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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.07.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-07-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980726021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898072602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898072602
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-07
- Tag 1898-07-26
-
Monat
1898-07
-
Jahr
1898
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Dezugs-PreiS kl h« Hempkexpebttton stz« tze» st« Stab». »qM «wd den Vviorke» ächteten «>»- oabestellkn abgeholt: vt«rt«lj»hrlich^l4.L<d »ei Pveimnliaer tSgltche» tzusteN»*» int Le», ^>5.50. Durch die Post bezogen f»r Deutschland »nd Oesterreich: vierteljährlich S-—. Dtrecte tägliche Krenzbandsendun, t»« «n-land: monatlich 7.ÜV. Li« Morgen-Au-gab« erscheint «M '/,? Uhr, Hst Abrnd^lasgabe Wochentag- nm b Uhr. Ne-Mo« und Lr-e-itto«: g-himnesgasse 8. DieEkPedttio» ist Wochentag» unnnterbroche» ^öffnet do» früh 8 bi« Abends 7 Uh^ Filialen: Vit» klemm'« G-rti». (Alfred Hahn), Universitätssttaße S (Paulinu»), Lo«t« Lösch«, kathartnenstr. 14, Part, »nd K-nto»pkatz 7« Abend-Ausgabe. MchMr Tageblatt Anzeiger. Amtsblatt -es Hönigkichen Land- and Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes «nd Nstizei-Amtes -er Lindt Leipzig. 37t. Dienstag den 26. Juli 1898. Anzeigerr-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile SO Psg. Arcl ante» unter dem Redecttcm-strick stzao- spalte») üOH, vor den Famtlienaachrtchstn (6 gespalten) 40 ch. Größere Schriften laut »nserem Ptei«. verzetchniß. Tabellarischer und Merksatz nach höherem Tarif. Ertrn-VeUnge« (gefalzt), nur mit der Morgen.Ausgabe, ohne Postbefördttung >l 60.—, mit Postbeförderung ^l 70.—. Aonahmeschluß fiir Anzeige«: Abrnd-Au-gab«: vEittsgS 10 Uhr. Worge n-Audgab«: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stunde früh«,. Anzeigen sind stet« an di« Expedition , zu richt«». Druck »ad Verlag vo» E. Volz tu Leipzig. 92. Jahrgang. Der spanisch-amerikanische Krieg. Es sind noch keine vier Wochen her, seit der amerikanische Botschafter Herr White seine große Rede in Leipzig hielt, eine Rede, mit deren Inhalt man wohl einverstanden sein könnte, wenn alle Amerikaner "so dächten wie Herr White. Wir haben damals gleich darauf aufmerksam gemacht, daß Amerika unsere Sympathien nur dann zurück gewinnen könnte, wenn der Ton der Presse ein anderer würde. Der Einfluß der Presse ist in Amerika noch größer al- bei uns, damit übernimmt sie aber eine noch größere Verantwort- lichkeit, und wenn sie nicht im Stande ist, sich zu bezähmen, so muß man sie danach behandeln. Mit Leuten, die gegen un fortwährend die Zähne fletschen, mit Leuten, die uns und unsere Staat«verfassung in jeder Stunde begeifern, mit Leuten, denen jede gerechte Abwägung aller Umstände abgeht, die kein eigenes Urtheil besitzen, sondern ohne Umstände die ihnen von dem Londoner Agenten der „Associated Preß" über mittelten Tatarennachnchten als baare Münze nehmen und auf Grund falscher Meldungen sich noch mehr in den Eifer hineinreden, mit solchen Leuten, mit solcher Presse verfährt man summarisch. Wir glauben gern, daß nicht nur einzelne Amerikaner, sondern die über wiegende Mehrzahl sich