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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.07.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-07-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189807103
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18980710
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18980710
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-07
- Tag 1898-07-10
-
Monat
1898-07
-
Jahr
1898
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.07.1898
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522S besteht schott icittZtt ass drei Jahrzehnte. Weshalb Man den feiner klingenden Ausdruck „commissartsch" auf die angehenden Posträthe anwendet, dagegen den ominösen Ausdruck „probeweise" dem angehenden Postdircctor giebt, ist geradezu unerfindlich. Die Postdirectoren sagen sich infolgedessen: „in den Augen des Reichspostam's beginne der Mensch erst mit dem Postrath". Schon im Jahre 1889 wurde in der Monatsschrift für deutsche Beamte (11. Heft Seite 428), damals von dem jetzigen Kultus minister Bosse hcrausgegeben, am Schlüsse der rcdactionellen Zusätze bemerkt, das; in dcnjenigen Fällen, wo cs sich thatsächlich um eine Probe- und Bewährungszcit handelt, ein grundsätzlicher Unterschied zwischen der kommissarischen Beschäftigung der höheren und der probeweisen Beschäftigung der weniger hoch gestellten Beamten nickt vorhanden sei und auch nicht zu be gründen sei. Gleichwohl hat sich das Reichspostamt bis jetzt nicht veranlaßt gefunden, eine Aenderung in der bisher beliebten Manier herbeizuführen oder in osficiellen Blättern eine Auf klärung über ihr Verfahren zu bringen. Vielleicht entschließt sich der neue Chef der Rcichspostverwaltung, Excellenz v. Pod- biekski, dazu, diese Ungleichheit in der Behandlung der Personalien oufzuheben und alle Beamten der Postverwaltnng mit gleichem Maßstabe zu behandeln. Das kann verlangt werden und entspricht allein dem Sinne der heutigen Beamtenschaft." (7) Verlin, 9. Juli. (Telegramm.) Der Kaiser setzte bei herrlichem Wetter gestern die Reise von Eide fort und traf heute früh in Bergen ein. An Bord ist Alles wohl. (-) Verkitt, 9. Juli. (Telegramm.) Die Klage der Berliner Stavtverordneten-Bersammlung gegen den Magistrat wegen Beanstandung der Beschlüsse, auf der Grabstätte der Märzgcsalleiiett einen Kranz niederzulegen, ist heute vom ObervcrwaltungSgerichte abgewiesen worden. — Der ehemalige italienische Ministerpräsident di Nudini ist aus Rom hier eingetroffen. — Der Oberbürgermeister der Stadt Barmen, Geheimrats; Wegner, Mitglied des Herrenhauses, ist gestorben. Er war am 14. März 1836 auf Domaine Kloben, Kreis Schweinitz, geboren und aus Präsentation der Stadt Barmen durch aller höchsten Erlaß vom 16. December 1879 auf Lebenszeit in das Herrenhaus berufen. Um die kommunale Entwickelung Barmens hat sich Oberbürgermeister Wegner hochverdient gemacht. — Das Magistratscollegium hat aus seiner Mitte eine Deputation von 7 Mitgliedern gewählt, um die Frage zu er örtern, inwieweit sich die Stadtgemeinde Berlin bei der Anlage des Berlin-Stettiner Schifffahrts canals betheiligen soll. Ferner hat die Deputation im Weiteren den Auftrag erhalten, darüber Bericht zu erstatten, ob die hiesige Stadtgemeinde bei der Garantieleistung des Kostenaufwandes für die Anlage des Mittellandcanals sich zu bctheilgen habe. — Pfarrer Witte sendet der „Deutschen Evangel. Kirchenztg." folgende Berichtigung: „In Nr. 26 der „Deutschen Evangel. Kirchenztg." vom 25. Juni 1898 steht ein Artikel init der Üeberschrift: „Das Ende des Witte-Procefses". Es wird darin behauptet, daß durch das Urtheil des Landgerichts zu Potsdam vom 18. Juni mein Proceß gegen Hofprediger Stöcker endlich zum Abschluß gekommen sei. Diese Angabe ist unrichtig. Vielmehr habe ich gegen das