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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.03.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930318020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893031802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893031802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-03
- Tag 1893-03-18
-
Monat
1893-03
-
Jahr
1893
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Tabellarischer und Zissernsatz nach höherem Tarif. ^Htra-Vtilagttt (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbeföcderung -/t W.—, mit Poslbesörderung 70.—. Annatsmeschlnk für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/-9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige« sind stets an die SxpeVIN«» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. F141. Sonnabend den 18. März 1893. 87. Jahrgang. Zur gefälligen Sealhtnng. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 1V. März, Vormittags nnr bis Uhr l.ci'linet. LxpeMlon <1os I,6lp/irer 'I'uL0l>Iutte8. Vas Schicksal der Militairvorlage. * Die zweite Lesung der Militairvorlage in der Commission deS Reichstags hat gestern, wie vorauS- zustheu war, ebenso resultatlos geendet, wie die erste. Wenn mau davon absieht, daß die Abstimmung daS noch nie dage wesene Bild eines Zusammengehens der Polen mit den Nationalliberalen darbvt, so brachte die gestrige Sitzung leim Ucberraschung. Ihr Schwerpunkt lag in der Rede des Ätz. v. Bennigsen. Diese enthielt eine Rechtfertigung seines Vorgehens, die in der Commission den tiefsten Ein- trucl machte und eines gleichen Eindrucks im ganzen Reiche nicht verfehlen wird. "Nochmals hob er hervor, daß tie nationallibcrale Partei die Nvtbwcndigkeit einer bc> lullenden Verstärkung unserer Wchrkrasl durchaus anerkennt »nd daß sie in der Einführung der zweijährigen Dienstzeit eme» sehr werthvollen Fortschritt begrüßt; daß sie aber andererseits inmitten der allgemeinen wirtbschastlichen und finanziellen Lage, welche zur Befriedigung mancher höchst klingender cultureller Bedürfnisse keine Mittel hat, es koppelt für geboten erachtet, in den Mchrbcwilligungen für militairische Zwecke über das Maß des absolut Notb- wcnkigen nicht hinauszugehen. Um dieS Maß richtig fest zustellen, habe die Volksvertretung ein entscheidendes Wort mitzusprechen, und heute vielleicht mehr als je. Im Reiche sei der Kanzler der allein verantwortliche Beamte; cS zebe neben ihm keinen selbstständigen Finanzminister, welcher den Ansprüchen der einzelne» VerwaliungSzwcige die Rücksicht aus die allgemeine Finanzlage wirksam cntgegenzu- sctzril vermöchte. Von dem gegenwärtigen Reichskanzler wisse man, mit welcher Hingebung und Begeisterung er an dem rorliegenden militairischcn Reformwerke gearbeitet habe. Ta würde eS geradezu unnatürlich sein, wen» er nicht eine ge wisse Neigung hatte, die finanziellen Schwierigkeiten, welche ter Durchführung dessen, was ibm Kopf und Herz erfülle, cnlgegenstehen, zn unterschätzen. Dazu komme der starke Ein fluß, welcher traditionell hinter den militairischen Forde rungen stehe. Der Pflicht, dem gegenüber die Rücksichten möglichster Sparsamkeit geltend zu machen, seien Bennigsen s Anträge entsprungen, und cS könnte» dieselben auch vom militairischen Standpuncte aus um so unbedenklicher nscheinen, als eine volle Durchführung der Militairvorlage zum Mindesten bis tief in das Quinquennat hinein schon wegen tcr sehlenden Osficiere und Unterofficiere nicht möglich sein würde. Herr v. Bennigsen zeigte, wie die von ihm bean- nagte Zahl keineswegs willkürlich gegriffen sei und wie nach »cinem