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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.05.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-05-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930523025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893052302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893052302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-05
- Tag 1893-05-23
-
Monat
1893-05
-
Jahr
1893
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Vez»-»^pret» D> da Pa»-t«xv»ditio» od«r den i» Etadt» tezirk «»d drn Vororte» errichtete» Au», oaveftrlle» abgeholl: vieNeljährlich ^14.30. dei zweimaliger täglicher Zastelluag in» Haut ^l 3^0. Durch die Post bezogen sür Drustchlaad und Oesterreich: viertel,adrtiltz 6.—. Direct» täglich« itreuzbandieuduag tn« Ausland: monatlich 7.30. Li« Morgeu-Aurgabe erscheint täglich'/,7 Uhr, dir Adrad-ÄuSgab« Wochentag- 3 Uhr. Ledacttou und Lrvedition:, L»tza»«e«,affe 8. Lieikrvedttio» ist Wochentag» »„unterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abend» 7 Uhr. Filialen: vtt» Kle«« » E«rlt». «Alfred HtthoX UniversitätSsttaße 1, Laut« Lösche. Rotbart»eustr. 1«, part. und Röoig-platz 7. Abend-Ausgabe. 'tGigtr.Lagtblalt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Anzeigen.Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Oeclomen uoter demRedactionlftrich (4g<- spalte») 30-^, vor den Familieanachrichte» «bgespalte») 40^. frohere Schriften laut »»ierem Preis« verzeichlliß. Tabellarischer und Ziffer»!«» »ach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), »ur mit der Marge».Au«gade. ohne Postbesorderung 60.—, mit Postbesorderung 70.—. Anaahmeschlnß flr Äozeigen: Abead-Bu-gabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- »Uhr. Sonn- und Festtag« früh '/,S Uhr. Lei de» Filiale» und Annahmestellen je ein» halb« Stuud« früher. Anzeige» sind stet- an dt« Ggtzeditio» zu richten. Druck und Verlag von <k. Polz l» Leipzig ^ 259. DienStag den 23. Mai 1893. 87. Jahrgang. Politische Tagesschau. - Leipzig. 23. Mai. Io der «Nation* spricht der bisberige freisinnige ReichS- tagSabgeordncte Tb. Barth eS mit dankenswcrlber Offen» heit au«, die Bevölkerung begreife sehr wohl, daß man einem entschiedenen und unbeugsamen Liberalismus huldigen kann und doch nicht der Ueberzeugung zu sein braucht, nur gerade diese Zahl von Soldaten zu bewillige», sei eines Freisinnigen würdig, und wer mehr bewillige, der köre auf, ein Freisinniger zu sein. Mit logischer Schärfe legt Th. Barth dar. daß der Liberalismus in Deutschland sich selbst die Grube gräbt und die Geschäfte der Rcaction besorgt, wenn er einen Militair- conftirt hervorrusl. Der freisinnige Politiker führt diesen Gedanken also auS: «Daß das deutsche Reich aus die Dauer nicht bestehen kann, ohne daß dem Liberalismus ein wirklicher Einfluß aus die politischen Geschicke des Landes eingcränmt wird, unterliegt für mich keinem Zweifel. Mit Junkern, Klerikalen und Socialdemokraten vermag ein moderner Staat seine Culturaufgaben nicht zu erfüllen. Keine gesunde ReichSpolilik ist möglich, die nicht ihre Stütze im Liberalismus findet. Bon diesem Ziel einer gesunden ReichSpolilik sind wir durch die unselige Militairvorlage nun aufs Neue weit abgcdrängt. Militairconsticte baden bisher stets zu einer Schwächung des Liberalismus gcsübrt. Der Verlauf wird diesmal schwerlich ein anderer sein, einerlei wie der nächste Reichstag zusammen gesetzt ist. Kommt eS zu einer Mcbrbcit auS Klerikalen, Social- dcmokraten und freisinniger VolkSpartci, so wird sich entweder daS Eentrum mit der