Erkenntnis des Landgerichts zu Potsdam sogleich Revision eingelegt, so daß das Kammer gericht sich nochmals mit der Sache zu befassen haben wird." — Die Zahl der im vergangenen Monat Juni begonnenen Ausstände in Deutschland ist nach dem von Or. I. Jasirow herausgegebenen „ A r b e i t s m a r k t" ganz be deutend gefallen. Der Monat Juni weist die geringste Zah der Ausstände während der ersten sechs Monate d. I. auf, nämlich 35. Im Einzelnen fanden im Bergbau, Salinen rind Hüttenwesen zwei Ausstände statt, in der Industrie der Erden und Steine sechs, in der Metallindustrie drei, Textil industrie zwei, Holzindustrie vier, Nahrungs- und Genußmittel industrie zwei, Bekleidungsindustrie zwei, im Baugewerbe zwölf, in den übrigen Industrien zwei. Indessen hat im Monat Juni eine Anzahl überaus großer Ausstände begonnen; bei sechzehn, bei denen die Zahl der betheiligten Arbeiter zu ermitteln war, waren 4085, d. h. durchschnittlich 255 Personen ausständig. Die größten darunter sind der Bäckerausstand in Hamburg und der sächsische Bergarbeiterausstand. Bemerkenswerth ist auch ein Ausstand landwirthschaftlicher Arbeiter in Ernsee bei Gera. Dort legten die Sachsengänger, hauptsächlich polnische Arbeiter, ihre Arbeit nieder und gingen nach der Heimath zurück. — Zwei Märtyrer. Am 13. März d. I. hatte ein Socialdemokrat bei der Beerdigung eines Arbeiters in Rottweil nach der Leichenrede des Pfarrers am Grabe gesagt: „WaS der Herr Geistliche da gesprochen hat, das Hilst dem Verstorbenen und den Hinterbliebenen und uns allen gar nichts; von der Hauptsache ... will ich reden: wer sorgt für die armen Kinder? wer giebt den hungernden Waisen Brot? ... Aber davon wollen die Herren Geistlichen frei lich nichts wissen. Da sind wir Svcialdeniokraten doch ganz anders, wir nehmen uns der Armen und Unterdrückten an!" Als der Geistliche angesichts dieses Vorwurfs das Grab zu verlassen sich anschickte, rief ihm der dadurch noch kühner ge machte Redner zu: „Seht da, der Geistliche geht weg vom Grabe, der Socialdemokrat aber bleibt." Der Vorfall wurde zur Anzeige gebracht und die Strafkammer in Rottweil hat dieser Tage den Mann zu vier Monaten Gefängniß wegen Störung einer gottesdienstlichen Handlung und Be leidigung des Geistlichen verurtheilt. — Der social demokratische Reichstagsabgeordnete Gastwirth Zubeil aus Berlin hatte sich gestern vor dem Charlotten burger Schöffengericht wegen öffentlicher Beleidigung der Charlottenburger Polizeibehörde und des Polizeilieutenants Henz zu verantworten. Der Anklage lag ein lärmender Auftritt zu Grunde, der sich am l. Mai in der WilinerS- dorferstraße bei der Beerdigung des „Genossen" Bartels abspielte. Der Gerichtshof dielt ebenfalls für erwiesen, daß ich der Angeklagte der öffentlichen Beleidigung des Polizei lieutenants schuldig gemacht habe; mit Rücksicht aus die Er regtheit aber, in der er sich befunden habe, beließ er eS bei einer Geldstrafe. Diese wurde in Anbetracht dessen, daß Zudeil wegen öffentlicher Beleidigung mit 100 .E schon vor bestraft ist, auf 150 ./kl eventuell 30 Tage Gefängniß be messen. Wieder zwei socialdemokratische Märtyrer vom reinsten Wasser! * Magdeburg, 8. Juli. Der Stadtrath Herr Otto Duvignrau, welcher auch als nationa lkiberaler Neicbstagsabgeordneter die Stadt Magdeburg iu den Jahren 1887—1890 vertrat, beging gestern, wie mitgelheilt, seinen 70. Geburtstag. Eine große Menge Glückwunsch telegramme waren eingelaufen, darunter auch eins vom Centralvorstand deS nationalkiberalen Vereins, welches lautete: „Unserem treugesinnten Freunde und ver dienstlichen Mitarbeiter herzlichsten Glückwunsch! Mögen Ihnen noch viele, viele Jahre vergönnt bleiben, in der Zuversicht zur Siegeskraft der politischen Ideale und im eigenen Vollbringen des Guten und Gemeinnützlichen für Jung und Alt ein leuchtendes