Anträge sowohl unsere Präsenzziffer, wie unsere iiecrutenquote die französische erheblich übcrtreffcn würde. Äber nicht allein die rein sachlichen finanziellen Erwägungen, scndern auch parlamentarisch-taktische Rücksichten wurden ron Herrn v. Bennigsen für seinen Eompromißvorschlag angeführt. Er glaubte Grund zu der Hoffnung zu haben, laß sowohl in der freisinnige», wie in der Ecntrums- xartci eine Anzahl von Männern vorhanden sei, welche schließlich auf eine Verständigung in der Weise seines Antrags einzugeben geneigt sein würde. Darüber binauS ober sei eine Verständigung im gegenwärtigen Reichstage geradezu ausgeschlossen. Herr v. Bennigsen schilderte cin- chend die Umstände und Folgen einer Reich StagSaus- ösung und ersuchte die Negierung, angesichts der un geheuren Verantwortuna, sich zu einer Nachgiebigkeit herbei- zulassen, wie cS starke Regierungen vor ihr in militairischen Fragen wiederholt gcthan hätten. Der Reichskanzler, welcher sofort antwortete, wollte auf die Perspective in die Zukunft nicht ein- gehcn, übernabm auch für die finanzielle Seite seiner Vorlage, obgleich er die Vaterschaft für dieselbe ab- lebnte, die rolle Verantwortung und erklärte mit Bezug auf die Nationalliberalen, er bade nicht geglaubt, daß, wenn man über die Grundlagen des Planes einig sei, man über eine Anzahl Millionen mehr oder weniger mit einander in Eonflict geratlien könnte. Von einem speciellen Eonflict zwischen dem Reichskanzler und den Nationalliberalen ist auch nicht die Rede; aber wenn der Reichskanzler nicht auch seiner seits einen Schritt tbut, der zu einer Verständigung mit den Nationalliberalen führt, so ist bei der festen Stellung, welche die übrigen Parteien mit Rücksicht auf die Stimmung ibrer Wählerkreise genommen haben, schlechterdings nicht abziiscken, wie der gründlich verfahrene Wagen noch aus dem ^umpse gezogen und ein Eonflict zwischen den verbündeten Regierungen und dem gcsammlen Reichstage vermieden werden könnte. Die Gegensätze haben nichtnurkeine Milderung erfadren, sondern auf allen Seilen babe» sie sich in einer Weise zugespitzt und ver schärft, die Entschließungen der ausschlaggebenden Factoren sind dermaßen festgclegt, daß nirgends mehr ein Ausgleich sich zeigen will. Der Negierung muß man zum Vorwurf macken, daß sie die geringen Keime und Ansätze einer Verständigung nickt nur nicht gepflegt und gefördert, sondern geradezu unter drückt und niedergeballcn bat. Von den Veiinigscn'jchc» An trägen mußte der Reichskanzler selbst anerkennen, daß sic den Grundgedanken der Vorlage entspräche», und Herr v. Bennigsen bat überzeugend nackgewiesen, daß die volle Durchführung der Regicrungssordcrilngcn in allernächster Zeit auS Mangel namentlich an Osficicren und llnterossiciercn gar nickt möglich sei; er bat dabei in Aussicht gestellt, daß man sebr wobt iiack Ablauf der jetzigen Bewilligung auf die Angelegen heit zurückkommc» könne. Freilich eine Mehrheit konnte Herr von Bennigsen für seine Anträge nickt bieten, sic waren aber immerbin der einzige Punct, wo VcrständigungSversucbe mit noch einiger Aussicht auf Erfolg hätten cinsctzen könne». Aber auch dies ist vom Reichskanzler zurückgewiesen worden, der nun einmal „voll und ganz" ans seinem Schein besteht, obwohl die Unmöglichkeit, mit seinen Forderungen bis aus das letzte Stück durchzudringen, klar vor Augen liegt. Es bat im Grunde Niemand als höchstens der äußerste RadicaliSmuö Freude an der schweren Krisis, die jetzt über unser Vaterland heraufzuzichc» scheint, und wir sind auch heute noch überzeugt, daß cS möglich gewesen wäre, durch Entgegenkommen und billige Rücksicht