ein objektives Urtheil be wahrt hat, und wir wissen, daß vor Allem der größte Theil der Deutsch-Amerikaner den Ton der englisch-amerika nischen Presse nicht billigt, allein leider muß man auch dem andern Theil eine gewisse Aufmerksamkeit schenken, wenn es freilich auch da- Beste wäre, die Aingo- und Hankee- blätter unbeachtet in den Papierkorb zu versenken. Der Uebermuth, zu dem die wahrlich nicht zu schweren Siege der Amerikaner einen Theil deS amerikanischen Volkes verführt hat, macht aber den Staatsmännern jenseits deS großen Wassers selbst Kopfschmerzen und bei der eingerissenen Zügellosigkeit kann es nicht Wunder nehmen, wenn sich beim KriedenSschluß der Haß und der Uebermuth der Amerikaner schließlich gegen die leitrnten Kreise kehrt, weil diese nickt weit genug mit ihren Annexionen ge gangen sind. Die deutsch-amerikanische Presse ist bemüht, den Lärm der englisch-amerikanischen Preßmeute nach Möglichkeit zu dämpfen. Der Thur-dey-Club in Chicago hat sich die Mühe gemacht, einen großen Artikel Wilhelm Bocke'« über die Beziehungen de« amerikanischen Volkes zu den Engländern und Deutschen au« dem „Westen" in englischer Übersetzung al« Brochüre zu verbreiten. In diesem Artikel hält Bocke den Schreihälsen die amerikanische Geschichte vor. Er schildert das Verhältniß zu England und wie dieses die Vereinigten Staaten regelmäßig hintergangen hat und er führt eine Reihe Thatsachen aus den Beziehungen zu Deutschland an, die die peinlichste Neutralität und Nichteinmischung Deutschlands in amerikanische Verhältnisse darthun — da« tbut nicht«. Der europäische Deutsche wird verbrannt! Die Beleidigungen fallen um so schärfer auS. Die Aeuße- rungen über den Kaiser kann man nicht andeuten, und gewisse Theile der kindischen Auslassungen über da deutsche Volk kann man schon deS Anstand- halber nicht citiren. „Die Deutschen sollten sich in Acht nehmen, sonst könnte Dewey ihre Flotte in eine „submarine" verwandeln .... Die Einmischung der „Irene" in Subig - Bai und ihr rasche- Davonschleichen, al- die amerikanischen Schiffe erschienen, um Höflichkeit und Verstand in sie hineinzuschießen, war ein gedankenlose» Stück Impertinenz" ... „Dewey hat mit den Deutschen seinen Spaß in Manila-Bai. Wie ein Dieb schlich sich die „Irene" davon" ... „Deutschland hat allen Grund, sich ein warnende« Beispiel an Spanien zu nehmen" ... so tönt es unaufhörlich durch den Preßwald, und die gehässige Stimmung wird immer weiter durch gefälschte, über Hongkong und London kommende Depeschen genährt. Gerade weil wir uns in unserer strikten Neutralität um keine Macht, weder um die Vereinigten Staaten noch um Spanien, mehr al- für unS nöthig ist, kümmern, kommt man jetzt darauf, erfundenen Klatsch zu verbreiten. Die Amerikaner behaupten nämlich, daß seit der Niederlage von Cavite die deutsche Reich-regierung nicht aufgebört habe, mehr oder minder offen in die Philippinen-Angelegenheit einzugreifen. Wenn General Augustin sich über alle Voraussicht hinaus halten konnte, so sei die» nur möglich gewesen, weil das be lagerte Manila von den Deutschen verproviantirt wurde. Die Deutschen seien es auch, die unter die Aufständischen Uneinigkeit trugen und einen Theil von ihnen gegen die Amerikaner aufhetzten. Endlich besorge da- deutsche Ge schwader den