Beispiel und ein Stolz für alle Ihre Freunde zu sein. Berlin, 7. Juli 1898. Der Centralvorstand der nationalkiberalen Partei. Hammacher." ve. Mühlhausen, 8. Juli. Die Strafkammer verurtheilte einen Maurer, der während deS letzten Maurerstreiks als Streikposten auf der Chaussee den Maurermeister Th. aus Hupstedt, welcher mit 12 Gesellen nach Mühlhausen zum Bau deS Elektricitätswerkes sich begeben wollte, zur Rede gestellt hatte, wie er sich unterstehen könnte, während des Streiks zu arbeiten, und gedroht batte, es würde am Abend Blut fließen, zu 0 Monaten Gefängniß. — Ein Färberei arbeiter, welcher während deS Färberstreiks einen Cvllegen zur Arbeitsniederlegung zu nöthigen versuchte, wurde zu 2 Monaten Gefängniß verurtheilt. * Darmstadt, 9. Juli. (Telegramm.) Der Kaiser hat dem auS dem Dienst geschiedenen Staatöminister vr. v. Finger das Großkreuz des Rothen Adler-OrdenS verliehen. Die Insignien des Ordens wurden diesem heute durch den preußischen Gesandten Graf v. d. Goltz überreicht. * Darmstadt, 7. Juli. In der heutigen Sitzung der Stadtverordneten thcilte der Oberbürgermeister auf eine An regung aus der Mitte der Versammlung mit, daß über die Errichtung eines neuen Armeecorps und über den Sitz des eventuell zu bildenden GeneralcommandoS, für das an geblich Mainz, Darmstadt und Frankfurt a. M. in Frage kommen sollten, noch nichts feststehe. Sowohl hiesige com- pctenteMilitairs, wie auch der preußische Kriegsminister hätten sich in dem Sinne ausgesprochen. Es sei deshalb durchaus noch nicht an der Zeit, Schritte für eine eventuelle Berück sichtigung Darmstadts zu thun. Zur rechten Zeit werde die Bürgermeisterei die Interessen der Stadt sorgsam wahr nehmen. (Fkf. Ztg.) * Straßburg, 7. Juli. Neber die in Elsaß-Lothringen mit dem Eitze in Straßburg zu bildende Aerztekammer ist in der kaiserlichen Verordnung Folgendes bestimmt: Der Geschäftskreis umfaßt die Erörterung aller Fragen und An gelegenheiten, welche den ärztlichen Berus und die öffentliche Gesundheitspflege, sowie die Wahrnehmung und Vertretung der ärzt lichen Slandesinteressen betreffen. Die Kammer ist befugt, innerhalb ihres Geschäftskreises Vorstellungen und Anträge an die Negierung zu richten, und soll von letzterer in geeigneten Fällen gutachtlich gehört werden. Die Mitglieder werden geivühlt. Wahlberechtigt und wählbar sind diejenigen Acrzte, welche in Elsaß-Lothringen ihren Wohnsitz habe», Angehörige des deutschen Reiches sind und sich im Besitze dec bürgerlichen Ehrenrechte befinden. Die Wahl erfolgt nach Wahl- bezirken derart, daß auf je 35 bis 50 Aerzte ein Mitglied und ein stellvertretendes Mitglied zu wählen ist. Die Wahl wird vom Ministerium ungeordnet. Die Amtsdauer der Mitglieder und der stellvertretenden Mitglieder beträgt drei Kalenderjahre. Die Mit gliedschaft erlischt, sobald eines der Erfordernisse der Wählbarkeit verloren geht. Die Mitglieder der Aerztekammer verwalten ihr Amt als ein Ehrenamt. Sie wählen aus ihrer Milte einen Vor- stand, der aus einem Vorsitzenden, einem stellvertretenden Vor sitzenden und einem Schriftführer besteht. Auswärtige Mitglieder oder stellvertretende Mitglieder erhalten zu den Sitzungen der Aerzte kammer Reisekosten und Tagegelder. * München, 7. Juli. Die staatliche Organisation des Arbeitsnachweises hat in jüngster Zeit in Bayern einen weiteren Ausbau erfahren. Durch ministerielle Ent schließung ist nämlich das Königreich in sechs, je einer Hanpt- ArbcitSvermittelungsstelle (Centrale) zugewiesene Bezirke ein- gctheilt worden: Oberbayern und Schwaben mit der Centrale München, Niederbayern mit der Centrale Straubing, Pfalz mit Kaiserslautern, Oberfranken mit Bamberg, Mittel franken und Oberpfalz mit Nürnberg, Unterfrankcn mit Würzburg. Die einzelnen Centralen haben den AnS gleich von Arbeits-Angebot und Nachfrage