RcichSregierung vertragen, und eS bleibt dann den beiden andern Bundesgenossen nur der etwas magere Trost, über Berratb zu schreien, oder eS kommt zu einem Eonflict, bei dem die Regierung versuchen wird, die Opposition mürbe zu macken. Die Socialdemokratie wird ohne Zweifel bereit sein, in diesem Kampfe mit aller Schärfe aufzulretcn. Sie wird sich auf den Standpunkt stellen: je schlimmer, desto besser! Ihr werden de«- balb auch alle Elemente zulauscn, sür welche die bloße Ent schiedenheit des Auftretens eine größer« Anziehungskraft besitzt als jede Erwägung des BerstandcS. DaS Eentrum mit seiner schwer beweglichen Wählerschaft wird eine passive Opposition, dei der eS darauf ankommt, störrisch auf dem alten Fleck zu bleiben, vielleicht auch einige Zeit ertragen, wenngleich daS Schwanken, das jetzt bereits vor der Wahl durch seine Reihen geht, nicht allzu viel Widerstandskraft in einem länger dauernden Militair- conflict verspricht. ES mußte immer zweifelhaft sein, wie lange auf die ultramontane Opposition zu rechnen sein würde in Erinnerung an jene Handelsgeschäfte, die oft genug der EentrumSpolitik eine neue Wendung gegeben haben; diesmal tritt aber ein besonderer Zwischenfall ein. Die Abgeordneten, in daS Land zurückgekehrt, überzeugten sich, daß ein Fest halten des bisherigen StandpuncteS bis zum Acußersten sich nicht aller Orten durchführen lasse; und die Schwierigkeit scheint nun darin zu bestehen, jenes erlösende Wort zu finden, daS den EcntrumSabgcordnctcn ihre Be wegungsfreiheit wiedcrgicbt, ohne allzu sehr ihr Prestige zu schädigen. Gefunden wird dieses Wort werden, denn der Macht der Thatsachcn läßt sich nicht trotzen, und so zeigt sich denn, eine wie gebrechliche Politik — auch allein vom taktischen Slandpunct auS — eö gewesen wäre, die Zukunft des Liberalismus vorbehaltlos in einem Kampf aus» iLpiel zu setzen, der nach der Wabl sich nur durchführen läßt, wenn der katholische Bundesgenosse treu auSzuharren bereit wäre. Mußte man sich eines AbschwenkenS des CcntrumS stets versehen und hätte man somit wahrscheinlich nur dazu bcigetragen, den reactionaircn Lohn deS EentrumS zu steigern, so erweist sich diesmal noch besonders, daß die Rechnung völlig falsch war, weil die Stimmung der katholischen Bevölkerung keineswegs geschloffen hinter Herrn Lieber steht. WaS hat dagegen eine liberale Partei von einer derartigen Kraftprobe zu erwarten? Wie will sie mit Bundesgenossen, mit denen sie im klebrigen keinerlei innere Gemeinschaft verbindet, einen oppositionellen Kampf durchführen in einer Frage, die mit den Grundsätzen deS Liberalismus an sich gar nicht- zu lhun bat? In keinem anderen Lande der Welt ist man jemals auf die Idee verfallen, daS Schicksal des Liberalismus mit der Zahl der jährlich ein- zustellendeu Recruten und der Summe der Mili- lairauSgaben zu verknüpfen. Ich bin weit davon entfernt, alle Vorschläge, welche eine Regierung in dieser Beziehung macht, für lautere Weisheit zu batten. Mau wird in der Regel denselben Zweck auch ander-, vielleicht auch billiger erreichen können. Hätten wir ein parlamentarische« Regierungösystem, so könnte man auch daran denken, ein Ministerium anS Ruder zu bringen, welches die militairischen Anschauungen der Majorität deS Parlaments verträte. Aber so liegt die Sacke ja nicht bei uns. Die Regierung, welche den gegenwärtigen Schutz bcS Reichs für ungenügend erklärt, bleibt und wälzt nur die Verantwort lichkeit aus die Volksvertretung. In einer solchen Situation gehört für eine auch »ur einigermaßen geschickte Regierung nicht viel dazu, die Opposition auS der Gunst der Wähler schaften