Postverkehr zwischen Manila und Spa nien, der in Folge dessen so regelmäßig geschehe, wie in Friedenszeiten. Es ist ja selbstverständlich, daß hieran kein wahres Wort ist, aber der Umstand, daß unsere Flotte sich erlaubt, in der Bai von Manila zu liegen und unsere so wesentlichen Handelsinteressen zu schützen, daß vor Allem auch die KriegSthaten des Herrn Dewey controlirt werden können, daS ärgert die Amerikaner schmählich. In der That hört man von amerikanischen Siegen, seit sich unser Admiral DiederichS vor Manila befindet, nichts mehr und wir begreifen, daß Herrn Dewey, der sich doch gern mit ein bischen Lorbeer schmücken möchte, diese Eontrole nicht angenehm ist. Nach Lorbeeren geizen die amerikanischen Führer alle, und jetzt meldet sich denn auch auf einmal Herr Winfried Sch ley, von dem seine Freunde behaupten, daß er, und nicht Sampson, eigentlich die Schlacht von Santiago gewonnen hätte. Aber nicht nur Lorbeer ist ihnen angenehm, sondern auch Geld, schönes klingende« Geld. Und hier soll denn auch der Grund der Zwistigkeit zwischen Sampson und Schley liegen. Von der Riesensumme von 750 000 Dollar, die der Sieger als Prisrngelder zu erhalten hätte, wollen wir schweigen, richtiger ist wohl, daß eS sich nm etwa 14 000 Dollars handelt. Nimmt man nämlich an, daß Sampson der Sieger sei, so bekommt er 10 000 Dollars und Schley bloß 4000, anderen falls erhält der letztere 10 000 Dollar«. Auch diese Debatte zeigt in drastischer Weise die amerikanischen Auffassungen. Man fragt stets darnach, wie viel etwas „einbringt", und so ist e« auch mit dem ganzen Kriege. Er wird mit der Zeit erst dann populär werden, wenn man sieht, daß die Vereinigten Staaten dabei ein gute« Geschäft gemacht haben. Soviel beute über die Stimmung im Allgemeinen, denn sonst ist die Speise, die wir unseren Lesern vom Kriegsschau plätze vorsetzen können, nur sehr mager. Ein bischen vom Frieden, ein bischen von einem Geschwader und ein wenig von Gomez, da« ist heute, wie die Leser sehen. Alles: * Cap Haitten, 25. Juli. Di« Besatzungen von Caimanera uud Guantanamo hab«n sich ergebe«. (Wiederholt.) * New Kork» 25. Juli. Venera! MileS geht heute von Newport News (Virginia) nach Puerto Rico in See. * New V»rk, 25. Juli. Wie „Evening Post" au» Washington meldet, herrscht in den dortigen amtlichen Kreisen der Verdacht, Spanien suche hinzuzirhen; indessen bestreitet man im Staats departement bis jetzt absolut, daß der Vorschlag über den Frieden od«r den Waffenstillstand an da» Staatsdepartement gelangen werd«. Wenn jedoch Spanien in gutem Glauben die Eröffnungen in diesem Sinne machen werde, werde selbstverständlich der Waffenstillstand leicht abgeschlossen werden. - Madrid, 25. Juli. Eine Privatdepesche au» Puerto Rico besagt: Ein starke- amerikanisches Geschwader versuchte die Landung bei Bahia Honda auf Euba, wurde aber mit Verlusten zurückgeschlagen. Vertreter der kubanischen Regierung con- ferirten mit Maximo Gomez. Man hält eS für möglich, daß di« Aufständischen die Spanier unterstützen werden. — In Spanien herrscht vollkommene Ruhe. ßDie Nachricht über Maximo Gomez ist Wohl nur rin frommer Wunsch der spanischen Regierung. Thatsächlich wird eS, trotz mancher Verstimmung zwischen Befreier und Be freiten, ander- fein. Politische