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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.05.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-05-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930517020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893051702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893051702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-05
- Tag 1893-05-17
-
Monat
1893-05
-
Jahr
1893
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ES soll durch diesen Hinweis augenscheinlich die Meinung verbreitet werden, Gras Eaprivi werde auch mit einem Reichstage, dessen Mehrheit aus Freunden des Antrags Huene bestellt, nichts aiizufaiigcii wissen und nichts Segensreiches zu Stande bringen. Wir geboren nicht zu den Bewunderer» des Grafen Eaprivi und seiner Taktik, aber darüber kann doch kein Zweifel bestehen, daß er die HeercSresorm zu Stande bringt, wenn nur der Reichstag die rechte Zusammen setzung erhält. Lb er in diesem Falle auch sonst eine glücklichere Hand als bisher zeigen wird, kann einstweilen ganz außer Frage bleiben. Gelegenheit zum Lernen hat er jedenfalls gerade bei der Beratstnug der Militairvorlabc gehabt. Hat er diese Gelegenheit benutzt, so wird dies für die Behandlung der weiteren Ausgaben des künftigen Reichs tags von den besten Folgen sein müsse». Sollte cs ihm aber nach der Verabschiedung der Militairvorlage nicht gelingen, mit einem günstiger zusammengesetzten Reichstag besser auS zukommc», als »nt dem aufgelösten, so würde wahrscheinlich nicht wieder zur Auflösung de« Reichstags, sondern zu einem anderen Mittel gegriffen werde». Lb das »Ltbig sein wird, kann, wie gesagt, jetzt völlig außer Frage bleibe». Jetzt handelt cS sich lediglich darum, ob Anhänger oder Gegner einer ausreichenden Stärkung der LandeSvertheidiaung gewählt werden, und die Antwort hierauf kan» für nationalgesinnte Kreise nicht zweifelhaft sein. Der Umstand, daß Fehler der NcaiernngSpolitik n»S in die jetzige Zwangslage haben führen Helsen, ändert hieran gar nichts. Es wäre mehr als kindisch, wenn jene Kreist den ReichSkanrler für seine verfehlte Taktik dadurch strafen wollten, daß sie die Hände in den Schoß legten und dadurch den Gegnern einer ausreichenden Stärkung der LandeSvertheidigung zum Siege verhälfen. Sie straften dadurch nicht nur den Reichskanzler, sondern auch sich selbst und da- Reich. Jeder, der von der Wahlurne sernbleibt, weil er seine Gegnerschaft gegen den jetzigen Reichskanzler dadurch bethätigen will, tragt dazu bei, unser Vaterland schweren inneren und äußeren Krisen cntgcgcnznfiihreii. Zu dem nachgerade zum Mythus werdenden Wahlaus rus des Centrum«, der sich zum Zweck der Sammlung von Unterschriften noch immer auf Reifen befindet, deutet die „Germania" an, er beschäftige sich mit der Militairvorlage der Regierung und dem Antrag Huene der Art, daß kein Anhänger beider aus Grund dieses Wahlaufrufes gewählt werden könne. Wenn der alte Windihorst noch lebte, so würde ein solcher Wahlaufruf nicht erlassen werden, ja c« würde wahrscheinlich zu der jetzt das Land erschütternden KrisiS gar nicht gekommen sein. Der alte EentrnmSsührer war zu Nug und weitblickend, und wenngleich auch er im Jahre 1887 die Katastrophe nicht abgewandt bat, so hätte cr sich doch-ohne Zweifel au- den damaligen schlimmen Er fahrungen eine Lehre für seine