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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.03.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930306026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893030602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893030602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-03
- Tag 1893-03-06
-
Monat
1893-03
-
Jahr
1893
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Größere Schristra laut unserem Prei«. verzeichaiß Dadellarischer und Ziffernlatz »ach höherem Laris. Extra-veilagen (gefalzt), nur mit de» Morgen-Ausgabe, ohne Vostbefördernag » 60.—, mit Postbesordernng 70.—. ^nuahmeschluß für Anzeige«: Abend-AuSgabe: Vormittag« 10 Uhr. Marge »-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn- und Festtag» früh '/,d Uhr. Bei den Filialen und Annahmestelle» j« ei« halbe Stund« früher. Glnzriae« sind stet» an di« Erprdttt«« zu richte». Druck und Verlag von <k. Potz in Leipzig. 87. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, S. März. Die gestern in unserem Leitartikel mitgethcilte Klage vr. Iastrow'S, daß im Reiche „die militairischen Interessen augefangen haben, alle Cultur» Interessen »u absorbirrn", findet in einem großen Theile der deutschen Presse rin lautes Echo. Auch im Reichstage macht man die Bemerkung, „daß die wichtigsten und notb- wendigstrn Leistungen, welche der Bürger vom Staate zu sordern berechtigt ist, nicht mehr in gehöriger Weise geboten werden." AlS kürzlich bei der Berathung des Etat« des Reichsjustiz amt« darauf hingewirsen wurde, daß gesetzliche Porschristen über den Vollzug gerichtlicher Strafen, insbesondere im Sinne einer Unterscheidung ehrenrühriger und nicht ehrenrühriger Strafthaten zu denjenigen populären Forde rungen gehören, deren Bedürfniß kein Mensch bestreitet, und als man von Seiten de« Vertreter« der RcichSregierung jenen bekannten Trost vernabm, daß die Bestrebungen der einschlägigen Stellen „fortwährend darauf gerichtet seien-, daß aber eben „große Schwierigkeiten der baldigen Regelung entgegenstehen-, da begegnete die Existenz dieser Schwierig keiten sehr energischen Zweifeln, und wenn auch der conser- vative Redner dem socialdemokratischen Vorschlag, daß man dem StaatSsecretair de« NeichSjustiramles so lange das Gehalt sperren solle, bi« er Zeit zur Lösung der Frage zu haben erkläre, nicht beipflichten konnte, so rann man doch constatiren, daß dem Verlangen nach einer endlichen Befriedigung der dringendsten Forderungen auf diesem Gebiete im Reichstag von keiner Seite ein Widerspruch entgegengesetzt wurde. E« liegt hier thatsächlich eine jener Angelegenheiten vor, wo der BundeSrath sich de« einstimmigen Beifall- des Reichstag« und der gesummten öffentlichen Meinung erfreuen könnte, wenn er sich zu einem thatkrästigen Vorgehen entschließen wollte. Der Buude«rath hat aber b,« jetzt nach solchem Beifall nicht gegeizt, er hat sich eher dem Schein einer absichtlichen Zu- gekuopftheit auSaesryt, wenn man ihm mit dem Ansinnen tun, „populäre- Forderungen zu erfüllen. Besonder« populär isi die Forderung nach einer endlichen Reform de« Strafvoll zug in Bayern: mit besonderem Nachdruck richtet daher die Mnchener „Allgrm. Ztg." an den BundeSrath folgende Mahnung: „Man saa« nur nicht. daß dergleichen durchzuführrn nicht möglich sei. Wir yavea t« de» letzte» LO Jahre» viel unwahrscheinlicher? Ti»g« möglich gemacht. Gegenüber der Lasernirung unseres künf. tigen Frieden-Heer-« — fall« die Laprivi-Borlage durchgeht — ist die Sefängnißreform ein« Bagatelle. — Die jetzt vielfach im Ge- süngnißwesen