Tagesschau. * Leipzig, 26. Juli. Die „Leipziger Zeitung" beantwortet nunmehr unsre nähere Erkundigung nach der Ansicht der sächsischen Tonfer- vativen über ein Preußisches Tchnlsesetzprojcet nach dem Muster des Zedlitz'scken. Das Blatt schreibt: „Wir haben seiner Zeit auf der Seite dieser Gesetzesvorlage gestanden, weil sie thatsächlich Nicht« bot, al» die Lodificatio» deS bestehenden Rechts. Wenn die Entrüstungsstürmler eS da- mals anders darstellten, so beruhte dies lediglich auf der her kömmlichen Gesetzesunkenntniß unsere- landläufigen Journalisten« thums und nur bei einem verhältnißmäßig kleinen Häuslein Sachkundiger in der Befürchtung, daß da» formulirle Gesetz in der Hand des katholischen Klerus eine schärfere Waffe sein werde, als der jetzige nur auf Verordnungen, Herkommen und Sprachpraxis beruhende Zustand. Wie dem aber auch sei, werde» wir eine Wiederholung deS Zedlitz'schen Experiment« jetzt nicht befürworten. Thatsächlich, wenn auch nicht gesetzlich, haben Kirche und Schul« in Preußen in der Hauptsache schon jetzt was sie brauchen. Ein sachliches Bedürfniß zur gesetzlichen Fest- legung besteht also nicht. Ist da- aber der Fall, so sehe» wir nicht ein, weshalb man das Land und die Parteien noch einmal in jene Aufregung deS Jahre- 1892 hineintreiben soll, die außer den Socialrevolutonaire» Niemandem genützt hat. Die Zeiten sind nicht so, daß sich die Parteien der bürgerlichen Ordnung ungestraft den LuxuS gegenseitiger Bekämpfung leisten können. Auch in Preußen uud zwar auch im deutschen Osten, der für den socialen Kamps, weil von ihm »och unberührt, bisher nur wenig Interesse zeigte, wird das vielverhöhnt« sächsische Cartell mehr und mehr zur Nothwendigkeit werden. Di« Hoffnung, sich aus das Eentrum stützen zu können, ist ein Trugbild für die Eonservativen nicht minder wie für die Nationalliberalen. Also werd«» sie versuch«« müssen, miteinander auszukommeu, so gut es gehen will, wenn auch die Freundschaft vorläufig nicht besonders „dick" zu sein braucht." Der politische Inhalt dieser Auseinandersetzung ist für unS zu werthvoll, als daß wir seinen Eindruck durch Richtig stellung deS geschichtlichen Theil- der Auslassung abschwächen möchten. W:e dir ,Zeipz. Ztg." jetzt, so dachten im Jahre 1892 zahllose Conservative und — orthodoxe Protestanten in Preußen, darunter nicht wenige Landtagsabgeordnete der Partei. Wenn die Letzteren schließlich dennoch der Sckulvorlage ihre Zusage nicht zu versagen wagten, so handelten sie unter einem Drucke, dessen Urheber übrigens beute der conservative« Partei nicht mehr angehören. Die „Kreuzztg." freilich, das Dauernde im Wechsel, ist noch da und zeigt, wie wir dieser Tage berichten mußten, nicht übel Lust, auf- Neue Stimmung für die Wiederaufnahme der Zedlitz'schen Action zu machen. An sie hätte eigentlich die „Leipz. Zeitg." ihre Bemerkungen adressiren sollen. Wie wir gestern an anderer Stelle mittheilten, berichtet der „Hamb. Corr." die deutschen Handlung-tzäuser auf den Ptziltp- Pine» seien in Bezug auf die Entschädigung für die infolge des Krieges ihnen erwachsenen Verluste nicht wenig beun ruhigt, denn während da« brit isch eCabinet mitderamerikani- schen Regierung sich schon in Verbindung gesetzt und eine für die englischen Häuser befriedigende Antwort erhalten