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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.07.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-07-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930704026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893070402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893070402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-07
- Tag 1893-07-04
-
Monat
1893-07
-
Jahr
1893
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4774 und riue thatkröftige Hand bald auch da« Finanzwesen de« Reich- auf ebenso gesunde und starke Grundlagen stellen! Di« preußische Gcseazebung-periode, die jetzt zu Ende gehl, hat damit einen würdigen Abschluß gefunden; sie war dir «rkolareichste, die seit langen Jahren in Preußen daarwesen. Die Abgeordneten, die hierbei mitgewirkt, dürfen sich znver» sichtlich vor ihren Wählern sehen lassen. Den Deutschenhaß der T-eche» hat sich schon seit lange immer wieder und wieder recht bedenklich geäußert, in der jüngstere Zeit aber hat er derart zugenommen, daß selbst die gegen die Herren Ezrchen höchst nachsichtige Regierung nicht umhin können wird, entschieden gegen dieselben Stellung zu nehme«, wie die- in dem vorliegenden Falle der über wachende Beamte erfreulicher Weis« gethan hat. Auf den 30. Juni hatte der jungczechische Bürgerclub in der Prager Neustadt eine BereinSvrrsammlnng einberufen, in welcher der erste Berathung-punct, wir bereits telegraphisch gemeldet, folgende Frage bildete: „WelcheMittel sind zu ergreifen, um de« Abg. v. Plenen wegen der von ihm dem czechischcn Volke zugesügten Beleidigung das Betreten dcS Landes Böhmen zu verwehren?" DerPolizeibeamte erklärte sofort, daß er hierüber aus Grund de« Artikels VI der StaatS- grundgesctze, nach welchem Jeder sich frei aushalten kann, Wo er will, und auf Grund deS Artikels IV dieser Gesetz« über dir Freizügigkeit keine Erörterung zulasten Werde. Der Stadtverordnete BrehorSky, von seinem Sitze aufspringend, entgegnet« darauf mit lauter Stimme: »Bielleicht könnten wir darüber beratben, wie wir Plener, wean er nach Böhmen gekommen sein wird, nicht mehr aus Böhmen herauslassen. (Tosender Beifall.) Unsere Land tag-Wahlordnung enthält breite Lücken, so daß z. B. Jemand aewahlt werden kann, ohne ein Angehöriger diese« Landes zu fei»; ein solcher Mensch wie Plener, der ein Fremdling ist (stürmischePereatrusc) hat das Recht, sich im böhmische» Land tag« breit zumachen und dort vaterlandSverratberisches!) Anträge zu stellen. Wenn sich so etwas ein Magyar er lauben würde, so würde er (hier wurde der Redner durch stürmischen Beifall und Rufe unterbrochen) ... er würde erschossen werden." Der Commiflar erklärte hierauf, wie ganz selbstverständlich, die Versammlung für aufgelöst und forderte die Versammelten auf, sich sofort zu entfernen. Trotzdem wollte BrehorSky weiter sprechen, seine Worte ver hallten aber im Lärm. Die Versammlung brach in stürmische Pereatrufe aus und schrie: »Wir wollen auStrinken, wir arhen nicht fort." Erst nachdem der Polizeibeamte erklärt hatte, daß weiterer Widerstand den Bestand dcS Vereins ge fährden würde, und nachdem die Wache herbeigeholt worden war, entfernten sich die Versammelten in dem stolzen Be wußtsein, ihrem Haß gegen die Deutschen wieder einmal in herausforderndster, freilich nichts desto weniger nicht viel Muth perrathenden Weise kundgegeben zu haben. In einem colonialen Streitfälle mit England ist Frankreich jetzt gezwungen worden, nachzugeben. Wie wir bereits telegraphisch gemeldet, hat sich die französische Regierung veranlaßt gesehen, in Folge eine« ConflictS zwischen dem bekannten Afrikareiscnden Mizon und der englischen Niger-Compagnie in Muri sich auf die Seite der Engländer zu stellen und deswegen Mizon rurückzubernfen und Nöbout mit der Fort setzung der Mission