hinauSzumanövriren; und von diesem Schicksal wird die liberale Opposition am ehesten ereilt werden. DaS Gefühl, daß in der Militairvorlage ein magerer Vergleich bester sei als ein fetter Proceß, greift jetzt schon um sich. Der Versuch, die Formel der Innehaltung der gegenwärtigen Fricden-präsenzstLrke zu einem Partei dogma zu machen, hat sofort die freisinnige Partei aus einandergesprengt, und jeder Tag, der weiter inS Land geht, zeigt deutlicher, daß jene Formel als Wahlparole keine Zugkraft besitzt. Man bleibt auf der Formel stehen, weil man dieselbe einmal verfochten hat »nd sich einredet, eS sei ein Zeichen von Charakterfestigkeit, an jener Stelle stehen zu bleibe», an welcher man einmaj gekämpft hat. Aber an sich ist diese BewilligungSgrenze genau so willkürlich gezogen wie jede andere, und de«hatb kann keine volkSthümliche Bewegung an diese Formel anknüpfen. Wa« etwa VolkSthümliche« in ihr steckt, läßt sich in den Schmerzensschrei zusammensasseu: keine neuen Soldaten und keine neuen Steuern! Al« die Militairvorlage' zuerst ans der Kildfläche erschien, war die öffentliche Meinung von diesem Gefühl so erfüllt, daß ein sofort veranstaltetes PlebiScit die Vorlage einfach weggeschwemmt haben würde. Aber man müßte b>ind sein, wollte man nicht sehen, daß sich inzwischen ein Umschwung vollzogen hat. Das österreichisch-ungarische RcichSkriegSministerium gicbt jetzt eine genauere Darstellung beS bekannten Erlasses wegen der Betheiligung von Rescrve-Officieren an studentischen Verbindungen. Nach der betreffenden vom «Pcster Lloyd* veröffentlichten Mittheiluna hat da« Ministerium die EorpScommandoS beauftragt, die Lieutenant- der Reserve zu warnen, «solchen studentischen Ver bindungen bcizutrcten, deren Satzungen in politischer Bc- riebung mit der Stellung und Gesinnung österreichischer Osficicrc unvcrcinbarliche Tendenzen verfolgen oder die durch das excessive Verhalten ihrer Mitglieder öffentliche- Aergerniß erregen." Es mag nun Truppencommandanten gegeben baden, welche ein allgemeines Verbot deS Beitritts von Rcscrve-Ofsicieren zu studentischen Vereinen erließen — also Weiler gingen, als eS der Wille deS Minister- war. Dem KriegSminlsterium stehe eS sern, die nichtacliven Militair« Personen in ihren bürgerlichen Freiheiten zu beschränken. Andererseits müsse auf concrete, in gewissen Burschenschaften vorgekommcne Vorfälle verwiesen werden, durch die alle Mitglieder derselben bloßgestellt worden seien. Derartige- könne einOsficierScorpS nicht hingeben taffen. WcnnStudcnIen- vercinc extrem-nationale Tendenzen verfolgen, die mit derSlaatS- Verfassung im Widerspruch stehen, ja sogar gleichbedeutend sind mit der LandeSpreiSgebung, so werde man in der gebildeten Welt nicht dulden, daß Officiere an solchen Vereinigungen theilnchmcn. Glücklicherweise sei die Mebrzabl der Studenten- vereine achtbar und tadellos, deren Satzungen gäben keinen Anlaß, Rcservc-Ossicieren die Mitgliedschaft zu verbieten. Wenn nun irrtbümliche Auffassungen beS Erlasse- de- Kriegs- minister« seiten- einiger TruppencommandoS vorgekommen sind, so werde Rcmcdur geschaffen werden, und zwar noch rechtzeitig, so daß alle angekündigtcn Interpellationen Weg fällen dürften. Die italienische Ministerkrisis war bis gestern noch nicht gelöst. Der König batte im Laufe der beiden letzten Tage Consercnzan mit verschiedenen politischen Persönlichkeiten, so mit dem Minister Brin und de» Senatoren Perani und Sarncco. Der «Italic* zusolgc bestätigte cö sich, daß Giolitti die Absicht zu erkennen gegeben hätte, sein Enl- lassungSgcsuch auch für den Fall aufrecht zu