgericht und Frieden hielt am 22. März Abends im ReichstagSgebäuve eine Sitzung unter dem Vorsitze des Vice präsidenten R. Schmidt ab. Darüber zu berichten, wäre Raum verschwendung. -> * Bremerhaven, 25. März. (Telegramm.) Der Kaiser traf 1 Uhr 45 Minuten am Kaiserhasen rin, wo die bereits vorher in Bremen eingetroffenen Theilnehmer an der Seefahrt de» Monarchen begrüßten. Beim Schnell dampfer „Kaiser Wilhelm der Große" hatte die Garnison mit der Musik Aufstellung genommen. Der Kaiser begab sich sofort mit Gefolge an Bord, worauf mit der Durch- schleußung deS Dampfers durch die Kammerschleußc begonnen wurde. Trotz des unglaublich stürmischen Wetters hatte sich eine große Menschenmenge angesammelt. * Schwel;, 24. März. Pfarrer Block theilt der „Danz. Ztg." mit, daß die Nachricht, es werde von jetzt ab in der hiesigen katholischen Kirche alle vierzehn Tage deutsch gepredigt werden, auf einem Mißverständnisse beruhe. In der Gottesdienstordnung sei keinerlei Aenderung gemacht worden. Es bleibe nach wie vor dabei, daß nur an jedem zweiten Sonntage jeden Monats nach dem Frühgottesdienste m der Klosterkirche deutsch gepredigt wird. Posen, 24. März. Bezeichnend für den konfessionellen Fanatismus war eine Verhandlung vor der hiesigen Straf kammer, welche heute gegen den Knecht Stanislaus Koziuszek aus Tarnowo wegen Nöthigung stattfand. Die An- siedlungScommission ließ in Tarnowo ein neue- Krug gebäude erbauen, wobei nur evangelische Maurer beschäftigt waren. Am Frohnlcichnamstage, einem katholischen Festtage, arbeiteten die Maurer. Um aber bei der katholischen Be- > völkerung keinen Anstoß zu erregen, wurde nur im Innern I des Gebäudes gearbeitet. Trotz dieser Maßregel zog bald I ein Haufen polnischer Knechte und Arbeiter vor den Neubau Feirilletsn. Vie Erhebung Schleswig-Holsteins 1848. Am 24. März 1848 trat in Kiel die sogenannte provi sorische Regierung zusammen, die sich die Wahrung der Rechte ihres Vaterlandes gegen den däniscken Bedrücker zum Ziel setzte. Man ahnte damals die Folgen dieses Schrittes noch nicht. Auch sollten erst noch sechzehn schwere Jahre ver streichen, bi- die Fesseln von dem Lande absielen. Das Zusammentreten der provisorischen Regierung bezeichnete indessen vorläufig daS Ende einer langen Kette von Miß- helligkrilen zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark. Die Anfänge der Entzweiung reichen in daS vorige Jahr hundert zurück. Seit Christian I. von Oldenburg 1460 eidlich versichert hatte: „Wi loven, dat Slcswig und Holstein bliven tosamen np ewig ungedeelt," verflossen 250 Jahre eines friedlichen Zusammenlebens der beiden Länder. Dann zeigen sich die ersten Gegensätze. Dänemark erlaubte sich Uebergriffe in dasSteuerbrwilligungSrecht, da- eS ursprünglich den Herzogthümern zugestanden hatte; eS unterließ die Berufung der schleSwig-boksteinischen Stände und verfügte einseitig Steuern, ohne sich an den laut werdenden Wider spruch zu kehren. Bald, so führt die „Köln. Ztg." aus, folgte ein weiterer Schritt in der Aufhebung deS den Herzogthümern verbrieften Rechtes, betreffend die Besetzung der Beamtenstellcn durch Landeskinder; in kurzer Zeit waren alle einflußreichen Aemter in dänischer Hand. Dazu kam die Verlegung der Osficierschule von Rendsburg nach Kopenhagen, wodurch die Officierlausbahn für die Bewohner der Herzogthümer er schwert wurde. Hand in Hand hiermit gingen die Be strebungen, die auf Unterdrückung der deutschen und auf Ausbreitung der däniscken Sprache gerichtet waren. Nicht nur, daß man für die StaatSämter die Kenntniß deS Dänischen zur Bedingung machte, auch aus Kirche und Schule sollte da- Deutsche verdrängt werden. Da trat kurz nach der Julirevolution der Friese Uwe Jens Lvrnsen auf und zündete ein Feuer an, da- nickt sobald wieder erlöschen sollt«. Eine langjährige Beschäftigung auf der sckleSwig- holsteinischen Kanzlei in Kopenhagen batte ihm einen Einblick in dir Absichten der dänischen Regierung ermöglicht. Zurück- gekehrt