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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.03.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930304023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893030402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893030402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-03
- Tag 1893-03-04
-
Monat
1893-03
-
Jahr
1893
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1S42 sammtheit auch dits» Frage eine andauernde Aufmerksamkeit schenken. l). U. Verltn, 3. Mär;. Die Vorbereitungen für ikren : tcrnationalen Tocialisten - Congreß in Zürich machen diesmal den leitenden Geistern viel Mühe. Lie haben aus den 2V. März eine Vorbesprechung nach Brüssel anberaumt, in der angeblich die vorläufige GeschäftS- ordnung Gegenstand der Bcratbungcn sein soll In erster Linie dürfte es sich jedoch um die Zulassung der Unab hängigen und der Anarchisten in Zürich handeln. Die Anarchisten wird man wie in Brüssel auch in Zürich au«> schließen; die deutschen socialistische» Führer fink sänimtlich dasür und sie wissen sich in der Beziehung mit Le» Herren Anseele und Volkers, den Führern der Belgier, ein-. Letztere, die so oft den allgemeinen Streik jür ganz Belgien angekündigt, werden von den anarchistischen Elementen bcstig bedrängt. Ginge eS allein nach Len Herren Bebel und Auer, die wahrscheinlich die deutsche Socialbemokratie iu Brüssel vertrete» werten, so würde man auch in Zürich die Ausschließung der Unabhängigen durchsetzen-, aber namentlich die holländischen, die sranzösischen und die dänischen Genossen wollen davon nichts wissen, und so dürften die Herren Linck, Bubr und Schweitzer zum größten Aerger der satten FractionSfllhrer in Zürich mit ihren Klagen hervortrelcii, wenn sie zum Worte gelange». Tie Herren Greulich und Eonzett, die beiden schweizer Tcle- irten, dürsten in Brüssel die Rollenverlheilung, um alle wider- aariaen Elemente in Zürich mundtokt zu machen, übernehmen Im klebrigen haben sich die Verhältnisse nun so geklärt, daß alle Schailirungen der revolutionairen Socialkemokraten — wir denken hier in erster Linie an die sranzösischen — sich cinfinden werden. Wie es heißt, dürsten ganz besonders stark die polnischen diesmal vertreten sein; gerate die Ge winnung der Polen für die socialdemokratischc Sache hat die leitende» Geister in der letzten Zeit sehr viel beschäftigt, und in Oesterreich hak zweifellos unter de» Pole» die Social- demolratic Boden gewonnen. Auch in Rußland soll dies der Fall sein, wenngleich aus bestimmten Gründen über die Fortschritte in diesem Lande wenig an die Leffentlichkeit gelangt und auch in Zürich öffentlich nicht- bekannt gegeben wird. Der internationale Socialislcncongreß in Zürich, der dritte seines Zeichens, wird — da- kann sicher angenommen werden — die Wogen der revolutionairen Bewegung stark anwachsen lassen. — Der Kaiser arbeitete heute Morgen zunächst allein. Später hörten beide Majestäten einen Vortrag des Professors I)r. v. Helmboltz über atmospbärische Erjcheinungcn. — lieber die Soinmerreisrn des Kaisers find nähere Be stimmungen noch Vorbehalten. Geplant ist auch in diesem Jahre eine NordlanVSsahrt. Außer der Theilnabme an den ungarischen Herbstmanövern und einem längeren Aufenthalt am Wiener Hose wird der Kaiser nach den großen Manövern in den westlichen Provinzen, wie sie bereit- für bas ver- angenc Jahr geplant waren, einen Ausflug nach Elsaß- othringen machen. — Der Broßherzog von ToScana traf heute Nachmittag out Dresden zum Besuch der kaiserlichen Majestäten hier ein. — Dem russischen Botschafter Grafen Schsuwalow wurde heute die deutsche Antwort aus die russischen Vorschläge wegen Abschlüsse- de- Handelsvertrages übergeben. — Der russische Botschafter am hiesigen Hofe General Gras Schuwaloss wird sich mit seiner Geinahtin morgen Abend aus mehrere Wochen nach