erkalten, daß der König ibn niil der Bildung eine- neuen EabiuelS beauftragen sollte. Giolitti solle bereits alle ibn persönlich angehenden Papiere auS dem Ministerium de- Innern haben ab holen lassen. Wie ferner verlautet, hätte Zanar- dclli, den Giolitti als seinen Nachfolger bezeichnet, habe, formell erklärt, er denke gar nicht daran, im gegen wärtigen Augenblick die Verantwortlichkeit der Negierung z» übernehmen. Diese letztere Mittheilunz wird auch von anderer Seite bestätigt. Andererseits wird gemeldet, Giolitti bade erklärt, er werte sich der Ausgabe, das neue Eadinet zu bilden, zwar unterziehen, aber nur um den Wiedereintritt der Rechten in die Regierung zu verhindern. — Nach den heutigen tele graphischen Melkungen auS Rom gilt die Lösung der Ministcr- krisiS als bevorstehend. Man versichert, alle zuriickgetrctcncn Minister, außer dein Iustizministcr, würden aus ihren bis herigen Posten verbleiben. — Neu ernannt wurde nur ein Nachfolger Bonaci'S und ein dcsinitioer Minister bcS Finanz ministeriums. welche- bisher interimistisch von Grimajdi ver waltet würbe. «Diritto", «Italic* und «Lpinione* nennen die Senaloren Eula ober Canonico alS Justiz-, den Senator Gagliard als Finanzminister. DaS englische Parlament ist. nachdem zuletzt in voriger Woche noch zwei rabige Tage der EtatSberathnng gewidmet waren, bi« nächsten Montag in die Ferien gegangen. Es kan» ans eine äußerst lebhafte Zeit znrückblickc», die an die physischen Kräfte seiner Mitglieder ganz außerordentliche Anforderungen stellte. Daö praktische Resultat aller dieser Kämpfe und Strapazen ist leider gleich null. Von allen den große» Vorschlägen der Regierung hat keine daS Fegefeuer der AuSschußberathung vassirt, und da von den viele» Paragraphen der Home-Rulc-Bill erst zwei dnrchbcrathc» sind, so ist ihr Schicksal sür diese Session besiegelt. DaS einzig wichtige Gesetz, da- daS HauS zu den LortS binausschickcn konnte, ist die von keiner Seite angefocktenc Bill, die die Arbeitszeit der Eisenbahn-Angestellten regnlirt. Sonst wurde ein wirklicher Fortschritt nur noch mit dem Unter- nehmerbaftpflichtgcsetz gemacht. Dasselbe wird jetzt von dem ständigen juristischen Comitä de- Hause- berathen; eS ist aber mehr als zweifelhaft, ob dasselbe für da- verwickelte Problem, ob dem Arbeiter wie bisher erlaubt sein soll, sich seine» Be stimmungen durch Eontract zu entziehen, eine daS HauS be friedigende Lösung finde» wird. Der einzige Licktpunct sür die Regierung liegt darin, daß sie in allen den 23 Abstimmungen im Homerule-Comitö mit ihre normale Stärke beträchtlich über steigenden Majoritäten siegle. Die „Times* veröffentlicht eine genaue Liste der »monistischen Abstimmungen, um die säumigen Unionisten, denen Gladstone diesen Triumph ver dankt, fcstzunageln. Andere unionistischc Blätter drohen, jeden Tag eine Liste der fehlenden Unionisten zu geben. — Die Opposition wird während der Psingstseiertage den Feldzug im Lande mit erneuter Kraft sorlsctzcn; wahrend die Re gierungspartei allen Herausforderungen zum Trotz ihre Rolle deS Schweigens fortsührt. Eine Ausnahme machen nur die vielen Tausende der in London wohnenden Ihren, welche für Pfingsten eine Massendemonstration im Hydcpark angesagt. Diese Massenkundgebung hat gestern statt- aesuiiden. Am Nachmittag zogen etwa 30000 Per sonen, zumeist Kleinbürger, in Procession am Themseauai mit Fahnen und Musik bis zum Hydepark, in wclcvem l.3 Tribünen errichtet waren, von denen irländische Dr- putirtc, Mitglieder der GrasschastSräthe und Arbeiter führer Rede» hielten. Es wurde eine Resolution ange- livinnicii, welche alle Theilnehmcr