Haltung bei der jüngsten Ent scheidung gezogen. Aber täppische und schwache Männer, roin allcrcngberzigstcn ultramcntanen Parlciintercsse beseelt, haben nach feinem Tod die Leitung übernommen und führen tie Partei in einer Position in den Wahlkampf hinein, welche ton Zustand der freisinnigen Partei an Zerfahrenheit. Zer rüttung und Auslösung fast noch übertrifft. Die besten Männer vom rechten Flügel, die zu einer Verständigung ge neigt waren, haben die Flinte in« Kor» geworfen und ziehen sich aus dem politischen Leben rurück. Die Wenigen, die den Kampf noch aufzunehmen den Mnlh haben, werden von ihren Feuilleton. La-y Sibylle. Roman von >l. Schroedrr. »iachiriiä verboten. 20j (Fortsetzung.) Zweites Buch. 1. Eapitrl. Der Septembrrmonat tbat sein Möglichste«, um für den jammervoll verregneten Sommer Entsclladmung »n bringen. Besonder« beute Mittag machte er seine Sache so gut, daß PcrteepSesähnrich Hans von Hatzleben schon dreimal über „mord-mäßige Hitze" gestöhnt halte. Aus der baumlosen Landstraße, die von Annaburz nach der Eisenbahnstation Neuland führt, schritt er neben seiner älteren Schwester, die ibrerseit« tie Gluth der Atmospbäre turchau« nicht zu empfinden schien. Während ibm der Schweiß von der braunrothen jungen Stirn perlte, schimmerte die ihre so weiß und kühl wie rin Rosenblatt. „Dn hast Fischblut in den Adern", sagte er, neidisch zu ibr ausblickend. „Nein", antwortete sie mit kurzem Kopfschüttrln, „aber ich habe rin gute« Abküblmittel in meinen Gedanken " „Was ist'« denn nun schon wieder?" brummte er. „Wa< sollte e« sein? Immer die alte Misöre!" „Donnerwetter, Mädchen! So schlag' sie Dir doch endlich an« dem Sinn!" „Du hast gut reden", lachte sie bitter, „Du darfst ibr wieder einmal den Rücken drehen Mich grinst sie, wenn ich brimkomme, nach wie vor au« jedem Zimmerwinkcl an " „Ich bade sie gar nicht grinsen sehen", erklärte er ver drießlich. „Ein hübsche« Hau«, rin netter Garten — ich be greife gar nicht, war Ihr mehr verlangt! Ihr saht ja auch ganz zufrieden au«!" „L natürlich hatten wir unsere Sonntag«miene ausgesetzt, dem Nesthäkchen zu Ehren! Uebrigen« sind» ich Deine Be- eigenen Parteigenossen auf« Heftigste angegriffen. AuS dem unterwüblten gährciiden Grunde der ultramontanen Wähler schaft steigen bedenkliche unhemilich« Gestalten, die Sigl, FuS- angel und Lensiiig, empor. Mit einer solchen Partei wird in Zukunft keine Regierung mehr rechnen können. Wir baden stet« die nach den natürlichen Verhältnissen in Deutscklaiiv ganz unberechtigt starke Machtstellung deS Eentnims für einen Krebsschaden in unserem politischen Leben gebalten. Wir können daher die immer deutlicher hervorlrelcnden Anzeichen, daß cS mit der entscheidende» Nolle dieser Partei zu Ende gebt, daß sie geschwächt und in ihrer Zusammensetzung und ibrem Ebarakter wesentlich ver ändert in den Reichstag zurückkebre» wird, nur mit Gcnug- thuung begrüßen. In dieser Hinsicht lönne» die Reuwablen eine Besserung in den Grundverbällnissen unsere« politischen und parlamentarischen Lebens herbeisühre», und da« wäre ein Ersatz für die tiefe Beunruhigung und Aufregung, die jetzt unser Volk durchzieht. Ucber die Zuchtlosigkeit im belgischen Heere ist schon manche erstaunliche Meldung gc»iack,t worden. Neuer dings scheint rS, wie bereit- kurz gemeldet, besonder- da« in Antwerpeii'Berchem liegende Genieregiment zu sein, das die