herrschende» Zustände lasten ja noch weit mehr zu wüuschen Übrig, al« wir hier zur Sprach« gebracht haben. Man iverrt au» Mangel a» Gefängaißräumen jugendlich« Gesetze«. Übertreter mit alten, geriebenen Verbrechern, Untersuchung«, mit Strafgefangenen ober gar unbescholtene Mädchen mit Prostitutrten zusammen. Wir brauchen nur darauf hinzu- weijen, wie dieser Tag« durch eine besonder- grelle Br- I.uchtung der zur Zeit in München herrschenden Mißstände die öffentliche Meinung aufgeregt worden ist. L» mag ja sein, daß die Münchener Zustände besonder« unleidlich sind, aber exceptionelle sind sie nicht. Auch ander-wo gäbe diese-Thema Anlaß zu sensationeller Behandlung. Möge man also au de» Stellen, dt« e« angeht, nicht wsarten, bi« «ine allgemeine Agitation sich dieser Tinge bemächtigt. Der jetzt in Frankreich wieder zu Ehren «brachte Ferch hat seine Landsleute gewarnt, sie möchten nicht ortwährend wir hypnolisirt in da« Bogejrnloch starren. Auch für un« bedeutet die militairische Frage eine Art von Hypnose, über der wir die Forderungen de» civilen Leben« allzu sehr vernachlässigen." Es würde indeß ungerecht sein, diese Mahnung lediglich an den BundeSrath zu richten, der gewiß nicht vorauSgeseben bat, daß die Behandlung der Militairvorlage im Reichstage und in der Commission so verschleppt werden würde, daß alle übrigen Aufgaben der ReichSzesetzgebung darunter leiden müssen. Je dringender der allgemeine Wunsch ist, daß die Pflege der kulturellen Interessen im Reiche nicht zurück bleibe hinter der Pflege unserer Wehrkraft, um so mebr ist e» die Pflicht de« Reichstag«, ein« rasche Verständigung Uber da«, wa« zur Sicherung unserer militairischen Stärke nöthig ist, herbeiznfübren, um die Initiative zu anderen Reformen ergreifen zu können, sofern der BundeSrath an dieser Initiative eS fehlen läßt. Der russische Botschafter am Berliner Hofe, Gras Schuwalow, ist mit der Antwort deS dentschcn Reichs kanzler« aus die russische Anfrage wegen Abschlusses eine« Handelsvertrages nach Petersburg abgereist Natürlich ist sowohl über die Tragweite der russischen Eröffnungen, al« über die deutsche Antwort vollständiges Gebeimniß beobacbtet worden. Die hier und da aufgctauchten Mittbeilunge» über den Inhalt der deutschen Vorschläge können sonach nur auf Muthmaßungen, die freilich sehr nahe liegen, beruhen. Sie gehen dahin, daß Rußland der deutschen Industrie und Deutschland der russischen Landwirthschaft Concessionen zu machen haben würde. Im Augenblick bandelt es sich für uns bauptsächlich um die Frage, welche Aussichten für das Zustandekommen de« Handelsvertrages obwalten und ob, wenn solche vorhanden sind, die Annahme gerecht fertigt erscheint, daß der Vertrag zu einer weiteren Besserung der politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland führen würde? Wa« nun zunächst den elfteren Punct betrifft, so könnte e« wokl al« ein günstiges Moment angesehen werten, daß Gras Schuwalow der Ueberbringer der deutschen Vorschläge ist. Denn eS ist nicht unbekannt, daß der Graf einem Einvernehmen Rußlands mit Deutsch land geneigt ist. Auch dürfte man schwerlich seblgeyeu, wenn man vorcniSseyt, daß seine Stimme bei der Formu- lirung der deutschen Vorschläge soweit gekört ist, daß er sie in Petersburg wenigstens in der Hauptsache empfehlen kann. Andererseits stößt freilich ein russisch-deutscher Handels vertrag in beiden Ländern auf eine nicht über die Achseln anzusebende Opposition und zwar in entgegengesetztem Sinne. Denn in Deutschland hält sich das landwirthschastlicbe Ge werbe durch die Ausdehnung der Herabsetzung der Gelreide- und Viebzölle, wie