innerhalb ihrer Bezirke zu vermitteln; die örtliche ArbeitSver- mittelung wird von den den Centralen unterstellten städtischen und gemeindlichen Arbeitsämtern besorgt. Arbeit geber haben ihre Gesuche um Ueberweisung von ArbeitS- personal an das nächstgekegene Arbeitsamt oder an die Centrale zu richten, die Arbeiter müssen sich an das Arbeits amt ihres AusenthaltSortes, oder in Ermangelung eines solchen an die Gemeindebehörde ihres Aufenthaltsortes wenden. Die Centralen vermitteln Nachfragen nach Arbeitern an die Gemeindebehörden, welche letztere durch AuLhang diese freien Arbeitsstellen bekannt geben. Die den Centralen ent stehenden Kosten werden von der Staatskasse gedeckt. Zwischen den bayerischen und den ebenfalls centralisirten württembergischen Arbeitsämtern findet auf Grund mini sterieller Genehmigung ein Austausch der Listen über freie Arbeitsstellen statt. Oesterreich.Uttganr. Conrad v. GybeSfcld P. * Wien, 9. Juli. (Telegramm.) In Graz starb beute der frühere Nnterrichtsminister und Statthalter von Niederösterreich, Baron Siegmund Conrad v. EybeSfrld, im Jahre 1821 zu Krainberg in Steiermark geboren. 1871 Statthalter in Oberösterreich, später in Mähren, wurde er wegen seiner klerikalen Neigungen im Februar 1880 vom Grafen Taaffe als Unterrichtsminister berufen, doch nahm er schon 1885 seinen Abschied, da er den übermäßigen An sprüchen der Ultramontanen und Tschechen nicht nachgebcn wollte. Der «ngarische Zolltarif. * Wien, 8. Juli. Als ein geradezu sensationelles Er- eigniß wird es angesehen, daß die österreichische Negierung sofort gegen den ungarischen Zolltarifentwurf und zwar in einer außergewöhnlichen Form, nämlich in einer in der osficiellen „Wiener Zeitung" veröffentlichten Entgegnung, Stellung genommen hat. Aus der Art der ungarifcherseits erfolgten Veröffentlichung deS Tarifentwurfes, wie aus Form der Abwehr im Zeitungswege geht hervor, daß eine direkte Auseinandersetzung zwischen den beiderseitigen Regierungen bisher nicht stattgefunden hat und wahrscheinlich deshalb nicht stattfinden konnte, weil die ungarische Negierung den Entwurf der österreichischen Regierung gar nickt bekannt gegeben hat, diese also auch nicht in die Lage gekommen ist, ihn amtlich zur Sprache zu bringen. ES wurde deshalb zur Zeitungspolemik die Zuflucht genommen, wobei der ungarifche Tarif fofort als Kampftarif bezeichnet wurde, dessen An wendung dem offenen Zollkriege gleichkäme. Frankreich. Zola-Procetz. * Paris,9. Juli. (Telegramm.) Im VerleumdungS- processe deS Schriftsachverständigen gegen Emile Zola und den Herausgeber der „Aurore" verkündete heute das Zuchtpolizeigericht das Urtheil. Zola wurde zu 2000 Francs Geldstrafe und 15 Tagen Gefängniß unter Anwendung des Gesetzes über den Strafaufschub verurtheilt. Ferner wurden Zola und der Herausgeber der „Aurore" solidarisch zur Bekanntgabe deS Urtheils in 10 Zeitungen und zur Bezahlung von 5000 Francs Schadenersatz an jeden der 3 Sach verständigen verurtheilt. Schweiz. * Zürich, 7. Just. In der Kirche der hiesigen altkatholijchen Gemeinde wurde heute Vormittag der erste tschr cho- slawische Gottesdienst abgehallen, zu dem durch die alt- katholisch-theologische Facultät in Bern unter Aufsicht des Bischofs Herzog eine eigene Liturgie auSgearbeitet worden war. Ter ganze Gottesdienst (Messe und Predigt) wurde in tschechischer Sprache gehalten. Es war gewissermaßen ein Probegottesdienst, zu dein eine Anzahl Tschechen sich eingefunden hatten, welche von Konstanz herüberkamen, wo sie an der jährlichen Gedächtuißseier (6. Juli) für Johannes Huß theilgenommen hatten. Wie verlautet, will man im Herbste daran gehen, in Böhmen tschecho-slawische (alt katholische) Kirchengemeinden zu organisiren, die sich zu einer tschechischen Nationalkirche zusammenschließen sollen. Die Gründung einer solchen