öffentliche Aufmerksamkeit auf sieb in hervorragendem Grate zu lenke» bemüht ist und auü dessen Mitte i» der letzten Zeit nicht weniger als 4V Soldaten wegen llnbotmäßigkeit bestraft werden mußten, da die Socialdemokratie gerade in diesem Regiment außerordentlich viele Anhänger bat. Wie noth- wendig daher in Belgien eine Hecresreform ist, welche allein noch die socialistische Propaganda im Heere einzuschränke» vermag, zeigt auch folgender Aufruf, den wir der „Köln. Z." cntnchiiien: „An da» Genie-Regiment! MineurS tOieniesoldate»), Freunde! Euer Auftreten während diejer Woche hat einen unglaubliche» Ei», druck hervorgerujeii. Alle Zeituiigen der gesitteten Welt baden die Nachricht davon milgetheilt. Di» reiche Bürgerclaste hat mit Staunen und Schrecken wabrgenominen, daß di» besten Regimenter nacheinander merken taffen, daß belgisch« Arbeiter in Uniform müde werden, für Andere zu dienen, deren Besitzlhum zu vcrtheidigen, um z»m Lohn dafür wie Hvsyunde behandelt zu werde», denen man «inen Knochen zu »agen gtebt. Die Arbeiter ihrerseits haben mit großer Benugthuung bemerkt, daß ihre Ardett-ciiisteUung, wo- bei sie sich und ihre Kinder zum Hungern veruttheilten, sür ihr und auch euer Recht kein vergebliche« Opker gewesen ist; sie haben ein theilweisr« Wahlrecht für sich und für euch erobert, für den Zeitpunkt, wo ihr die llaserne verlassen diirst; »unmehr erkennen sie, daß ihre Genossen und Freunde, die noch für eine Zeit in der Caserne etngesprrrt sind, ihr« Gesinnungen »heilen und dieselben Mittel gebrauchen, sich Recht zu verschaffen, dabei auch erfolgreich. Wenn die Soldaten ansangcn, Widerstand merke» zu lasse», dann ist da« Ende der Zwangsherrschast nahe und die arbeitende Classe mag einer schönen Zukunft ciilgegcusehen. Tie Handlung der Pioniere ist ei» Hoffnungsstrahl sür alle Unter- drückten. Wenn die Arbeiter, ans« Aeußerste gebracht, die Zähne zeigen, stellt man ihnen Ba,oiielte gegenüber; wenn indeß di» Mordwaffen in euren Händen nicht inehr gebraucht werden, dann fällt der ganze gegenwärtige Kram von Unterdrückung »nd Willkür, von Elend und zkuiniiicr auf der einen Seite, von maßlosem Reichthum a»s der anderen. Pioniere, Soldalenbriider, ihr habt euren Bor- gesetzten mißfallen, ihr habt euch die Ziiiieigung der arbeitenden Elasfe erworben. Doch eine Pflicht noch habt ihr zu erfüllen. Unser« Unterdrücker, di« auch die c»rige» sind, wecken den persönlichen Wetteifer zwischen Reitern, Kanoniere», Genie- und Linieiittuppen gegeneinander auf, fo daß da« von den einen vollbrachte nützliche und sreiheilliebeiide Werk häufig »»frei- willig durch andere vernichtet wird, auS reinem Neid, den die Ge- nossen i» ihrem eigene» Nutzen unter euch aussäen. Ui» z» einer gemeinsamen Wirksamkeit z» gelangen, müßt ihr anshörrn, einander zu beneiden, und dazu seid ihr die Rechten. Ihr, MineurS, müßt die anderen Truppe» ausmuntern, anstatt sie zu beschimpse», vo» ihnen verlange», daß sie lick) ebenso muthig zeige» als ihr. Tos beste Regiment muß den ersten Schritt thu». An euch ist eS, die ganze Garnison z» bearbeite» Wackere Mineurs, die Arbeiter rechnen auf euch. Einige frühere Unterossiciere und Soldaten vom Genie und de» Linientruppcn." ! —- I ^ — !. — merkung reizend! Ein netter Garten — ha, ha! — zwanzig Fuß im Geviert und nicht« wie Bohnenstangen und Koblköpfc darin! Ein bübsche« Hau« — ba, ba, ha, ha! — am