Mizon's betraut. Die Streitig keiten Mizon'S mit der Royal Niger-Compagnie sind nicht neuen Datums. Schon nach der Rückkehr von seiner früheren Reise erhob der französische Forscher schwere Anklagen gegen die Gesellschaft, die ihm sogar mit Weg nahme seiner Fahrzeuge und mit Erschießen gedroht haben sollte. Die Niger-Compagnie erklärte diese Beschuldigungen als Lügen. ES war nun vorauSzusehen, daß bei der neuen Expedition Mizon's in Westafrika «bermalige Conflicte nicht auSbleibcn würden. Die Engländer erhoben denn auch in neuerer Zeit dir Beschuldigung, daß mehrere eingeborene Stämme, die sich früher einer neutralen Haltung befleißigten, jetzt eine offene Feindschaft gegen die Briten einnehmcn, offenbar in dem Glauben, daß die Franzosen beabsichtigten, das englische Ge biet zu besetzen. Die Gründe für diese Annahme suchten sie in der Thaisachc, daß französische Truppen sich der Stadl Erimakanu, die im britischen Gebiet auf dem Sierra Leone- ufer des Niger gelegen ist, bemächtigt und sie befestigt baben. Im Laufe ihres Feldzuges gegen den Almany Samory batten sic bei der Verfolgung dcS Unterfeldherr» Karamoko-Bilali diese Stadt besetzt, und der General inspector der Sierra Leona-Grenzpolizei war im März ab- aesendet worden, die Bewegungen der Franzosen zu über wachen. Die Briten erhoben Protest gegen die Grenzver letzung; doch errichteten die Franzosen in Erimakanu ein Fort, und viele Stämme scharten sich um sie. Bei seinem weiteren Vordringen hatte Mizon noch mehrfache Verletzungen der britischen Einflußsphäre sich zu Schulden kommen lassen, ganz wie er eS auf seiner ersten Reise auch im Hinterlande von Kamerun im deutschen Interessengebiet tbat. Jetzt scheinen die mit Nachdruck erhobenen englischen Beschwerden in Paris ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben, daher die Rückberufung Mizon's, von dem man die Ausbreitung der französischen Macht bis zum Tschadsee erwartete. Mit den neuen Finanzbestimmungrn derH»«ner«le» Vorlage beschäftigen sich auch die soeben erschienenen neuesten englischen Wochenschriften auf- Eingehendste. Bon Interesse ist besonder«, wir eine der angesehensten dieser Zeitschriften, der »Economist", über diese Finanzbrftimmungen sich äußert. Da» neue Fmanzvrviect — sagt da« Blatt — verdankt seinen Ursprung dem Wunsche, für Irland einen Ueberschuß von 500 000 Pfd. zu schaffen. Dazu hat Irland aber gar kein Recht, denu da« britische Reich besitzt keinen solchen Ueberschuß. Um einen solchen Zustand hrrbeizufkhrrn, ist die Beisteuer Ir land« zu den ReichSauSgabro so angeordnet worden, daß Irland aus den Kopf ungefähr 8 « 8 ck und jeder Engländer und Schotte 35 s zahlen soll. Der glückliche Irländer wird dafür nicht nur Alle- erhalten, was die Engländer und Schotten empfangen, sondern noch viel mehr. Stände Großbritannien allein, so könnte eS sich sehr leicht zu Hause und im AuSlande vcrtheidigen; Irland mit seiner kleinen Bevölkerung und seiner Armuth könnte da« nicht. Es würde gezwungen sein, seine Flagge auf jeder Sec insultirt zu sehen. Ein Einsall in Irland könnte leicht gemacht werden, und sollte e« sich in der Stunde der Gefabr mit Amerika oder Frankreich verbinden, so würde e« seiner Nationalität, worauf eS so stolz ist, für immer verlustig gehen. Wie die Sachen jetzt stehe», genießen feine Schiffe denselben Schutz wie die englischen; sein Handel ist so sicher wie der englische Handel, und seine Küsten leiden ebenso wenig wie die Großbritanniens von den Drohungen aus ländischer Feinde. Irland einen derartigen Ueberschuß zu schaffen, liegt daher nicht der geringste Grund vor. Rußland« Politik im Mittelmerre hat, wenn man den betreffenden Meldungen de« Petersburger Telegraphen trauen darf, für diesen Sommer eine Bereinigung de« nach Amerika entsandten russischen RrpräsentationSgeschwabers mit einem Tbeilr der