nahme auf sehr begründete Bedenken die gemäßigteren Elemente der freisinnigen und EeiitriimSpartei auf einen mittlere» Boden zur Mitwirkung an einer positiven Lösung heranzu- zieben. Äber cö hat nun einmal nicht sollen sei», und die Ereignisse müssen ihren nnausbaltsamen Lauf nehme». Im April wird die letzte Entscheidung folgen und für den Mai richtet sich bereits Alles auf Neuwahlen ein. Wenn die Regierung wirklich noch die Hoffnung hegt, einen der Militairrcform günstigeren Reichstag zn gewinnen, so täuscht sic sich gründlich über die cstimmung im Reiche. Alle Beobachtungen sachkundiger Männer stimmen dar!» überein, daß die wüstesten und zersctzciitstcn Richtungen i» unserem Volke Oberwasser bekommen und daß auch bei den Freisinnigen und dem Ecntrum die mehr vermittelnde» durch radicale Elemente zurückgedrängt werden. Mit cinem Reichstag, wie er in der gegenwärtigen Gährung, Miß stimmung und Verwirrung aus neuen Wahlen bervorgebe» wird, ist einfach gar nichts zu machen, weder aus mililairischem, »och auf einem anderen Gebiet der Gesetzgebung. An einer Entwickelung, wie sie uns aller Voraussicht nach bcvorsteht, können nur Leute sich erfreuen, denen cS übcrbaupl im allgemeinen EbaoS wohl ist, oder Pessimisten, die ikre Hoff nung auf eine endliche Besserung nur noch auf eine voran- gegangcne gründliche Verschlimmerung setzen. Jules Ferry -j- * Eine überaus tragische und bedeutsame telegraphische Meldung kennten wir bereits in der Morgcnnummcr ver öffentlichen. Danach ist ganz plötzlich der »cugcwähltc Präsident deS französischen Senats, Jules Ferry, durch einen Herzschlag vom Tod ereilt worden. Frankreich erleidet dadurch in einer überaus kritischen Zeit den Verlust eines jener wenigen bedeutenden Staatsmänner, über die cs überhaupt zu vcrsügen bat, eines Politikers, der vermöge seines Talentes und seiner parlamentarischen Vcrgangcnkeit berufen erschien, eine» bcstimmentc» Emfluß auf die Ent wickelung der französischen Republik inmitten der außer ordentlichen Bedrängnisse der Gegenwart auszuübcn. Der Tod Jules Fcrry'S erfolgte gestern Abend 6'/i Uhr. Ferry starb infolge einer Herzkrankbcit, an welcher er seit dem Attentat, das im Jabre >888 ein balbverrückter Mensch, Namens Aubcrtin,i»solge der Einwirkungen ter boulangistischcii Hetzereien gegen idn unternahm. Die Revolvcrkngel war tamalö aus den Rippen abgeplattet und hatte eine Eonlusio» deS Herzens herbeigesübrl. Die erste Krisis trat in der "Nacht vom Donnerstag zum Freitag ein, im Laufe des gestrigen Tages verschlimmerte sich der Zustand des Kranken. Nach mittags Uhr wurde der Ministerpräsident Ribot benach richtigt, daß Fcrry'S Befinden beunruhigender Art sei. Gegen 6 Ubr crbob sich dieser vom Belt, »m an der Mablzcit der Familie Theil zu nehmen; er wurde dabei vom Herzschlag getrosten. Tic Nachricht vom Tode Fcrry'S verbreitete sich blitzschnell in Paris und rief einen ebenso erschütternden Eindruck hervor, wie seiner Zeit der Tod Gambctla'S. Obwohl der Senat und die Tcputirtenkammcr keine Sitzung batten, ver sammelte sich eine große Zabl der Mitglieder beider Körper schaften in den Parlamentösälcn zur TiScnssion über den Hintrilt deS SenaiSpräsiventcu. Im Aufträge deS Präsidenten Earnvt waren General BorinS und Elemenccau anwesend. Welche politischen Folgen für Frankreich sich an das tragische Ereignis knüpfen werden, daö läßt sich im Augenblick gar nicht bcurthcilc», so viel aber ist gewiß, daß die republikanischen, gemäßigt liberalen Parteien der französischen Republik einen barten Vertust erlitten haben. Weniger gram werden die dortigen Radicatcn, we Ferry energisch bekämpfte, dem Ereigniß sein. JulcS Ferry war am 5. April 1832 zu St. Diö (Vogesen) geboren. 