Eure hat auch die Einrichtung der Zimmer Deine» Beifall?" „Nun, ich meine doch, eü sind dieselben Möbel, die wir im Schlosse hatten,"' „Da- ist ja eben der Unfug! Dieselben prächtig geschnitzten Eichenholz-, Rococo» und Empiremöbrl, die für die getäfelten Rirsrnsäle, die atla«zesi>tterten Salon« »nd Boudoir« im Schlosse wir geschaffen waren, sieben nun in kleinen, niedrigen grelltapc- zirtcn Stübchen eng zusammengepfercht. Weiß Gott! es siebt au« w>e beim Trödler >n unseren vier Wänden. Ich »irine immer, wenn Einer kommt, er wird sich nach dem Preise der alten Scharteken erkundigen." „So miethet doch größere Räume in der Stadt!" schlug er beklommen vor. „Du guter, dummer Han«! Man dort wabrbaitig Deine achtzehn Jakre, aus die Du so stolz bist, aus Deinen Worten nicht berauS Dreitausend Mark jährlicher Einnahme hat die Mutter, davon gehen dazu Tausend sür Dich ab, und nun bitte ich Dich »in Alle« in der Welt, wie sollen wir mit dem jämmerlichen Sümmchen, da« übrig bleibt, »iiS näbren, kleiden und obendrein noch den gesellschaftlichen Ansprüchen genügen, dir die Stadt an uii« machen würde?" Han« blickte bedrückt aus seine bestaubten Stiefel nieder. „E< thut mir scheußlich leid, Irene", murmelte er endlich. „Was denn?" „Daß ich auch so viel Geld kosten m.'.ß! Aber", setzte er unternebmend binzu, „ihr sollt'« wieder haben!" „Natürlich!" lachte sie. „Wenn Du Lieutenant bist und dann — ha, ba! — nicht etwa selbst noch Zulage gebrauchst!" „Du magst spotten, soviel Du willst, ich — ich — Irene, wa« fällt Dir ein?!" Sie batte ibren Sonnenschirm zur Erde geworfen, seinen Kopf zwischen ibre beiden Hände genommen und küßte ihn trotz heftigen Widerstande« aus de» Mund. „Ich svotte ja nicht", stieß sie hervor, „Du bist ein guter Junae, Han- — tausendmal besser als ich!" Er sah ihr ganz verdutzt in da« gerührte Gesicht. „Irene —", begann er. Atalten vom Frieden-bunte losznreißen, war schon seit langer Zeit da- eifrige Bestreben mancher franzö sischen Politiker, und ist eS seit der Ronisabrt des dentscken KalserpaareS mcbr als je. Wissen diese Leute doch recht gut, daß in Italien dieser FriedenSbund nur bci den Anhängern der Dviiasne und teS monarchischen PrincipS beliebt, dagegen den Republikanern in tiefster Seele verhakt ist und daß ibre ganze Svmpathie Frankreich gehört. Wenn man sich in Frankreich aber einbilket, die königlich gesinnten Drei- buiitaiibänger machten die Minderzahl des italienischen Volkes ans, so lauscht man sich ganz gewaltig Langjährige schlimme Erfahrungen, welche Italic» »nt der französischen „Freundschaft" und „Uiicigeniiützigkcit" bat machen müssen, sind a» den dortige» Staatsmänner» nicht unbeachtet vvrübcrgegaiigcn, im Gcgentbeil, sie haben a»S ihnen gelernt, und nicht zum wenigsten steht der Drei bund tarnin so hoch in der Wcrtbschätzuiig jenseits der Alpe», weit er dein Znrncksinkcn Italiens in das frühere dc- miitbigeiide BasaUcnvcrhältniß Frantreich gegenüber einen so kräftigen Riegel vorschiebt. Der französische EbanviiiiSmuS sieht das reck't wobt ein, aber cr will sich die für il»> beschämende Wahrheit nicht gestehen, so lange er »och Hoffnung hegen n dürfen meint, das halsstarrige Italien eines Besseren clehren zu können Er möchte cö gar zu gern dahin bringen, daß Italien sein Berbältniß z» den centralen Kaiserreichen löste, damit er selber dann freie Hand erhielte, feine Karten