auf seine Hrimatbinsrl Sylt, verarbeitete er die Ein drücke au- der Hauptstadt und kam zu dem Ent schluß, zur Verbesserung der politisch«» Stellung seines Heimathlandes einen Druck auf die königliche Staatsregierung auszuüben. Sein Ichriftchen: „Das Verfassungswerk in Schleswig-Holstein" trat ein sür eine Umgestaltung der Ver fassung durch eine Versammlung von Abgeordneten, sowie für die Verlegung der deutschen Kanzlei aus der Hauptstadt nach Kiel. Seine Bestrebungen wurden jedoch durchkreuzt von der dänischen Negierung, die sich mit der klugen Erklärung balf, die Zeit, die allerdings wünschenSwertbe Aenderung der Verfassung vorzunehmen, sei noch nicht günstig. Man machte Lornsen unschädlich dadurch, daß man ihn alS Landvozt ab- srtzte und in Haft nahm. Seine Thätigkeit war nur von kurzer Dauer gewesen, aber sie blieb nicht ohne Erfolge. Friedrich VI. von Dänemark verstand sich zur Berufung von Provinzialständrn, die seit 1834, freilich getrennt, die hol steinischen in Itzehoe, die schleSwigschen in Schleswig tagten. Genügte diese Einrichtung auch nicht, so ermöglichte sie dock ein öffentliches Verbandeln über die Bedürfnisse deS Landes. Als der König 1839 ohne männliche Erben gestorben war, verschärften sich die Gegensätze zwischen beiden Ländern. Das dänische Königshaus bestand nur noch aus dem neuen König Christian VIII., der ein Vetter Friedrich's VI. war, und dem Kronprinzen, dem nachmaligen König Friedrich VII., der trotz zweimaliger Vermählung kinderlos geblieben war, sodaß da- AuSsterben der männlichen Linie in Aussicht stand. Nun war in Dänemark nach dem Königsgesetz von 1665 die weibliche Linie successionssähig, nicht aber in den beiden Herzog- thümern, wo nur der Mannr-stamm, und zwar in diesem Falle da- augustenburgische Hau-, erbberechtigt war. Christian VIII. gedachte aber die Zerstückelung deS GesammtstaateS dadurch zu verhüten, daß er mit Umgebung der Augustenburger die weibliche Erbfolge auch auf Schleswig-Holstein auSzudehnen versuchte. Daneben war eine Anzahl national-dänisch- gesinnter Männer, an ihrer Spitze Orla Lebmann, be müht, dänischer Sprache und Volk-art weiteren Raum in den Herzogthümern zu verschaffen. Ein Schritt in dieser Richtung war die Einführung der dänischen Gerichtssprache, eine festere Verbindung deS schle-wig-holsteinischen Heeres mit dem dänischen, Abschaffung der alten Bezeichnung der Regimenter und der alten Fahnen, an deren Stelle daS dänische Banner, der Danebroa, trat. Dem entgegen galt den schleswig-holsteinischen Patrioten die dlau-weiß- rothe Trikolore al« Wahrzeichen ihrer Selbstständigkeits bestrebungen. Ein geistiges Band für sie wurde ferner da« von Chemnitz gedichtete, auf dem Sängerfeste von 1844 in Schleswig zuerst gesungene Nationallied: „Schleswig- Holstein meerumschlungeu, deutscher Sitte hohe Wacht". Die dänische Demokratie trieb ihre Wühlereien zu Gunsten des däniscken GesammtstaateS (Dänemark und Schleswig-Holstein) inzwiscken weiter und trat 1844 aus der Ständeversammlung zu Röekilde endlich unverhohlen damit hervor. DaS rief den Unwillen des deutschen Stammes in der Nordmark wach, und man faßte den Muth, durch eine Adresse dem König unzweideutigen Ausschluß über die hier herrschende Auffassung zu geben, indem man erklärte: die Herzogthümer sind selbst ständige, fest verbundene Staaten, in denen der ManneS- stamm herrscht. Der König that, als verleugnete er die demokratischen Neigungen in seiner Hauptstadt, und versickerte, der Gedanke einer Einverleibung habe ihm stets fern gelegen: trotzdem suchte er die großen europäischen Höfe in diesem Sinne zu bear beiten und die Berechtigung eines solchen Schrittes acienmäßig zu erweisen. Die Ergebnisse dieser archivalischen Forschungen faßte der König dann in dem sogenannten „offenen Brief" vom 8. Juli 1846 zusammen, der besagte, daß für die Herzogthümer Schleswig und Lauenburg die Erbfolge des dänischen Königsgesetzes unzweifelhaft gelte, daß sich der König indessen gebindert