an der Procession aussordcrt, Gladstone in der Durchsübrung de- Werke«, dem Streit zwischen den Völkern England« und Irland- rin Ziel zu setzen, zu unterstützen und die die Obstructiv» der Eonscrvalivcn tadelt »nd sür den Fall, daß diese Obstruktion durch da- Oberbau« fortgcsührt werden sollte, mit Be friedigung Act »ininil von einem zwischen der Macht de» Volkes und der Kanimcr der erblichen Gesetzgeber entstehenden Evnflicte. Die Versammlung ging in vollkommener Ordnung auseinander. In den vereinigten Staate« von «arda»erika macht man bekanntlich auch Arbciterschuy-Gesetze, aber nur zu dem Zweck des SliiiinienfangcS dei den Wahlen. Ein solche« von den Republikanern beschlossene« Gesetz ordnete unter dein Vorwände der Feststellung der Persönlichkeiten »nd bcS Besitzt!,»»,- aller in den Vereinigten Staaten wohnende» Chinesen deren tbatsächliche Ausweisung an, ui» so den Handarbeitern unliebsame Mitbewerber vom Halse zu schaffen. Der Cvngreß bat aber rcrsäumt, die zur Dnichftihnmg dieses Gesetze- nötbigen Geldmittel von etwa 2» Mill. Mark anzuweisc», da mindestens lOOOOO Chinesen außer Landes zu schaffen sein würden. Dieser lctzlereUmstandund die Furckt, China könne unangenehme Gegenmaßregelnergreifen, veranlaßt Präsident Clcvcland, da- Gesetz gar nicht zur AuSsührung zu bringen, dessen Aushebung auch durch dev jetzigen demokratischen Cvngreß im Herbste erfolgen wird. Deutsche- «eich. Hk TreSdrn, 22. Mai. IDa» Generalkommando de» XII. tkönigl. säcks.) ArmcecorpS hat bestimmt, die HebungS- zeit der Lantwchlniannschaftcn I. Aufgebots der Feldarlillerie, »i deren Ucbnng-zcit nach den erlassenen Bestimmungen rer Wahltag gefallen wäre, ui» l Tag zu verkürzen und gleich- zeilig derart zu verlegen, daß dieselbe vom 20. Mai bi« zum lO. Juni dauert. * Berlin, 22. Mai. Soeben erscheint im Berlage von Wilhelm Hertz der „Briefwechsel bcS Generals Leopold von «Verlach »nt dem BunbcSiagSgesandten Otto v. Bis marck*, der, wie schon eine flüchtige Durchsicht crgicbt, einen höchst wichtigen Beitrag zur Bismarck Literatur liefert und in Millionen Deutschen die Freude erneuern wird, daß wir kiesen Mann den klüftigen nennen dürfen. Wir tbeilen einige Proben mit. Ter erste Brief Bismarck s ist dalirt: Frankfurt a. M., den 22. Juni 1831. Er beginnt mit den Worten: »Euer Exccllenz haben mir durch Rochow Ikren Zorn darüber vermelden lassen, daß ich nicht schreibe; ich bin, WaS Sie mir verzeihen wollen, über diesen Zorn mehr ersrcut und dankbar als zerknirscht und beeile mich, meine ungehobelten Schriftzüge Ihrem nach sichtigen Augc^ zu unterbreiten u. s. w." Der Brief enthält sodann eine Stelle, die man heute mit besonderem Interesse lesen wird, weil auS ihr hcrvorgcht, daß BiSmarck von jeher dafür schwärmte, in engem Kreise zu leben und zu wirken: „Ich bin bei Weitem nicht so ehrgeizig, als Ihr Bruder von mir anznnebnien pflegt, ich würde sehr gern Landrath ini Schönhauser Kreise geworden und geblieben sein, n»d in diesem Frühjahre würde meine Ernennung zu dem geringsten deutschen GeschästSträgcrposten al« Lehrling- schast meine Erwartungen überstiegen haben; nachdem abkx Feuilleton. Lady Sibylle. Roman von C. Schroeber. NochtruS »erdotku. 2»I (Fortsetzung.) „Du kehrtest zurück", nickte sie, „und erwartetest meinen Ruf. Ungcruscn kamst Du nicht, Du stolzer Mann! Und ich — ich ries nickt — ich schob'- von Tag zu Tag auf, weil ich mich schämte, eü zu thun — weil eS mir — wie soll ich sagen? — ein ganz klein bischen — unweiblich vorkam, die Erste zu sein, die — doch eS war ja Thorheit und — eS hätte Dich irre macken können an mir!" „Irre an Dir?" ries er im Tone dcrGkntrllstung, aber er batte doch Eile, ihr die klarsichtigen Augen mit Küssen zu schließen. «DaS batte keine Gefahr?