so zu mischen, wie cs seinem politischen Hasardspiel am zuträglichsten erscheint. Einstweilen sind daS nur fromme Wün>cke und der sranzösische EhaurinismuS kann, wen» cS durchaus sein muß, sich auch musterhaft in Geduld fasse». So jetzt, wo in Deutschland die Frage der Er haltung der nationalen Wehrkraft aus dem parlamentarischen Spiel steht und, wie ganz Frankreich ausnahmslos hofft, a» der parlamentarischen Klippe retlnngslo« zu Grunde gehen wird. Das Schauspiel de- in sich selbst zusammen brechenden deutsche» ReichSorganiSniuS soll dann die Italiener als reuige Büßende ^n dem mit offenen Armen wartenden und „verzeihenden" Frankreich zurücksühren Ist es erst ein mal soweit, dann könnte Frankreich vielleicht auch ohne vor- gängige Genehmiguiig seiner panslawistischen Gönner an der Newa das KriegSglück versuchen und sich dabei eventuell von Italien die Kastanien aus dem Feuer holen lasse». Die befremdliche Thatsache, daß EornelinS Herz, die eigentliche Triebfeder im französische» Paiiaiiia-Scandal, »ach wie vor ulibcbeUigt sich in England aufbält und daß trotz aller angeblichen Verbandlniigen feine Auslieferung an Frankreich seitens der großbritannifchen Regierung auf sich warte» läßt, legt die Vcrmutbung nabe, daß der französischen Regierung selber gar nickt so sonderlich viel daran gelegen ist, diesen Mann an Frankreich endlich auSgeliefert zu sehen. Als eigentlichen Grund dieser Gleichgiltigkeit betrachtet man wobt nicht »iit Unrecht die Bcsnrchlung, daß dieser samof'e EornelinS Herz vor »enc» Enihülliiiigeii nicht zurncksckrccken würde, wenn er einmal wider Willen nach Frankreich znrück- kebrcn müßte. Nun kündigt aber Henry Rochesort im „Jntransigcant" in aller Form einen von EornelinS Herz selbst an-gebenken Feltzuga». „Wirscheuen uns nicht.vorberzuiagen", schließt Rockesork, „daß vor Ablauf vo» vicrzek» Tagen das Schicksal des EornelinS Herz z» seiner vollständigen Befriedi gung geregelt sein wird." Her; will, wie bervorgehobcn wird, der „Komödie" endlich ein Ende macken und seine Bedingungen stellen, da „er in seinen Koffer» mrbr als das Zwanzigfache der »othwendigen Tocuinente besitze, »m die Hälfte der Mit glieder beider parlamentarische» Körpcrschastcn zu Grunde zu richten." Drei Bedingungen werden von EvrneliuS Her; gestellt, und zwar soll zunäckst die Familie Rcinach ver anlaßt werde», bei dem Liquidatvr Joubert dalnn zu wirlen, daß er die gegen EornelinS Her; aiigcslrengle Klage auf Rückerstattung einer Million zurückziehc und ein Arrangement herbcisübre. Ferner soll die aus das in Paris bcsindliche Eigcnthum des Evrnelius Herz gelegte Beschlag- nabnie sofort aufgehoben werten. Ebenso soll da- Aus- liescrungSgcsuch enkziltig und in aller Form zurück gezogen werden. Der frühere Vertrauensmann fran- 'öffscker Minister verlangt jedoch noch weil mehr: Ein Nitglicd deS früheren Ministeriums, Ribot oder Bourgeois, oder, falls die« nicht anzinge, Elemenceau soll in einer öffentlichen Rede „an die von EornelinS Herz der Wissenschaft und der französischen Nation geleisteten Dienste erinnern'. So bescheiden ist diese eigentliche Seele des PanamaseantalS. Lb eS sich nur um leere Renom misterei Henri Rochesort« und seine- Gewährsmannes bandelt, wird sich sehr bald zeige», da in den Enthüllungen selbst eine vicrzchntäzige Frist sür die Erfüllung der Be dingungen gestellt ist. Deutsches Reich» tzrj