baltischen Flotte in den Mittelmeergewässern in« Auge gefaßt. Bei dem Winde, der gegenwärtig in den höheren Regionen der politischen Atmosphäre Petersburg« weht, wäre e« grradezu befremdlich, wenn man sich dort nicht der traditio nellen Rolle erinnert hätte, die Frankreich im Mittelmeere spielt und zu deren Durchführung e« keine Kosten und keine Seerüstuugen scheut. Es ist daher nicht weiter verwunderlich, wenn von einem Zusammengehen de- russischen mit dem französischen Mittelmeergeschwader geredet wird: »Schöne Seelen finden sich zu Wasser und zu Lande". Die Thätigkeit der vereinten russisch französischen Mittrlmeermarinen würde sich selbstverständlich auf einige demonstrative Evolutionen und Flottenparaden beschränken, welche, ohne ihre Urheber auf irgend eine bindende Verpflichtung festzunageln, doch unter dem moralischen Gesichtspunkte bleibende Eindrücke schaffen würden, auch wohl schaffen sollen. Rußland« undFrankreichsMittelmeerpolitikver- solgt gegenüber dem englisch-italienischen Parallelvorgehen an nähernd gleiche Ziele, wie sie zu Lande dem militairischen Kräfte aufgebot de« Dreibundes gegenüber den gewaltigen Truppen ansammlungen im Osten und Westen der deutschen Grenzen erstrebt werden. Ihre Consequenzen werden nicht von heule auf morgen gezogen, sondern man hat eS hier nur mit einem weiteren Schachzug einer Politik zu thun, welche von langer Hand angelegt ist und di« friedliebenden Völker zwingt, stet- die Faust am Schwerte zu haben. Deutsche- Reich. L verltn, 3. Juli. Zahlreiche Reichstagsabgeordnete sind beute bereit« hier eingetroffen und man wird wohl ein von Anfang an gut besetzte« HauS und einen durch Beschlußunfähigkeit nicht gestörten Verlaus der Verhand lungen erwarten dürfen. Der Reichstag kann bekanntlich erst nach der in der ersten Sitzung erfolgenden Fest stellung der Anwesenheit einer beschlußfähigen Zahl von Mitgliedern in seine Geschäfte eintreten. Am Mittwoch wird voraussichtlich die Präsidentenwahl stattfiuden. Die Wiederwahl de« langjährigen Präsidenten v. Lcvctzow unter liegt wohl keinem Zweifel; dagegen sind die beiden bisherigen Vicepräsidenten , Graf Ballestrem (Centrum) und vr. Baum bach (Freisinn), bekanntlich nicht wiedcrgewählt. Die Frei sinnigen haben überhaupt keinen Anspruch mehr auf einen Sitz im Präsidium, an ihre Stelle treten die National liberalen. lieber die Candidatcn de« Centrums und der Nationalliberalen für die Präsidentenposten steht die Ent scheidung der Fractionen noch auS; was bisher über diese Entscheidungen verlautet hat, sind lediglich Vermnthungen. Heute Abend halten die meisten Fractionen Sitzungen ab. — Da der in Dresden und Alsfeld gewählte antisemitische ReichStagSabg. Zimmermann in crsterem Wahlkreis an genommen hat, so wird in Alsfeld eine Nachwahl nothwendig. Der Wahlkreis ist derjenige, wo das direkte Eintreten der Freisinnigen für den Antisemiten am offensten zu Tage trat, was die Niederlage de« nationalliberalen Candidaten gegen eine geringe Mehrheit in der Stichwahl zur Folge batte. Man sieht jetzt mit begreiflicher Spannung der Parole entgegen, die Herr Eugen Richter für seine An hänger in dem Wahlkreise bei der Nachwahl auSgeben und ob er auch seinerseits die Ansicht sich ancignen wird, für den Freisinn sei der Antisemit ein kleinere« Uebel al« der National liberale. U Berit», S. Juli. Infolge der Gewerbeordnung-Novelle vom 1. Juni 1891, sowie infolge de« Umstande«, daß bei Zu widerhandlungen gegen die BundeSrathSvcrordnungen, welche die Einrichtung und den Betrieb der zur Anfertigung von Cigarren bestimmten Anlagen betreffen, in letzter Instanz ein freisprrchradeS Urtheil ergangen ist, ist Anlaß gegeben, diese Vorschriften unter Aushebung der betreffenden Verordnung vom 9. Mai 1888 auf Grund der tztz. 120o und 139a neu zu erlassen; da« Plenum de« Bunde-rath« hat in seiner letzten