Ruhland begeben, um zur Feier des Geburtstages des Kaisers von Rußland am 10. d. MIS. in St. Petersburg anwesend zu sein. Spater besucht der Botschafter seiue russischen Besitzungen. Während seiner Abwesenheit wird Gras Murawiess al» russischer Geschäftsträger sungiren. — Der Ministerpräsident Gras zu Eulenburg und Frau Gemahlin sahen gestern den Erbgroßherzoa und die Erbgroßherzogin von Baden, den Erbprinzen und die Erbprinzessin von Lochien- Meiningen und den Erbprinzen von Watdeck bei sich zur Tafel. — In der am 2. d. M. abgehaltenen Plenarsitzung deS Bundes« rath» wurde die allgemeine Rechnung über den ItandeShauS- halt von Elsaß-Lothringen sür da« StalSjahr 1888 89 den zuständigen Ausschüssen überwiesen. Eine von der herzoglich an- baltischen Regierung in Antrag gebrachte Abänderung de« Etat« der Salzsteuerverwaltung-kosten sür das Herzoglhum Anhalt ivurde auf den Bericht der zuständigen Ausschüsse genehmigt. Ferner wurde genehmigt, daß sür mehrere in den Ruhestand versetzte ReichSdeamte da- Ruhegehalt unter Berück sichtigung gewisser gesetzlich nicht ohne Weitere- anrechnungS- fähiger Dienstzeiten sepgesetzt werde. Ein Gesuch um Ge stattung der Ueberarbett sür Arbeiterinnen und jugendliche Arbeiter in Ziegeleien, sowie eine Anzahl von Gesuchen um Ge stattung von Ausnahmen von dem Verbote der Sonntagsarbeit sür gewisse Gewerbebetrieb« (Bierbrauereien, Leimsabriken re.) wurden ans Antrag der Au-schüfie dem Reichskanzler überwiesen. Schließlich wurde über die Ernennung von Lomnitssaren für die ReichStag-verhandlungen, sowie über die geschäftliche Behandlung der neu eingegangenen Eingaben Beschluß gefaßt. — Zu derselben Zeit, wo in der „Magdeb. Ztg " der Beweis erbracht wurde, mitwelcher Leichtsertigkeitdie„Germania" bezüglich der Artikel mit der Ueberschrist: „Katholisch ist Trumps" — verleumderische Behauptungen aufstellt, sieht da- klerikaleBlatt sichveraolaßt, selbstdenRückzug aozutreten, natürlich ohne ein Wort der Entschuldigung oder de- Be dauerns. Von derartigen Regungen de- Anstandes hat sich da« führende Blatt der Partei sür Freiheit, Wahrbeit und Recht alle Zeit frcizuhalten gewußt. — Die „Rhein -Wests. Zcitg." kan» übrigens noch hinzusügen, daß die betreffenden Artikel von dem Herrn Dechanten I>r Hammer in Wolf- stein (bayerische Pfalz) versaßt sind. Da- ist derselbe Herr, welcher den Ausdruck „Katholisch ist Trumpf" in der Generalversammlung deutscher Katho liken in Mainz gebraucht hat. Der Abz Backem suckle im Abgeorknetcnbause die Aeußerung als belanglos binzustellen und der Abg. Dr. Porsch ckarakterisirte den Dechanten Hammer als ein harmloses Psäfslein, da- sich in seiner volk-tbllmlichcn Redeweise solcher Ausdrücke bediene, ohne sich viel dabei zu Lenken. Wenn man jetzt aber die im „BonisaziuSblatt" erschienenen Artikel und die damalige geradezu fanatische Rede de- „volkStbümlichen" pfälzischen Dechanten einander gegenüberstellt, so bleibt von der angeb lichen Harmlosigkeit nicht- niehr übrig, sondern das heraus fordernde Austreten des Dechanten Hammer erscheint als ein absichtliches, den Tbeilnehmern an der Mainzer Ver sammlung mit vollem Bedacht in das Gedächtniß rufend, daß heule thatsächlich „Katholisch Trumps sei". — Zur Unterredung zwischen dem General v. Lo8 und dem Papste erfahren wir aus der „Germ." noch, daß General v Lob seine Ansprache in französischer Sprache an den Papst richtete und daß der Papst gleichfalls fran zösisch antwortete. Die osficielle Ansprache des Papstes wurde übrigen- nicht durch den Papst selbst gehalten, sondern durch die (?) Kammerhrrren vorgeleseo. In dem Bericht der „Germ " wird dies eigentbümliche Verfahre» damit be gründet, daß der Papst nicht mehr laut sprechen könne. — Maximilian Harden wird sich am 10. ds. wegen MajestätSbeleidigun g, begangen in dem Artikel „Monarchen- erziehung", zu verantworten haven. — Ter StadtsyndicuS