Nationalkirche wurde, wie vielleicht erinnerlich, anläßlich der klerikalen Agitation gegen Errichtung eines Huß-Denkmals in Programm verschiedenen tschechischen Blättern und auch von der letzten Altkatholiken-Versammlung in Wien gefordert. Luxemburg. Befinde» des GroßhcrzogS. * Luxemburg, 9. Juli. (Telegramm.) Der heute Uber daS Befinden des Großberzogs ausgegebeue Krank heit s bericht lautet: DaS Allgemeinbefinden hat sich ge bessert, die Lungenerscheinungen sind geschwunden, die Kräfte haben sich gehoben, die Uebersiedelung nach Hohenburg kann ohne Gefahr bewerkstelligt werden. Die Gebirgsluft wird einen weiteren günstigen Einfluß auf die vollständige Genesung bewirken. Auf der Hinreise wird der Gcoßherzog in der orthopädischen Anstalt von Hessing in Göggingen bei Augs burg behufs Anlegung eines Apparats, der die Gebrauchs fähigkeit des gebrochenen Oberschenkels ermöglichen und er leichtern werde, verweilen. Rußland. Gewerbesteuer-Gesetz * Petersburg, 9. Juli. (Telegramm.) Heute ist ein neues Gewerbesteuer-Gesetz veröffentlicht worden, welches wesentlich von dem bisher bestehenden abweicht; unter anderem werden gewerbliche Anlagen, welche bis jetzt gleich hohe Steuern zahlten, entsprechend ihrer Größe veranlagt werden. Orient. Bulgarischer Besuch. * Siuaia, 9. Juli. (Telegramm.) Der Fürst und die Fürstin von Bulgarien sind heute Vormittag nach Euxinograd zurückgekehrt. Der König, die Königin, sowie der Thronfolger mit Gemahlin gaben den Herrschaften nach dem Bahnhofe daS Geleite. ZwangSexecutton. * Koustautiuopcl, 9. Juli. (Wiener Telegr.-Corresp.- Bureau.) Die französische Regierung theilte der Zweig niederlassung der Ottomanbank in Paris mit, sie solle auf Rechnung der französischen Neclamation betreffs der Schadloshaltung französischer Staatsangehöriger für die während der Armenierverfolgnngen erlittenen Verluste 1 200 000FrcS. von der am 10. d. M. fällig werdenden letzten griechischen KriegSentschädigunzSrake zurlickhalten. Die Pforte hat Kenntniß von diesem Schritte, doch zweifelt sie daran, daß die französische Regierung zu dieserMaßnahme, deren Gesetzlichkeit bestritten werden kann, greifen werde. Bisher hat die Pforte auf die diesbezüglichen Schritte der verschiedenen Botschafter nicht geantwortet. Der amerikanische Gesandte hat gleich falls neuerdings Vorstellungen in Bezug auf ähnliche Re klamationen feite» Amerikas erhoben. * Koustautiuoptl, 9. Jnli. (Telegramm.) Der russische Botschafter Sinowjew ist gestern vom Sultan in Audienz empfangen worden. Asien. Aufstand. * Hougkong, 9. Juli. („Reut. B.") Nach einer Depesche aus Canton nahmen die Aufständischen Moning und Tien-pak ein und umzingeln jetzt Wuchnensin in der Provinz Kwantung. Viele Likinbeamte sind getödtet. Es beißt, die Lage in Wutschan fei kritisch. Viele wohlhabende Eingeborene flüchten. Amerika. Der Senat über Hawaii. * New Uork, 28. Juni. (Köln. Ztg ) Nachdem am 15. Juni im Abgrorduetenhause der gemeinsame Beschluß der Angliederung Hawaiis mit der ungeheuren Mehrheit von 118 Stimmen ange nommen worden ist (es stimmten für den Beschluß 179 Republi kaner, 18 Demokraten, 8 Volksparteiler und 4 Unabhängige; da gegen 77 Demokraten, 7 Volksparteiler, 4 Unabhängige und drei Republikaner), hat am 20. d. die Hawaii-Erörterung im Senat ihren Anfang genommen. Der vom Hause gutgeheißene Beschluß genehmigt der Form nach die Abtretung der hawaiischen Inseln, erklärt sie für einen Bestandtheil der Vereinigten Staaten und bestimmt, Laß ein aus fünf Bevollmächtigten bestehender Aus schuß, der mindestens zwei Bewohner der Inselgruppe unter seinen Mitgliedern zählen müsse, dem Congreß Vorschläge für diejenigen Gesetze machen soll, die für die Inselgruppe geeignet wären. Der Beschluß verfügt ferner die Uebernahme der Schulden Hawaiis bis zur Höhe von vier Millionen Dollar