verltn, l<». Mai. Die Plenarsitzungen de« Bundes» ratbS werden bekanntlich regelmäßig am Donnerstag ab- gehaltc»; daß in dieser Woche der Mittwoch beliebt wurde, bat seinen Grund darin, daß am Donnerstag da- Kaiscr- dtilkmal in Görlitz cingeweibt wird, wodurch an diesem Tage der regelmäßig den Vorsitz im BnndeSrath führende StaatS- ministcr v. Bötticher, sowie mehrere andere Mitglieder de- Bundesratbs von Berlin fern gehalten werden. Außer den bereits tclegrapbisck gemeldeten Novelle» ziim MilitairprnsionS- li»d znni Wuckergesetz stehen auch die Vorlage über die auf den Eisciioahiicn Deutschlands noch vorhandenen Abweichungen von dem Normalprosil des lichten Raumes, sowie der Ausschuß bericht über den Entwurf einer Vereinbarung erleichternder Vorsckriften sür den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschland- »nd Luxemburgs rücksichtlich der bedingungsweise zur Beförderung zngclaffenen Gegenstände ans der TageSordi»in»z. — Heute Nachmittag war auch, wie bereits gemeldet, da-StaatSministerium zu einer Sitzung zusainmengetrcle», der auch der Reichskanzler, der Kriegs »linister v.Ka l tenborn-Stackau und der StaatSsecretair im Reichsschatzamt von Maltzahn beiwohnten. Gutem Ver nebmen nach soll die den, neuen Reichstage vorzulegende Militairvorlage de» Gegenstand der Berathungen ge bildet baden, sowie die zu beschaffende Deckung. In der Thal soll nicht die frühere Vorlage wieder eingebracht, son dern, der Zusage de- Grase» Eaprivi entsprechend, rin Entwurf auf Grundlage des Antrages von Huene im preußischen Krieg-Ministerium anSgearbeitet werden. Zur Ausbringung der Mittel wird zwar die AuSdeknung der Börseiistciier wieder in Betracht genommen, dock will man nicht ans die dem vorigen Reichstag vorgc- schlagencn Novelle» zur Branntwein- und zur Bran- stcuer znrückkomnicn. -- Die Wicdcrbcsetziiiig der Stelle teS SlaatüsccretairS im Rcichsjustizamt siebt un mittelbar bevor. Für den Posten ist der gegenwärtige IlnterstaatSsecretair im preußischen Justizministerium, Herr von Nebe-Pslngstedt, ein anerkannt tüchtiger Jurist, ans- crseben. Man hat sich aber an maßgebender Stelle davon überzeugt, daß die Leitung des ReichSjustizamtS die ganze Kraft eines tüchtigen Mannes in Anspruch nimmt. Des halb wird der Vorsitz sür die Commission zur Bc- rathung de- Bürgerlichen Gesetzbuchs ferner nicht mehr mit dem Staatssccretairpostcn des JustizaintS vereint bleiben. Man befft so auch eine Beschleunigung der Arbeiten sür daS Bürgerlicke Gesetzbuch berbeizusübren. — Der Tod bat hat bexte einen hedeuteiiden Gelehrten und liebens würdigen Menschen in der Vollkraft der Jabre dabingerafft. Der Geb. RegierungSratb Professor Ilr. Schottmüller» der Leiter deS archäologischen Instituts in Rom, ist beute Vormittag in Berlin an den Folgen de» Malaria-FiebcrS gestorben. Cckoltmüllcr war vordem an der Lichterfeldcr Eadcttcnanstalt tbälig »nd erfreute sich der besonderen Gunst deS Kaisers, welcher ih», so oft cr nach Berlin kam, durch häufig« Einladungen znni Frühstück und zu den „Hcrren- Abcnten" auSzeichnete. SchotlmüUcr ist kaum fünfzig Jahre alt geworden. „Ich weiß, was Du sagen willst", siel sie il»n beiter ins Wort. „GesüblSanSbrüche ans offener Landstraße sind meiner Fähnrichsseele ein Greuel! Aber — ich konnte wahrlich nichts für diesen!" „Du irrst, Irene, ich wollte n»r sagen, daß für Dich daS Elend doch