sic für Lestcrreich-Ungarn erfolgt ist, auch aus Rußland für schwer geschädigt, während in Rußland die Fabrikanten eine erweiterte Concurrcn; der deutschen Industrie fürchten. Zu diesen Befürchtungen gesellt sich in Rußland eine Gegnerschaft rein politischer Natur, vo» der man in Deutschland ganzunberührt ist. Denn eine ähnliche Strömung, wie die panslawisttsche, die an und für sich der deutschen Natio nalität feindlich gesinnt ist, existirt bei un« nicht. Dieser letztere Umstand führt un« aanz von selbst auf die Erörterung der zweiten Frage, ob dcriuAussichtgrnommeueHandelSvcrtragoezngeeiguet erscheint, eine weitere Besserung der politischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern hcrbeizufübren. Tenn wenn die sranzosenfrcundlichcn Panslawisten gerade aus diesem Grunde nicht« von einem russisch-deutschen HandclSverlragc wißen wollen, so ist da« ec» durchaus unverdächtiges Zeugniß für die Wahrscheinlichkeit einer solchen Wirkung. Freilich brauchten sich die Herren nicht insoweit zu beunruhigen, al« würden sich daraufhin Deutschland und Rußland brüderlich in die Arme fallen, denn eS liegt gar kein Grund für uns vor, da« eine zu tkun und daS andere zu lassen. Wir können un« mit Rußland in vernünftiger und praktischer Weise verständigen und brauchen deshalb noch keineswegs die Verpflichtungen zu versäumen, die uns der Dreibund auferlegt. Man bat sich deshalb auch in Wien ooer Rom noch keinen Augenblick ernstlich darüber aufgeregt, als könnte sich Deutschland um der schönen Augen Rußlands willen seinen bisherigen Verbündeten entfremden. Die „Neue Freie Presse", welche bisher über den Stand der Dinge in Ungarn Günstiges und Erfreuliche« gemeldet, bcz. das Verhalten eines TbeileS der Bischöfe in rosigem Licht geschildert hatte, sicht die dortigen Verhältnisse auf einmal wieder schwarz an. Der kirchenpolitischc Horizont in Ungarn, so sagt sie in der neueste» Nummer, ver düstert sich immer mehr nnd verkündigt dem Ministerium Wckerle stürmische Tage. Tie von dem Primas cinberufeuc Bischof« Confercnz bat ihre Bcrathungcn geschlossen und daS Ergrbniß derselben in drei Tcnlschriften »iedergelcgt, die dem Kaiser, dem Papst und der Negierung überreicht werden solle». Genaue- ist über den Inhalt dieser Memoranden noch nickt bekannt. Einzelheiten, die darüber in der ungarischen Presse verbreitet waren und de» Bischöfen eine Sprache in den Mund gelegt ballen, die, wenn sic wirklich geführt wurde, beleidigend und herausfordernd für den Staat wäre, sind soaar durch eine ofsiciellc Erklärung des Episko- kalS als unwahr bezeichnet worden. So viel aber ist ziemlich gewiß, daß die Bischöfe nahezu in allen Puncten sich im schroffen Gegensätze zu dem Programme befinden, welches d,e Regierung bei ihrem AmtSan,ritte verkündet bat. Die Bischöfe verwerfen die obligatorische Ewilehe, macken erbeb- licke Borbebalie gegen den Grundsatz der sreien Relizions- übunz, der in die ungarische Gesetzgebung cmgesührt werden soll, ja sic erklären sich auch gegen die Jurisdiction der weltlichen Gerichte in Ehesachen, die nahezu in allen katholischen Ländern und auch in der österreichischen ReichS- kälstc unangefochten besteh,. Welchen Standpunkt der Eviskepat gegenüber der angekündiglcn Verstaatlichung der Matrikeln einnimmt, ,st noch nicht klar; daß er aber auch in der Frage der Wegtansen die von der Regierung vor- geschlagene Lösung, be, Regelung de« EherechleS auch alle Beschränkungen aufzuheben, denen dermalen das Recht der Elter» bezüglich der Bestimmung des Bekenntnisse« derKinder unterliegt, n-.cvt annimml, scheint daraus