seitens der Regierung der Vereinigten Staaten. Die weitere Einwanderung der Chinesen wird verboten, und der Präsident ist ermächtigt, eine vor- läufige Regierung der Sandwichiiiseln einznsühren. Obwohl im Senat die Opposition alle Hebel in Bewegung setzt, um die An nahme des Beschlusses zu hiutcrireiben, so fehlt es der Opposition aber doch an ausreichender Stärke, nm auf Erfolg rechnen zu können. Eine gestern vorgenommene Versuchsabstimmung ergab, daß 44 Stimmen die Angliederung begünstigten, 15 dagegen sie ablehnen. Eine sehr bcmerkenswerihe Rede hielt gestern der auf der Seite der Opposition stehende 86jährige Senator Morrill von Vermont. Die Angliederung fernentlegener Insel gruppen sei nicht in Uebereinstimmung mit der Ver fassung der Vereinigten Staaten; ebensowenig entspreche sie den Anschauungen der größten amerikanischen Staatsmänner. Für militairische Zwecke erscheine die Inselgruppe eher als ein Hinderniß denn als ein Voriheil, da die Regierung gezwungen wäre, ständig ein paar Kriegsschiffe in Hawaii zu unterhalten. Auch der Handels- werth werde zu hoch angeschlagen, da nur die nnglücksdige Gc- Währung der Zollsreihcit für den Zucker Hawaiis den Wahn groß- gezogen habe, daß die Inselgruppe von ungeheurer Wichtigkeit für die Vereinigten Staaten wäre. Besonderes Gewicht legte der Redner aus die Thnlsache, daß die Erwerbung Hawaiis den völligen Zusammenbruch der so hoch gehaltenen Monroe-Lehre bedeute, denn wenn man darauf ausgehe, Land in anderen Erdthcilen zn erwerben, so könne man nicht gleichzeitig europäischen Mächten verbieten, Land auf dem amerikanischen Erdthcil zu erwerben. Was man anderen predige, müsse man vor allen Dingen selbst beob achten. Ein zweiter Redner der Opposition, Senator Bacon von Georgia, meinte, die Angliederung Hawaiis könne nur durch einen Vertrag geschehen, der die Zustimmung beider Theile besitze. Gebe der Senat dem Hausbeschluß seine Zustimmung, so sei die auf solche Weise vollzogene Einverleibung nicht rechtskräftig. — Bon Wichtigkeit ist noch eine andere Vorlage, die gestern im Senat eingebracht wurde. Sie betrifft den Bau des Nicaraguacanals und bestimmt, daß derselbe von den Negierungen der Vereinigten Staaten, Nicaragua und Costa Rica gemein sam auf eigene Kosten auSgeführt werden soll. Tie Actien der Maritime Canal Company, die bisher an der Herstellung des Canals beschäftigt gewesen. sollten erworben und der Gesellschaft für ihre bisherigen Arbeiten eine Entschädigungssumme von süns Millionen Dollar bezahlt werden. (Die schließliche Annahme Les Entwurfs mit 42 gegen 41 Stimmen ist bereits gemeldet worden.) Manne. * Berlin, 9. Juli. (Telegramm.) S. M. Kbt. „Wolf", Conimandant Corv.-Capt. Schröder (Johs) ist am 8. Juli von Cap- stadt nach Angra Pcquena in See gegangen. Ter Dampfer „Jo hanna Oelisner", welcher in Wilhelmshaven Munition für Kiautschau geladen hat, ist am 8. Juli von dort in See gegangen. S. M. S. „Grille" ist am 8. Juli nach Moorsum znrückgekehrt und beabsichtigte, am 9. Juli wieder von dort in See zu gehen. Der Reichspostdampfer „König" ist mit der abgelösten Besatzung S. M. Kr. „Condor" — Transportsührer Lt. z. S. Mommsen — am 9. Juli in Lissabon eingetroffen und hat an demselben Tage die Heimreise fortgesetzt. Äus dem Geschäftsverkehr. Eine den weitesten Kreisen gewiß willkommene Neuerung führt das rühmlichst bekannte heimische Wein - Restaurant Fr. Staate, Bahnhofstraße, Las sich zu einem beliebten und gern besuchten Berkehrspunct der hiesigen und fremden weintrinkenden Welt gestaltet hat, heute ein: einen mit Weinverabreichung verbundenen Mittagstisch zu müßigem Preise. Vielfache Wunsche aus dem Publicum heraus haben Herrn Hoflieferant Fr. Staate veranlaßt, diese Einrichtung, welche dem Gast neben einem vorzüglichen Mittagstisch einen Schoppen trefflichen Weins