ein Ende hat, sobald Tn Northeim hciratbcll." „So? Hal'S dann ein Ente?" fragte sie mit einem Zucken der Lippen. „Nun, ick, meine doch, er ist einigermaßen wohlhabend." „Einen Bettler kann nian ihn wenigstens nicht nennen", bestätigte sie. „Und ein guter Mensch ist cr auch!" „Ist er auch", wiederholte sie mechanisch. „Irene?" Sie wandte sich mit einem heftigen Kopfschüttcln zur Seite. „Du hast ihn doch gern, Irene?" fragte er leise in be stürztem Tone. „O gewiß, ich habe ihn gern", antwortete sie, „aber — ob er da« Glück ist, HanS? Mitunter, siehst Tu, ist mir'«, als batte ich da» Glück — verscherzt" Während cr sprachlos und erschrocken stand, bückte sie sich hastig, den Sonnenschirm auszuhebcn. „So", sagte sic tan» in gänzlich verändertem Tone, „jetzt wollen wir die Sacke ruben lassen »nd ein bischen rascher gehen, damit wir Len Zug nicht verfehlen!" Jedes mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, schritten sie »un »cbciiciiiander bin, bis bei einer Wendung de« Wegc« daS Stationsgebäude sicktbar wurde. Hier kam ihnen im gestreckten Galopv rin Reiter entgegen. So unerwartet war sein Aiistauchcii, so blitzschnell war cr vorüber, inan batte kaum Zeit strbabt, ihn zu erkenne» in der dichten Staubwolke, die ihn cinhüllie. E» selber balle anscheinend Niemand erkannt. Mit fast verstörtem Bück begegnete Irene s Auge dem tc« Brutcr«, daS cigembümlich forschend an ibr bastele „Wußtest Tu eS?" stieß sic in gedämpftem Ton hervor. „Daß er wieder hier ist? Nun ja, Friedrich rrzäblte mir « neulich." „Und Du sagtest nicht- davon?" „Hatte keine Idee, daß eS Dich iateressiren würde'." Der spöttische Klang dieser Entgegnung schien ihr nicht aufznsalle». „Er ritt »ach ESkorf", murniclte sie. „Hatte verzweifelt Eile, in daS aufgcstöberte Wespennest zn gelangen!" lachte HanS. „Na, wobl bekomm'-!" „Ist etwas los in Esrors?" fragte sie, hastig ausblickcnd. „Der Teufel ist lo»! Tic Arbeiter sind in vollem Aufruhr." „Großer Gott! weiin ihm etwas passirtc!" Sic war ganz blaß geworden bci den Worte». Er sah eS und f»br crsckrcckcii auf. „Ich will nicht dessen —" „Nun?" machte sic verwundert, als er stockte. „Tu sprachst von einem verscherzten Glück — ich — ick will nicht hoffen, daß D» dabei diesen Waldstert im Sinne —" „T n willst nicht hoffen? Sieh einmal an! Wer bist T», wen» ich fragen darf?" „Nun, ick denke roch — Tein Bruder." „Mein kleiner Bruder, der sich sehr viel herausnimmt." „Einerlei, ich n»iß wissen —" „Mußt Du? Ha, ha, ha!" „Irene! —" „Du bist ein Narr, HanS!" „Sag mir wenigstens —" „Ach was, laß mich in Rubel Nicht die allerdümmste, kleine, seiitimcntale Bemerkung darf man sich erlaube», ebne zn rislircii, daß Tu Deiner Phantasie die Zügel schießen läßt!" „Du dachtest also nicht an ihn?" Sie machte mit abgewandtcm Gesicht eine ungeduldige Schulterbewegung. „Thu mir den Gefallen, Irene — sag mir. Laß Du Northeim liebst?" „Hab' ich Dir - nicht aesagt?" rief sie, bestig mit dem Fuße aufstampsend. .Verlangst Du cS verbrieft uud ver siegelt?" .L nein", antwortete er mit freudig erhellter Miene, »cS genügt vollständig, daß Du cS wiederholt batt. Es sollte mir, weiß Gott, auch leid gelba» baden um Fritz, wenn Du ihn nur genommen hättest, weil Du den Anderen nicht be kommen konntest!" .Ist er gut gegen Dich ?" fragte sie, sich ihm hastig zu- wendend:
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