habe, sei noch nicht bekannt geworden, daß von Berlin au- ein gleicher Schritt in Washington zu Gunsten der deutschen Colonie geschehen sei. Deshalb hätten die deutschen Firmen beschlossen, eine Eingabe an die Regierung in Berlin zu richten, in der ersucht werde, sich in derselben Weise, wie eS von britischer Seite erfolgt sei, in Washington für eine Entschädigung der Deutschen zu ver wenden. Der Vorwurf, der in dieser Mittheilung enthalten ist, steht im schroffsten Gegensätze zu dem Vorwürfe radicaler deutscher Blätter, die von der deutschen Regierung zum Schutze der deutschen Interessen auf den Philippinen ge troffenen Maßnahmen seien übertrieben, ja provokatorisch, und ist ebenso ungerechtfertigt wie der letztere. Die deutsche Regierung hat nicht« gethan und nicht- unterlassen, waS als Uebrreilung oder al- Gleichgiltigkeit bezeichnet werben könnte. Nachdem zum Schutze der Deutschen auf Manila rechtzeitig vier Kriegsschiffe dahin beordert waren, hat die Regierung auf eine Eingabe der deutschen Firmen in Manila diesen bereits vor mehreren Monaten, als die Dinge sich kritisck ge stalteten, mittheilen lassen, daß eS nicht angängig sei, schon jetzt in den Gang der Ereignisse irgendwie einzugreifen; wenn aber der Krieg zu Ende sei, werde di« den Schätzungen ent sprechende Entschädigung verlangt werden. Damit hatte» sich damals die betheiligten Firmen zufriedengestillt und mit Recht. Die Vereinigten Staaten hatten die Insel noch nicht gewonnen, Spanien hatte sie noch nicht verloren und Agumaldo, der Führer der aufständischen Tagalen, war noch weniger in der Lage, auch nur die Fest stellung irgend eine- Schadenersatzspruchs zu bewirken. An diesen Verhältnissen hat sich völkerrechtlich bisher nichts ge ändert; sie stehen noch immer auf dem alten Flecke; Vorzugs rechte aber werden in solchem Stadium auch durch Schritte nicht geschaffen, wie sie der englischen Regierung in dem vor stehenden Falle rugeschrieben werden. Auch dem Gebote völliger Neutralität entspricht e«, das Ende des Kriege- abzu warten. Thäte trotzdem die deutsche Regierung in Washington einen Schritt, wie ihn deutsche Firmen zu ihrer Beruhigung in Manila angeblich wünschen, dann würde sie nach Lage der Dinge nichts erreichen, wohl aber unter Umstanden eine Hand habe für die Quertreiber liefern, die schon jetzt zwischen dem deutschen Reiche und der Union unter Ausnutzung der Unklar heit der kriegerischen Entwickelung in Manila Differenzen künstlich zu schaffen suchen, um die deutschen Interesse» zu schädigen. Unsere Landsleute auf Manila brauche» sich m ihrer Zuversicht darauf, daß die Wahrnehmung ihrer Inter essen in gute» Händen liegt, i» keiner Weise beirre» z» lassen. Am Sonnabend wurde in Part» ein Ministerrath ab gehalten, bei dem eine bedeutsame Sache zur Verhandlung kam. Der Kriegsminister Cavaigaac verlas den Text eines Rundschreiben-, da- er au die Militairgouverneure von Paris und Lyon, an die ArmeecorpScommandanten und an den Oberstcommandirenden in Tuni- zu richten beabsichtigt. Es enthält Vorschriften über daS Verhalten der höhere» Officiere bei der Theiluahme a» öffentlichen Feierlichkeiten und ruft ihnen eine Verordnung au- dem Sauernblut. 