nach Wahl bieten wird, zur Einführung zu bringen. Sie wird gewiß allgemeinster Zustimmung begegnen. die schmalen Finger, die nach den Bällen greifen, verstohlen mit bebendem Druck umfaßt. „Sie wissen ja doch, was ich meine. Miß Ethel — und Sie sind die Einzige, die " Ethel befreit ihre Hände ganz ruhig, ohne eine Spur von Erregung oder Zorn, und tritt ein paar Schritte zurück. „Sind Sie mir böse. Miß Ethel?" „O nein", erwidert sie kühl. Dann wieder ein leuchtender, räthselhafter Blick. „Ich will nachher einmal mit Ihnen allein spielen. Dann wollen wir sehen — ob Sie mich besiegen können . . „Ethel", murmelt er kaum hörbar. „Die Herren drüben werden ungeduldig", erinnert sie. „Sind Sie fertig? — kln^!" Und wieder schwirrt der Ball lautlos über das Netz'. „Na, Kinder, da scheint mir 'ne regelrechte Flirtation im Gange zu sein", bemerkte ciner der Herren aus der „Suite", die sich auf die Bänke neben dem Spielplatz zurückgezogen hat. „Ich glaube, wir können nächstens alle Reugeld zahlen — der Howen hat Chancen", sagt ein Anderer, ein junger Diplomat, < während er sich rittlings auf die Bank setzt und nachdenklich sein goldenes Kettenarmband betrachtet. „Wer weiß, was aus der Geschichte noch wird", bemerkt ein sehr junger Referendar mit der weisen Ueberlegenheit des viel- , erfahrenen Weltmannes. „Aus diesen Sphinxaugen mag ein Anderer klug werden. Aber das ist ja gerade das Inter essante . . . Und spielen kann sie großartig — sehen Sie — sehen Sie doch nur, Mahrow, wie sie den Ball erwidert — einfach tadellos." „Gewonnen!" ruft Ethel und schwingt daS Racket trium- phirend in der Luft. Günther zerrt mißmuthig an seinem Schnurrbart und schweigt. , IN. ES ist sehr heiß in dem großen Hotelsalon, trotz der herab gelassenen Leinwandmarquisen, hinter denen die grelle Mittags- fluth flimmert. Die Luft in dem hohen Raum ist trocken und abgestanden, mit einem schwächlichen Parfüm von Jndiafaser und neuen Teppichen durchzogen. Die ganze Einrichtung ist sehr kostbar, sehr elegant, im neuesten englischen Geschmack. In diesem reizenden Salon befinden sich augenblicklich ein paar Damen in der conventionellen Hemdblouse, mit dem ebenso konventionellen Matrosenhut, die etwas bestaubten braunen Lederschuhe weit von sich gestreckt — und versunken in die Lectüre eines gelb eingebundenen Pierre Loti oder Maupasiant. Etwas abseits in einer Fensterecke, durch einen vorgeschobenen Paravent vor neugierigen Blicken gedeckt, wippt Miß Ethel in einem grünlackirten Schaukelstuhl langsam auf und nieder. Ihr Theeanzug aus himbeerrothem Pongöe stimmt sehr gut zu dem raffinirt mattfarbigen Luxus, der sie umgiebt. Ihr blaß blonder Kopf drückt sich behaglich in ein großes Kissen aus theefarbener Seide. Die grauen Augen sind halbgeschlossen, aber alle Züge gespannt wach. Ethel Folkestone träumt niemals — sie grübelt nur. Jetzt erhebt sie sich ein wenig und blickt einem alten Herrn entgegen, der über den glatten Teppich her geräuschlos auf sie zukommt. „Was gibt es, Papa?" „Ich habe ein Telegramm von Arthur — er kommt in den nächsten Tagen." „Oh!" sagt Miß Ethel. Jener merkwürdige Vocal, der in der englischen Sprache eine ganze Scala von Gefühlen auS- drücken kann. Augenblicklich ist's ein reservirtes Erstaunen. — „So, er kommt also doch? Dann werden wir wohl kaum noch acht Tage hier sein. So lange muß ich jedenfalls noch bleiben, um mich für Ostende einzurichten", bemerkt sie nachdenklich und immer auf und nieder wippend. „Er hat seine Geschäfte also viel schneller erledigt, als er glaubte — sehr günstig, wir es scheint", sagt Mr. Falkestone. Ethel nickt gleichmüthig. „Ich dachte es mir — er versteht seine Sache." „Höre, Ethel — etwas mehr Interesse für die Angelegenheiten Deines Bräutigams könntest Du immer zeigen. Man könnte ja denken, es wäre Dir ganz