* lachte sie glücklich auf. «O, mein Geliebter, Du konntest meiner ja auch so sicher sein! In dem ganzen Jahr, siebst Du, ist keine Stunde, keine Minute gewesen, in der ich mich nicht nach Dir gesehnt habe!* «Deiner ganzen Verwandtschaft z»m Trotz?" «Sprich mir nicht von meiner Verwandtschaft! Der mir nicht glaubt, daß Du der edelste, der herrlichste der Männer bist -* «Dem kann ick» eS nicht verdenken!* «Aber ich!" rief sic mit flammenden Blicken. «Muß ich nicht wissen, warum ich Dich liebe? Soll ich mir anderer Leute Urtbeil ausdrängen lassen?!* «Armes Herz, sie baden Dir arg zugesetzt?* ,O» wir haben erbauliche Ccenen gehabt io den letzten vier Wochen!" «Und jetzt?* «Jetzt*, sagte sie mit einem verächtlichen Zucken der Lippen und einem stcinharten Ausdruck im Gesicht, «sind sie Alle ihrer Wege gegangen — selbst Milvret, meine einzige Schwester." «Sibylle! Tu bast Dich mit Deiner ganzen Familie ent zweit um meinetwillen?!* «DaS habe ich, Richard, mit meiner ganzen Familie, aus genommen Robert und — und KarSbrooke. Der hat mir, bevor er abgereist ist, noch alles Glück gewünscht, aber —* Sie preßte die gefalteten Hände auf die Brust, ihre Lippen fingen an zu beben und plötzlich hingen Thränen an ihren Wimpern. «Bah! Nimm'S nicht zu schwer! ES wird so arg nicht sein mit ihm", sagte er, sich halb abwendcnd, in kaltem Tone. ,O, wenn ich daS glauben könnte!" stammelte sjp, „dann wäre ich ganz selig! Der Zorn der Anderen ist nicht-, aber sein Schmerz —" DaS war zu viel für Waldstedt'- Eifersucht. „Wenn sein Schmerz Dir nur nicht allzu wichtig ist!" meinte er. Sie verstand den Sinn seiner Worte nicht, laS aus seinem Antlitz nur Unmuth darüber, daß sie sich in der Stunde de« Wiedersehen» mit Menschen beschäftigte, die nicht er und sie waren. „Ach, Richard", flüsterte sie, ihm die Arme um den Nacken schlingend, „sei mir nicht böse, daß ich selbst in diesem Augen blicke sein Leid nicht ganz vergessen kann. Sieh, er ist so gut gegen mich gewesen mein Leben lang und nun — ist - nun nicht hart, daß ich — Richard!" Er batte sich unsanft von ihr frrigcmacht und stand ihr nun mit finsterer Miene gegenüber. „Wenn e» Dir hart scheint, daß Tu ihm seine Güte so schlecht lohnst", grollte er, „so behandle ihn besser — noch ist'« nicht zu spät!" „Richard!" schrie sie entsetzt. „Ja, ja", lachte er zornig aus, „ich bin kein idealer Mensch! Wo ein solcher vielleicht selbstlos thrilen würde, da bin ich gleich mit einem Pistolenschuß bei der Hand. Dein ganzes Herz will ich! Da« bedenke, während eS noch Zeit ist, und wähle — wähle zwischen mir und ihm!" „Ich — wählen?" murmelte sie und faßte seine beiden Hände. „Ich — wählen?" wiederholte sie, ihm mit nachsichtiger Zärtlichkeit in di« Augen sehend. „Mein Schatz, mein Geliebter, wie kannst Du nur so tböricht reden? Seitdem ich Dich kenne, ist für mich kein Mann mehr auf der Welt, kein Glück mehr im Leben, al« Dok Wenn ich also wählen muß, so ist'« zwischen Dir und — dem Tod!" Er dielt sie wieder in den Armen und küßte sie mit heißer Inbrunst auf die Lippen. «Verzeih'!* stammelte er, „die Eifersucht stieg mir zu Kopse — ich weiß selbst nicht wie." «Du — eifersüchtig?" lächelte sie. „Und ans ihn?" «Liebt er Dich nicht? Hat er Dich nicht da« ganze Jahr hindurch mit seiner Liebe verfolgt?* «Wer behauptet daS?" «Ist'S etwa nicht wahr?" „Er hat mir seine Liebe gcstanvcn —" «Und wa« hast Du ihm geantwortet?