1870 übernahm er in dem von Watdington gebildeten Ministerium daS Portefeuille des Unterrichts. Er verwaltete dasselbe mit Geschick und führte wichtige Reformen ein. Seine wichtigste, aber auch mülic- vellstc Leistung war die Durchdringung der anti klerikalen U n t c r r i ch t S ge s e tz e, die ihm erst l880 gelang, zu welchem Zwecke er auch »ach Waddmgtoii'S Rücktritt im Ministerium blieb. Als Freycincl seine Ent lassung nabm, trat Ferry am 21. September 1880 an die Spitze des Eabinclö. Im November 1881 verzichtete er aus seinen Posten als Ministerpräsident zu Gunsten Gambetta'S, übernahm im Eabinct Freyciucls, 30. Juni >882, wieder vaS Portefeuille dcS Unterrichts und bildete, nachdem Freycincl im Juli 1882 und Duclcrc im Januar 1883 gestürzt worden war, ein neues opportunistisches Ministerium, i» dem er zuerst den Unterricht, dann daS Auswärtige verwaltete. Während Freycincl im Innern die Republik zu befestigen suchte und zu diesem Zwecke auch die von den Opportunisten und Radicatcn gewünschte VcrfassungSrcvision nebst der Listcn- wabl rurchjubrte, stellte er nach außen bin ein etwas srciiiit- schastlichcS Verbättniß zu Deutschland bcr, mit dem er sich zur Wahrung der europäische» Interessen in Egypten und Westasrika verband, »nd wendete die ganze Kraft Frankreichs »ach Hintcriiiricn zur Unterwcrsung AnamS und zur Eroberung Tongkings. Er begann sogar I88t einen Krieg gegen China, ter freilich keine raschen und durchgreifenden Ersolgc au»- zuweiscn batte. Schon balle er aber einen ini Ganze» günstigen Frieden mit Ekina eingelcitct, als, wie schon cr- wäbnt, die 1» Folge ter Niederlage ter französische» Truppe» plötzlich aufwallente Entrüstung in der öffentliche» Meinung und in der Kammer seinen Stur; berbeifübrte. In seiner am 27. Februar d. I. gehaltenen Antrittsrede als Präsident deS Senates batte Ferry hervorgchoben, daß der OstraciSmuS, der ibn getroffen, nun wieder aufgehoben sei. Für die Republik ist der Tod Fcrry'S ein unersetzlicher Verlust. politische Tagesschau. * Leipzig, 18. März. Daß die preußischen Conservativen und die preußische Negierung fast zur selben Slunde, in welcher Abgeordneter I>r. Lieber vorgestern in der Mililaircvmmission den jede Aussicht auf Verständigung mit der Regierung ausschließenden Antrag dcS EcnlrumS motivirte, ganz ohne Noth und lediglich um dem Ecntrum gefällig zu sein, dem Wahlgesetze in einer Form zuslimmten, die nickt nur den Ultramontancn eine Anzabt rheinischer Wahlbezirke auSliesert, sondern auch die politische» Reckte der Höchslbesteuertcn i» bedenklicher Weise beschneitet, hat nickt nur in »ationaltiberatcn und deulschfreisinnigcn, sondern auch in freiconservativen Kreisen sehr peinlich berührt. So schreibt die „Post": „Damit wäre von der geschaslSlcitenden Mehrheit de» Abgeord netenhauses der gcjammlen Steuerreform die Devise aufgedrückt: „Mehr Steuern und weniger polili'chcr Einfluß für die inehr- besitzcudcn Elasten." Progressive Einkommen- »nd Vermögens steuer; dagegen völlig willliirtichc Reduktion der politischen Rechte der Hüchslbcsteucrlen. Es bleibt also nur »och eine Frage der Zu- k»»it, wie weil inan slusenwcise in beiden Richtungen gehen will, ui» das Ideal des sociatistischen Staates zu verwirkliche». .... Es wiederholt sich hier genau die Situation, wie sie im Vor jahre bei Gelegenheit deS Zcdtitz'jchcn Schulgesetzes bestand, die Con- scrvativcn verbunden sich mit Ekiilrum und Polen »nd finden eine Art Sport darin, die Miltetparlcicn zu »lajorisiren. Ob Nach diese» wiederholten