sehe, sich über die Erbfolge in Hol stein mit gleicher Bestimmtheit auszusprechen; er werde jedoch unablässig bemüht sein, diese Hindernisse zu beseitigen und die völlige Unlösbarkeit des däniscken Gesammlstaates zu erreichen. Gegen dieses Schriftstück legten die schleswig- holsteinischen HerzogShäuser, sowie die Ritterschaft Verwahrung ein; doch wurde die Adresse der letzteren zurückgeschickt, wie man eS denn überhaupt in Dänemark verstand, den Aeuße- rungen der Gegner auszuweichen oder sie unwirksam zu machen. Die Wogen der Erregung gingen bock im Lande; die Dänen arbeiteten ihr entgegen durch ein schroffe- Polizeiregiment, durch Knebelung der Presse, Absetzungen und Processe wegen Majestätsbeleidiguna. Noch ehe der Streit geschlichtet war, starb Christian VIII. im Januar 1848. Sein Nachfolger Friedrich VII. fand eine sehr schwierige Lage vor: die Herzogthümer waren ausS Höchste gereizt, die Verwandten deS Königshauses vor den Kopf gestoßen. Dazu nahm man in Deutschland schon für den Bruder stamm Partei. Der neue König suchte eine Versöhnung anzu bahnen dadurch, daß er einen VrrfassungSenlwurf ausarbeiten ließ, demzufolge Schleswig-Holstein und Dänemark gemeinsame Stände haben sollten. Indessen fand diese Vorlage weder hier noch dort Billigung. Die eiderdanische Partei, die die Einverleibung Schleswig-Holstein- bis zur Eider anstrebte, gewann immer größer» Einfluß. Inzwischen war in Frank reich die Februar-Revolutwn auSgrbrochen, und auch m Wie» und Berlin erfolgten Volksaufstände, überall forderte man Preß- und Versammlungsfreiheit sowie allgemeine Volksbewaffnung. Eine schleswig-bolsteinische Ständeversammlung beschloß, dem König zum letzten Male ihre Wünsche vvrzutragen: die sofortige Berufung der Stände der Herzogthümer, die Aufnahme Schles wigs in den deutschen Bund, sowie die soeben genannten, da mals vom Volke überall geforderten Rechte. Da eS aber in zwischen der eiderdänischen Partei gelungen war, daS bisherige Ministerium zu stürzen und eiu neues aus ihrer Mitte zu bilden, so kebrten die schleswig-holsteinischen Abgeordneten, die nach Kopenhagen entsandt waren, unverrichteter Sacke zurück. Das Scheitern dieser letzten Bemühungen rief die Erhebung der Herzogtbümer wack. Eine Reihe hervorragender Männer berieth sich über die Bildung einer provisorischen Regierung, die dann unter Glockengeläuts auf dem Kieler RalhhauS zusammentrat. Es war am 24. März 1848. Sie erließ einen Aufruf, worin erklärt wurde, der König-Herzog sei durch seine angeblichen Ratbgeber in eine feindliche Stel lung zu den Herzogthümern gedrängt und sei unfrei; daher sei die provisorische Regierung znsammcngetreten; sie erstrebe Anschluß an Deutschland und fordere die wohlgesinnten Be wohner zur Unterstützung auf. Dies Ereigniß, das Zusammentreten der provisorischen Negierung, wurde am 24. März von ganz Schleswig-Holstein festlich begangen. Und mit Recht. Detin diese Thal inaugurirte den Befreiungskampf der Herzogtbümer. Anfangs schien er unglücklich enden zu wollen; die Schlacht bei Idstedt ward von den Dänen gewonnen, und Tage neuer, schwerer Bedrückung begannen für die schon lange mißhandelten Länder. Erft Friedrichs VII. Tod brachte die Er lösung. Die beiden deutschen Großmächte nahmen sich des unterdrückten B uderstammes an und führten die Trennung von Dänemark im Wiener Frieden herbei. Indessen barg der sieg reiche Krieg bereits die Gründe zu einer Entzweiung Oesterreichs und Preußens in sich. Der Krieg von 1866 entwickelte sich und batte die Umgestaltung Deutschlands zur Folge. Weiter waren Preußens Siege wieder der Anlaß zum Kriege mit Frankreich und zur Neubegründung des deutschen Reiches. Läßt man so seinen Blick über weite Zeiträume schweifen, so wird man der fünfzigjäbrigcn Feier jenes Tages, der mittelbar den Anstoß zu den größten Ver änderungen dieses Jahrhundert« auf politischem Gebiete gab, ihre Berechtigung nicht absprechen.
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