gleichgiltig, was er thut und treibt", bemerkt der alte Herr etwa- mißfällig. „Aber Pcpa", erwidert Ethel erstaunt, während sie sich tief in den Stuhl zurücklehnt und ein wenig, ihre Stirn reibt, um ein leichtes Gähnen zu unterdrücken. „Ich kenne doch Arthur's gute Eigenschaften ganz genau. Wenn ich kein Interesse für seine Angelegenheiten hätte, würde ich mich doch nicht mit ihm verlobt haben. — Ich denke, er hat eine Zukunft", fügt sie halblaut, wie im Selbstgespräch, hinzu. IV. Günther Howen schlenderte langsam über den hellerleuchteten Platz vor dem Curpark, wies am Eingänge seine Abonnements karte vor und trat ein. Das Abendconcert hatte vor einer halben Stunde angefangen — er traf um diese Zeit gewöhnlich irgend einen seiner Bekannten auf dem Promenadenweg vor dem Musik pavillon, wo der Menschenstrom in zwei breiten Zügen auf und ab fluthete. . . Schon nach den ersten paar Minuten sah er ein bekanntes Gesicht in der Menge auftauchen — Althoff's keck aufgedrehten Schnurrbart und sein sonnenverbranntes Profil. „'n Abend, Howen — wie geht'S? Ist mir lieb, daß ich Dich treffe " „Was ist los?" fragte Günther mit einem aufmerksamen Blick. Er fühlte etwas Fremdes in Althoff's Ton — eine gewisse aufgeregte Herzlichkeit, die gewöhnlich der Vorbote einer unangenehmen Nachricht ist. „Ich habe Dir 'was zu erzählen — besonders entzücken wird's Dich freilich nicht. Aber da ist nichts mehr zu wollen also kurzweg, lieber Junge, schlag' Dir die kleine Ethel aus dem Sinn. Die ist nämlich in festen Händen —" „Verlobt ?" „Verlobt — parlaitemont. Mit einem frisch aus Amerika importirten Gentleman. Ich wollt's erst nicht glauben — aber der Augenschein hat mich soeben überzeugt." „Ist sie den» hier?" „Oben auf der Millionairterrasse sitzt die ganze lieb« Familie. Willst Du sie sehen? — Da, gleich links, der zweite Disch." Günther späht durch die Menschenmenge hindurch zu der schmalen Estrade hinauf, aus deren Halbdunkel die buntfarbigen Seidenschirme der Tischlampen herausleuchten, wie phantastische Märchenblumen auf hohen Stielen. Da — richtig ... An einem der weißgedeckten Tischchen, auf dem Porzellan und Silber im roihen Schein der Lampe glitzern, sieht er den breiten, zu friedenen Rücken des Mr. Falkestone — Ethel's kluges, eigen sinniges Gesichtchen unter einem großen Pariser Sommerhut mit einer Fülle von blatzlila Blllthen und irgend etwas Helles, Duftiges, was ihre Toilette ahnen läßt. Und neben ihr — augenscheinlich sehr dicht neben ihr — der Aermel eines schwarzen Smoking, und über einem merkwürdig hohen Stehkragen ein großer, blonder, etwas blasser Männerkopf, dessen blasirten Ausdruck die spähenden Augen hinter einem blitzenden Kneifer Lügen strafen. Der Typus des eleganten Finanzgenies. „Also verspielt rien ne va plug!" murmelt Günther. Er fühlte eine häßliche kalte Leere in der Brust — nicht eigentlich Schmerz. „Na, komm, Althoff — wir wollen uns irgendwo hinsetzen und ein Glas Bier trinken. Mir ist so merkwürdig trocken im Halse." Ein paar Augenblicke später sitzen die Beiden einander gegen über an einem der runden Tischchen. Die marmorne Tischplatte fühlt sich angenehm kühl an. Vom Orchester her tönt die banale Schwermuth der „Paloma". „Sie ist eine raffinirte Kokelte, diese hübsch« Ethel. Eigent lich kannst Du froh sein —" beginnt Adolf vorsichtig. „Na ja, — gewissermaßen." „Und dann, Günther — schließlich ist's doch auch unwürdig, so einem Madel nachzulaufen, blos um den Mammon. Man verkauft sich ja geradezu." „Ja — wir machen's eben auch nicht besser wie irgend so ein armes Mädel, das kein Geld hat. Moderner Sclavenhandel — schön ist's nicht. Aber was will man denn machen?" „Ja, — was will man machen", murmelt Althoff gedrückt und streicht langsam die Asch« von seiner Cigarette.
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