Sitzung hierzu sein« Zustimmung gegeben. Im Wesentlichen gehen diese neue Bestimmungen dahin, daß da» Abrippen von Tabak und Sortire» der Cigarren in Kcllerräumen und Bodenräumen, welche unter nicht verschallen Dächern liegen, in Wohn-, Schlaf-, Koch- oder VorrathSräumen oder auch in Lager- und Trockenräumen verboten sein soll. Alle Arbeitsräume müssen mit einem festen und dichten Fußboden versehen sein, eine Höhe von Mindesten« 3 Metern haben und mit Fenstern versehen sein, welche geöffnet werden können. Auf jede beschäftigte Person haben mindesten« 1 Cubikmeter Luftraum zu ent fallen. In den ArbeitSräumca dürfen Vorrat«« von Tabak und Halbfabrikaten nur insoweit gelagert werden, als dieselben zur Tagesarbeit erforderlich sind. Das Trocknen von Tabak u. s. w. ist in diesen Räumen auch außerhalb der Arbeitszeit untersagt. Während dcrMittagSvause und nach Beendigung der Arbeitszeit müssen die ArbcitS- räume durch vollständiges Leffncn der Fenster gelüstet und die Fußböden und Arbeitstische mindesten« täglich einmal vom Staube gründlich gereinigt werden. Die Kleidungsstücke der Arbeiter dürfen nur dann innerhalb der Arbeitsräume auf- bewabrt werden, wenn dir« in ausschließlich dazu bestimmten verschließbaren Schränken geschieht. In besonderen Fällen kann dir höhere Verwaltungsbehörde auf Antrag de« Unternehmer in Bezug aus da« Lüften der ArbeitSraume Abweichungen gestatten, wenn anderweitig für eine ausreichende Ventilation gesorgt ist. In Bezug auf die Beschäftigung von Arbeiterinnen und lugendlichen Arbeitern wird bis zum 1. Mai 1903 be stimmt, daß die genannten beiden Kategorien in unmittelbarem Arbeitsverhältniß zum Unternehmer stehen müssen, durch andere Arbeiter weder angenommen noch abgelohnt, noch für Rechnung anderer Arbeiter beschäftigt werden dürfen, sofern dieselben nicht im Verhältniß von Ehegatten, Geschwistern und Desccndenren und Ascendenten stehen. Für männliche und weibliche Arbeiter muffen getrennte Aborte und getrennte Au«- und Ankleideräumc vorhanden sein, wenn über 10 Personen beschäftigt werden. Die vorstehenden Vorschriften be treffen alle Anlagen, in welchen Personen der Cigarren fabrikation beschäftigt werden, welche nicht zu den Familienmit gliedern des Unternehmers gehören. —Die Vorschriften über die Einrichtung in dem Betriebe der Bleifarben- und Bleizuckerfabriken vom 12. April 1888 haben insofern eine Abänderung erfahren, als der tz. 7 der gedachten Vor schriften nunmehr besagt, daß jugendliche Arbeiter in solchen Anlagen bis zum 1. Mai 1903 nicht beschäftigt werden dürfen und daß Arbeiterinnen bis zum gleichen Zeitpunkt in solchen Anlagen nur zugelassen werden dürfen, wenn sie mit bleiischen Producten nicht in Berührung kommen. Den Arbeitgebern soll aufgegcben werden, zu den nach H. 17 der oben angeführten Verordnung zu er laffenden Vorschriften, wonach Arbeiter Branntwein, Bier und andere geistige Getränke nicht in die Anlage bringen dürfen, hinzuzufügen, daß die Arbeiter im Falle der Zu widerhandlung gegen diese Vorschrift vor Ablauf der ver tragsmäßigen Zeit und ohne Kündigung entlassen werden können. — DaS Kaiserpaar unternahm heute früh einen Spazierritt. Später hörte der Monarch den Vortrag de« Chefs des CivilcabinetS und nahm die laufenden Marine vorträge entgegen. — Dem Vernehmen der „D. P. N." nach hat der Kaisrr- nachdem die Meldung von der Zustimmung deS Abgeordneten hauses zu den Beschlüssen deS Herrenhauses in Sacken deS CommunalsteuergesetzeS eingelaufen, auf telegraphischem Wege dem Finanzministcr vr. Miguel in huldvollsten Ausdrücken Dank und Anerkennung ausgesprochen! Wie ferner die „Nat.