und freisinnige Abgeordnete Eberty hat um seine Pensionirung nachgesucht. — Der Besuch der technischen Hochschulen des deutschen Reiche- betrug im gegenwärtigen Winterhalbjahr >802,93 inSgesammt 5645 Sludirende (gegen 4883 im Winter I89l/92), 761 Hospitanten (gegen 1029) und 271 Hörer (gegen 198), im Ganzen also 6677 Besucher (gegen 61 lü). Nach einer Zusammenstellung de« „Eentralblatts der Bau verwaltung" kommen von den 5645 Studirenven auf die technische Hochschule in Aachen 230 (gegen 2lO im Vorjahre), Berlin l987 (1756), Braunschweig 270 (237), Darmstadt 394 (334), Dresden 347 (24l), Hannover 570 (514), Karls ruhe 669 (568), München 762 (642). Stuttgart 4l6 (363). Die Zahl der Studirenden bat hiernach an allen technischen Hochschulen gegen daS Vorjahr nicht unerheblich zugenommen. — Aus dem Bereiche de- höheren technischen Unler- richtSwesenö werden der „Sckles, Ztg." zufolge acht Lehrer mit Reisestipendicn auSgeftatlet werden, um die Welt ausstellung in Chicago zu besuchen. — Der Reichscominissar für die Weltausstellung i» Chicago macht daraus aufmerksam, daß nach den bestehenden Vorschriften Ausstellungsgüter nack dem 10. April d. I. in die AuSstellungSgebäudc nicht mehr ausgenommen werden. ES würden daher der am 9. März dieses Jahres von Bremen abgehende Dampfer „Stuttgart" und der am lo. März dieses Jahres von Hamburg abgehende Dampfer „Baumwall" die letzten BeförderungSgelegcnheitrn bilden, mit welchen deutsche Ausstellungsgüter zu den seitens der ScbifsfabrtSgesellschasten zugestandencn Frachtvergiinstignngen nack Baltimore verschifft werden könnten. Später zur Versendung gelangende Güter würden nur dann noch reckt zeitig ans dem AuSstellungSplatz eintrcfscn, wenn sie mittelst Schnelldampfer- befördert werken, wodurch eine beträchtliche Erhöhung der Transportkosten herbeigesührt werden würde. * Liegniti, 1. März. Der conservative Verein hat im Gegensätze zu dem conservative» Führer, Recktsanwalt PallaSke, der Wahlenthaltung empfahl, eine Erklärung erlaffe», worin er für den Antisemiten Hertwig zu stimmen auffordert. Dieselbe Aufforderung ist seiten- de- Vorsitzenden des Bunde- der Lanbwirthe, Herrn von Plötz auf Dötlingen, an die Mitglieder de- Bunde- der Lanbwirthe und de- Bauernbünde- ergangen. * Dessau, 2. März. Hier ist am 28. v. M. der dies jährige Anbaltische Landtag eröffnet worden. Da- ist za für sich kein Ereigniß, welche- da- Interesse weiterer Kreise erwecken könnte; immerhin ist eine Stelle der Rede be- merkenSwcrth. mit welcher der neue Minister v. Koseritz (früher Polizeipräsident in Pot-tam und konservativer Land- tagSabgeorkneter) die Eröffnung vollzogen hat; es heißt da nämlich: „Unser finanzielle- Berhältniß zum Reiche weist, unter der Wirkung der HondelSverträge und bei der andauernden Steigerung der Militairtast, in diesem Jahre eine nicht unerhebliche Ber- schlechleruttg aus und der gegenwärtige Zustand der Unsicherheit, sowohl in Bezug auf die Befürchtung des Abschluss«- weiterer, unserer Landivirthschast »achlheitiger Handelsver träge, als aus da« Schicksal der schwebenden Militairvorlag» üu Reichstage, ist nicht dazu uugethan, eine demnächstige Verbesserung dieses Verhältnisses voraiissehen zu lasse»." Das ist ja, schreibt man der „Rat.-Ztg.", etwa- ganz Neues, daß der Minister eine- Einzelstaates vor seinem Land tage die Handelspolitik des Reiches anklagt, unsere Land- wirthschaft zu schädigen! Ties Factuni spricht sür sich so laut, daß jeder Commentar dazu überflüssig erscheint. * Aus dem Wahlkreis Llpe-Meschedr, 2 März. Dir Fusangel'sche Erklärung enthielt u. A. die Worte: „daß ich keinen Augenblick daran gedacht habe, eine von mir niemals erstrebte Candidatur auf Kosten der Einmütbigkeit in der Partei ausrecht zu erhalten". Diese und andere Worte waren mehrfach und auch im Arnsberger „Crntral-VolkS- blatt" dahin verstanden worden, Herr FuSangel ziehe