bervorzugeden. daß die Bi,chofece»screnz gegen die allgemeine Regelung des Ehe- recklc« durch die staatliche Gesetzgebung sich überhaupt ertlärt. Wenn eS somit, so bemerkt die „Heue Freie Presse" am Schlüsse ihre« Alarmartikels, nicht schon der Eonslict ist. wa« die bischöflichen Denkschriften enthalten, so ist eS mindesten« die Ankündigung de« Eonslicte«, und die Hoff- nungen. welche auf die friedfertige Gesinnung de« Primas BaSzary bei seinem Amtsantritte gesetzt wurden, haben sich damit nahezu völlig verflüchtigt. Tie vom Pariser ,Higaro" veröffentlichten Schriften auS de» Acten de« Untersuchungsrichter« Franquevillc haben weniger den Eharakter eine« Angriffs, als denjenigen der Abwehr: die oppositionellen Parteien wollten verhindern, daß die französische Ngierung einige ihr unbequeme, wenn nicht geradezu gefährliche Dokumente au- den Acten ent fernte. wie jolchcS bei srüheren politischen Scandalproccsien, insbesondere beim Wilsvnproceß, geschehen ist. Die Verhöre von Clömenceau. Flouquet und de Freycinet waren in den Acten nicht, wie es die Gerichtsordnung zur Verhinderung von Unterschlcijcn verschreibt, mit fortlaufenden Nummern, sondern al« 201 tue, der und quLti-r registrirl worden und halten daher spurlos verschwinden können. Die Gegner der Regierung beugten dem vor, indem sie zunächst die Un regelmäßigkeit der Numerirung dennncirlen und dann di« Documei.le selbst veröffentlichten. Wie sie zur Kenntniß der Schriftstücke gekommen, ist »och unausgeklärt. Nur einige wenige Persönlichkeiten haben die Acten unter dem Siegel de« ftrcngstc» Amtsgeheimnisse« in Händen gehabt. Doch in Zeiten der politischen Auflösung darf inan sich nicht wundern, wenn Verrakh an der Negierung geübt wird. Die veröffent lichten Verhöre beweisen fcblcchthin — wa« man allerdings schon vermuihet batte — daß die stärksten Summen, die zur Gewinnung politischer Einflüsse von der Panamadireclion be zahlt wurden, nickt von den bisher verdächtigten und be schuldigten Tcputrrtcn und Senatoren gefordert und eincassirt worden sind, sondern von den Ministern selbst der Panamagesell schaft abgcnötbigt wurden. Floquet al« Ministerpräsident ver handelte mit Arton über die Zahlung von 300 000 Franken, die er denn auch von Lessep« erlangte. Man crrätb hiermit den Grund, warum Arten »»faßbar seine Wanderungen durch Europa sortscyt. Freycinet und Floquet wirkten vereint mit Clsmenccau und Rane auf Ebarle« de Leffop« ein, damit dieser lO Millionen an Reinach zahlte. Lessep« wehrte sich so gut er konnte und gestand nur, um sein Unternehmen vor der Feindsckast der Regierung und unmittelbar vor dem Zu sammenbruch zu bewahren, etwa 5 Mllionen an Reinach. Welchen Grund die ausfallende Fürsorge der regierenden Herren für Reinach halte, läßt sich au« den nun bekannten Umständen folgern. Da« fünfzigjährige Priesterjubiläum de« Papstes hat unter Anderm auch dazu gedient, die päpstlichen Easscn in reichem Maße zu füllen. Man bat im Vatican alle Hände voll zu Ihn», um die Gelder und Geschenke einzusacken, die au« Anlaß de« Jubiläum« immer noch eingeben. Man chätzt das baare Geld, das bi« jetzt eingegangcn ist, auf nenn Millionen Eine besondere Commission, bestehend au« drei Eardinälen, nimmt e« in Empfang und macht Vor- chläge über dessen Verwendung Im Einzelnen sind, nach einer Mittbeilung der „Jndep. beige", folgende Gaben gespendet worden: Bon den italienischen Pilgern l Million; die Iubi- läumSmcsse in der PelerSkirchc hat 800 000 Fr«, eingebracht; der Vincentiu«-Verein gab 130 000, die Damen vom SacrS- EocuröO 000, eine andere Gruppe frommer Damen 40 000 Fr«.; au« Nordamerika kam eine runde Million; au« Südamerika brachte der Bischof von Montevideo allein 37 000 Fr« ; Uruguay prndete eine groxe Summe, deren Betrag nicht bekannt ist; der Herzog von Norfolk übergab dem Papst persönlich zwei Couvert«; in dem einen befand sich ein Check über 40 000 Pfund (1 Million Kr«.