-Ztg." hört, hat der Kaiser vr. Miguel das Groß- kreuz des rothen AdlerordenS mit der Krone ver liehen. — Der Statthalter von Elsaß-Lothringen. Fürst zu Hohen lohe, ist mit dem ReichStagSabgeordneten Prinzen Alexander Hohenlohe hier eingetrossen. — Der Fürst zu Schaumburg-Lippe ist nach Bückeburg zurückgekehrt. — Baron Langen, nach dem Ausdruck de- Fürsten PutbuS der „Nährvater Ahlwardt'«", hat sich zum Eintritt in di« deutsch- konservativ« Fraktion ongemeldet. So berichtet die „Kreuz- zeitung". — Der BundeSrath trat heute zu einer Plenarsitzung zusammen. Vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Handel, Verkehr und Iustizwesen, nachher die vereinigten Ausschüsse für Zoll und Steucrwesen, für Handel und Ver kehr und für Rechnungswesen Sitzungen ab. — Der Reichstag wird seine erste Plenarsitzung morgen (DienStag) 2 Ubr Nachmittag« abbalten. Am Mittwoch wird das HauS zur Wahl des Präsidiums schreiten. „Mikitairisch-PaNtisH« Eorrrfpoad«»," «kt» dem Ergebnitz de« dreSjährigen Musterung«- von zuständiger Seit« mitgetheilt wird, auf — Wie di« «heilt, ist nach „ , . - . . geschäft« di« Zahl der wirklich drensttaualichea, zur Einstellung in den activen Dienst vora«»ustertrn Mannschaften, um SO000 bi« 100 000 Man» höyer al« drr gesammt« Recrutendedarf. — lieber da« Gefecht bei Kwamba meldet Lieutenant Storch, daß er die Bewohner diese« Orte«, di« mit Euro päern »och nie in Berührung gekommen sind, wegen ver schiedener Morde streng bestraft hat. Am 3. Mai brach Lieutenant Storch von Kitangi auf und nahm durch Ueberfall die Haupttembr von Kwamba, wobei viele Eingeborene gefangen genommen wurden. Nach dieser Uebrrrumpelung machten die Wakwamba (Wakagurn) mehrere Angriffe, die alle glücklich abgeschlagen wurden. Storch säuberte sodann dir umliegenden Bergabhänge und erreichte am selbigen Tage um 12 Uhr Mittag» wieder Kitangi. Nur zwei Suaheli-ASkari waren verwundet worden, wovon Einer durch einen vergifteten Pfeil. Die Beute umfaßte zwanzig Gefangene, 100 Ziegen, 30 Rinder und 8 Gewehre. — Die Abgeordneten Thomsen und Lauaerfeldt (bisher wild) sind der freisinutgeu Bereinigung beigetreteu. — Eine antisemische ReichStagS-Fraction kommt nicht zu Stande. Nachdem sich die Herren Böckel, Zinimer- mann, Hänichen, Lotzc. Lieber, Gräfe, Werner, Hirschrl^Köhler, Klemm bereits zu einer „Fraktion der deutschen Re form-Partei" zusammengeschloffen haben, wird von deutsch socialer Seite erklärt, daß auch die Deutsch-Socialen sich zu eiuer Sondergruppt zusammenschließen müssen. * Helgoland, 3. Juli. Die auS 16 Schiffen bestehende Manöverslotte unter dem Eommando des Admirals Schröder ist, von der Ostsee kommend, in nächster Nähe der Insel vor Anker gegangen. E« herrscht reger Verkehr zwischen drr Insel und der Flotte. Auch Prinz Heinrich ist anwesend. Der Abfahrt der Flotte nach Wilhelmshaven wird für morgen früh rntgegenzesehen. * Schwerin, 2. Juli. Die Nachricht, daß der Groß» Herzog zum Admiral ä la snito ernannt sei, beruht, wie den »M. N." Erfindung. * Witte». 3. Juli. Der Antisemit vr. «iiuig hat die Landi- datur in Hosgeismar-Riateln, wo der Antisemit Werner gewählt ist, angenommen. * Liege», 2. Juli. Dem ReichStagSabgeordneten Commerzien. rath Dresler in Creuzthal wurde gestern Abend ein imposanter Fackelzua von den Creuzlhalera und den Bewohnern der umlieaeo- den Ortschaften daraebracht. Herr Dre-ler entgegnet« auf eine An- sprach», die Angriffe aus sein» Perlon hatten ihn nur insoweit schmerzlich berührt, al« man sein« religiös« Gesinnung augetastet habe. (K. A.) tb. Jena, 3. Juli. Der für die preußisch«» StaatSbahuen zur Einführung gelangte AuSnahmetaris sür Torfstreu, Torfmull und Futtermittel findet vom 1. Juli an auch im Berkedr mit den Stationen der Saale-, Weimar-Geraer» Werra» und Zschippkau« Fiusterwalder Eisenbahn Anwendung. * Tarmftadt, 3. Juli. Der Grobherzog ist heut« Mittag zu den BermählungSseierlichkeiten nach Windsor abgereist. * München, 3. Juli. Die Wahlbewegung, sür da« Reich mit den Wahlen für die Nationalvertretung beendet, dauert für Bayern noch sort, da