4lj Roman in drei Büchern. Bon Gerhard von Amyntor. (Dagobert von Gerhardt.) Nachdruck vrrboinu „Danke, lieb« Frau Victorlne", giebt Ellen ebenso leis« zurück; „ich fürchte nur, eS wird Ihnen selbst zu viel werden .... erst heute früh von London zurück, und nun dieser anstrengende Nachmittag . . . Sie müssen ja wie gerädert sein." Frau Victorine T«ll bewegt verneinend ihr von einem schwar zen Crtzpe-Hut mit lang herabwallendem Schleier bedecktes Haupt. Das dunkle, grau gesprenkelte Haar rahmt, glatt an den Schläfen anliegend, eine kräftig entwickelte Stirn ein; auS ihren schwarzen Augensternen leuchtet das F«uer unzerstörbarer Jugend und unerschöpflicher HerzrnSgüt«; aber um ihren scharf geschnitte nen Mund liegt ein Zug der Strenge, den nur die Jahre und tapfer niedergerungenes Leid so tief einzugraben vermocht haben. „Ich fühle mich wirklich ganz frisch", versetzte sie mit flüstern der Stimme. „Die Sehnsucht nach meinem Sohne, di« Aus sicht, ihn bald wieder umarmen zu dürfen, haben mich die etwaige Anstrengung der langen Fahrt gar nicht merken lassen. Doch still! Da find wir." Sie steigen hinter dem freiherrlichen Paare di« Steinstufen zur Schlpßterrasse hinan und ihnen folat mit ernster Miene, die Lippen leicht zusammengeprrßt, der Justizrath, d«m der jüngere Brant zur Seit» geht. Di« beiden Herren haben währrnd de« ganzen Wege» nur wenige, aber au» der Tiefe der Empfindung qu«llende Worte ge wechselt; j«tzt, da fir die Schwell« zur Galerie überschreiten und mehr Raum gewinn«», trennen sie sich, und während Walther die rechte Seit« Frau Biktorinrn» gewinnt, begiebt sich Tell auf die link« Seite Ellen'». Man tritt an da» Fußende de» Katafalk» heran und dor Tell'» Augen wyht sich «in Schlrier, durch den ihm das bleich«, bartumrahmt« Antlitz ve» nun von allen Qualen befrkiten kasser- liehen Dulder» fast wie da» Angesicht d«» Erlöser» erscheinen will. Der Eindruck, den er von der würdevollen, aber im Ver gleiche mit dem um Kaiser Wilhelm'» Leiche im März entfalteten Pompe hier nur bescheidenen Pracht gewinnt, ist ein so tief in» Her» greifender, daß er unwillkürlich die Hand seiner Nachbarin erfaßt und in wildem W«h krampfhaft preßt. Leis« fühlt er den Druck erwidert, denn auch in Ellen's Brust wühlt der Schmerz und sie möchte sich auf «den von den Füßen des Verklärten herab wallenden schweren Sammelsalten auf di« Kniee werfen und ein herzinniges Gebet zum Vater im Himmel für den Frieden des Erlösten, aber auch um Kraft und Trost für alle, alle Hinter bliebenen emporsenden. Und dieser sanfte Gegendruck, den er von der Hand de» geliebt«» Mädchens empfindet, wirkt wie ein schmerzstillender Balsam auf seine schwerverwundete Seele; er fühlt, daß er nicht allein ist mit seinem Weh, daß <» noch ein Wesen giebt, da» ihn versteht und auch den geheimsten Gängen seiner Gedanken spurkräftig nac^ugehen vermag. Ja, die Liebe ist da» wunderbare Gnadenmitt«!, das Gott der Herr den armen Menschenkindern gespendet hat, das selbst dem Tod« und der Verwesung gegenüber noch seine Kraft behauptet und das vom Schmerz betäubte Hirn vor völliger Lähmung, das zuckende Herz vor Brrbittrrung und Hoffnungrlosigkeit bewahrt. Immer neue Massen treten heran, um nach einer Minute stummen, ehrfurchtsvollen Schauen» langsam weiterzugehen und durch eine zweit« Pforte wieder den Ausgang zu gewinnen; nur die Familie Brank und Tell mit seiner Mutter haben sich an die Wand der Galerie zurückgezogen, wo sie unbeweglich verharren, um, mit gefalteten Händen und die Thränen nur mühsam zurück drängend, unverwandt auf die sterblichen Ueberreste des kaiser lichen Märtyrer» hinzublicken. Die Sonne sinkt tiefer und tiefer, aber die Schmerzgebannten merken es nicht; sie stehen fast ebenso regungslos wie dir Adjutanten, Schloßgarden und Leibjäger, die in voller Lrauergala zwischen den Palmen und flimmernden Candelabern zu beiden leiten des aus einer weitgebreiteten Fülle duftiger Blumen und Kränz« aufragenden Katafalks den letzten Ekrenwachtdienst Virrichten. Endlich giebt Herr Kurt von Brank mit einer leisen Hand bewegung da» Zeichen zum Aufbruche. Man reiht sich wieder der allgemeinen Procefsio» ein, erreicht die Schloßterrasse und den Vorplatz des Schlosse» mit seinen Tevpichbeeten und wendet sich rechts, um auf dem sogenannten Oekonomiewege, der heute ebenfall» von einem Spalier von Posten eingefaßt ist, dem fernen ParkauSgange durch dos „Grüne Gitter" zuzustrebrn. Dem Brank'schen Ehepaare haben sich jetzt Frau Victorine und Walther zugesellt, um leis« zu plaudern; der Bann ist gelöst; mit der erquickenden Abendluft athmet man neues Leben und neue Hoffnung ein; Frau Victorine muß ihren Gönnern von ihrer Reise und ihrem überraschenden Erlebniß im Londoner ThomaS- Ho»vital berichten. Tell und Ellen sind etwa» zurückgeblieben; di« Trauer zittert in ihren gepreßten Herzen noch nach und ihre Lippen verharren noch geschlossen. Wie Ellen'S Blick einmal zufällig daS Antlitz ihres schweigsamen Begleiters streift, bemerkt sie, daß ihm zwei schwere Tropfen an den Wimpern hangen. Der starte Mann weint. Barmherziger Gott! Wie tief muß ihn der Schmerz um seinen Kaiser getroffen haben, daß er, der Trutzige und Jch- bewußte, sich der heimlichen Thränen nicht erwehren kann! Der überraschende Anblick erschüttert sie derart, daß es ihr wie ein Krampf emporsteigt; ihre Brust wird von heftigem Schluchzen bewegt und sie birgt ihr von plötzlichen Thränen überströmtes Angesicht in ihrem Batisttaschentiichlein. Ein Arm legt sich sanft um ihren Wuchs und eine tiefe, aber innig bewegte Stimm« fragt liebevoll: „Warum weinen Sie?" Einen Augenblick lang dämmt sie die Thränenfluth zurück und mit stockender, nur stoßweise gehorchender Stimme bekennt sie: „Weil — weil ich — Sie — weinen sah." Und wieder bricht sie in neues Schluchzen aus und Tell, der ihren Arm unter den seinen gezogen hat, um sie zu stützen und zu beruhigen, fühlt das Beben ihres schlanken, jungfräulichen Körpers an seinem Leibe. „Ellen!" sagt er mit weicher, zärtlich schmeichelnder Stimme. „Ellen, fassen Sie sich doch! — Die Leute —!" Er beugt sich leicht zu ihr nieder und sieht ihr in das von Thränen gebadete, holdselige Angesicht. Der höchste Schmuck der Rose find die Thauprrlen in ihrem Kelche. Wie er in die feucht schwimmenden Augen des Mädchens schaut, ist es um sein« Selbstbeherrschung geschehen; die Quellen des Mitleids und der Liebe brechen in seinem Innern gewaltsam hervor; der Sturm der plötzlich entfesselten Leidenschaft reißt ihn hin — er zieht die Ueberraschte an seine Brust und küßt ihr in wilden, trunkenen Küssen die Thränentropfen von den Wickpern. „Ellen! Süßes Mädchen!" haucht