seine Candidatur zurück. Jetzt aber bringt da- genannte Blatt Folgendes: „Wir und viele Andere waren der Ansicht, daß Herr FuSangel durch diese Erklärung die Bcrzicktleistung aus seine Candidatur aussprechen wolle, wenigsten« ließ die — allerdings nicht ganz klare — Fassung eine solche Annahme zu; Herr FuSangel selbst aber hat uns telegraphisch benachrichtigt, daß diese Auslegung seiner Er klärung unzutreffend sei, da er nicht ohne Weiteres resignire" Tic „Germania" meint, dies sei vor Allem im Interesse des Herrn FuSangel selbst tief zu bedauern, zumal seine Candidatur, wie er doch wisse, aus einer sehr schmalen Basis entstanden sei und nur im Gegenkampse gegen die ältere und viel besser sundirte Candidatur Böse aufrecht erhalten werden könne. „Für diese sind noch in den letzten Tagen Ausrufe mit zahlreichen Unterschriften erschienen, hervor ragende CentruniS-Abaeorbnete sind bereit, im Wahlkreis selbst dafür zu wirken." In Betreff der „schmalen Basis" der Candidatur FuSangel gehen die Meinungen allerdings aus einander. Von anderer Seite wird berichtet, daß FuSangel eine sehr zahlreiche Anhängerschaft habe, die zum Thcil nicht gewillt sei, sich dem Machtspruch der Fraction zu füge». Auch an der Candidatur des OberlandesgerichtS- rathS Zeppenfeld wird im Kreise Olpe noch sestgehalten. * Franksurt a. M. Bei den diesjährigen Wahlen zum Gewerbcg ericht haben die Socialkemokraten nicht nur in der Elaste der Arbeitnehmer, sondern auch in der der Arbeitgeber einen vollständigen Sieg errungen. DaS Gewcrbcgericht besteht daher durchweg aus Socialdemokraten und zwar aus 66. * Aus Vadr», 2 März. Wie die „Bad. LandeSz." mit Bezug auf eine» vor etwa einem Jahr veröffentlichten Artikel über die ungualificirbaren Aeußerungen eines jungen katho lischen Caplanö niilthei», ist in dieser Sache vor längerer Zeit daS gerichtliche Erkenntniß erfolgt und die dagegen ein gelegte Revision vom ReickSgericht verworfen worden. Caplan Perer Ziegler von Obersckcidenthal wurde von der Straf kammer wegen besckimpsenden Unfugs, verübt in der Kirche, zu zwei Wochen Gesängniß verurtbeilt. Bei der Verhandlung mußte dicOeffenklichkeit ausgeschlossen werden. Die betreffenden Aeußerungen über den Protestantismus wurden vor etwa 50 Schulkindern gethan. Wie bciaefügt wird, besuchte der Verurthcilte s. Z. die Universität Würz burg und war dort Mitglied einer katholischen Studenten verbindung. Die Dinge, die er in der Christenlehre zu Oberscheidenthal vortruz, will er in den theologischen Vorlesungen gehört haben. (Schw. M.) * Metz, 1. März. Die „Straßb. Post" schreibt: „Der französische Marineossicier Gabriel Lädier ist nicht, wie der „Lorrain" behauptet, deshalb sestgehalten worden, weil er keinen Paß besaß, sondern de»halb, weil er stch gegenüber einem zuständigen Beamten, dem Grenzpolizri- commissar in Anianweiler, einer salschen Namens bediente und seinen Stand verheimlichte. Lahier stellte sich nämlich rem Grenzpolizeicommissar al- Wrin- bändler Arthur Pierre» aus Verdun vor. der in Geschäften nack Metz reise. Er besaß auch LegitimationS- Papiere auf diesen Namen. Ter Grcnzpolizeicommiffar fühlte aber dem „Wemhändler" nicht schlecht auf den Zahn, und »ach längerem Verbör gestand derselbe denn auch, er sei der Preniierlicutcuant Labier vom 3 Marine-Infanterie-Rezimrn: in Rochesort." — Wie einige Blätter wissen wollen, ist Herr Lahier wieder in Freibeil gesetzt und an die Grenze acbracl l worden Nach den obigen Mitthcilunge» der „Straßb Post" möchten wir La» einstweilen bezweifeln; Vergnügungsreisender scheint Herr Lahier nicht gewe>en zu sein. Oefterretch-Ungar«. - Wien, 3. März. (Telegramm.) Bei dem Bo> schaster Prinzen Reuß und Gemahlin fand gestern rin- glänzende SoirSestatt. Derselben wohnten die Erzherzogin Stephanie, Erzkcrzog Karl Ludwig und Gemahlin, die Er; Herzoge Ferdinand Karl und Ludwig Victor, die