hier nun die Volk«. Vertreter für die Abgeordnetenkammer auf sechs Jahre zu Wählen sind. Die Wahlaussichten sind diesmal, so schreibt die „Allg. Ztg.", wenigsten« theilweife andere, al« sie nach den Ergebnissen der ReichStaaSwahlen zu erwarten waren. Bei letzteren hat der Rückgang der nationalen Gesinnung, den wir seit BiSmarcrS Entferonng vom Steuerruder de- Reiche« zu beklagen haben, die mangelhafte Anziehungskraft der Parole, die für die Wahl auSgegeben war und die Zurückhaltung der Regierung von jeder Ein wirkung zu Gunsten der Militairvorlage, der sie durch ihre Assistenz am BundeSrathStische ihre Zustimmung gegeben hatte, rin für den neuen CurS höchst un- günstiges Resultat geliefert: außer der Rheinpfalz, in der die Mehrheit der Wählerschaft stet« für nationalliberale Candidaten rintritt, konnten sich nur ein paar fränkische Wahlkreise zu einem Votum sür eine Regierungsvorlage aus- schwingen, die als LebenSbcdingung sür da« Reich bezeichnet worden war. Im bayerischen Landtag bandelt eS sich zumeist um finanzielle und kulturpolitische Fragen, nament- lick m Kirche und Schule. Für den Liberalismus sind hier Erfolge weniger ausgeschlossen, da di« Scheidung zwischen,ckKzzMiglen und Entschiedenen that. sächlich überbrückt ist y'nd für da« Hauptziel der Libe ralen: die Beseitigung derzeit zwei Jahrzehnten bestehenden Centrumsmehrhert, die-mal von anderer Seite eifrige Mitwirkung kommt. Wenn die Regierung im Gewährenlassen der freien Bewegung darauf verzichtet, al« politischer Factor ihren vermittelnden Standpunkt im Sinne der StaatSwohlfahrt ur Geltung zu bringen, so wird wahrscheinlich die neue "ahne der Wahrung wirthschaftlicher Interessen, die von drr Bewegung in der altbayerischen und fränkischen Bauernschaft aufgepflanzt worden ist, einen so ansehnlichen Thcils der bisherigen Gefolgschaft der Klerikalpatrioten ent führen, daß die bisherige Mehrheit zur Minderheit und die längst ersehnte Mittelvartei in einer landwirthschaftlichen BundeSgrnppe hergestellt wird — mit der sich freilich wieder >.'«> > > >-. >>'> >' was gewesen, und wenn eS Keiner that, wühlte sie selbe» un- Gufhörlich in den verblaßten Feyen der Vergangenheit. Lory tbat Alles, um der Mutter das gewünschte Behagen zu verschaffen. Und wenn sie in das zarte, weiße, seinzügige Gesicht sab, auf die sckmalen, durchsichtigen Hände, die so wenig die Müden des Lebens kannten, aus vaS ergraute Haar, da- einst so dunkel und glänzend gewesen und den Jahren nach noch hätte sein können — so ergriff sie der Schmerz darüber, nicht noch mehr für sie thun zu können. Als aus Veranlassung des Herrn von Schmertizs die höhere Töchterschule im Orte gegründet wurde, wurde Lory auf seine Fürsprache hin al- Lehrerin angestcllt, obwohl sic nickt geprüft und keine Zeugnisse aufzuweisen hatte. Er vermochte eben Alle«, und was Lory betraf, so halte sie bis jetzt noch nicht daran denken können, diese öffentliche Beglaubigung ihrer Fähigkeiten und ihres Wissens zu erlangen. In dem letzten Jahre ward eS für Lory etwa- leichter. TereSka war aus drr Schule entlassen und hatte ihr einen Theil der Last abgenommen, daß sie selbst theilweife dem Haus wesen Vorstand. VII. „Eben war Herr von Schmertizs hier", sagte der junge Pfarrherr zu dem Freund, eS war an demselben Tage, an dem Perfall bei der Gräfin gewesen. „Wärest Du nur zehn Minuten früher gekommen, so hättest Du ihn getroffen." „Ich bedaure die- nicht, denn ich wüßte nicht, was ich diesem Herrn «och zu sagen hätte", versetzte der Stuhlrichter. „Und was wollte er von Dir? oder war e« nur ein gewöhnlicher Besuch?" „Er bat mich, meinen Einfluß al» Freund bei Dir geltend zu machen, die ganze Angelegenheit ruhen zu lassen." Der zunge Beamte lächelte geringschätzig. „Also trotz der hohen Cvnnerionen! ... Ja, er weiß nur zu gut, waS für ihn auf dem Spiele steht!" „Ich meine