- mit der Wiomung: „Dem heiligen Vater von einem englischen Katholiken", in dem andern befand sich da« Ergebniß der Sammlung in England im Betrag von 75 000 Psund (1875 000 FrS.)^ die Irländer opferten 875 000 Fr«.; der Kaiser von Österreich spendete für sich 100 000 Fr«., die österreichische Aristokratie 000 000 Fr«. Die Zurechtweisung, welche die panslawistische Ansprache de« montenegrinischen Erbprinzen Danilo in Petersburg, sowie die gehässigen Dichtungen de« Fürsten Nikitta gegen die Deutschen in den österreichischen Blättern gesunden haben, hat den russischen Journalen. insbesondere den Oesterreich feindseligen „Nowosti", zu scharfen Ausfällen gegen die Monarchie Anlaß gegeben. Wie gewöhnlich ergehen sich die russischen Journale auch diesmal in lauten Drohungen. So schreiben z. B. die „Nowosti": „Wenn die Oeslereichcr Monte negro etwa« Böse« zufügen wollen, so werden sie mit Rußland zu tbun haben. Rußland und die Tschernagora sind durch das Band de« Blutes und der gemeinsauien Kämpfe für die heilige Sache verbunden. Wenn Montenegro unglücklich ist, wer ist schuld daran? ^stwa nicht Oesterreich, das ihm alle Mittel zur weiteren Entwicklung geraubt? Tic Monte negriner sind jedoch muthig und hoffen auf die Zukunft, vertrauen auf ihre Kräfte und die Schwäche Oesterreichs. Früher oder später wird Montenegro sich an der adriatischen Küste auSdehnen und den ihm gebührenden Platz einncbmen." E« wird gut sein, wenn mau sich in Wien diese Drohungen de« mv«kvwitlschen Protektor« der Schwarzen Berge merkt. Deutsches Reich. * Lrrüdcn, 5. März. Wie man der „Pol. Corr." au« Konstanlinvpel meldet, hat nunmehr auch die Pforte ihren Beitritt zu der Internationalen SanilätS- conjcrcnz zuAesagt, jedoch nur gegen die Zufickeruna, daß in dieser Confercnz keinerlei Acneerung der Befugnisse de« jetzigen, au« türkischen und fremden Delegirle» gebildeten Sanilätsratbes in Konstantinopel angeregt oder irgend eine Ncu-Organisation desselben vorgeschlagc» werden wird. Die Pforte will sich für die Verhängung der Quarantäne gegenüber dem Auölandc volle Freiheit wahren, ist dagegen bereit, allen anderen internationalen Maßnahmen gegenüber der Cholera, die in der Eonsercnz vereinbart werden, dei- zutreten. Plauen, 5. März. Der nationalliberale Verein im 23. sächsischen ReichStagSwahlkreisr »ahm in seiner letzten Mitgliederversammlung einen Bericht über den augenblicklichen Stank der Militairvorlage entgegen. In der sich hieran anschließenden Aussprache über dicjcn Gegenstand wurde allseitig dem Wunsche Ausdruck gegeben, daß eine Ver ständigung zwischen dem Reichstage und den Regierungen über die Militairvorlage zu Elandc komnien niöge. Im Verlause des Abends kam ferner die Iudensrage zur Sprache. E« wurde bervorgehoben, daß die natwnalliberale Partei in Sachsen schon früher Stellung zu dieser Frage eingenommen hätte; zuletzt aus der ordentlichen General versammlung de« nalionalliberalen Vereins im Königreich Sachsen, welche am lll. Juni 1802 in Leipzig abgehalten wurde. Feuilleton. Avis Gel-. 