Erfahrungen bei den nächsten Ab- geordiietcn-Wahteil noch ein Zusammengehen zwischen den beiden conservativen Fractioncn möglichst ist, ob nicht eine Verschiebung nach links als nothwendige Folge eintrcte» wird, muß sich dann zeige». Wir würden dieses Ergcbiii« bedauern, aber nicht verhüten können." Die „Post" droht hier den Eonscrvaliven allerdings nur mit Vekämpjung bei den Wahlen zum preußischen Abgeord netenhauses sind aber die Gegensätze so weit gediehe», so wird auch von einem gedeihlichen Zusammenwirken der beiden conselvativen Fractioncn bei RcickStagSwablen nickt die stiere sein könne». DaS möge der Herr Reichskanzler bedeute», bevor er den verbündeten Regierungen zur Auslösung des Reichstages rälh. Inmitten der unerfreulichen Zwistigkeiten dcS öster reichischen ParlcilcbenS, die namentlich durch die maiicherlci Nationalitäten bcrvorgcrufen sind, a»S denen die österreichische BollSvertrctung sich zilsammcilsctzt, bildet die Eiumütkigkeit, mit der tie Verdienste dcS von der parla mentarischen Thätigkcit sich zurückzicbcnden greisen Präsi denten 1>r. Smolla gewürdigt wcrre», eine tröstende und erquickende Erscheinung. Der Führer der deutschliberalen Partei, Dr. von Plcner, nannte bei Begründung seines Antrages auf Bewilligung einer Ehrcndotalion von 720t» Gulden jährlich für Or. Smolka de» Letzteren eine der schönsten Erscheinungen deS öffentlichen Lebens Oesterreichs, deren Namen mit der Geschichte deS Landes dauernd verknüpft sei. Ptcncr beantragte, den vom l7. dsS bis Ende dieses JabrcS entfallenden Betrag der vorgcschlagcnen Ebrendodativli ausdrücklich in das Finanzgesetz auszunehmcn. Gras Hohenwart erklärte im Name» seiner Partei,daßcrden Antrag Plcner aus das Wärmste uiilcrstiitze,ebcnso J aworöky» ter bclciitc, daß die Stiftung nicht einem NalionalitätS- gciiossc», sondern dem bochbclagtcn und hochverehrten Präsi denten gelte. Der Ministerpräsident GrasTaasfe erklärte, die Regierung schließe sich dem Anträge voller Freude an; auch die übrige» Parteiführer äußerten sich in gleichem Sinne. Schließlich wurde der Antrag Plcncr's mit einem Zusay- anlrage Slciilwcnter'S, die Büste Smvlka'S in der Säulen- Feuilleton. Ums Geld. Mj Novell« von A. Heyl. Nachdruck »erboten. (Fortsetzung.) Die Feierabcndglockc läutete, die Tbore wurden weit geöffnet, um die abzichenden Arbeiter ungehindert binaus zu lasten. Sykow stand in der Näbe deS ThorcS und sab die Leute geben. Sein durchdringender Blick bastele forschend aus einzelnen confiScirten Gesichtern und »iiistcrtc die Gruppen, die ihm verdächtig vorkamen. Er beobachtete daS lose Treiben im Allgemeinen und bemerkte den frechen Hob» in den Mienen Einzelner. ES entging ihm nicht, daß die Grüße, welche inan ibm bot, weniger rcspcctvoll waren als sonst. Die DiSciplin war gelockert, der Geist deS Friedens gestört, die guten Beziehungen zwischen Arbeiter »nd Arbeitgeber stark erschüttert. Davon sollte sich der Letztere durch einen un liebsamen Vorfall überzeugen. ES war den Leuten befohlen, ihre Arbeitsstätte ruhig und in anständiger Haltung zu verlasse». Diesem Gebot zum Trotz versammelte sich ei» Häuflein Uebelgefinnter »in den Brunnen, scheinbar, »m sich die Hände zu waschen, in Wirklichkeit aber, um allerlei Unfug z» verüben. Ohne von der Anwesenheit dcS Fabrikberrn Notiz zu nehmen, erlaubten sie sich »nflätbige Späße, überschütteten einander mit Master, brachen in wieherndes Gelächter ans und schienen e- absichtlich daraus angelegt zu habe», den Herrn zum persönlichen Einschreiten zu reizen, wahrscheinlich um dann in corpore einen gemeinen Streich gegen ik» au«sübren :u können. Dieser ließ sich nickt berab, den Burschen ihr trecke- Benehmen zu verbieten, er ries zwei Ausseder zu sich beran, befahl dem einen, die beiden Hunde loSzulasscn, den andern schickte er zum Brunnen mit ter Weisung, die Arbeiter möchten sich augenblicklich entfernen. Diese, ein sehend, daß die Sacke gleich ernst aufzesaßt wurde, leisteten der Aufforderung zögernd Folge und gingen murrend, ohne die Mütze zn lüsten, an Herrn Sykow vorüber. Sykow sah nun Wohl ein, wie massenhafte Entlassungen hier am Platze wären; und er würde auch seiner Einsicht gemäß gehandelt baden, wenn er sofort tauglichen Ersatz zu sinken gewußt hätte. Er mußte sich ziigeslcbcn, daß dies so gut wie »»möglich war. In Folge der bedeutenden Bestellungen, die täglich eiiiliesen, durste an eine Verminderling deS Arbeiter- Personals nicht gedacht werden, wenn man der Eoncurrciiz die Spitze bieten und in mercantilcr Beziehung de» ersten Platz behaupten wollte. Es war eine barte Ausgabe, hier schweigen zu müssen, aber Cylow war Herr seiner selbst, ein Man», der überlegt, che er handelt — er schwieg. I» düsterer Stimmung, von Sorgen gequält, kam er in seiner Woknung an, übergab den Knaben der Kinderfrau und ging in sein Zimmer, um ungestört allein zu sein. Die Einsamkeit wirkt wohltbätig, wenn man in der Lage ist, geistig und körperlich die erwünschte Rübe genießen zu können, und daS Bedürsniß empfindet, Einkebr in sich selbst zu Hallen — sic wird zur Oual, wenn man von innerer Unrube gefoltert, die Gegen wart düster, die Znkunst schwarz sieht, wenn die aufgeregte Phantasie uns Schreckgespenster vormalt, die zu bannen wir allein zu schwach sind. Der einsame Mann fühlte dies, als er rubcloS in seinem Zimmer auf- und abginz »nd sich ver gebens nach einem Wesen scbntc, dem er seine Sorgen an- verlraucn, bei dem er sein Her; erleichtern konnte. daS mit sanfter Stimme die wildausbrauseiitc Männciscele bcrubigte; Fassung, Geduld, Ergebung in Wort und Beispiel lcbrcnd. Amanda war fern; als sie ging, abnte er nicht, wie schwer er sie in dieser Stunde vcrmiffen würde. Wenn sie wictcr- kcbrte, wie lange würde sie noch bei ihm bleiben, um ihn dann aus immer zu verlassen! ES begann zu dämmern, während er seinen Be trachtungen nachbing; er war nicht in der Laune, auszu- geben, Besuch war nicht mehr zu erwarten, der Wunsch, cS sich bequem zu machen, trat inflinctiv bei ibm auf; er entledigte sich seines Rockes, um die HauSjoppe dafür einzulauschen. Ebe er daS abgelegte Kleidungsstück an den Nagel hing, visttirte er die Taschen und bekam unter Ander», auck baS Etui mit dem Brillantring in die Hand, den er sür Hermine gekauft halte. DaS liebliche Bild der ehemaligen Besitzerin trat ibm lebhaft vor die Seele und übte magische Gewalt auS über die finstern Gestatten, die »iibcilvcrküildciideii Drohungen, die er in dieser schweren Stunde z» sehen und zu hören glaubte. Sie alle mußleii vor ihrer Lickt- erscheiiiung weichen; er vergegenwärtigte sich die graziöse Erscheinung, daS süße Lächeln, den seclciioollcii Blick, die wcicke, herzgewinnende Slimmc »nd sprach z» sich selbst: „Welches Glück vermag solch ein Weib dem Manne zu spenden, den sie lieb hat. Wie beseligend, zu allem Großen »nd Guten anregend, muß ihre Näbe aus denjenigen cin- wirken, den daS Schicksal mit ibrcm Besitze begnadigt und der einer solchen Gunst dcS Schicksals würdig ist!" IX. Ter Landratb Stöucwitz war in verzweifelter Stimmung; seine Hoffnungen waren vernichtet, seine Aussichten aus die Zukunft zerstört, die reizenden Luftschlösser, tie er gebaut, über Nacht cingesallen, »»d die unerbittliche Wirklichkeit grinste ihn unheilverkündend