Hoswürdenträaei, Minister Gras Kalnoky, Cardinal Galimberti, das Vivlomatiscke CorpS.Ministervi.Steinbach.derStatthallerGrasKielmann-eg-;, Admiral von Sterneck, mehrere Generale, Mitglieder der Aristokratie, die Hobe Bcamtenwelt und der Bürgermeister bei. — Die Iunzczecheu werten einen Antrag aus Ein führung desallgenieinenStimmrechtS einbringen. Ans je 60 000 Einwohner soll ein Abgeordneter kommen, wodurck die Zahl der Abgeordneten von 353 auf 400 vermehrt würde. * Post, 3. März. (Telegramm.) Die Bischofs confercnz wurde nach Durchberathung der an den Kaiser, die Regierung und den Papst zu richtenden Memoranden geschlossen. Die Memoranden wurden von allen anwesen den Prälaten unterzeichnet. Frankreich. * Paris, 3. März. (Telegramm ) Die Panama- Enquvre-Commission wird am Montag den vorläufigen Bericht Brisson'S entgegennebmen, welcher die allgemeine», aus der Untersuchung sich ergebenden Schlußfolgerungen ent wickeln wird. — Floquet erläßt eine Erklärung, die sein Verhallen gegenüber der Panamazesellschaft rechtfertigen soll Diese Erklärung stellt sest, daß da» Eingreifen Floquet'S zu Gunsten von Cornelius Herz im Juli 1888 lediglich die Verhinderung des Ausdruckes eine- Panamascandals bezweckte, der LanialS zweifellos den vollständigen Sieg Boulanger's bcrbeigesührt hätte Die Republik sei ihm hierfür Dank schuldig. Floguet richtete gleichzeitig ein Schreiben an den Schwurgerichts Präsidenten Pillet Teöjardins, worin er ersucht, ihm zu gestatte», der Verhandlung des PanamaproccsseS von Anfang bis zn Ende bcizuwohnrn, um alle gegen ihn gerichtciea Beschuldi gungen tofort zurückweisen zu können. — Der „Figaro" dringt eine illustrirte Beilage, welche daS Ergebnis der von teni Blatte an Ort und Stelle veranstalteten Untersuchung des Stande« des Panama-Unternehmens enthält Die Darstellung kommt zun, Schluffe, daß die Vorräthe unk Arbeiten höchstens 300 Millionen werth seien, daß nur dev vierte Theil der Arbeit und zwar der leichteste Tbeil vollendet sei, daß sür die Vollendung des Werkes, auch wenn es nur einen Schlcusencanal gebe, noch über 1000 Millionen er forderlich seien, »nd daß diese Summe sich höchsten zu 5 Proc. verzinsen würde, so daß sür daS bisher aufgewandte Capital nicht- übrig blieb. Der „Figaro" der bisher der Reco» struclion dcS Unternehmen- eifrig das Wort geredet ha:, scheint jetzt selbst die Nutzlosigkeit seiner Bemühungen ein Zusehen. * B-rdeaur, 4. März. (Telegramm.) Denayrousse wurde zu 3 Monaten Gesängniß, der Herausgeber der „Cocardc" zu 100 FrcS. Geldstrafe verurthcilt. * Havre. 3. März. (Telegramm.) Der deutsche Dampfer „Allemannia", der seit einigen Tagen erwartet wurde, ist heute auf der hiesigen Rhede eingetroffen. Bc kanntlich ist es zwischen dem Kapitain der „Allemannia" und dem Commandanten Servain von dem französischen Dampfer „Canada" in La Guyara zu einem Conflicle ge kommen. Servain erwartete nur das Eintreffen der „Alle mannia". um dem Kapitain derselben seine Zeugen zu senden. Belgier». * MonS. 4. März. Ti« durch den Preisrückgang dcr Kohlen bewirkten Lohnhcrabsctzungen haben eine große Der Doctor athmete aus, sobald er allein war, daS Widerwärtige der «iluation hätte ihn zuletzt fast um seine Selbstbeherrschung gebracht. Er ahnte wohl, daß die un lautere Neigung sich nun in Haß verwandeln und daß Frau Lili Nachcpläne schmieden würde Immerhin, er konnte das nicht ändern, er war gerüstet. In Halblaute- Selbstgespräch verliest, schritt der Doctor, die Hände aus dem Rücken gefaltet, in seinem Zimmer aus und nieder, di ch» Martin, der mebrmals angeklopst batte, obnc das ge wohnte „Herein" zu vernehmen, durch sein Erscheinen von peinlichen Gedanken erlöste. Ter Alte batte ein schlaues Lächeln aus den Lippen und ein funkelndes Goldstück in der Hand. „Ich muß Ihnen doch zeigen, was sic mir im Nonnenhos geschenkt haben." „Ach, Du warst dort", fragte Falk, indem