* „Brauche ich Dir daS noch zu sagen, Richard?" «Du hast ihm nie — nie auch nur eine Spur von Hoffnung gelassen?" «Richard!* ES war volle Entrüstung in ihrer Stimme, ihre Augen sprühten, aber noch rechtzeitig siel ihr jene satale Nclly BurnS ein, die an seinem Mißtrauen gegen die Franc» schuld war. und Rclly BurnS erntete all' ihren Zorn, er bekam nur im Tone sanfte» Tadels zu hören: „Und daran zweifelst Du?!" Er blickte zerknirscht vor sich nieder. „Ich sehe wohl ei», ich muß Dich in die Cur nehmen", lächelte sie, schnell versöhnt. „DaS tbue — aber bald!" rief er au», und sie zärtlich an sich pressend, murmelte er an ihrem Ohr: „Wie bald, Sibylle?" „Sobald Du willst!" flüsterte sie, „habe ich nicht ein Iabr aus Dich gewartet und ist nicht ein Jahr Ewigkeit genug?" K. Capitel. ES war nur drei Tage später, al- im Dorse KarSbrooke eie HochzeitSglockcn läuteten. Waldstedt, dem jede Art von Schaustellung zuwider war, batte lebhaft gewünscht, daß der Trauact in aller Stille in London vollzogen werde, und Mainwaring batte ihm bei pflichtend gemeint, aus die Weise werde auch die Abwcsenbcit der Familie bei der Ceremonie weniger bemerkt und weniger besprochen werden. Sibylle aber war besonders au- letzterem Grünte sekr entschieden gegen den Vorschlag gewesen. „ES fehlte gerade noch, daß ich mich in einem obscuren Winkel tränen ließe, um der Welt die kalte Engherzigkeit meiner Familie wcniger augenfällig zu machen! Mag darüber reden, wer will!" batte sie von der ganzen Höhe ihre« Stolze« herunter aiiSgcrusen, um gleich daraus dcmütbig bittend binzu- rusllgcn: „Ach! Richard, laß eS hier sein! Tbn mir die Liebe! Laß mich in der schönsten Stunde meine- Leben- meine guten, armen Leute um mich sehen und gönne ihnen auch die Freude nnd mir da« Glück, daß sic Dich sehen. Dick ein biscken betrachten »nd bewundern zu lassen — WaS ist denn so Fürchterliches daran?" „Mit der Bewunderung wird'- nicht weit her sein*, hatte er lachend entgegnet. „InS Psesscrland werden sie den fatalen Mensche» wünschen, der ihnen ihren Liebling enlsllbrt. Aber sci's drum — ich lause, wenn eS Noth thut, Spicßruthen, um zu Dir zu gelangen!" Er mochte sich dieser seiner Worte erinnern, als er am HochzeilSmorgen an Robert'« Seite durch die enge «Vaste der Neugierige» i» da« Kirchlein schritt. E« waren keine wohl wollenden Blicke, die ihn begrüßten. Und kein Wunder! War er nicht Ursache, daß den guten Leuten eine HerzcnShoffnung zu Schanden ward ? Hatte man nicht, sobald man ersabrcn, daß durch den Herzog von Bangor keine Gesabr drohe, aus« Bestimmteste zu glauben aiigefangen, Lady Sibylle werbe ibren Vetter erhören und zur allgemeinen Glückseligkeit Herrin in KarSbrooke werde»? Und nun kam Dieser und streckte die Hand nach dem Kleinod auS — ein Ausländer, ein Mann, den Niemand kannte und den, wa« noch schlimmer war. Niemand von der Familie kennen wollte, weil — ja, we-halb? War r- möglich, was man niunkclte, baß die stolzeste Lady im ganzen Land sich in ein schöne« Gesicht vergafft batte, hinter dem weder Rang, noch Titel, noch sonst etwa« steckte? War eS möglich, daß sie im Begriffe stand, sich ihrer Range-Herrlichkeit seiner Herrlichkeit, deren Anblick nur von Weitem genießen zu dürfen, man schon in Tcmutb stolz gewesen wan zu entäußern, um einen Mann auS dem Volke zu heiralhcn? Man schauderte bei dem Gedanken, man blickte in wahrer Herzensangst »ach dem Wagen, der den Bräutigam, den arg listigen Versucher, zur Stelle brachte. Als er angelanzt und au-gesticgcn war, atbmetc man einigermaßen erleichtert auf, denn jene« schwer zu desinireude Etwa-, da- den Grntlema,
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