auch, Franz, daß Du in diesem Falle milder denken und von einem strengen Verfahren absehen sollst. An diesen Mann ist nicht der gewöhnliche Maßstab zu legen." „Ein Schönredner ist er, der auch Dich bestochen hat!" antwortete Persall, „in meinen Augen jedoch rin ganz ge meiner Betrüger, nur — daß er Glacehandschuhe trägt.. . ." „Ich habe noch andere Bedenken", warf Pastor Kis ein. Der Mann ist sehr angesehen, hat viele Freunde; eS wird Streit und Zwietrackt geben in der Gemeinde, in der bl» jetzt der Fried« herrschte." „Es Würde mir Leid thun, wenn Du Unangenehme« davon hättest, Stefan, aber selbst diese Rücksicht könnte mich nicht zurückbaltcn, da« zu thun, was meines Amtes ist." „Und ich wäre der Letzte, der diese Rücksicht fordern würde, Franz, Du kennst mich! Nein, in meinem Herzen spricht etwas für diesen SchmertizS; er hat ja auch viel Gutes sür die Stadt gethan, sozusagen Ersatz geleistet." „Dies Gute hätte die Stadt mit ihren eigenen Mitteln für sich thun können", sprach Perfall unbeirrt. „Die Stadt bat nichts davon gewußt, und hätte eS viel leicht auch niemals erfahren." „Derselbe Zufall, durch den eS Herr von ScbmertizS er fahren, hätte eS eine» Tages der Stadt verrathen können. Und sind das RccbtSgründe?! Auf diese Weise dürste man ja stehlen, betrügen, wenn dann nur den: Beschädigten heim lich in Etwas vergütet wird! Bedenke doch nur, Stefan, daß bei einer derartigen Auffassung Recht, Sicherheit, Moral, und Alles, waS die Gesellschaft zusammenhält, in Trümmern gehen würde! Und glaubst Du denn, Herr von Schmertizs habe dies Alle- au» reinem Wohlwollen für die Stadt ge- tban? Du irrst, eS hing mit seinem Interesse eng zusammen. Die Verbesserungen und Verschönerungen, die er dem Städtchen zu Gute kommen ließ, dienten zur Hebung und zum Empor« blühen seines eigenen Unternehmen-; wenn der Badeort in der Nähe eine« schönen, gesellig angenehmen Orte« lag, so war die« eine Zugkraft mehr. Warum hat er denn nicht» für die Gräfin Satwar und ihre Kinder gethan? Da- lag doch viel näher und hätte keiner Hunderttausende bedurft; eS war aber außer dem Bereiche seine- VortheilS, denn e- hätte ihm weder den Adel ringebracht, noch ihn zu einem berühmten angesehenen Mann gemacht." DaS letzte Argunient war schlagend, und Pastor Ki« sah «in. daß er aus den Weg de« falschen Mitleid- gerathen war, was bei ihm bei seiner großen HerzenSgüte nur zu häufig geschah. „Ich war bei der Gräfin Satwar heute", erzählte der Stuhlrichter dann weiter, „die Bermuthung liegt nahe, daß sie in derselben Weise wie di« Stadt von Schmertizs ge schädigt worden ist." „Du warst dort", fragte Stefan lebhaft, und man sah seinem Gesichte an, mit welchem Intrresse er diese Mitthcilungen aufnahm. „Nun, welchen Eindruck hat diese Dam« aus Dick gemacht? Man nennt sie hier die kindische Gräfin, und ich muß sagen, daß dieser Ausdruck einigermaßen gerechtfertigt ist, wem» uh auch etwa« wir Mitleid empfinde, wenn ich sie sehe, so vornehm, so herablassend und doch so ärmlich und verblichen ... arme Frau!" Sie verdient ihren Namen redlich", meinte Persall, sie scheint auf der Kindheitsstufe stehen geblieben zu sein, aber zwei Knaben sind da, ein herzerfreuender Anblick, feurig, über- schäumend und doch voll gesunder Naturgaben! Möchtest Du Dich Ihrer nickt annehmen, Stefan? Schon um dein armen Mädchen, der Tochter, die Last in Etwas zn erleichtern" . .. Und er erzählte ihm, wie er über ihn verfugt, ohne ihn erst zu fragen. Der auflenchtende Blick deS jungen Mannes zeigte, wie sehr ihn der Antrag beglückte. „Hast Du auch Conitesse Satwar gesprochen?" fragte er dann. „Ich kenne da« junge Mädchen von der Sckule au», wo sie Lehrerin ist und wo ich auch den Religionsunterricht überwache. DaS ist eine edle, herzgewinnende Erscheinung." „Hut ab vor solchem Mädchen!" versetzte Perfall, und ein eigener warmer