er heiß und flammend, „willst Du die Meine sein?" „Das bin ich ja schon längst, William!" giebt sie beseligt zurück; auch sie hat Zeit und Ort vergessen: doch plötzlich besinnt sie sich — Purpurröthe schießt in ihre Wangen empor — sie schreitet wieder sittsam und ehrbar neben ihm und mahnt er schrocken und bereuend: „Die Leute — wall sollen die Leute denken?" „Mögen sie denken, was sie wollen! Du bist meine Braut und ein Bräutigam hat das Recht, seine Braut zu küssen." „Wa» giebt e» denn?" frayt Frau Brank verwundert. Sie ist mit den Anderen stehen geblieben und muß die Scene zwischen Ellen und ihrem Begleiter gesehen haben. Tell wird sich plötzlich seiner Lage bewußt; er will seine Pflicht erfüllen, aber auf seine Weise. „Gnädige Frau, und Sie, Herr von Brank!" sagt er mit ge dämpfter Stimm«, „ich habe Ihnen eine Mittheilung zu machen; wenn es Ihnen recht ist, gehen wir dort hinein." Er deutet auf einen Nebenweg, der in die schattendunklen und menschenleeren Theil« des Parkes führt. Herr Kurt von Brank, der längst begriffen hat, worum es sich handelt, schlägt schweigend die angedeutete Richtung ein. Die Anderen folgen ihm. Der hier aufgestellte Posten giebt dem die Garde-Ulanen-Uniform tragenden Herrn mit seiner Be gleitung ohne Weiteres den Weg frei. Wie man aus dem Hörbereich der auf dem Oekonomiewege zurückfluthenden Menschenmenge gekommen ist, hebt Tell, sich an das Brank'sche Paar wendend, entschlossen an: „Ich stelle Ihnen hiermit meine Braut vor." Er ergreift Ellen's Hand und fährt fast trutzig fort: Wir ssdben uns soeben verlobt. Ich trage zwar nur einen bürgerlichen Namen und habe keinen anderen Ehrgeiz, als glücklich zu werden und meine Braut glück lich zu machen; mein Selbstgefühl aber verbietet mir, vor den altadeligen Freiherrn und dessen Gemahlin als demüthiger Bittsteller hinzutreten und sie um die Gnade anzuflehen, über mein dunkles Herkommen hinwegsehen zu wollen und mir die Hand der Tochter großmiithig zu bewilligen. Deshalb habe ich mich, ohne jede Vorfrage bei den Eltern, selbstständig mit dieser Dame hier verlobt. Wollen Sie uns Ihren Segen geben, so werden wir Ihnen dankbar die Hände küssen; verweigern Sie uns Ihre Zustimmung, so werde ich zu warten wissen, bis meine Braut das ehemündige Alter erreicht hat und ihre eigenen Ent schlüsse zu fassen berechtigt ist." Herr Kurt von Brank, der dem Sprecher mit streng gerun zelter Stirn, aber mit einem kaum beherrschten verrätherischen Zucken um die Mundwinkel geduldig zugehört hat, wölbt die fest geschlossenen Lippen etwa« nach vorn und läßt einen brummenden Ton hören; dann schaut er nach Ellen und fragt io geheucheltem Gleichmuts; und scheinbar kühlster Geschäftsmäßigkeit, während er doch nicht verhindern kann, daß ihm au» den Augenwinkeln der Schelm blitzt: „Und welchen Entschluß würde meine Tochter in solchem Falle fassen?" Doch Tell kommt Ellen mit der Antwort zuvor und erwidert tzatt ihrer zuversichtlich: „Sie würde dann zwar schmerzlich den Segen der Eltern entbehren, aber unbeirrt den Wrg gehen, den da» Machtgebot der wahren siegreichen Liebe jedrm edlen hoch gearteten Weibe vorschreibt: den Weg zum Herzen de» Geliebten." „Ist da» so, mein« Tochter?" fragt drr vatrr.
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