9j Novelle von «. Hehl. ««»druck »erdeten. (Fortsetzung.) „Herr Doctor Falk", wandte sich Betty in diesem Augen blick an den zum Weggehen Bereiten und zwar diesmal in einem Tone, der wenigsten« etwa« Anspruch an geselligen Anstand machte. .Mein Fräulein", saglr dieser näher tretend .Kennen Sie de» jungen Mann in der Lilienapotheke, den niedlichen Blond in , fragte sie. „Gewiß, mein Fräulein, Max Hoffman» ist ein Studien genosse. ein Freund von mir." „Max Hoffman» heißt er? Wie gut, daß ich seinen Namen weiß, er bat un« gestern schr^u Dank verpflichtet. Frau Parker wurde plötzlich aus der Straße unwohl, wir nahmen unsere Zuflucht in die Apotheke und wurden von Herrn Hossmann mit großer LiedenSwürdiakeit ausgenommen. Wissen Sir nicht, Herr Doctor, ist dieser junge Mann au« guter Familie?" „Ja", bestätigte Falk lächelnd, „seine Eltern waren achtungsvolle Leute, sie sind Beide todt." „Hat er keine Äraut, keine näheren Anverwandten?" forschte sie weiter. „Bon einer Braut weiß ich nicht«, mein Fräulein, aber er bat eine reiche Erbtante." Betty lachte vergnügt. „Ah, «ine Erbtante, wo wohnt sie?" „Nicht weit von Ihnen, mein Fräulein. In der oberen Elage de« Seitenflügel« im Nonnenhof" „Die Hofräthin Rauch!" ries Betty, die Hände zusammen schlagend. Der Doctor nickte. „Ski kennen die Dame?" „Ich werde sic besuchen", sagte sie, während sie den Doctor freundlich anlächelte und mit verhaltener Stimme beifügte: „Grüßen Sie Ihren Freund von mir, Herr Doclor" „Gerne, mein Fräulein, er wird gerührt sein." Nachdem sich Hermann Falt empfohlen balle, versuchte Betty mit ihrer Cousine ein Gespräch anzuknüpfen. „Ein schöner Mann, dieser Doctor Falk, sinkest Du nicht, daß er Edward Monroe ausfallend ähnlich sieht?" „Ich habe ihn nickt so genau betrachtet", antwortete Annita mürrisch und wandte der Cousine den Rücken. Ter Besitzer de« NonnenhoseS, Kaufmann Daniel Knicker, stand zu später Nachmittagsstnnde jene« Tages vor seiner Ladenlhure und ließ den unslälen Blick die Straße binabschweisen, al- ob er von da her Jemand erwarte. Er war ein hoher Vierziger, groß, hager, bockschultrig mit xlninpen Füßen, langen, knochigen Händen, die an Gcierö- trallen erinnerten und durch beständiges Zucken und Hin- und Hertasten die innere Unruhe verrietben. von der Daniel Knicker gequält wurde. Auf der unschönen Figur saß ein häßlicher Kopf, der sich durch Mangel an Haaren noch be sonder« auSzeichnete. Da« lange, glattrasirte Gesicht von fahler Blässe hatte grobe Züge und einen unheimlichen Aus druck, der durch den schielenden Blick der kleinen schwarzen Augen nock erhöbt wurde. Wie sick Knicker von den weiten Räumen seine« Besitzlbumes die unansehnlichste Ecke zu seinem Geschästöbelriebe vorbekielt, so richtete er auch seine Woh nung in den dumpfen Parterrelocalitäte» de« Hosraume» in primitivster Weise ein. Luft, Lick«, Sauberkeit und Behagen gehörten nickt zu seinen Bedürfnissen, denn seine einzige und höchste Lebensaufgabe bestand darin, Geld zusammen zu scharren nnd er crtrua Widerwärtige« ohne Murren, wenn die« seinem Streben förderlich war. Seine bessere Hälfte stimmte insofern mit ikm überein, al« auch ihr ganzes Denken und Fühlen aus Geld und Gut gerichtet war, nur mit dem Unterschied«, daß sie mit dem Besitze auch den Genuß ver binden wollte und deshalb mit ihrem um viele Jahre älteren Gatten fast täglich häusliche Scharmützel zu bestehen batte. DaS Verhältniß der Beiden basirte aus gegenseitiger Respektlosigkeit, die denn auch bei verkommenden Differenzen grell zu Tage trat. Ihr Dasein war ein großer Kamps, der abwechselnd mit dem Galten, mit den Kindern, mit der Magd, mit den Hausgenossen und den Nachbarn geführt wurde und besonders daun heftiger entbrannle,wenn Frau Knicker Lein Bicrkrug fleißig zugesproche» hatte. Sie ging sozusagen mit der geballten Faust durchs Leben, davon batte tcr Vaten- diencr