Ausdruck leuchtete in seinen Augen auf. „Eine solch reine und muthige Hingabe an ernste, schwere Pflichten zwingt mir die höchste Hochachtung ab, Menschen aber, wie eS dieser Schmertizs ist, verachte ich auS tiefster Seele." ,Aer Kampf wird diesmal nicht auSbleiben und leicht wird er auch nicht sein", meinte Stefan nicht ohne Unruhe. „Der Mann wird seine Macht gegen Dich gebrauchen; er wird die ganze Stadt gegen Dich aufwiegeln und Dir Deine Stellung noch mehr erschweren." ,,, „Mag er!" versetzte der juttAL.Mann unbeirrt. „Dies wird mich nicht im Geringsten hindern, meine Pflicht zu thun." Pastor KiS hatte mit seiner Befürchtung recht, er blieb nicht der Einzige, bei dem Herr von Schmertizs inlervenirte. Al» er an jenem Tage von der Unterredung mit dem Stuhlrichter nach Hause kam, war da« Erste, daß er eine Depesche an seine Tochter sandte, worin er sie bat, umgebend nach Hause zu kommen, da schlimme, unerwartete Dinge im Gange seien, die ihre Anwesenheit unverzüglich erheischten. Einige Stunden später hatte er die Antwort i» Händen. „Komme nicht, wird erst jetzt amüsant. Deine Wilma." Schmertizs trlegraphirte zwar noch einmal und noch diktatorischer, aber er wußte nur zu aut, daß, wenn seine Tochter einmal nein gesagt, e« dabei blieb. Er füblte sich die ersten Tage ganz unglücklich und dilsloS. Er war seit dein Tode seiner Frau gewobnt, mit seiner klugen, schönen Tochter, die er abgöttisch lieble, jeden wichtigen und unwichtigen Vorfall im Lebe» zu berathcn und zu besprechen, und jetzt war sie fern, war er allein. Es war auch rin Blitz an« beiterem Himmel für ihn; denn in all diesen Jahren war seine Sicherheit nicht gestört Worden. Er hatte die Briefe vernichtet gewähnt, und in Herrn Bliran's Interesse hatte e« ja, wie in dem seinen gelegen, zu schweigen. Wer wußte sonst noch von der Sache? Wer hätte sie verrathen können? Nun aber befanden sich diese Briefe in den Händen jenes Mannes und drohten, eia fürchterlicher Zeuge gegen ihn zu werden. So sanguinisch Herr von Schmertizs auch sonst war, diesmal täuschte er sich über die Tragweite der Sache nicht hinweg. Da kam ihm ein rettender Gedanke: Wenn er sich mit der Stadt auSglich? War da- nicht da« Beste? Ein paar Tausende genügten dazu. Er batte ja so viele Freunde un Orte; außerdem hing da« Interesse so Mancher mit seinem eigenen zusammen. Marko, Paulu, Stephany und noch einige Andere hatten seit Jahren die Lieferungen für die Bauten in Händen und waren reich dabei geworden; würden sie ihn fallen lassen? Ja, ein Vergleich war da« einzig Richtige. Und welche Genuglhunng, wenn er den Angriff diese« gestrengen Herrn Stuhlrichter« zu paralystren vermochte! An die Gräfin Satwar dachte Schmertizs dabei sv gut wie gar nickt. Zu nächst berieth er sich mit seinem RechtSbeistande, Advocat Nowak, darüber. „Da« wäre auf alle Falle gut", meinte dieser. „E« würde Dir bei den höheren Instanzen zu Gute kommen, wenn dieser unbeugsame Mann doch aus einem Proceß beharren würde. Doch stelle Dir da« nicht so leicht vor; glaub« nicht, daß Du lauter Freunde hast. Bei solchen Anlässen ist e« wie bei einem Waldbrande: an Stellen, an die man gar nicht gedacht hat, züngelt die Flamme hervor . . Und wie sehr der erfahrene Mann Recht hatte, sollte Herr von Schmertizs nur zu bald erfahren. Im großen Saal de« neuen GerichtSgebaude«, wo di« städtische Verwaltung auch ihre Sitzungen abhielt, versammelten sich unter dem Vorsitz de« Stadthanptmann« die Beiräthe der Stadt. ES waren erschienen: Marko, Paulu, Stephany, drr Doctor, Apotheker Ianowitsch und Hotelbesitzer Strakosch, und Alle hatten gar ernste, feierliche Mienen aufgesetzt. Es war ja außerordentliche Sitzung, ein gar ernster Fall lag ja vor, der die Gemülher im Orte bereit« erhitzt und ausgeregt hatte. (Fortsetzung solgt.)
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