sich seine Mienen aushcitertcn. „Tie Kleine hatte mich ja bestellt, so mußte ich doch hingeben", meinte er, „ick zog meinen besten Sonntagsstaat an und machte mich kurz vor Tisck auf den Weg, sie schienen mich dort schon erwartet zu haben, denn die Herren Bckienlcn kamen mir so freundlich entgegen, einer von ihnen führte mich in ein prachtvolle« Zimmer zu einer stolzen alten Frau, die mich fragte, ob ick, der Mann sei, der gestern Nacht bei dem Eisenbahnunglück das Fräulein getragen babe, »nd als ich dac- bejahte, dankte sic sreuntlick für die geleistete Hilfe und reichte mir diese« Zwanzig-Markstück zur Beloh nung. Ich wollte c« nicht annebnien, aber sie stellte sich be leidigt und sagte, wenn ick, eö nicht selbst bebakten wolle, dann möchte ich ein gute« Wert damit verrichte». DaS babe ick den» auch in, Sinne, ick lasse dcr Liese Bail und idren Kinder» neue Schuhe macken, dann brauchen sie nicht mehr barfuß zu lausen" Ter Doctor klopfte dem wackeren Alten auf die Schulter: „Du bist ei» guter Kerl, Marti», aber sage, das Fräulein Roland hast Du nickt gesehen?" „Leider nickt, Herr Doctor, die Dame wollte mich nicht zu ibr fübre», obgleich ick sie darum bat; sie sei zu an- aegrisscu. Tic Frauenzimmer sind deck gar zu zinipcrlick. Da ist »un ibre Frau Sckwägcrin droben, die ver einer halben Stunde noch tcrugesund war, plötzlich in Krämpse ver fallen. sic lackt, sie weint und stampft »lit den Füßen, daß sick, die beiden Mägde darob entsetzen, die Köchin wollte Sie zu Hilfe ruscu, die junge Frau bat aber ausdrücklich den Herr» Mcdiciualrath verlangt und der Herr Eduard befiehlt, daß ick ihn rufe." Es zuckte wie Hohn um Hermanns Lippe». „Da spute Dick nur. Aller, und rufe meinen Schwager Dörnbach Er wird jedensall« das rechte Miltcl sinke», eie Patienlin zu berubigcn." Martin ging alsbald nach der Villa Dörnbach, der Doclor machte sich aus den Weg nach dem Nonnenbos und trat nack kaum zehn Mimiken, nickt ohne rin Gesiibi von Beklommenheit, bei Annita Roland ein Sic war ans sein Kommen vorbereitet »nd slrcckle ibm mit lcicktei» Errölben die Hand entgegen, um ihn kann inil der ruhigen Sicherheit einer vollendeten Weltdame zu begrüßen. „Sie haben sich große Verdienste um mein unbedeutendes Dasein erworben, bester Herr Doctor, ich bin Ihnen und Ihrem wackeren Be gleiter zu ewigem Daiike verpflichtet und würde mich glücklich fühle», wenn ich im Stande wäre, Ihnen in irgend einer Weise etwas bieten zu könne», was Werth für Eie bat —" „Sie können eS, mein Fräulein", antwerlete er, sich löscht verneigend, „schenke» Sie mir Ibr Vertrauen." „Mein Vertrauen", wiederholte sie offenbar verblüfft. Der Blick, mit dem sie ihn streifte, war nicht frei von Arg wohn, er fühlte das und bereute die Worte, welche direct a»S dem Herzen über die Lippen gegangen waren, ohne die Control« des Verstandes passirt zn baben. „Ich sehe ein, ich habe zu viel verlangt, wo ich nichts zu beanspruchen habe, mein Fräulein, sprechen wir nicht mehr davon." „Nicht doch, Doctor Falk, sprechen wir weiter davon und verzeihen Sie mir, wenn mich ein so uneigennütziges Gesuch ein wenig in Verwunderung setzte. Ick komme au« einem Lande, wo reelle Werthe den idealen vorgezogen werden." „Und wo unbedingtes Vertrauen in die aufrichtigen Ge sinnungen eine« Anderen zu den Thorbciten gehört, deren sich nur Tummköpsc schuldig machen", fügte er sarkastisch hinzu. Sie biß sich aus die Lippen und zog die Stirne kraus „Sie geißeln zu scharf, Doclor, wenn wir auch in unserem Denke» und Füklen nickt immer mit de» allhergcbrackien europäischen Ansichten übercinstimmcn, so sind wir darum nicht schlimmer, nickt unedler, nur rascher vorgeschritten, als die Nationen, von denen wir abstaiiimen" „Ibr Denken ist ein Reckcnezempel und Ibr Fühlen ist gleich Null", versetzte dcr Doctor mit schleckt verdebllcr Bitterkeit. „Mau kcinmt im praktischen Leben mit den