Konrad LipS schon mehr al« einmal schlagende Beweise erhalten. Während der Principal unter der Ladentbür stehend in« Weile spähte und die Principalin ans einem wackeligen Schemel saß neben der HäringSlonne und zerrissene Wäsche mit großen Stichen auSdesserte, thronte der blonkgelockte Ladeniüngling hinter der GlaSthüre auf dem Comptoirstuhle, die Feder in der Hand, daS Schmierbuch auf dem Pulte vor sick aufgcschlagen und unter diesem verborgen, den für LipS geradezu siiinbestrickciiden Roman „Tie Musketiere der Königin". Sobald er sich unbeobachtet glaubte, schob er das alte, schmutzige Geschäftsbuch etwa- bei Seite und la« mit fieberhafter Spannung die Abenteuer, welche durch die Leidenschaft des Lord Buckingham für Anna von Oester reich kervorgerufcn wurden. Ab und zu warf er einen ängstlich forschenden Blick »ach der gefürchtete» Principalin und »ahm, sobald sie ihm die geringste Aufmerksamkeit schenkte, die Einträge und Additionen wieder vor, durch di« er genau hcrauSfinden sollte, wie viel die Köchin Elia für Hosrätbin Ranch geborgt und wa« der Herr v. Elermont noch an der Neujabr-rrchnung zu zahlen hatte. Er kam aber nickt recht mit dieser trockenen Arbeit zu Stande, denn seine Phantasie war erhitzt von Duma« allbekanntem Werke nnd die ritterlichen Thaten, von welchen dieser Roman strotzt, eiferten ibn zur Nachahmung an Er wollte auch eine hohe Lieve im Herzen trage», auch im Dienst einer edlen Schönen ritterliche Thaten verrichten und mit einem süßen Blick» mit einem Lächeln dafür belohnt werden. Der Spiegel sagte ihm, daß er hübsch sei, und Mittel, sei» Exterieur verführerisch z» machen, waren ihm nicht fremd. Sein blonde« Haar, das wie eine Mäbne um sei» frische«, wvblgeformle« Gefickt flatterte, bedurfte der Scheere und des Brenneisens, sei» kaum sichtbarer Schnurr bart etwa« Kv«metik, um dem Jüngling ein flotte» Ansehen zu geben, seine übrige Person eines kanariengelben Anzuges, »nd der Gentleman war scrlia. „LipS, wa« in de« KuckuckSnamcn treibcn Sic denn eigentlich da drinnen, Cie starren wie verzückt aus eine Stelle und setzen keine Feder an." Mit diesen in schrillem Tone auSstestvßencn Worten weckte ihn Frau Knicker au« seinen Träumereien. „Ich suche einen Rechenfehler", antworlcte LipS rasch gefaßt, indem er seinen Roman eiligst versteckte. „Wünschen die yra» Principalin etwas, vielleicht einen Krug Bier? eS steht noch einer aus der Kellertreppe " Frau Knicker war rasch besänftigt, sie nickte vcrständniß- voll; ehe aber LipS ihrer stummen Weisung Nachkommen konnte, wandte sich Knicker um und warf seiner Frau einen bitterbösen Blick zu. „DaS Bier trinken wir beule Abend alle miteinander und tbcilen un« in eine» Häring. Es geht Geld genug auf." Seine gekränkte Ehehälfte replicirte energisch auf diese Beschränkung ibreS freien Willen«, und bald enlwickclle sich eine jener ehelichen Skandalscenen, wie sic bei Knicker« an der Tagesordnung waren. Dieselbe war noch nickt zu Ende, als eine Dame in den Laden trat und von Lip« als Fräulein v. Stahl begrüßt wurde. Sie tankte freundlich, wandte sich aber vo» dem dienst« beflissenen Jünger Merkur« ab, um Knicker anzureden, der im Gegensatz zu jenem den Gruß der Dame nnt kaum merklichem Kopfnicken erwiderte und, ohne sie zu Wort kommen zu lassen. rückficklSlo« anbnb: „Es ist Zeit, daß Cie endlich kommen, mein Fräulein. Wenn Sir Ihre Schulden heute nicht bezahlen, dann wäre morgen der Gerichtsvollzieher zu Ihnen gekommen, keon so lange läßt man die Leute nicht warten. Wo ist da« Geld?" (Fortsetzung folgt.)
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