an, wie ei» erbarmungsloser Gläubiger, der keine Wechsel prolongirt. Er batte sich gestern durch eigene Anschauung überzeugt, baß seine Zuvcr sicht auf Betty Roland'S Gumt nur ein schöner Wahn ge wesen. Holkamp, dieser unausstehliche Schwätzer, verstaue es, im Sturmschritt vorzugeben, und cö war mit Bestimmtheit anzunehmc», er werde seine Vortbcilc schleunigst a»S»iitzc» und die Welt mit einer vollendeten Tbalsackc in Staunen versetzen. O, es war rum Rasendtterden; er, der famose Landralh Slöncwiy, dessen Glück bei Damen sprichwörtlich geworden war. er mußte die Segel streichen vor diesem obscuren Menschen ohne Titel und Orden. WaS war denn cigcnttich dieser glückliche Nebenbuhler, wo stammte er bcr, wer waren seine Angehörigen'? Ans diese Frage» batte ihm bis jetzt Niemand eine bestimmte Aniwort gegeben. Herr Holkanip selbst wußte sich mit cinem Schwall »icktSsagender Worte dnrchzubelse», wenn man ibm einmal fest auf den Zahn süblen wollte. Es verlohnte sich der Mübc, nackziisorfchen; vielleicht führte der Zufall, der dem Landratb so oft schon günstig gewesen, eine Entdeckung bcrbei, mit welcher er die Absichten dcS NcbciibubleiS durch kreuzen konnte. Er überlegte kühl; Herz und Gemülh kamen dabei nickt in Frage — ob er die Partie für verloren geben oder noch zähe a» kein Plane scsi ballen solle, durch Bctty'S Hand in den Besitz ihrer Millionen z» gelangen. DaS Ge lingen dieses Planes war für ibn zur Eristcnzsragc geworden; das Scheitern desselben war fast gleichbedeutend mit dem socialen Untergang. Wenn sich seine Gläubiger »ur »och eine kurze Spanne Zeit mit schönen Worte» binhaltcn ließen, da»» war noch einige Hossnuiig auf Erfolg. Er bereute »iin bitter in seiner übcriiinibigcn SiegcSgewißbeit, die er probte Frenndi» Lili Falk durch Vcrnachlässigi.ng gekränkt zu babe» Wie oft batte sie ihm sriikcr aus triiigeiitc» Ver legenheiten geholfen; jetzt zeigte sic sich feindselig, schaden froh- Er durfte cö nickt wagen, sic diesmal ins Vertrauen zu ziehen, sic um ein Darlehen zu ersuchen: den» er konnte bestimmt erwarte», daß sie seine Bitte mit Hoknqelächter ab- wciseii und seine Verlegenheiten in der Stadt auSposaiinen würde, gehörte sic doch zu jenen Naturen, die da gehässig wurden; wo sic fick in ihrer Eitelkeit gekränkt fühlten. Er saun nach »nd kam zu dem ungünstige» Resultate, daß er aus dem weite» Erdenrunde nicht eine Seele sein nennen toiinle. Die Einzige, welche sick vielleicht durch sein Ver trauen geschmeichelt fühlen und ibm ihren Beistand znsagen würde, war die alte Dörnbach. Zn ibr wollte er seine Schritte lenken, sic war eine der seinen verwandte Natur »iik besäst volles Verständnis) für Vorkommnisse, welche solide Leute nie begreifen wollen — daß nämlich ein wohl» situirtcr Mensch in die Lage kommen kann. Schulden zu machen. Sic schaffte Gelt, so bossle er, und harrte in Geculd, bis dasselbe a»S dem Heiratbsgut tcr znlnnstigen Lanvrätbin mit Zinsen heiingezablt werden konnte. Stöncwitz machte sorgfältig Toilette, frisirte »nb parsnmirtc sick, als ob er einer jugendlichen Schönheit ;» Gefallen ginge; denn ibm waren die Schwächen der alte» Kokette sebr wobl bekannt, und er wollte nichts versäumen, was sein Verbaben fördern konnte. Unterwegs kaufte er ein Ros-nsträußchen, daS er der Dame mit ein paar galanten Redensarten über reichen wollte: er wußte, sie würde auch das Widersinnigste srcnndlich anbörcn, wenn cs ibr schmeichelte. Nock batte die Stunde nickt geschlagen, in welcher man Staat-visiten zu machen pflegt; sic war auck absichtlich von dem Landralh nicht
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