amerikanischen Ansichten viel weiter, als mil der Gefühls duselei, die Ihnen lächerlich erscheint, aber diese sogenannten Menschen entbehren unzählige Genüsse, die den Idealisten über den Schlamm de« Erdcnlcben» emporbebcn, ibn ent schädigen sür die Nadelstiche menschlicher Misere und ibm die Festtage bescheeren, wo die AUragSmenschen, in stumpfer Gleichgiltigkeit regettrcnd, nur Werktage haben." Sie sckwieg beschämt. Nack kurzer Pause versuchte sie eS, der Sacke eine heilere Seile abzugewinncn. „Wollen wir unsere auf so romantische Weste geknüpfte Bekanntschaft damit verbittern, daß wir uns uni Dinge streiten, die in gar keinem Zusammenhang mit den Ursachen sr^rn, die uns zu- sammensübrcn? Ich babe einen kranken Fuß, Sie sind ge kommen, denselben zu heilen, und eS ist gewiß vernünftiger, wenn Sie mir eine Salbe verordnen, die meine Schmerlen lindert und mich bald wieder mobil mackt, al- wenn Sie mir Vorlesungen über RcaliSmuS und Idealismus halten, sür dir ich kein rechtes Verstäntniß habe. Wenn wir auch in unseren Ansichten nicht übercinstimmen, können wir doch gute Freunde sein, ich babe Sie schätzen gelernt und Eie lernen mich vielleicht auch noch von einer besseren Seite kennen als im Augenblick geschah. Schließen wir Frieden, Doctor" Die Reibe war nun an dem Doctor, verlegen zu werden, sie erinnerte ihn an die Pflicht, die ihm als Arzt oblag, er säumte nicht, derselben »achzukommen. Dcr leidende Fuß batte sich gebessert, der allgemeine Schwächczustand war durch den langen gesunken Schlaf gehoben und der Doclor hoffte, Fräulein Roland würde sich in einigen Tagen wohl genug fühlen, um daS Bett verlassen zu können. Er gab der alten Negerin, die in einer Ecke kauerte und einen Rosenkranz zwischen den Fingern drehte, verschiedene Verhaltungsmaß regeln und war. nachdem er die wärmste Fürsorge an- empsoblcn, im Begriff, die schone Fremde zu verlassen, als sich plumpe Schritte von außen näherten, die Tbüre mit Geräusch aufgerissen wurde und eine Dame von ansebnlicher Länge und Breite hereinrauschle. Sie war in schwere Seiden stoffe gekleidet, mit Gold und Edelsteinen behängt, und Falk wußte bei ihrem Anblick sofort, daß er hier der vielgenannten Oclprinzessin gcgennbersland, deren treffende Schilderung gestern Abend im Lornbach'schcn Salon entworfen worden war. Die Reize der Gesundheit waren ihr in hohem Grade zu Tbeil geworden, denn sie strotzte unk glühte an Fülle und Farben. Die Züge waren nickt unschön, aber dem Gesicht fehlte die Seele, und der dumm - dreiste Ausdruck, der sich um Augen und Mund lagerte, trug nickt dazu bei, die Erscheinung fesseln der zu macken, deren außergewöhnliche Länge und Corpulenz, verbunden mit plumpen Bewegungen, ibr den Stempel de« Koniiscken ausdrückten. Wem sie sich näbertc, der batte da« unbehagliche Gesübl. daß sie ihm aus die Hühneraugen treten wolle, und bei jeder ihrer Wendungen stand zu befürchten, sie würde einen Stuhl nmwcrscn, eine Vase zu Boden schleudern, oder mit dem Ellbogen eine Fensterscheibe ein stoben Annita blickte mißmutbig ans die Eintrctende, und die alte Negerin, welche sick bi-bcr still verhalten, gab einen zischenden Laut von sich, als Bctly Roland über die Schwelle lchritt. Diese bemertte hiervon nickt daS Mindeste, sie rauschte, ohne von den Anwesenden Notiz zu nehmen, direct aus das Krankenbett zu -und vertrat dem Doctor, der sich entfernen wollte, den Weg, indem sie sich stramm vor ibm auspflanzte, so daß ihm keine Wahl blieb, als die, entweder einen schweren Fauteuil auS dem Wege zu rücken, um vor bei zu kommen, oder an seinem Platze zu verharren, bi- die Dame Notiz von ihm zu nehmen geruhte. „Na, Annil" begann die Oclprinzessin mit auffallend lauter Stimme, „was hast Du wieder für närrische Streiche gemacht. Du kommst unerwartet mitten in der Nacht von Berlin bier an und verunglückst vorher mit Deinem Bahozug. iso etwa» ist mir in meinem Leben noch nickt passirt. Ick bin nur froh, daß ich nickt- davon ahnte, sonst wäre ich um meine Nachtruhe gekommen. Ick glaubte Dick glücklich in der Residenz an Edward Monroe « Seite und erwartete statt Deiner Euere BerlobungSanzeige". „Betty!" rief Annita wüthend. Diese lachte hell auf und zeigte dabei ein kräftige-, gesunde» Gebiß. daS, wie sick der Doctor erinnerte, am gestrigen Abend von Fräulein Sykow sür eckt erklärt wurde. „Errötbe nur. Du wußtest um Edward » Absichten, ebe Du die Einladung der Monroe annahmst; sie hätten Dich gar nickt eingelaken, wenn sie im Zweifel über Deine Ge sinnungen gewesen wäre». Nun hast Du ihm doch einen Korb gegeben, wie es scheint." Annita - dunkle Augen schössen zornige Blicke aus die un bescheidene Sprecherin. Er bat mich nickt in die »nanzcnkbn.c Lage gebracht, ihm einen solchen geben zu müsse», klebrigen« meine ich, Cousine, daö seien Angelegenheiten, über die man nur unter vier Augen spricht." „Ist nock Jemand da?" fragte sie, „ach ja, richtig, Tein Doctor, entschuldigen Sie, ich habe Sie gar nicht bemerkt." „Dann wünsche ich, daß Tu eS jetzt thust", sagte Annita in strengem Tone und mit einer Miene, die aus die andere nickt ohne Eindruck blieb, denn sie wurde verlegen und dann nock linkischer und unbebolfcner: denn nach den Worten ihrer Cousine: „DaS ist Herr Doctor Falk, der mir bei der gestrige» Katastrophe daS Leben gerettet hat, Herr Doctor, das i:r meine Base Fräulein Betty Roland", erwiderte sie die Ver beugung de- Vorgestellten scbr ungeschickt, stieß beim Ver neigen an ein Tischchen, aus dem ein GlaS mil Limonade stand und warf dasselbe um. DaS GlaS ging in Sckerbea und die Flüssigkeit befleckte den kostbaren Zimmcrteppick. Kora, die alte Negerin, eilte herbei, um den angerichteten Schade» wieder gut zu machen und warf dabei der Thäterin böse Blicke zu. „Daran bist Du schuld", sagte Betty zu ihrer Cousine. „Dein ewiges Hofmeistern bringt mich au» der Fassung, eS war so schon, als Du nicht da warst." Sie ging an« Fenster uud trommelte an Len Scheiben. Annita wurde sehr bleich, und Falk, der sie nicht auS den Angen ließ, sah ibr an, daß sie eine scharst Erwiderung aus den Lippen batte, sich aber, einer besseren Eingebung setzend, beherrschte und schwieg. Zwei heterogene Wesen, so wurden sie von Frau Parker genannt, »nd Falk überlegte in diesem Augenblick, wie zutreffend dieser Ausdruck sei. denn man konnte keine schärferen Gegensätze sehen, als diese beiden Mädchen, die, einer Familie entstammend, dir verschiedensten Rangstufen der Gesellschaft repräsentirten. Die dreiste, dünkelhafte Aufgeblasen beit niedrig denkender Emporkömmlinge, denen Alle» abgebk, was den Menschen veredelt und die nur momentan empor- schnellen, um wie der Frosch wieder in ihren Pfuhl zurück zuhüpfrn, schien ibm in Betty Roland verkörpert, während die von den Grazien geliebte Annita aus ihn den mächtigen Zauber auSübte, mit dem ein schöne-, hochgebildete« Weib, sich selbst unbewußt, Gewalt hat über Männerberzen, die einer idealen Richtung angebörent, von dem Schmutze herab würdigender Laster und Leidenschaften unberührt geblieben sind. „Man kann nickt« Reizendere- seben, al« diese zier licken Hände von untadelhafter Form", dachte er, indem er mit Küiistlerenizücken die schlanken Finger betrachtete, die ineinandergrsaltel aus der rothseidenen Deck« ruhten. Dock, wie war eS eigenihümlich, die Nägel, anstatt rosig zn schimmern, sielen durch ihre braune Färbung aus. Sein unverwandter und erstaunter Blick entging der jungen Dame nickt, sie sab zurrst aus ihre Nägel, dann m da» verwunderte Gesicht ihre» Gegenüber«, unv plötzlich, al- ob sie von einer Natter gestochen sei, verbarg sie die Hände, zog die Brauen finster zusammen, und dunkle Glulh färbte ihre Schläfen «nd Wangen. ((Fortsetzung folgt.)
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